Liebe Liesel,
meine Kinder sind schon 16 und 18 Jahre alt. Sie nehmen es erstaunlich gefasst auf. Manchmal denke ich, ob das überhaupt schon richtig im Gehirn angekommen ist? Sie benehmen sich, als wäre nichts passiert. Dabei hat mein Mann sehr viel mit ihnen unternommen. Er war ein sehr liebevoller Vater, der immer für sie da war. Manche sehen ja ihren Papa nur abends oder am Wochenende. Mein Mann hat im vergangenen Jahr von zu Hause gearbeitet, hat ihnen bei den Hausaufgaben geholfen, mit ihnen nach der Schule Tischtennis gespielt... Das Verhältnis war also sehr innig. Jetzt wechselt der Jüngere immer sofort das Thema, wenn ich etwas über meinen Mann sage. Mit dem Größeren kann ich eher mal sprechen, aber gerne tut er es auch nicht. Er ist in psychotherapeutischer Behandlung, der Andere verweigert sich. Beide haben ja bei den Reanimationsversuchen geholfen - solche Bilder kann man doch nicht so einfach wegstecken (also ich kann es nicht)!!! Aber vielleicht ist das reiner Selbstschutz und im Grunde bin ich ja froh, dass sie sich nicht weinend zu Hause verkriechen.
Wir hätten am 28.08. unseren 21ten Hochzeitstag gefeiert. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass unser gemeinsames Leben noch vorher ein Ende findet. Wir waren ein Team, haben alles zusammen gemacht. Ich habe inzwischen begriffen, dass es mein altes Leben nicht mehr gibt und dass nichts mehr sein wird wie es war. Liebe Liesel, ich weiß nicht, wie wir diesen Verlust jemals verkraften können. Aber für unsere Kinder müssen wir stark sein!!! Alles Liebe für Dich und Deine Tochter, Pauli