Liebe
Puzzle,
das
ist natürlich nichts Neues, aber es wird immer schlimmer. Ich frage
mich nur, wenn niemand mehr Fehler macht, warum läuft dann so viel
schief? Das ist ein Phänomen das ich mir nicht mehr erklären kann.
Vielleicht ist mein Köpfchen zu klein dafür. 
In
einem Archiv zu stöbern stelle ich mir sehr interessant vor, und
Amtsblätter sind sicher eine unerschöpfliche Quelle. Danke für die
herrlichen Schilderungen über die Bademöglichkeit für Frauen und
den Ärztenotdienst. Aus heutiger Sicht war die Argumentation dafür
oder dagegen ziemlich sinnfrei. Aber damals waren es sicher ernst zu
nehmende Überlegungen. Die Vorgehensweise hat sich bis heute nicht
viel geändert, das stimmt. Und im verweisen auf Zuständigkeiten
sind unsere Politiker ganz groß. Ich habe auch immer wieder das
Gefühl, unsere Politiker wollen auf Teufel komm raus vermeiden für
eine Entscheidung verantwortlich gemacht werden zu können. Es könnte
ja Wählerstimmen kosten. Also wird sich hinter externen Gutachten
und Zuständigkeiten versteckt und weggeduckt. Deshalb werden
Probleme gerne so lange hin und her geschoben bis sie erfolgreich
ausgesessen sind. Unser Bundeskanzler hat gerade nach dreitägiger
Klausur der Ampel gesagt, jetzt kommt Tempo nach Deutschland. Haha,
wer`s glaubt.
Schade, daß Du das Sitzungsprotokoll von der
Baugenehmigung Deines Elternhauses nicht finden konntest. Das wäre
ein tolles Geschenk für Deinen Vater gewesen, mit dem er bestimmt
nicht gerechnet hätte.
Für
solche Nachforschungen muß man sehr akribisch und beharrlich sein,
sonst ist man verloren. Du schreibst, die Amtsblätter (klingt wie
aus der Zeit gefallen, gibt es bei uns aber auch) sind digitalisiert
vorhanden. Somit brauchtest Du Dich nicht mehr durch Berge von Papier
wühlen, und das hat es sicher einfacher gemacht. Hattest Du vom
heimischen Rechner aus Zugriff auf die Daten, oder mußtest Du
irgendwo hin?
Vielleicht
war der Umweg mit dem Griff ins Klo wirklich notwendig um den neuen
Job zu finden. Ich versuche mich auch immer wieder damit zu trösten,
daß in dieser Welt nichts ohne Grund geschieht. Und daß wir einfach
nicht in der Lage sind diesen Grund zu erkennen. Weil es für uns
nicht vorgesehen ist. Sonst müßte man ja völlig verzweifeln. Ich
hoffe aber sehr, daß wir den Grund erfahren, wenn unser irdisches
Leben zu Ende ist. Fast bin ich ein wenig neidisch auf Andreas. Er
weiß wohl inzwischen warum dieses oder jenes geschehen ist, oder
eben nicht.

Jedenfalls
hast Du nun den perfekten Job für Dich gefunden. Manche Zeitgenossen
empfinden Deine Stärken sicher als nervig, aber ich sehr das nicht
so. Ich finde, sie sind sehr nützlich und werden gebraucht. Sorgfalt
und an etwas dranbleiben zu können ist im Berufsleben sehr wichtig,
liegt nur nicht jedem. Die Generation Smartphone-Daddeler ist dazu ja
nicht mehr in der Lage, und es kann einem Angst und Bange werden.
Wenn sich die Jugendlichen länger als 10 Minuten auf etwas anderes
als ihr Smartphone konzentrieren sollen sind viele erschöpft und
geistig ausgelaugt. Ich weiß nicht wie es bei euch ist, aber hier
wird von der Wirtschaft eine immer extremer werdende
Ausbildungsunreife beklagt. Kannst Du zum 01.04. anfangen? Deine
neuen Kollegen freuen sich bestimmt schon auf Dich, und wissen Deine
Stärken sicher mehr zu schätzen.

Schon am ersten Tag (vergangenen Mittwoch) stellte sich heraus, was die üble Nachrede wert ist: gar nichts.
„Was andere über dich sagen, sagt mehr über sie, als über dich“
Da
ist viel Wahres dran. Das sieht man ja an dem ehemaligen Chef. Es ist
einfach nur dumm, etwas zu behaupten das sich so leicht widerlegen
läßt, und läßt tief blicken. Wie ist der Mann eigentlich in eine
Führungsposition gekommen? Durch Fähigkeit kann es ja kaum gewesen
sein. Aber solche Menschen muß es wohl auch geben, z.B. als Prüfung
für andere. Vielleicht wäre dieser Spruch ja was für ihn:
Ich
erinnere mich, daß Du schon mal von den Plänen Deiner Tochter
geschrieben hattest. Der Zeitpunkt war leider denkbar ungünstig, was
natürlich niemand vorher wissen konnte. Es war aber schon sehr mutig
Arbeit und Wohnung wegen einem halben Jahr aufzugeben. Oder war eine
Verlängerung des Aufenthaltes nicht ganz auszuschließen?
Hoffentlich hat sie wenigstens das Geld zurückbekommen. Weiter
Koreanisch zu lernen schadet ja nichts, und vielleicht ergibt sich
mal ein noch passenderes Angebot. Aufgeschoben ist ja nicht
aufgehoben. Wenn der passende Zeitpunkt kommt wird sie es wissen.
Nochmal
wegen der Fotos. Ich kann das natürlich nur theoretisch sagen, aber
ich denke ich wäre zu feige gewesen. Vor allem wenn auf den Bildern
zu erkennen war, daß Dein Partner Qualen erleiden mußte. Das
Kopfkino wäre nie mehr zum Stillstand gekommen. Daß man dem Partner
bei der Wundversorgung auch mal Schmerzen zufügen muß ist bitter
genug, aber für mich trotzdem etwas anderes. Denn dann ist er ja bei
mir, ich kann miterleben daß sie vorbeigehen, und es wieder gut ist.
Das fehlt beim Analysieren solcher Bilder. Da wurde nichts wieder gut
bis der Tod die Erlösung gebracht hat, und das hätte ich nicht
verkraftet. Aber nach wie vor, ich bewundere Dich dafür daß Du es
konntest.
Eigentlich
ist es schon seltsam, daß Du im Moment viel Sonne abbekommst, was
Dir auch von Herzen gegönnt ist, aber trotzdem traurig und bedrückt
bist. Was Du über die gefühlte Wolke über Dir schreibst haben
Andreas und ich mal in echt erlebt. Wir hatten an einem Sommertag
einen Besuch in Rüdesheim gemacht. Während wir alle vor einer
Eisdiele mit Blick auf den Rhein gesessen haben kam ein heftiges
Gewitter, und wir mußten flugs hinein spurten. Mit den Eisbechern in
der Hand. Nach einer Weile hatte sich das Gewitter ausgetobt, es hat
aber weiter geregnet. Auf der Heimfahrt war dann vor uns ein Stück
blauer Himmel zu sehen. Oh toll, haben wir gesagt, jetzt hört der
Regen auf. Wir sind dem blauen Himmel bis nach Hause hinterher
gefahren und konnten ihn nicht einholen. Er war immer ein Stück vor
uns. Das war sehr frustrierend. 
Viel
erfolgreicher als Du bin ich auch nicht. Über mir schwebt zwar keine
Wolke, aber die Sonne ist noch ein Stück weg. Im Moment habe ich das
Gefühl in einem Zwischenbereich zu sein. Der Schatten ist nicht mehr
ganz so dunkel und drückend, aber blauer Himmel und Sonnenlicht sind
noch lange nicht zu sehen. Vermutlich bin ich auf meinem Weg noch
nicht weit genug voran gekommen. Sollte sich das ändern erfährst Du
es. Irgendwie habe ich aber das Gefühl, ich kann vielleicht
irgendwann ein Stück blauen Himmel vor mir sehen, werde ihn aber in
diesem Leben nicht mehr einholen.
Ich wünsche Dir aber daß sich
Deine Wolke verzieht, oder wenigstens Löcher bekommt.
Tut
mir sehr leid daß ich mal wieder so lange gebraucht habe, aber mich
plagt gerade eine leichte bis mittelschwere Schreibblockade.
Und zum
Schluß noch ein Spruch der nichts mit uns zu tun hat. Er hat mir
aber sehr gut gefallen, und ich wollte ihn Dir nicht vorenthalten.

Ein
angenehmes Wochenende und alles Liebe
Lilifee