Geliebter, bester Freund, engster Vertrauter und Seelenverwandter plötzlich verstorben

Ich bin jetzt bei meinen Eltern...liege auch hier wieder auf der Couch.

Ich glaube das arbeiten hat nochmal wieder viel aufgewühlt...es ging mir die letzten zwei Tage unglaublich schlecht...immer und immer wieder der Gedanke "Mein kleines Baby ist nicht mehr da..." oh mein Gott...das geht einfach nicht...nie wieder kann ich ihn mit seinen Kosenamen rufen...zumindest kann er mir nicht mehr antworten...es wird schon wieder immer irrealer....vielleicht weil die Arbeit zu viel Konfrontation mit der "Realität" war. Ich bin vorhin wie "Falschgeld" durch die Wohnung gelaufen und habe sooo krass das Gefühl gehabt er ist gar nicht tot...ich bin fast durchgedreht...ich weis das er gegangen ist und gleichzeitig war es aber wirklich so als wäre er wirklich am leben...ich kann die Gefühle kaum beschreiben...es war unglaublich krass...wie in zwei Welten parallel zu existieren...ich bin wieder weinend zusammen gebrochen...

nun bin ich ruhiger...aber mein Gehirn kommt immer noch nicht klar...mein kleiner Misu ist nicht mehr bei mir?! Das kann doch nicht sein...ich muss ihn doch umarmen....ihn festhalten...muss doch meinen großen Mann beschützen...und er muss mich doch beschützen....wir wollen doch heiraten...wir wollen doch soo viel machen dieses Jahr...das ist was mir permanent durch den Kopf geht...und ich bekomme es nicht weg...manchmal lenkt der Fernseher ab...dann bin ich für ne Minute abgelenkt...bis es mich wieder wie ein Schlag trifft...

Überlege ob ich Schmerzmittel nehme gegen die seelischen Schmerzen...

Liebe Katarina...das kann ich nicht...konnte ich noch nie...die Umarmung habe ich immer nur und ausschließlich mit Vincent gehabt...Meine Freundinnen umarmen mich...aber nur kurz. Ich will nicht gerne von anderen angefasst werden. Nur mit Vincent fühlte es sich wirklich richtig und unglaublich gut an.

Darfst du...doch haben sie. Hatte auch keine schlechte Kindheit oder so...mein Bruder ist auch ganz anders...aber für mich hat es sich nie richtig angefühlt sie zu umarmen oder gar zu kuscheln. Dann bin ich immer Stock steif geworden...War mir richtig unangenehm. Hat wahrscheinlich viel mit Emotionen einschließen...Kontrolle haben zu tun oder so...ich weis es nicht. Erst mit Vincent habe ich es genossen...und durch ihn konnte ich zumindest zur Begrüßung und Verabschiedung die Eltern umarmen ohne schlechtes Gefühl zu haben....und seitdem er gegangen ist...geht nichts mehr...

Ich kann wie gesagt nicht erklären warum nicht. Aber erst mit Vincent habe ich das Berühren und Kuscheln lieben gelernt...und nun ist er weg...

Liebe Amitola, ich weis das sie es wollen...vor allem meine Mutter...aber ich will es einfach nicht. Schon bei dem Gedanken daran eine längere Umarmung aushalten zu müssen stehen mir die Haare zu Berge...ich kann wirklich nicht sagen warum...aber es würde mich mehr Kraft kosten als es mir geben würde. Ja bei Freundinnen lasse ich es zu und es ist auch ok...auch wenn es sich komisch anfühlt...wie gesagt nur Vincent hat es geschafft...nur bei ihm war es für mich von Anfang an das natürlichste der Welt...das ging von Anfang an einfach so...deswegen schreibe ich ja auch so viel darüber wie sehr mir auch das körperliche fehlt...

Ich bin nur hier weil ich weis oder vermute das ich die Nacht sonst nicht überstehe...es nicht mehr schaffe. Sonst wäre ich zu hause geblieben.

Liebe Jutta,

Vielen Dank für deine Worte. Bis jetzt hatte ich nur direkt an seinem Todestag und einen danach Tabletten (tavor) genommen und es dann schnell wieder gelassen. Seit dem nur Bachblüten, Baldrian, Neurexan und Magnesium. Die Schmerzmittel hatte ich von der Psychologin und der Oberärztin empfohlen bekommen um die seelischen Schmerzen abzumildern, da diese ja ähnliche Rezeptoren wie die Körperlichen Schmerzen ansprechen. Nicht auf Dauer nur wenn es gar nicht geht.

Das ist mir bewusst...und mit Vincent hatte ich in der Hinsicht ja auch nie ein Problem, denn wie hatten ja immer mehr als genug Körperkontakt. Ich hatte zu 100% vertrauen und konnte mich zu 100% fallen lassen. Zu meinen Eltern habe ich das nicht. Will es auch gar nicht mehr haben.

Aber jetzt auch noch deswegen eine Therapie zu machen wäre mir zu viel. Und wahrscheinlich hängt es jetzt (mit meinen Eltern) auch mit Vincents Tod zusammen...ich will keine Umarmungen durch sie!!! Vincent war derjenige der mich so akzeptiert hat wie ich bin und keine Bedingungen an mich hatte. Bei meinen Eltern hat sich das nie so angefühlt obwohl ich weis das sie mich lieben. Aber wenn ich sie jetzt umarme dann nur für sie...damit sie sich besser fühlen...nicht ich...

Ich fühle mich komisch...anders...kann noch nicht beschreiben wie genau. Heute morgen war ich wieder beim Arzt, habe mich nochmal 14 Tage krankschreiben lassen. Musste danach die ganze Zeit weinen...bin zu hause angekommen und habe mich vor dem Schlafzimmer Spiegel zusammengekauert und weinend mit ihm geredet...habe ihn gebeten bei mir zu bleiben...habe aber ihn gebeten dass wir uns wiedersehen...das ich stark sein kann für ihn...wenn es sich denn lohnt...habe mich dann aufs Sofa gelegt...und auf einmal das Gefühl gehabt das er da ist...bin urplötzlich von verzweifelt auf ganz ruhig gewechselt....dann fing die Sonne gleißend hell an zu scheinen...bin immer ruhiger geworden...und egal was andere denken...ich wusste das er da ist...das hielt sogar eine Stunde oder mehr an. Jetzt sitze ich immer noch auf dem Sofa und bin ganz durcheinander...muss plötzlich weinen und genauso plötzlich höre ich auf einmal auf. Dann spüre ich so eine Kraft in mir...dass ich es schaffe...mit ihm...dann spüre ich ein brennen in der Brust und angst...dann ist es wieder weg...dann schaue ich mich um und es wirkt alles so klar...anders kann ich es nicht beschreiben.

Chaos im Kopf...alle Gefühle auf einmal im Minuten und/oder Sekunden Takt...Hoffnung/Wissen/Klarheit/Trauer/Angst/Verzweiflung/Schuldgefühle/Verwirrung....

Bin wieder mit dem Auto zu meinen Eltern gefahren...und auf halber Strecke habe uch angefangen zu schreien...ging nicht anders...all die Wut, Angst und Verzweiflung in mir...ich schrie und brüllte die ganze restliche Strecke...NEIN! Das ist nicht fair!!! Das habe ich nicht verdient!! Das hast du nicht verdient!! Du hättest noch sooo viel gutes bewirken können! Wir hätten zusammen noch so viel gutes tun können! NEIN!!! So ist es nicht richtig!!! Es ist noch nicht Zu ende!!!! So eine verf**** Sch****!!!!

Und....es geht mir nicht besser...ich kann es nicht fassen...mein Baby ist gegangen...und neun uch werde es nicht mehr Tod nennen...denn er ist für mich nicht tot. Es gibt für mich keinen Tod mehr in dem Sinne...denn ich kann ihn ja spüren. Und ich glaube das es etwas nach dem "Gehen" gibt von daher ist nur sein Körper nicht mehr da...ich hoffe ihr versteht was ich meine.

Werde vielleicht eine Aufstellung machen lassen. Mal sehen....erstmal wird es ein "Kennenlernen" geben.