Mir gehts grad auch schlecht. Ich weiss, vielen gehts schlechter wie mir, aber ich hab nur hier die Möglichkeit, mein Innerstes preiszugeben, weil ich einfach nicht meine Pia, meine Mutter und auch Götz nicht belasten möchte. Ich hab tatsächlich sonst niemand, außer hier. Es ist so. Weil ich versuch, stark zu sein.
Der Baum, dieser Kirschbaum, den ich vom Fenster von Götz her sehe, der gibt mir viel Gefühl, ja, ich lieb es, diesen starken Stamm zu sehen, am liebsten würd ich mich an den anlehnen. Diese Natur ist wirklich so kraftvoll und heimelig. Ja, einfach schön. Gibt auch Kraft und Trost.
Ich vermiss so meinen Jürgen, bin wie ein Blatt wie im Wind, wie zuvor, bevor ich Jürgen kennenlernte.l
Heut hat mich seine Tochter angerufen und sagte: Ange, bin grad in der Wohnung in Leonberg vom Vater. Ich sagte ihr, bitte hör auf, ich will davon nichts wissen. Ich versteh sie nicht, wie kann sie so gleichgültig sein, so lapidar, in dieser Wohnung zu sein, so ganz ohne Gefühle. Irre!
Bis heut hab ich es nicht geschafft, an diese Stelle zu gehen, wo seine Hülle ist, werd ich bestimmt niemals schaffen, muß ich auch nicht.
Ich weigere mich ständig, dran zu denken, mir auszumalen, wie er jetzt aussieht, seine Hände, seine Finger, seine Haare, seine Lippen. Am liebsten würd ich bei ihm sein. Das muß ich wegsortieren, sonst dreh ich durch.
Wenn ich weiterdenk, hab mein leben lang gearbeitet, bis 2016, ab da wurd ich freigestellt durch Arzt, weil ich die Pflege und Betreuung von meinem Jürgen übernommen hab, und jetzt? In menem Alter noch einen Jopb, hab grad im Monat 290,00 Euro zum Leben, alles das kommt ja auch noch dazu, obwohl, mir ist das finanzielle so was von egal, ich kann davon leben, weil ich nichts brauch außer Essen und Trinken. Soll ich wieder in meine Wohnung gehen? Die ist so was von negativ.. Wieder voll arbeiten: Ich kann doch kaum noch stehen, aber gut, ich kann sitzen, aber das Handykap kommt davon, weil ich zwanzig Jahre schwere Kisten geschleppt hab. Danach meinen Jürgen fünf Jahre gestützt hab, es war eben körperlich mit ihm nicht so einfach.
Hab heut nachgerechnet, ich war ca. 21 Jahre angestellt, ca. 18 Jahre selbständig, danach Jahre freigestellt durch Betreuung und Pflege für meinen Jürgen. Und jetzt? Natürlich reichen mir 290,00 Euro im Monat, ich brauch ja nur Lebensmittel und Getränke. Aber in diese Wohnung von früher möcht ich nicht, aber auch das muß und werd ich schaffen.
Dann werd ich wirklich mal den Weg hoch gehen, Richtung Wohnung, als ich zu Jürgen sagte; irgendwann werd ich hier gehen, und Du bist nicht mehr da. Er sagte mir: Dann schaust zu einem Fenster, sagtst Hallo und schon hast Du Kontakt.
Ich möcht das nicht. Ich möchte wieder in Deinen Armen sein, mein Herz, möcht wieder Daheim sein, bei Dir.
Ange