Rabenschwarzer Tag

  • Hallo,
    ich heiße Veronika und bin neu hier im Forum. Bin aus lauter Langeweile und auf der Suche nach Hilfe in meiner unendlichen Trauer auf diese Seite gestoßen. Ich habe vor 5 Wochen meinen lieben Mann nach nur 3 Tagen Krankenhausaufenthalt verloren. Es tut so unendlich weh, ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Meine Gefühle fahren Achterbahn, ich habe Gefühle wie Trauer, Verzweiflung, Wut, Hilfslosigkeit. Und immer kommen mir tausend Gedanken an ihn, egal wo ich bin oder was ich tue. Ich frage mich immer, was soll ich noch auf dieser Welt. Er ist nicht mehr da, und hat die Hälfte meines Herzens mitgenommen.
    LG Veronika

  • Liebe Veronika,


    es ist gut, dass Du den Weg hierher gefunden hast - hier kannst Du alle Gedanken und Gefühle lassen und Du wirst verstanden in Deinem Schmerz. Wir alle kennen diesen tiefen Schmerz - und doch ist es für jede/n anders.


    Magst Du ein wenig von Deinem Mann erzählen? Habt Ihr Kinder? Hast Du jemanden zum Reden, wenn Dir danach ist?


    Dass Deine Gedanken nur bei ihm sind, ist ganz natürlich - es geht mir heut noch so nach mehr als 7 Monaten. Allmählich kann ich aber auch manchmal an schöne Momente denken, anfangs hatte ich nur die Bilder der letzten Tage im Kopf und vor Augen.


    Ich wünsche Dir, dass Du eine ruhige Nacht mit erholsamen Schlaf hast.


    Liebe Grüße


    Uschi

  • Liebe Uschi !
    Es ist schön dass sich gleich jemand gemeldet hat, damit habe ich nicht gerechnet. Zur Zeit habe ich kurze und schlaflose Nächte und verbringe viel Zeit u.a. vor dem PC. Zur Zeit ist meine Trauer und mein Schmerz fast schlimmer wie am Tag X, es war schon ein wenig besser. Ich versuche immer wieder mich zusammen zu nehmen um meine Umgebung nicht zu belasten und als "ewige Jammertante" dazustehen. Aber es ist verdammt schwer, meine Stimmung kann mit einem Schlag wechseln. Ein Ort oder eine Erinnerung, und schon ist es um mich wieder "geschehen". Ich bin momentan so unendlichin meiner Trauer gefangen und ab und zu sehr, sehr einsam. Denn mein Mann und ich waren ein wirklich gutes Team, das hat man uns auch immer wieder gesagt. "Ihr seit wie siamesische Zwillinge" haben viele gesagt. Wir haben auch nach so langer Zeit stundenlang reden können über "Gott und die Welt", das fehlt auch so sehr. Und um so schwerer ist es für mich, mit dem Verlust mich abzufinden, wir waren einfach aufeinander fixiert. Wir hatten schon Bekannte oder alte Schulfreunde, mit denen war in einem Cafe oder beim Essen uns getroffen haben. Aber so richtig gute Freunde hatten wir leider nicht.
    Ich habe übrigens eine Tochter, Schwiegersohn und vier Enkel (2 Mädchen, 2 Jungs). Die sind aber schon alle ziemlich selbstständig und wohnen auch nicht mehr zu Hause. Die haben fast alle Partner. Und vor allem arbeiten sie alle und haben ihr Leben. Natürlich unterstützen sie mich, wo sie nur können. Aber momentan bringt alle Ablenkung nicht viel. Wenn ich unterwegs war, wozu ich mich zwingen muss, dann fällt mir dann zu Hause die Decke auf den Kopf. Ich habe schon ein paar liebe Nachbarn/innen wo sich ganz unerwartet um mich kümmern, spontan einladen oder zu einem Spaziergang abholen. Auch frühere Arbeitskolleginnen treffe ich immer wieder mal, oder wir telefonieren wenigstens. Aber ich kann ja nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit einfach irgendwo anrufen "oder auf der Matte stehen". Ich muss mich irgendwann einmal an die Einsamkeit und das Alleinsein gewöhnen. Inzwischen bin ich schon so weit, dass ich Nachts, wenn ich unbedingt mit jemandem reden möchte, die Telefonseelsorge angerufen habe. Aber das war irgendwie gut, da habe ich mein Kummer und meine Gefühle loswerden können. Gestern war ich das erste Mal zu einem Gruppentreffen in einem Trauercafe. Naja, mal sehen ... Es wäre schön, wenn ich wieder was von dir höre.
    Gruß Veronika

  • Liebe Veronika!
    Als ich heute Deinen Beitrag gelesen habe, kam wieder das große Heulen über mich. Ich habe zwar meinen Mann schon vor 5 Monaten (genau heute 14.11.) verloren, aber ich bin noch immer nicht drüber weg. Mein Mann starb innerhalb von 3 Wochen ziemlich unerwartet bei mir zu Hause. Er war zwar ca. 3Wochen im Spital und wurde als unheilbar (Lungenkrebs)
    nach Hause geschickt. Ich konnte Gott sei Dank die ganze Zeit im Spital bei ihm im Zimmer sein. Und so habe ich ihn noch ein bisserl verwöhnen können. Dass er aber dann innerhalb von 6 Tagen zu Hause sterben würde hat mir niemand gesagt. Vielleicht war das auch gut so. Ich wäre vielleicht ganz hysterisch geworden, wenn er sich ein bisserl anders benommen hätte. Aber wir waren so wie Du siamesische Zwillinge. Keiner ging ohne den anderen weg. Ich habe sogar nach meiner Knieoperation auf die Reha verzichtet, nur damit ich meinen Schatz zu Hause verwöhnen konnte. Die 1o Tage ohne mich hat er sich nur mit Fertiggerichten ernährt und war glücklich, als ich auf meine Stöcke gestützt, wieder gekocht habe. Das war etwas, was mein Mann nicht konnte. Nächstes Monat wären wir 45 Jahre verheiratet und er wäre 75 Jahre geworden. Das werden 2 schlimme Tage für mich obwohl wir nie groß gefeiert haben. Aber wir haben nie den Tag oder die Nacht begonnen ohne Busserl. Und er geht mir noch immer entsetzlich ab. Gestern war ich bei der Palmkatzerl-Weihe, wo wir voriges Jahr noch zusammen waren, und musste die Kirche verlassen, da ich mich geschämt habe, dass mir ständig die Tränen runterliefen. Und wenn ich jetzt schreibe würgt es mich schon wieder und ich muss weinen. Wann wird das einmal besser?
    Liebe Grüße Juli

  • Liebe Juli !
    Ich danke dir für dein Mitgefühl, ich kann meinen momentanen Gemütszustand nicht beschreiben, es ist wie eine Achterbahn. Der kleinste Anlass, zum Beispiel, wenn ein erwarteter Besuch ausbleibt oder ein Anruf nicht kommt, dann kriege ich schon wieder das große Heulen und fühle mich noch mehr einsam und verlassen. Ich weiß, ich bin jetzt sicherlich überempfindlich. Bei mir läufen vor allem die letzten Tage und natürlich auch unser gemeinsames Leben mit tausend Erinnerungen wie im Film ab, ich kann machen was ich will, es kommt einfach und dann habe ich vor allem in der Nacht keine Ruhe. Wir waren 41 1/2 Jahre verheiratet. Wie du an meinem angegebenen Alter sehen kannst, haben ich sehr, sehr früh geheiratet, ich war 16 Jahre alt. Mein Mann ist 7 Jahre älter gewesen. Er war 65 Jahre alt als er von mir genommen wurde. Aber wir haben es keine Minute bereut, wir sind zusammengewachsen, ein Team, ein Gedanke, oftmals. Es war damals einfach Liebe auf den ersten Blick und die ist mit den Jahren immer tiefer und schöner geworden. Und wie du geschrieben hast, hat bei uns der Tag mit kuscheln, küßchen und reden begonnen, und genauso geendet. Das war einfach unser Ritual. Mein Mann ist innerhalb von 3 Tagen auf der Intensivstation an einem schweren septischen Schock (Blutvergiftung mit allen seinen Folgen, wie Organversagen) verstorben. Man hat ihn auch gleich ins künstliche Koma versetzt, also war für meine Begriffe, ein wirklicher Abschied, ein paar Worte, ein letzter Blick, nicht mehr möglich. Das macht mir auch schwer zu schaffen. Und ich mache mir auch Selbstvorwürfe, hätte ich früher erkennen müssen wie ernst es um ihn steht und ins KH bringen müssen. Aber da war mein Mann ziemlich "eigen". Arzt und KH war für ihn ein Horror ("nur unter Gewalt"). Unsere Tochter hat auch versucht, mich von dem Gedanken abzubringen und gesagt, Papa hätte man entweder wenn er bewußtlos, oder gefesselt worden wäre, freiwillig ins KH gebracht. Wir haben uns nur getrennt, wenn es unbedingt nötig war. So ist mein Mann zum Beispiel, wenn ich zur Schulung von Vorarlberg nach Wien fahren mußte, so oft es gegangen ist, lieber mitgefahren, als das einer von uns alleine war. Ich weiß, meine ganzen Zweifel, Wut, Trauer und Schmerz, ändert nicht am Ganzen. Es ist wie es ist. Und damit muss ich lernen umzugehen und zu leben. Obwohl ich schon oft zu Gott und Walter gefleht habe, "lass mich einschlafen und nicht mehr aufwachen".
    Liebe Grüße Veronika
    P.S. Ich wünsche allen hier wo mit der Trauer und dem Verlust leben müssen eine bessere und erträglichere Zeit. Vielleicht scheint für mich und uns auch wieder mal die Sonne.

  • Liebe Veronika,


    auch ich möchte dich von Herzen hier willkommen heißen.
    Noch so frisch deine Trauer, wie könnte ich Worte finden um dich zu trösten.
    Wie schön aber dich hier zu wissen, hier unter Menschen die ähnliches erlebt haben
    und genau wissen wie sehr man neben sich steht, wie gut Worte tun, die von Menschen kommen
    die genau wissen wie du dich gerade fühlst.


    Wie weit wir unseren Weg auch schon gekommen sind, vergessen wird keiner so schnell
    wie steinig und schwierig die ersten Schritte auf dem Weg der Trauer sind.
    Ich hoffe du findest hier, wie wir alle, Trost und auch Hoffnung.


    Ich drücke dich ganz lieb :24:
    Trauerelfe

  • Liebe Veronika!


    Ich kann dich sehr gut verstehen was du durchmachst. Mir geht es genauso. Mein Mann ist am 31.Jänner 2014 verstorben. Anfangs ging es noch - ich hatte sehr viele Erledigungen zu machen. Der Schmerz und die Trauer wurden dann aber täglich schlimmer - man hat das Gefühl, der Schmerz zerreißt die Seele. Am liebsten möchte man auch sterben.
    Mein Glück ist, dass ich seit fast 3 Jahren einen Hund habe. Er heißt Addae. Er trauert noch immer sehr um sein Herrl. Zu Hause spielt er nicht mehr mit seinen Spielsachen, er liegt nur traurig herum. Sehr lebendig ist er nur bei den Spaziergängen - da vergisst er seine Trauer und mir tut es auch gut mit anderen Hundebesitzern zu reden.
    Nur wegen dem Hund habe ich mich zusammengerissen, bin aufgestanden und mit ihm viel spazieren gegangen.


    Ich habe keine Kinder und auch keine Verwandten in Österreich. Zum Glück habe ich 2 sehr gute Freundinnen. Seit einem Jahr bin ich in Pension und wir wollten mit meinem Mann in der Pension sehr viele Reisen unternehmen. Vor allem wollten wir endlich einmal den Winter in Spanien verbringen. Zur Zeit habe ich überhaupt keine Lust mehr wegzufahren.


    Einen guten Rat kann ich dir und allen, die einen großen Verlust erlitten haben, geben: Besuche ein Trauerseminar. Ich hatte das Glück, dass ich im Internet ein Trauerseminar fand, das vom 28. bis 30. März stattfand. Danach ging es mir wirkllich besser. Das Wochenende war zwar sehr anstrengend, wir haben bis spät in der Nacht gearbeitet, wir haben viel geweint, aber auch gelacht. Und sehr wertvoll war, dass ich durch dieses Seminar viele neue Freunde gewonnen habe. Die Gruppe (14 TeilnehmerInnen) war großartig. Es verstehen
    dich nämlich nur Menschen, die Ähnliches erlebt haben.


    Sehr enttäuscht bin ich über viele Menschen, von denen ich dachte, es wären Freundinnen. Ich wurde von meinen ehemaligen Kolleginnen bis heute nicht einmal angerufen. Einige schrieben ein SMS - und das wars. Es gibt auch Menschen, die einem aus dem Weg gehen, weil sie nicht wissen was sie sagen sollen. Fast fremde Menschen haben mich spontan umarmt und gedrückt - das tut einem so gut. Ich bin diesen Leuten aber gar nicht mehr böse, sie wissen leider nicht wie man mit Tod und Trauer umgehen soll - das lernt man in unserer Gesellschaft ja nicht mehr.


    Die Gefühle wie Wut, Zorn, Schuld, etc. sind ganz normal - die macht jeder durch. Ich hatte so viele Schuldgefühle - hätte ich doch noch mehr für meinen Mann getan, wäre ich doch etwas früher an seinem Sterbetag ins Krankenhaus gekommen - usw. Ich habe im letzten Jahr sehr viel mit meinem Mann durchgemacht (er starb an einem Hirntumor) und ich bin oft bis an die Grenzen meiner Belastbarkeit gegangen und trotzdem kamen die Schuldgefühle.


    Liebe Veronika, jetzt habe ich wieder einmal lange mein Leid geklagt, aber es geht auch mir wieder besser, wenn man ein Forum hat, wo man seine Trauer und seinen Schmerz beschreiben kann und wo man Menschen findet, die eiin gleiches Schicksal haben.


    Ganz herzliche Grüße und alles Gute
    sendet dir
    Heidi

  • Liebe Heidi !
    Danke dass du mir dein Mitgefühl ausgesprochen hast. Ich weiß jetzt, wass es heißt das Liebste auf der Welt zu verlieren, es ist nichts mehr wie es war, es bleibt kein Stein mehr auf dem anderen. Meines Mannes ist erst 5 1/2 Wochen von mir gegangen. Der Schmerz, die Trauer, die Einsamkeit wo mich seitdem erfaßt hat, sind unendlich. Obwohl ich eine Tochter und 4 Enkel habe, die mich unterstützen und versuchen zu trösten und jetzt einfach viel da sind, bin ich doch mit meiner Trauer und allen Gefühlen doch irgendwie alleine und muss es mit mir selbst ausmachen. Ich habe schon mehrfach gehört, dass die Gefühle nur jemand verstehen kann, wo seine eigenen leidvollen Erfahrungen gemacht hat. Ich habe letzte Woche schon das erste mal ein Trauercafe besucht. Naja, zur Zeit kann mich nichts wirklich trösten, für mich ist alles zureden momentan "bla-bla". Es kommt bei mir nicht wirklich an, ich kann es nicht verarbeiten und erfassen, und mein Herz ist "unendlich zerrissen und schwer". Für mich ist das Leben jetzt so schmerzlich und sinnlos. Mich überfallen immer wieder bei jeder Gelegenheit 1001 Erinnerung. Bei mir haben sich die Worte: "Warum ... und was soll ich noch auf dieser Welt" eingebrannt". Ich habe schon einige "gute Geister", d.h. ehemalige Kolleginnen und Nachbarn wo mich immer wieder einladen, spezierengehen mit mir usw., aber dann denke ich, dass will ich ja eigentlich gar nicht und wäre unter anderen Umständen nicht nötig. Denn dann hätten wir unser Leben zu Zweit genossen. Ich bin jetzt seit 2 Jahren in Pension und wir haben so viele gemeinsame Pläne gehabt. Nun muss ich mein Leben und meine Zeit völlig neu gestalten, damit mir nicht ständig die Decke auf den Kopf fällt.
    Heidi ich kann dich und alle anderen hier im Forum nur allzu gut verstehen und weiß jetzt aus eigener Erfahrung, dass nichts mehr so ist, wie vorher. Wir haben alle einen lieben Menschen / Partner verloren, und werden lange Zeit brauchen um die Trauer irgendwie zu verarbeiten. Ich kann es mir zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht vorstellen, dass auch wieder bessere Zeiten kommen. Ich wünsche allen viel Trost und Kraft und dass man auf Menschen trifft wo menschlich und sensibel mit uns "umgehen".
    Ganz liebe Grüße und viel Kraft
    sendet Veronika

  • Hallo !
    Ich möchte mich mal wieder melden und Euch kurz schildern wie es mir zur Zeit geht. Heute ist der 51. Tag meiner neuen Zeitrechnung. Und ich vermisse meinen Mann immer mehr, jede Sekunde, Minute, Stunde. Ich hätte nicht gedacht, dass der Schmerz noch mehr werden kann. Aber zur Zeit geht es mir schlechter als am Anfang. Obwohl ich schon Gespräche mit der Trauerhilfe gehabt habe, aber irgendwie kommt das, was mir von vielen Seiten als Trost gesagt wird, und die Ratschläge, nicht bei mir "im Herzen" an, zur Zeit hilft alles Reden nichts. Obwohl ich ab und zu schon wieder froh bin, wenn ich meinen Schmerz wieder mal bei "Jemanden abladen" kann, und meine Trauer und Schmerz "rauslassen" kann. Ich brauche auch meine stillen Stunden, wo ich mich zu Hause "vergrabe". Ich spüre mit auch mit jedem Tag mehr die Einsamkeit, auch wenn ich tagsüber ab und zu Ablenkung habe, im Grunde bin ich doch wieder alleine und muss mit allem selbst fertig werden. Speziell am späten Abend oder in Nacht spüre ich alles "mit voller Härte" und ich weine mich oft in den Schlaf. Mir ist schon klar, dass durch diese Phasen wir alle durch müssen, aber es ist doch so grausam und unendlich schwer.
    Rund um die Osterfeiertage hatten wir jetzt auch noch zwei Geburtstage in der Familie, meine Tochter und der Enkel. Das waren schlimme Tage für mich, die ersten Geburtstage und Feiertage ohne den Mittelpunkt der Familie. Da ist uns wieder sehr bewußt geworden, dass sein Platz immer leer bleiben wird. Ich bezeichne diese "Festtage" als meinen persönlichen "Karfreitag".
    Ich wünsche Euch allen viel Kraft das unabänderliche zu begreifen und irgendwann zu ertragen. Aber davon bin ich selbst noch weit, weit entfernt.
    Liebe Grüße sendet Veronika

  • Liebe Veronika und liebe Heidi!


    Bei mir sind es zwar schon ? 5 Monate her, dass mich mein Mann verlassen hat. Aber mir geht es noch immer so wie Euch. Einmal geht's ganz gut und dann bin ich wieder den ganzen Tag am weinen. So wie Du sagst, Geburtstag oder Hochzeitstag. Jetzt im Mai wäre mein Schatz 75 Jahre geworden und wir wären 45 Jahre verheiratet. Diese Tage werden für mich sicher sehr schlimm werden. Und dass die Umgebung (Fremde eher als Verwandte) mit meiner unermesslichen Trauer nicht fertig werden, komme ich immer wieder drauf. Jetzt ist der neue Grabstein mit unserem Namen und seinen Daten geliefert worden. Und jetzt realisiere ich erst so richtig, dass er nie mehr zurück kommt. Und das ist so schlimm. Ich habe zwar auch sehr nette Leute in meinem Ort, die sich am Anfang um mich gekümmert haben. Aber mit der Zeit lässt das alles nach. Und man ist mit seinem Schmerz und seiner Einsamkeit ganz allein. Ich habe zwar einen verheiratet Sohn. Aber beide gehen arbeiten und wir sehen uns eigentlich nur zum Wochenende. Ich habe noch immer das Hemd, das mein Mann beim sterben anhatte bei mir im Bett liegen. Da ich mitten im Wienerwald lebe, ist die Gegend bei uns auch sehr einsam. Und wenn ich wirklich einmal mit dem Bus einkaufen fahren muss, schaue ich immer, dass ich ja schnell wieder in meine Höhle zurück komme. In ein Kaffee oder Gasthaus alleine gehen mag ich auch nicht. Vor einem Monat bin ich nach Wien in den Eissalon Tichy gefahren und habe mir die Eismarillen-Knödeln gekauft. Ich saß bei einer fremden Frau und habe mich geschämt, da mir ununterbrochen die Tränen runterliefen. Er hat sie auch so gerne gegessen. Ich habe ihr dann kurz erklärt warum ich weine und sie hat mich ganz lieb getröstet. Und jetzt beim Schreiben rinnen sie schon wieder.
    Ich wünsche Euch und auch mir, dass es einmal besser wird. Wenn man aber so hört, dass es 2 Jahre und noch länger dauern kann bis der Schmerz aufhört, ist das eine verdammt lange Zeit.
    Ich umarme Euch Juli

  • Ihr Lieben,


    ich will gar nicht viel schreiben über meinen Verlust, vielleicht ergibt sich das noch.


    Ich erlebe genau das Gleiche wie ihr, anfangs war diese Wut, die ich von mir gar nicht kenne, diese Verzweiflung. Jetzt, nach fast drei Monaten habe ich begriffen, dass viele mit meinem Schmerz einfach nicht umgehen können, dazu gehört auch mein Mann, mein Sohn und meine Schwiegermutter. Wir reden nie über meine Mutter. Ich mache das alles mit mir selbst aus.


    Sie war 75J. und hatte wirklich einen schweren Weg, auf dem ich sie viele Jahre begleitet habe. Sie war halt immer meine beste Freundin. Und eigentlich habe ich sie nie allein gelassen, trotzdem mache ich mir Vorwürfe.


    Ich bin nun in diesem Forum, weil ich denke, dass ich vielleicht doch nicht die einzige verzweifelte Person auf dieser Welt bin.


    LG
    Bewi

  • Hallo liebe Bewi!
    Ich bin auch noch nicht lange in dem Forum dabei. Trotzdem ein herzliches Willkommen von mir. Wie du schreibst, ist es vielleicht ein wenig tröstlich, sich auszutauschen und zu sehen, dass man mit seinen Gefühlen und der Trauer nicht alleine ist. Ich wünsche Dir aufrichtes Beileid zum Tod deiner Mutter. Drei Monate ist ja auch eine kurze Zeit, da kann man das sicher noch nicht einmal ansatzweise verarbeiten. Ich weiß nur allzu gut von was ich spreche, denn mein lieber Mann - Walter - ist erst seit 52 Tagen - das ist meine neue Zeitrechnung, nicht mehr bei mir. Ich habe auch alle Gefühle, wie Trauer, Schmerz, Wut, Einsamkeit, Selbstvorwürfe, Einsamkeit, und werde damit überhaupt nicht fertig. Momentan geht es mir schlechter als je zuvor. Ich habe nicht gedacht, dass man noch tiefer "sinken" kann. Ich hatte inzwischen ein Gespräch mit dem Hospizteam, und ein Einzelgespräch und einmal Besuch im Trauercafe gehabt. Ich muss sagen, irgendwie ist es gut diese Unterstützung zu haben, aber der Trost und alles Zureden kommt bei mir jetzt noch nicht an. Es wiegt der Verlust immer noch schwerer, wie Trost, Zuspruch, oder das sich die Gefühle irgendwann in eine schöne Erinnerung und Dankbarkeit für alles, verwandeln. Jetzt geht es mir inzwischen körperlich auch nicht gut, anscheinend spielen meine Nerven verrückt. Heute habe ich mich dazu durchgerungen, und habe bei meiner Ärztin mir ein Beruhigungsmittel verschreiben lassen, damit ich halbwegs über den Tag komme. Bis jetzt habe ich mich tagsüber mit "Naturmittel" beholfen, aber die haben nicht mehr genützt. Und für die Nacht brauche ich sowieso was, damit ich wenigstens für ein paar Stunden zur Ruhe komme.
    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Unterstützung, es wäre doch schön wenn man ein paar "hilfreiche Geister" in dieser Situation hat oder findet, die einen Ablenken und mal wenigsten kurz aus dem Ganzen rausreißen.
    Ich wünsche Dir und allen Leidensgenossen/innen eine erträgliche Zeit. Es ist schon viel, wenn wir die nächsten Tage "unbeschadet" überstehen.
    Herzliche Grüße von Veronika

  • Liebe Veronika,


    ich kann dich gut verstehen, mir ging es genau so und 52 Tage sind viel zu kurz um alles zu verarbeiten.
    Bei mir werden es bald 19 Monate das mein Mann von mir ging und ich kann dir sagen, dass ich heute noch ab und zu in ein Trauerloch falle.
    Jetzt wo meine Schwiegermutter ebenfalls an Krebs erkrankt ist, kommt alles wieder hoch und falle dadurch wieder Meter weit zurück.
    Nun muss ich wieder versuchen da raus zu kommen. Alle Trauerarbeit die ich bereits geleistet habe, fange ich somit bei neuem an.


    Ich wünsche dir von Herzen das du bald wieder zur Ruhe kommst.


    Ganz liebe Grüße
    Trauerelfe

  • Liebe Trauerelfe,
    danke für den Versuch mir Trost zu schicken, aber zur Zeit geht es mir von Tag zu Tag imer schlechter.
    Aber wenn ich von deinem Schicksal lese, dann wird mein eigenes ungleich kleiner. Denn das du nun von neuem den "Lebenskampf" eines geliebten Menschen miterleben musst, das geht wohl über alle Kräfte und da reicht mein Vorstellungsvermögen nicht aus. Ich wünsche dir ganz viel Kraft, möge Gott uns allen Trost und Kraft schicken.
    Zur Zeit geht es mir selbst rundherum schlecht. Jetzt habe ich selbst eine Untersuchung im LKH gehabt, da hat man die Punktion machen müssen, und auf das Ergebnis muss ich zirka 10 Tage warten. Das macht mich zusätzlich fertig, den egal wie das Ergebnis ausfällt, zur Zeit ist jeder Anlass, für mich gleich ein unüberwindbarer Berg und zieht mich tief ins Tal.
    Ich schicke Euch ein paar herzliche Umarmungen und viele positive Gedanken.
    Ganz liebe Grüße von Veronika

  • Liebe Veronika,
    ich möchte dich - etwas spät,ich weiß, aber doch - ganz herzlich hier willkommen heißen. :24: Ich sehe, dass du schon viele Antworten bekommen hast und ich freu mich, dass das Forum hier so gut als Treffpunkt und Austauschort für Menschen in ähnlichen Lebenslagen funktioniert. Das war schließlich immer schon die Intention dieses Forums.


    Es ist für mich auf die Entfernung natürlich schwer abzuschätzen, ob du depressiv Verstimmt bist, weil du tief trauerst oder wirklich an einer Depression leidest.Hast du zwischendurch auch gute Momente oder ist der ganze Tag, die ganze Woche ein dunkles Loch und hast du Schwierigkeiten dich auch für kleinste Aktionen aufzuraffen?


    Grundsätzlich finde ich, dass du sehr aktiv an deine Trauerarbeit herangehst: Du gehst in das Trauercafe (übrigens eine super Einrichtung bei euch in Vorarlberg!), du bist hier im Forum aktiv, du nutzt das Angebot der Telefonseelsorge, wenn es dir nachts zu schwer wird ... du lässt dem Schmerz Raum, du lässt ihn raus! Was du mehr versuchen könntest, ist, dass du Ablenkungsstunden suchst, die dich auf Distanz zur Trauer bringen und dir Verschnaufpausen gönnen. Ich weiß, dass das am Beginn sehr schwer ist - gerade, wenn man sein Leben so intensiv mit dem Partner zu verbringen gewöhnt ist - der fehlt einfach immer, weil man ihn eben so gut wie immer um sich hatte ... aber denk nach, was könnte dich interessieren, was könnetst du unternehmen, was dir zumindest kurze Verschnaufpausen möglich macht? Alles ist erlaubt, auch Verrücktes ;)


    Alles Liebe!
    Christne

  • Liebe Christine !
    Ich danke dir ganz herzlich für die Begrüßung und die tröstenden Worte. Ich weiß zwar vom Verstand her, das im Prinzip der Trost, die guten Worte und manche Ratschläge stimmen und die Zeit für uns arbeiten muss, aber das alles kommt nicht "bei mir im Herzen an". Ich habe schon - sogar von unerwarteter Seite einige Hilfe und Unterstützung erfahren, und das reden tut mir ab und zu unendlich gut. Deshalb bin ich über jede kleine Ablenkung froh, und bin auch dankbar, dass ich hier im Forum durch andere Betroffene Zuspruch erfahre und sehe, dass ich mit meinen "schwarzen Gedanken", der Trauer, dem Schmerz, der Einsamkeit, nicht alleine bin. Und manches Gefühl wo ich jetzt habe, was mir selbst ab und zu schon unheimlich ist, wohl in diesem Zustand normal ist.
    Ich versuche mich schon abzulenken und etwas unternehmen, auch wenn es ab und zu ein Kraftakt ist, denn ab und zu möchte ich mich am liebsten in "meinem Nest" verkriechen. Ich habe mich ab und zu schon gefragt, was ich noch auf dieser Welt soll, am liebsten möchte ich einschlafen und nie mehr aufwachen. Dann wäre das ganze Leid zu Ende und ich vielleicht mit meinem Schatz vereint. Wenn ich ganz tief unten bin, dass ist für mich vor allem in der Nacht, dann habe ich sogar schon bei der Telefonseelsorge angerufen, nur damit ich mit jemanden um diese Zeit reden kann. So ein Gespräch, sich öffnen gegenüber Fremden, ist an und für sich schon ein Kraftakt, danach heule ich oft bis zur Erschöpfung. Aber im Prinzip ist das Gespräch doch gut für mich, und bringt mich von meinen "schwarzen Gedanken" ab. Irgendwann kann ich vielleicht mal mit Dankbarkeit an die schönen Zeiten zurück denken. Aber davon bin ich noch Meilenweit entfernt.
    Jetzt fühle ich mich auch körperlich schwach und schlecht. Überall spielen anscheinend meine Nerven verrückt. Nun war ich bei meiner Ärztin, und habe mir etwas zur Beruhigung für den Tag verschreiben lassen, denn ich hatte das Gefühl, dass es mich innerlich vor lauter Kummer und Schmerzen, zerreißt. Und zum Schlafen brauche ich ohnehin auch was. Aber ich war schon so erschöpft, es ist einfach nicht mehr anders gegangen.
    Ich muss, wie auch alle anderen Trauernden hier, mein Leben komplett neu "ordnen" und schauen was ich mit der vielen Zeit anfange. Denn Zeit habe ich im Überfluss. Ich gehe schon seit dem letzten Herbst 2-3 Mal in der Woche ins Fitneßstudio, das habe ich jetzt wieder angefangen regelmäßig zu hinzugehen. Es tut mir körperlich und auch sonst gut, und außerdem habe ich dort schon neue Bekanntschaften gemacht, mit denen ich mich auch privat treffe. Außerdem habe ein "paar gute Geister" - Nachbarn, Kolleginnen, andere betroffene Frauen in der Nähe - wo mich immer wieder mal einladen, oder ich hingehe, oder die mich einfach zu einem Spaziergang abholen. Das sind dann für mich kleine Lichtblicke, die mich aufbauen. Aber wenn ich nach Hause in die leere Wohnung komme, fällt mir oft wieder die "Decke auf den Kopf". Überall sind 1000 Erinnerungen, egal wo, und die ziehen mich dann wieder runter. Am Ende des Tages, bin ich bei aller Aktivität tagsüber, doch wieder alleine und meine Einsamkeit wird mir dann umso stärker bewußt. Und die Trauer muss doch jeder für sich alleine bewältigen und verarbeiten, auch wenn man noch so viel Hilfe bekommt, denke ich.
    Es tut gut, dass ich hier mal wieder mein "Herz erleichtern" kann.
    Ich wünsche allen, dass der Blick irgendwann wieder nach vorne gerichtet ist und ein Licht am Horizont für uns scheint.
    Ganz liebe Grüße
    Veronika

  • Hallo,
    heute ist für mich ein extrem schwieriger Tag. In der Früh beim Frühstück habe ich schon ohne einen speziellen Anlass geheult, die Tränen sind mir ohne zu wollen nur so gekommen, und dann habe ich später beim Einkaufen noch einmal so einen "Anfall" gehabt, die Tränen sind mir ohne dass ich es wollte, völlig unvermittelt und unkontrolliert gekommen. Ein paar Leute haben mich schon ganz komisch angeschaut, da habe ich fluchtartig das Geschäft verlassen und bin nach Hause und habe mich in meiner "Höhle" verkrochen.
    Am Nachmittag war ich bei einer Freundin eingeladen, da habe ich wirklich eine gute Zuhörerin und Trösterin. Ich versuche also schon mich abzulenken. Aber das gelingt mir momentan ganz schlecht, und wenn dann bringt es nur kurzfristig etwas und wenn ich nach Hause komme, dann ist alles umso schlimmer.
    Ich habe auch schon mit dem Hospizteam, der Trauerhilfe geredet, dabei auch schon ein intensives Einzelgespräch gehabt. Aber irgendwie dringt das alles was da gesagt wird, nicht zu mir durch, es nützt noch nicht viel. Ich gehe nächste Woche aber trotzdem wieder ins Trauercafe, vielleicht ist es dann beim zweiten Gespräch besser und ich kann mir eine "kleine Portion Trost" mitnehmen. Ich fühle mich momentan so leer und ausgebrannt, dass es überall weh tut.
    In den letzten Tagen ist meine Trauer, der ganze Schmerz, die Einsamkeit .... die ganzen Gefühle, wie ein Wirbelsturm dauernd über mich reingebrochen, und meine Gedanken sind immer nur bei IHM, und die Gedanken schmerzen unheimlich. Ich kann nur an den Verlust und die Trauer denken. Nun nehme ich seit ein paar Tagen Tabletten zur Beruhigung, damit ich wenigstens einigermaßen über den Tag komme. Ich habe schon das Gefühl dass wie etwas wirken. Aber seit ein paar Stunden sitze ich da und bin wie erstarrt und zu keiner Regung fähig. Ich kann momentan keinen klaren Gedanken fassen. Momentan kann ich nicht einmal mehr Weinen, was ab und zu wie eine "Erlösung" ist, wenn man die Gefühle erlebt. Ich bin mir jetzt selbst schon unheimlich, ich weiß jetzt in der Nacht nicht was ich tun soll, ich bin tief verzweifelt und mir kommen allerhand Gedanken. Mich beschäftigt immer noch ständig die Frage nach dem "Warum", und wie soll ich ohne meinen Liebsten weiterleben.
    Ich könnte ganz dringend eine Portion Kraft, Trost und Mut vertragen, weiß aber nicht wie und wo ... ? Ich mache ja schon einiges, wie das Trauercafe, habe div. Einladungen, gehe zum Sport usw., das lenkt mich alles nur kurzfristig ab, aber meine Trauer und mein Schmerz werden nicht weniger.
    Ich weiß dass wir alle den langen und schwierigen Weg gehen müssen, aber momentan drückt "mich alles nieder". Ich hoffe das bald "bessere Tage" kommen.
    LG Veronika

  • Hoi Veronika,
    mein aufrichtiges Beileid!
    Ohne nun schulmeistern wirken zu wollen: Lass dir Zeit, lebe deine Trauer, erwarte nicht, dass dein ganzes Sein und Denken sich in wenigen Wochen an den Verlust gewöhnt. Warum sollte man beim Frühstück oder in einem Laden nicht weinen? Nur weil andere Leute nicht wissen, wie sie mit einer traurigen Person umgehen sollen? Die oberflächliche Aktion- und Spaßgesellschaft kann mich mal. Lass sie doch einfach weiter komisch dreinschauen. Weine, wann immer dir danach ist. Ich glaube, das Weinen hilft und auf jeden Fall steht man nach dieser erschöpfenden Entspannung wieder etwas grader da. Meinst du nicht?
    Gerne würde ich dir ein bisschen Kraft schicken und Mut, gerne auch Trost. Ich hab derzeit genug. Auf den paar Kilometern würde sicher auch nicht viel verloren gehen. Ich finde, dass du bereits einen guten Weg gefunden hast, deinem Schmerz Ausdruck zu verleihen und mit ihm leben zu lernen. Du lenkst dich ab, du führst Hobbies und Freundschaften weiter. Freilich wird es immer wieder Zeiten geben, in denen du dich ganz allein mit deinen Gedanken arrangieren musst und ich glaube, dass auch diese Zeiten sehr wichtig sind für die Trauerarbeit.
    Trauer und Schmerz, die Fragen nach dem Warum, die Einsamkeit, die Angst vor den Herausforderungen werden uns noch eine Weile begleiten, aber ich glaube, wir entwickeln wirklich mit der Zeit gute Strategien, das auszuhalten.
    grüßle von schnee

  • Hallo liebe Schnee,
    danke für deine aufmunternden Zeilen und den Trost und die Kraft die du mir geschickt hast. Das kann ich momentan nur allzu gut gebrauchen. Mir kommt vor, dass es seit ein paar Tagen alles noch viel schlimmer geworden ist, ich kann es vor lauter Trauer und Schmerz kaum aushalten. Meine Nerven lassen mich innerlich erzittern, sodaß ich schon glaube mich zerreißt es, bei all dem Elend.
    Sicher erwarte ich zuviel von mir selbst, und denke, dass das alles erträglicher wird, oder ich versuche mit zusammen zu reißen und nach außen nicht zu zeigen, wie es in mir ausschaut. Das ist sicher nicht richtig, noch habe ich die richtige "Strategie" und den Umgang mit dem Ganzen nicht gelernt. Mich beherrscht vor allem fast immer noch der Gedanke nach dem Warum?; wenn es auch nie eine Antwort darauf geben. Es war wohl Gottes Wille und vorbestimmt. Ich weiß auch nicht was ich tun oder glauben soll.
    Ich habe schon ein wenig Ablenkung gefunden und versuche so viel es geht raus zu gehen, obwohl ich mich ab und zu mit Gewalt dazu "aufraffen" muss, aber selbst das bringst nicht immer, und wenn ich dann nach Hause komme, ist es umso schlimmer. Es gibt auch Stunden wo ich einfach meine Ruhe will und mich zu Hause in meinem "Nest" verkrieche. Vorallem in der Nacht habe ich oft ein großes Tief, eine Leere, einfach furchtbare "Zustände". Ich habe sogar schon die Telefonseelsorge angerufen, nur damit ich in der Nacht mit jemandem reden kann. Danach werde ich meistens etwas ruhiger und kann dann eventuell ein paar Stunden schlafen.
    Wie ich aus der Angabe deines Wohnortes "tief im Westen" schließe, dürftest du hier bei mir in der Nähe wohnen, im Grenzbereich FL/CH; oder? Dann wirst du auch schon wahrscheinlich aus eigener leidvoller Erfahrung wissen, dass es bei uns hier nicht so viel an Betreuung und Ablenkung gibt, wie in anderen Bundesländern. Es wäre zum Beispiel schön, wenn es Treffen mit anderen Witwen oder Alleinstehenden gäbe. In dem Umfeld könnte man einfacher miteinander reden, sich austauschen, oder Ausflüge, Wanderungen etc. machen. Bis jetzt habe ich so etwas hier noch nicht gefunden. Ich war bis jetzt einmal im Trauercafe vom Hospiz, aber da es bei mir noch so frisch ist, hat es nicht allzu viel gebracht. Aber ich werde trotzdem nächste Woche wieder einen Versuch machen und ins Trauercafe gehen. Außerdem habe ich mit einem Hospizmitarbeiter und einer Mitarbeiterin ein ganz persönliches Einzelgespräch gehabt, das war ziemlich emotinal und schmerzlich, aber hat mir aus meiner Sicht doch am meisten gebracht. Es war ein kleiner "Lichtblick". Im Grunde wiederholen sich doch die noch so gutgemeinten Ratschläge, und der Trost und Zuspruch kommt bei mir "noch nicht wirklich im Herz an". Dazu bin ich wahrscheinlich noch zu tief in der Trauerphase, bei mir überwiegt immer noch der Schmerz über den Verlust und die Einsamkeit. Ständig kommen mir, egal wo ich bin oder was ich tue 1000 Erinnerungen, welche mich immer von neuem verzweifeln lassen.
    Sicher hat hier jede(r) von uns auf seine persönliche Art lernen müssen mit der Trauer zu leben und sein Leben völlig neu zu "gestalten". Und vielleicht stimmt es ja, wie man sagt, "die Zeit heilt Wunden", und die Erinnerung wird sich einmal auf die schönen und positiven Zeiten und Erinnerungen der Beziehung umwandeln. Aber das kann ich mir jetzt noch nicht vorstellen, davon bin ich noch weit entfernt. Immerhin war ich mit meinem Walter 41 Jahre zusammen, und das kann man nicht einfach so "abhaken und umwandeln", er fehlt mir immer und überall.
    Ich möchte mich nochmal ganz herzlich für deinen Zuspruch und Trost bedanken. Ich wünsche Dir selbst, dass du mit der Trauerarbeit weiter bist und ein wenig damit leben gelernt hast. Sicher überfallen einem einfach immer wieder trübe Gedanken, dass ist schon klar, dass das noch Monate, wenn nicht Jahre sind, wo immer wieder schlechtere Phasen kommen, wo uns runterziehen.
    Ganz, ganz viel Kraft wünsche ich Dir und allen anderen, welche diese Zeilen lesen. Es ist irgendwie schon gut, dass man sich hier vieles von der "Seele" schreiben kann.
    Ich grüße und umarme dich herzlichst
    Veronika

  • Hallo,
    ich möchte mich hier bei Euch mal wieder "ausweinen". Denn momentan finde ich aus dem tiefen Tal gar nicht mehr raus. Die Trauer, der Schmerz und vorallem die Einsamkeit und das Endgültige, ich kann es kaum mehr ertragen. Dabei versuche ich ja mich "abzulenken und zu beschäftigen". Ich unternehme einiges, ab und zu kommt es mir selbst vor, dass es mir zu viel wird. Dann verkrieche ich mich wieder in meinem (unserem) Nest. Wahrscheinlich bin ich mit mir selbst zu ungeduldig, und denke zu viel über alles nach und lasse mir zu wenig Zeit. Bisher habe ich zusammen mit meinem Schatz das Leben immer gerne selbst bestimmt und geplant. Nun hat sich meines "innerstes selbstständig" gemacht. Bei mir drehen sich immer noch die negativen Gedanken ohne Ende. Ich kann es einfach nicht abstellen. Seit ein paar Tagen nehme ich, von meiner Ärztin verordnet, tagsüber eine Tablette damit ich den Tag wenigstens halbwegs über die Runden komme. Ich habe es selbst gespürt, dass es anders nicht mehr geht. Aber ich möchte nicht süchtig werden von dem "Zeug", deshalb suche ich nach Alternativen, wo mir weiterhelfen. Gestern war ich das erste Mal bei einem "Ganzheitsmediziner", da versuche ich es jetzt mit Akupunktur. Mal sehen, was es bringt. Das hat mir eine Bekannte, die auch ihren Mann verloren hat, empfohlen, da es ihr geholfen hat bzw. sie unterstützt hat.
    Am Sonntag hatte unser Lieblingsenkel Geburtstag, das war, obwohl die ganze Familie zusammen war, speziell für mich wieder ein schwieriger Tag - die Erinnerungen ... Denn da wird mir und uns allen bewußt, dass ein wichtiger Teil der Familie fehlt. Und das war jetzt in den letzten paar Wochen schon der dritte Geburtstag wo wir ohne den "Chef" feiern mussten.
    Als ich dann am Abend in die leere Wohnung nach Hause gekommen bin, war es mit meiner Beherrschung vorbei. Es tut einfach so entsetzlich weh, am liebsten würde ich ihm nachfolgen. Das ist für mich momentan kein wirkliches Leben, sondern eher ein funktionieren. Auch wenn ich durchaus, ab und zu tagsüber Gespräche, Treffen usw. habe, oder ich habe mich jetzt wieder dazu überwunden, regelmäßig wieder zum Sport zu gehen, das sind dann schon kleine Lichtblicke. Aber danach ...
    Ich hoffe, dass es bald irgendwann erträglicher wird, ich hätte nämlich nicht gedacht, das jetzt nach 8 Wochen alles noch schlimmer wird, als am Anfang. Ich hätte nie gedacht dass ich so "tief sinken" kann, und auf Hilfe, Unterstützung und Trost und Zuspruch so angewiesen bin. Ich bin auch froh dass ich mir hier im Forum ab und zu den Frust von der Seele schreiben kann. Denn zum Reden ist ja nicht immer und jederzeit jemand da.
    Ich hoffe, dass mich jetzt am Abend nicht wieder die üblichen trüben Gedanken überfallen.
    Ich wünsche allen viel Kraft und Mut um das Leben irgendwie zu meistern, wenn es auch ab und zu auf "Sparflamme" läuft.
    Ganz herzliche Grüße
    von Veronika