Liebe Micky,
deine Schilderungen über den schlimmen Verlust deiner geliebten Mama, haben mich tief berührt. Mein tief gefühltes Beileid und die tägliche Kraft bei Deiner Trauer.
In vielen Dingen konnte ich mich bei meiner Trauer und den Hausnachbar wiedererkennen.
Meine geliebte Mama ist am Pfingstmontag verstorben. Es war alles so paradox und bis heute noch nicht nachvollhziehbar wie alles gelaufen ist.
Am 19. Dezember 2014 hatte sie einen schweren Schlaganfall. Meine Mama wohnte allein zu Hause wir telefonierten täglich. Auch am 19.12. versuchte ich sie zu erreichen. Aber sie ging nicht ans Telefon, mein Mann meinte sie wird schon ins Bett gegangen sein. Ich probierte es gleich am Vormittag auf meiner Arbeit sie hörte nicht. das lies mir keine Ruhe ich fuhr mittags nach Arbeit gleich zu ihr und ich fand sie Kopf und Arm nach unten auf ihren Lieblingssessel liegend. Ein schlimmer Anblick seine Mama so zu finden. Rief gleich den Notdienst. Da sie über 20 Stunden so auf dem Sessel lag, war viel Gehirn geschädigt. Im Krankenhaus vor Weihnachten sagten man mir, sie hätte keine Chance wieder sprechen zu können und war auf der gesamten rechten Seite gelähmt. Man wollte die Ernährung einstellen, versorgte sie jedoch medizinisch. So wollte sie nicht weiterleben. Aber ich kämpfte um sie. 30 Tage jeden Tag fuhr ich 20 km ins Krankenhaus. Ein Arzt erbarmte sich, was das soll. Vor Weihnachten, man kann doch den Menschen nicht sterben lassen. Ich war froh, dass es noch Ärzte gab, die Mitgefühl hatten. Es ging jeden Tag etwas besser mit ihr. Aber sprechen konnte sie nicht. Von 15.00 uhnr bis 19.00 Uhr war ich Krankenhaus täglich. Gab ihr Essen fütterte sie, da sie anfangs nicht Trinken und essen konnte, bekam sie Nahrung über eine Nasensonde. Lange verweigerte ich die PEG. Mitte Januar bekam sie eine Reha in Pulsnitz. Es gab immer wieder kleine Rückschläge, aber Mama konnte wieder im Rollstuhl sitzen. Erkannte ihre Enkelkinder, freute sich wenn sie zu Besuch kamen. Ich kämpfte um sie. Aller 2 Tage fuhr ich nach Pulsnitz. Einen Tag ohne ein zeichen von ihr, ohne sie zu sehen, ging nicht. Sie war Pflegestufe III konnte in der Reha wieder Breikost essen, aber nach wie vor nichts trinken. Sie litt immer noch an hohem Blutdruck. Trotz ihrer Behinderung lächelte sie und freute sich, wenn sie mich sah. Später fuhr ich sie mit dem Rollstuhl im Park spazieren.
Nach 3 Monaten Reha, war sie einigermaßen stabil und konnte entlassen werden,. Ich suchte ihr ein schönes Heim, das Heim war schön, aber die Pflegekräfte liesen zu wünschen übrig. Ihre Medikamente bekam sie nicht pünktlich und wurde frühs lange im Bett liegen gelassen. Ich war täglich im Heim. Ab Nachmittag bis abends 20.00 Uhr (Heimschließung). Gab ihr jeden Abend das Abendessen, machte Abendtoilette, putze Zähne und machte sie bettfertig. Leider konnte ich sie nicht allein zu Bett bringen. Vom Rollstuhl ins Bett schaffte ich nicht allein. Mutti hatte Probleme mit dem Sitzen auf dem Rollstuhl. Wir mussten manchmal Stunden warten bis die Pfleger Mutti ins Bett brachten. Ich nervte sie, da ich täglich im Heim war. Heute bereue ich, dass ich sie nicht zu mir nach Huase genommen habe. Leider haben wir nur eine kleine 3-Raum-Wohnung zur Miete 2. Etage, gehe arbeiten und habe einen 14 jährigen Sohn, aber aus heutiger Sicht, würde ich ein Heim meiden.
Kurz und gut ich komme auch nicht über den großen Verlust meiner geliebten Mama hinweg. Sie erlitt im Heim 2 weitere kleine Schlaganfälle, die nicht gleich erkannt wurden, Der Notarzt wurde 2x gerufen, Mutti wurde nicht ins Krankenhaus mitgenommen, obwohl ich es wollte. Zu hoher Blutdruck, wäre keine Indikation. Beim 3. Anruf des Notarztes innerhalb von 3 Tagen wurde Mutti dann ins Krankenhaus mitgenommen.
Sie konnte nichts mehr zu sich nehmen und lag seit 3 Tagen im Bett, konnte nicht mehr im Rollstuhl sitzen.
Sie wurde medizinisch versorgt und bekam ihre Sondennahrung, doch die Ärzte hatten keinen weiteren Handlungsbedarf, so dass sie nach 5 Tagen wieder ins Heim entlassen wurde. Ihren hohen Blutdruck bekamen sie nicht in Griff. Nach 2 Tagen Heimaufenthalt ein erneuter Anfall, sodass wieder der Notarzt gerufen wurde. Ich wurde auf Arbeit informiert, dass sie im Krankenhaus wieder lag Freitag vor Pfingsten.
Das CT ergab Schädigung des Gehirns auf der rechten Seite. Beim 1. Schlaganfall war die linke Gehirnhälfte geschädigt. Der Arzt sagte mir sie sei nun auf beiden Körperseiten gelähmt. Der rechte und linke Arm sei gelähmt. Es wäre besser sie schläft ein. Mein Mann unterstützte dies sehr bedeutend, wie auch schon Weihnachten. Aber da kämpfte ich. Diesmal stimmte ich zu. Ich komme jetzt nachdem ich etwas zur Ruhe gekommen bin, nicht klar, dass ich meiner geliebten Mutti nach all der Angst um sie, passive Sterbehilfe geleistet habe, ohne mir Bedenkzeit zu erbeten. Es ging alles so schnell. Der Arzt nahm sich nicht einmal die Zeit mit uns in ein ZImmer zu gehen, auf dem Gang wo meineMutti lag, da sie kein Zimmer für sie hatten, wurde über Leben und Tod verhandelt. Ich war damals in einem Schockzustand, konnte es einfach nicht fassen, wie sie da lag, so rot im Kopf, der Blutdruck 180/120 . Nun gab ich sie so schnell frei zum Sterben, ohne zu Überlegen, vielleicht doch noch medizinisch zu versorgen. Ich komme über meine schnelle Entscheidung nicht darüber hinweg. Mein Mann ist froh, wie er sagt, dass sie nicht mehr leiden muss. Sicherlich, aber Mama ist nicht mehr da.
Die vier Tage lag dauerte ihr Sterbeprozess ohne Essen, trinken und medizinsiche Versorgung waren auch eine Qual. Ein Arzt in der Nähe, nur überforderte Schwestern. Als Mutti Pfingstmontag qualvoll eingeschlafen ist, konnte ich es nicht fassen. Alle sagten es sei gut, sie ist erlöst.
Keiner muss mit dieser Entscheidung leben, die ich jetzt mit Selbstvorwürfen tragen muss.
Entschuldige, bitte ich wollte dich nicht mit meinem Problemen so behelligen, aber ich habe festgestellt, für viele meiner Bekannten und Freunden auch die Geschwister meiner Mutti geht das leben weiter. Sie feiern und fahren in den Urlaub. Ich bin einsam, trotz Mann, der mich nicht trösten kann, das Gespür nicht hat. Auch meine Mutti hatte 50 Jahre in einer Mietswohnung gewohnt. ich habe sie erst jetzt aufgelöst, obwohl sie seit Dezember 2014 nicht mehr wohnen konnte. Da ich jeden Tag im Krankenhaus, Rehe und Heim war, blieb keine Zeit. Auch die ihre Nachbarn, wie bei Deiner Mutti, hatten kein Gespür und Mitleid gezeigt. Die Menschen sind kühl und egoistischer geworden. Vielleicht auch froh, das man selbst noch lebt. Keine Hilfe von den Nachbar bekommen.
Ich weiß nicht, wie ich mit meinem Schmerz fertig werde, bin krank geschrieben. Auf Arbeit versteht mich auch Niemand. In der heutigen Geserllschaft bleibt kein Raum und Zeit für Trauer, man muss nach der Beerdigung wieder funktionieren.
Das furchtbare an der ganzen Sache ist, ich habe gekämpft, nachts KH und Reha angerufen wie es ihr geht und am Ende entscheide ich übr Leben und Tod meiner Mama. Das ist so schlimm, das kann keiner nachfühlen.
Mit dieser Schuld muss ich nun weiterleben. Warum habe ich nicht gewartet und Bedenkzeit gebeten. Es ist so schlimm, dass ich manchmal auch nicht weiterleben möchte. Ich kann mich über nichts freuen.
Es gibt mir nur einen kleinen Trost, dass viele liebe Töchter und Söhne um ihre Mütter oder Eltern trauern. ich nicht allein bin.
Und die die trauern unsere Trauer auch nachfühlen können. Wenn man 10 bis 15 Jahre trauert, ist beängstigend - man kommt nicht zur Ruhe.
Mein Papa hat sich vor 16 Jahren das Leben genommen, 5 Jahre war ich wie gelähmt. Nun habe ich diesen großen Schmerz überwunden und eine neue Wunde hat sich aufgetan.
Ich schreibe zum ersten mal bei solch einem forum überhaupt. Mein Sohn hat mir dabei geholfen. Danke an Alle.
Liebe Micky ich danke für Deine Aufmerksamkeit und wünsche Dir auch weiterhin viel Kraft und Gesundheit
für die Zukunft.
Alles Liebe Petra