Ich stell jetzt mal meine Gedanken in den Raum, vielleicht tickt ja wer so ähnlich:
Vorweg - es geht mir jeden Tag besser.
Der Papa ist tot, die ersten paar Tage waren schlimm.
Nach drei Wochen ginge es mir eigentlich gut wie lange nicht mehr, ich könnte vor Glück tanzen und ich brauche das Sertralin nicht mehr.
Papi, ich dank dir so sehr! Und wenns dich noch irgendwie gibt, dann bitte komm doch und "schau" mir über die Schulter beim Gespräch mit dem Baumeister, dem Hafner usw.
Ich hab in den letzten 10 Tagen ein Dutzend neue Leute getroffen, die sicher noch in mein Leben wachsen!
Freunde und Kollegen beteiligen sich am Projekt.
Es ist soooooo nett., und dauernd denke ich mit FREUDEN: Das kommt vom Papi. Das hat er mir beigebracht. Der Papi hätte sicher so oder so entschieden. Es ist, als wäre er ein Teil von mir, ein durchaus lebendiger Teil.
Und dazwischen betreibt die Bestattung auf meinem Handy Telefonterror. Blumen, Musik, Qua qua, bla bla....
Meine Mutter will mir erzählen, wer wann welche Kondolenzkarte geschrieben hat.
Irgendwelche Leute wünschen "Mein Beileid", immer schön formell bleiben.
Und ich denk mir: Ey Alta, was geht denn mit dir ab? Muss du jetzt davon reden? Drei Wochen sind vergangen, ich bin nicht in Rente, mein Leben geht weiter.
Wo warst du, als er ein Jahr gelitten hat? Warst du da bei ihm? Nein? Was willst dann jetzt? Bei einer Trauerfeier deine selbstdefinierte Sozialkompetenz raushängen lassen?
Warum muss ich das ständig wieder hochkochen lassen, was soll das bringen - außer Ekel und Schmerz?
Das ganze Trauertheater NERVT.
Es STÖRT MICH bei der Trauerarbeit.
Ich weiß von früheren Verlusten, dass es nur einen Weg gibt, die ungesunde Trauersituation hinter sich zu lassen. (Ja, ungesund! Geht bekanntlich mit einem erhöhten Risiko einher, selbst zu erkranken oder zu verunfallen.)
->Raschestes Rausbewegen aus der belastenden Situation.
->Kein Anbeten toter Reste, sondern zügiger Wiedereintritt ins Leben.
->Schluss mit dem Thema Tod&Krankheit, den Menschen lebendig ins Herz nehmen und dort behalten!
- Man trauert um eine wichtige Ressource, und sollte sich diesbezüglich nichts vormachen. Entweder ersetzt man die Ressource (z.B. neue Beziehung eingehen) und/oder man verschiebt die Parameter des eigenen Lebens so weit, dass man es nicht sooo gerne mehr sähe, wenn der Tote an die Tür klopfte. (Edit: Bzw. Falls er irgendwie klopfte, müsste man ein längeres Gespräch führen. Sieh mal, dies und jenes musste ich eben für mein Leben ändern, du warst ja nicht mehr bei mir.)
Ich bin grad ausgezuckt und ich verzichte auch auf Teil 2 des Begräbnisses. NEIN, ich brauche das keineswegs zur Verabschiedung des "geliebten Körpers". Ich war nicht bei den diversen Trauer-Zeremonien meiner Oma, glücklicherweise war ichs nicht, das war eine völlig richtige Entscheidung.
Woran will ich mich erinnern? An Krankheit, Tod, Bestattungstrallala und getragene Mienen?
Edit: Ich will und kann nicht mehr, drei Jahre Krebs als Lebensthema, ein Jahr täglich im Spital, Trauer und Leid des Sterbenden mitleiden, tragen und stützen, es reicht jetzt. Ist ist genug mit dem Todesthema, ein endloses Trauerzeremoniell ist nichts als quälend. WIEDER quälend.
Oder an den Menschen, den ich geliebt habe und der in meinem Herzen LEBENDIG sein soll?
Edit: Jetzt wäre doch eindlich die Zeit, diese furchtbare Phase zu vergessen, die schönen Dinge ins Herz zu nehmen und in Gedanken den GESUNDEN, lieben Menschen zu umarmen.
Drei Wochen nach Todeseintritt haben wir das endlose Trauerzeremoniell noch immer nicht erledigt. Wie mühsam ist denn das bitte?
Noch schlimmer traf es eine Bekannte, deren Mann (Lungeninfarkt durch Tumor) erst nach drei Wochen von der Obduktion kam, dann binnen weiterer drei Wochen endlich begraben wurde. Das scheint sie alles nur noch mehr traumatisiert zu haben.
Ich werde für mich selbst das Folgende vorsehen: KEIN Bestattungstrallala. Erde unter den Baum, ohne Zeremonie, und gut.
Sollte jemand um mich trauern wollen, wird dafür eine Geldsumme da sein. Diese kann in meinem Lieblingswirtshaus gefressen und gesoffen werden, und die einzige Bedingung ist, dass zu 65% nett über mich geredet wird. (Glorifizieren muss nicht sein.)
Gehts noch jemandem so?