Wir sind nicht gestorben, wir sind voran gegangen.

  • Liebe Fides, liebe Nicole


    ich möchte dir sagen dass es mir leid tut, dass ich dich neulich in der Nacht mit Petra (Pitty) verwechselt habe. Ich weiß nicht ob du das mitbekommen hast, aber es ist mir ein Bedürfnis dir das zu sagen...


    jetzt hast du schon so besch....eidene Erlebnisse in Österreich gehabt, und dann dieser Fauxpas von mir...es tut mir echt leid...
    ich war einfach müde und erschöpft, und kenne dich ja noch nicht so gut, aber je länger man hier schreibt umso mehr kann man über die Buchstaben hinaus ein Bild von dem Menschen bekommen finde ich... ich habe mir z.B. schon gemerkt dass du gerne Drachen im Himmel siehst, so wie auf deinem Bild. Und besondere und liebe Tiere hast. Klavier spielst.. Ich bin auch sicher dass du hier Freundschaften finden kannst, auch gerne meine wenn du magst...und mir meine zeitweilige Demenz verzeihen kannst ;(



    Vielleicht magst du bei Gelegenheit mehr von deiner Mama erzählen...
    sie muss sehr liebevoll gewesen sein...


    und ich glaube dir dass du sie jeden Tag vermisst, sie und ihren Rat.


    Hm, wenn du schreibst...die Verstorbenen hätten einen Teil von dir mitgenommen, dann wünsche ich dir (ich kenne dieses Gefühl) auch zu spüren dass sie einen Teil bei dir gelassen haben.


    Mit herzlichen Grüßen
    und einem es tut mir leid
    Malena <3

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Monika,


    ich schaffe es für meinen Teil nicht, oder vielleicht einfach nur - noch nicht - etwas sogenanntes positives nach dem Tod zu sehen. Es ist sehr schwierig mich auch nur in kleinster Weise darauf einzulassen.


    Ich vermute es hat etwas mit innerer Überzeugung zu tun. Meine Gedankenrichtung ist positiv gepolt, es reicht aber keineswegs auch nur ansatzweise in Bezug auf den Tod diese Positivität auch nur ein wenig Einfluss walten zu lassen.


    Die meisten Rückmeldungen meiner Mitmenschen, auf mich selbst und meine Reaktionen sind immer kleine klägliche Hinweise, mir zu suggerieren auch mal zu lächeln oder einfach stumpf über meine Gedanken hinwegzusehen. Aber ich bin keine Maschine, Gefühle sind nun mal da und leiten mich. Sie sollen mich nicht beherrschen, dessen bin ich mir sehr bewusst. Aber es ist doch oft so, dass eine erste Reaktion oftmals der eigenen Grundeinstellung wiederstrebt und ganz anders ist als gewollt.


    Nicole

  • Liebe Christine,


    das, was wir zu verlieren fürchten, wenn der Tod eintritt, ist die
    Struktur, die das Denken als „Ich“ aufgebaut hat, die Form, der Name und
    die Gebundenheit an die Form und an diesen Namen. (Krishnamurti)


    Leider sind wir ein wenig zu sehr mit unserer eigenen Programmierung beschäftigt, als das wir einen andere Denkstruktur anerkennen wollten. Oft ist das anders Denken und Handeln im Leben wie eine Art Fehler in der Programmierung zu betrachten. Mir gefällt hierbei das Wort "Fehler" schon nicht. Warum wird anders sein und anders Denken so abwägig bewertet. Vor allem von uns selbst?


    Nicole

  • Liebe Astrid,


    es liegt keineswegs in meiner Natur mich über etwas offen, nein überhaupt auszulassen. Leider neige ich dazu die Dinge und Geschehnisse nur aufzunehmen. Dies gilt für alles was in meiner Umwelt und um mich herum passiert. Ich habe kein Stück Ambition dazu, auch nur ansatzweise etwas schlechtes über irgendwen zu Äußern, außer mich selbst. Ich gebe mir selbst das Gefühl Schuld an allem zu sein. Das wirklich interessante ist hierbei, dass ich hunderte Gründe finde in denen ich mir auch selbst bestätigen kann das dem so ist.


    Ich bin gerade dabei grundlegende Aussagen die in meinem Kopf manifestiert sind zu hinterfragen. Dies beginnt zum Beispiel mit der Schuldfrage.
    Woran bin ich Schuld, warum bin ich schuld, was spricht für und gegen meine Aussage, was vermittelt mir den mein Gefühl und mein Gedanke - und wie lange kann ich wohl auch einmal dagegen argumentieren ohne aus Furcht, Angst und Reflex der Grundaussage zuzustimmen. Warum wähle ich in Gedanken den "einfachen" Weg, obwohl er letztlich nur irrtümlicherweise der einfachere zu sein scheint.


    Vor einiger Zeit habe ich gelernt das Gefühl Wut zu verinnerlichen, zu definieren und zu kategorisieren. Ich bin wütend auf den Verlauf in meiner Kindheit, ich bin wütend auf den Tod meiner Mutter und die Schwere der folgenden Jahre - ich bin wütend auf die Definition Verantwortung und deren innerelichen gelebten Kettenreaktion meiner selbst und ihrer Entwicklungen. Ich bin wütend auf den Tod meines Bruder und zu guter letzt bin ich wütend auf mich selbst und mein Durchhaltevermögen all dem gegenüber.
    Wichtig hierbei ist, dass habe ich hoffentlich gut erkannt, diese empfundene Wut nicht gegen mich selbst zu richten.



    Der Tod der Geliebten


    Er wußte nur vom Tod, was alle wissen:
    daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
    Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
    nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,
    hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
    und als er fühlte, daß sie drüben nun
    wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
    und ihre Weise wohlzutun:
    Da wurde ihm die Toten so bekannt,
    als wäre er durch sie mit einem jeden
    ganz nah verwandt; er ließ die andern reden
    und glaube nicht und nannte jenes Land
    das gutgelegene, das immersüße -
    und tastete es ab für ihre Füße.


    (Rainer Maria Rilke)



    Nicole

  • Liebe Malena,


    sagen wir so, ich war etwas irritiert. Ich hatte vermutet das ich den Zusammenhang einfach nur nicht verstehe. Den Mut zu fragen, besaß ich nicht - dieser schwand mehr und mehr aus Scham.


    Manchmal habe ich das Gefühl als würden mich kleine Schatten verfolgen. Vielleicht Dämonen... wobei es aber auch ein Geegenstück gibt.
    Es gibt ein interessantes französisches Stück - welches folgendes beschreibt:


    L'horrible essaim, poussé par l'aquilon,
    Sans doute, ô ciel ! s'abat sur ma demeure.
    Le mur fléchit sous le noir bataillon.
    La maison crie et chancelle penchée,
    Et l'on dirait que, du sol arrachée,
    Ainsi qu'il chasse une feuille séchée,
    Le vent la roule avec leur tourbillon !


    Dieser schreckliche Schwarm vom Nordwind her
    Schlägt auf mein Heim, oh Himmel!, wie
    mit Keulen.
    Die Wand knickt ein unter dem schwarzen Heer!
    Das Haus wehschreit
    und scheint in allen Planken, dem Boden längst entrissen, wild zu schwanken;
    Der Wind wirbelt's herum und lässt es wanken,
    Als ob's ein welkes Blatt im Sturme wär.


    Ich weiß nicht genau wie ich mich öffnen soll und könnte... ich versuche zumindest nicht immer vor mir selbst weg zu laufen.
    Und ich wünsche mir, hier ein paar liebe Freundschaften zu finden und zu pflegen. Auch mit dir.


    Nicole

  • Liebe Nicole,


    du liest dich wie ein sehr reflektierter Mensch...und du schreibst sehr schön...
    das Rilke Gedicht kenne und liebe ich, und das zweite Gedicht von Victor Hugo - sehr kraftvoll, bildhaft, wie ein Märchen, eine Gruselgeschichte... - ja - das Französische ist eine wunderschöne Sprache, ich würde sie zu gerne sprechen!
    Ich weiß nicht ob diese "Djin-Geister" von denen du schreibst schon lange da sind, oder erst gekommen sind, oder zu dir und deinem Leben gehören und auch positive Funktionen haben, oder du sie einfach weg haben möchtest weil sie dich ängstigen? Vielleicht kannst du ja das, wovor du Angst hast, konkret benennen... ich wünsche dir ganz viel Kraft dafür. Du hast wie du oben schreibst schon so viel geschafft, auch mal offen über Wut zu sprechen, das ist mutig, zu sagen "wie komme ich eigentlich dazu jetzt mit all dem allein dazustehen und das aushalten und schaffen zu müssen", "wieso glaube ich immer alles schaffen zu müssen" und ja, die Wut nicht gegen sich selbst zu richten bzw. wenigstens mal achtsam mit sich und den eigenen Kräften umzugehen...


    Hm, ich bin froh dass wir das nun geklärt haben, denn es tut mir leid dass du dich unwohl gefühlt hast, sogar geschämt hast....das würde ich nie wollen. Ich bin nur auch manchmal ganz schön gerädert, auch überfordert...und deshalb froh, dass du mir es nicht krumm nimmst!


    Zu dem vor sich selbst weglaufen...manchmal schützt man sich auch selbst, oder versucht es finde ich...dass du eine Therapie machst ist sicherlich hilfreich und ja auch ein Weg sich zu öffnen, kenne zu lernen, und das hier schrieben auch...


    was dein Krishnamurti Zitat anbelangt, da hat Amitola gerade im Thread "bisschen Philosophie" einen kleinen youtube Film von P. Dürr verlinkt, da erklärt er ein sehr schönes Bild dazu...


    Alles Liebe und ganz viel Kraft dir für die kommende Woche,
    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Malena,


    wie definierst du deinen Begriff, ein reflektierter Mensch?


    Manchmal helfen mir ein paar unterschiedliche Definitionen, mich an meiner eigenen nicht so festhängen zu müssen.
    Das ist bei mir wie mit Gefühlen, ich lerne sie zu erkennen, zu verstehen und sie für mich zu definieren. Wobei ich immer an die Reaktion des Menschen denken muss, die ich (irrtümlicherweise?) als Programmierung betrachte.
    Also ein Lächeln, bzw. der Ausdruck eines Lächelns kann somit die Programmierung des Gefühls Freude, Glück oder vielleicht auch eine Art Belächeln darstellen.
    Ich kann meinen Mitmenschen natürlich nur vor den Kopf schauen und eine Art Vertrauen sollte mir das Gefühl vermitteln, dass der Ausdruck in Mimik und Gestik meines Gegenübers ehrlich sein sollte.
    Da wären wir beim Punkt Vertrauen - wenn ich nicht weiß was dies eigentlich für mich bedeutet, hinterfrage ich die mir gegenüber dargestellte Reaktion und nehme sie kleinlichst auseinander - ob ich das nun möchte oder nicht.
    Mein Verstand beherrscht mich zeitweise noch viel zu sehr, jedoch betrachte ich auch mein eigenes Handel als 1 und 0 - somit als Programmierung, aufgrund von Ereignissen. An der ich aber nicht festhalten möchte.


    Immerhin gibt es zum Vertrauen schon eine Definition für mich. Vertrauen ist ein Verb. Ich gebe es aktiv. Kein Mensch kann es mir beweisen.
    Es zeigt mir plausibel klar auf, woran ich festhalten kann und sollte - und natürlich auch woran nicht.


    Nicole

  • Liebe Fides, liebe Nicole


    du stellst Fragen ;-) hm, ich will es versuchen obwohl ich müde bin (sei also nachsichtig).
    Reflektiert damit meine ich, dass du eben die Begriffe klärst, beschreibst was du mit ihnen verbindest, und dann eine sehr überlegte Erklärung suchst und findest, sicher sehr viel nachdenkst.
    Meinst du das auch mit der "Kopflastigkeit"? Du klingst auch wie ein Mensch der eine starke logische Begabung hat, so analytisch wie du Gefühle verarbeitest...


    Mit Reflektiert meine ich dass du wie du ja selbst sagst auch versuchst dir deine Geschichte aus verschiedenen Blickpunkten, auch noch einmal neu zu erzählen. Dass du überlegst was das Erlebte mit dir gemacht hat, und wie du die Erinnerung daran und die Eindrücke die es bei dir hinterlassen hat, verarbeiten bzw. auch verändern kannst, um dein Leben stimmiger zu gestalten, Schmerzen zu lindern, gut damit zurecht zu kommen, zu verstehen... und dann ... weiter zu gehen?


    Kannst du damit etwas anfangen?
    Nicht ganz so klar und technisch wie du schreibst :rolleyes:


    Hm, dass deine deine Mama oft fehlt und gefehlt hat, wie du geschrieben hast, dass kann ich nachfühlen. Du warst wirklich stark und musstest stark sein. Ich würde es schön finden wenn du von deiner Mama erzählst, wenn du magst. Gerne so viel du möchtest...wie hat sie ausgesehen...was habt ihr gerne zusammen gemacht...wie sieht das Grab aus?


    Die Zeilen aus dem Kleinen Prinzen, die du heute herein geschrieben hast,
    das ist so gefühlvoll. Danke dir dafür.


    Ja, Vertrauen das ist eine oft nicht leichte Übung.
    Selbstvertrauen, für mich gehört auch Vergebung dazu, sich selbst zu vergeben wenn man eine Verletzung erfährt (dafür, sich darauf eingelassen zu haben) und dem anderen zu vergeben, wenn man verletzt wird (und dann weiter zu gehen). Wenn ich die Kraft habe zu vergeben, dann ist das mit dem Vertrauen auch leichter. Und ja, erzwingen kann man es nicht, da hast du recht.


    Was für ein komplexes Thema
    an so einem schwülen Abend


    ich hoffe du hast es gut
    alles Liebe und viel Kraft zu Dir
    Malena :24:

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

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    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Malena,


    vielen lieben Dank das du so gut auf meine Frage eingegangen bist. Ich kann damit sehr gut etwas anfangen.


    Meine Mama :-)
    Als ich damals meinen Hund Babsy bekan, da waren wir immer gemeinsam mit ihr unterwegs. Das amüsante an der Geschichte ist, als Babsy lernen sollte ohne Leine zu laufen.... hat sie uns immer ordentlich ausgetrickst. Meine Mum und ich haben versucht sie einzufangen. Aber dieser verrückte Hund hatte nichts besseres zu tun als uns im Kreis hin und her zu scheuchen, bis wir beide kichernd auf der Wiese gelandet sind. Das hat unser liebes Hündchen nicht davon abgehalten weiter zu machen. Irgendwann haben wir sie dann doch fangen können um unsere Gassitour beenden zu können.
    Wir sind aus dieser Situation nicht besonders schlau geworden, manchmal glaube ich - vielleicht wollten wir das auch nicht. Es waren wunderschöne Momente auf dem Boden kichernd rum zu kullern. Dies passierte natürlich auch im Winter, in ordentlich viel Schnee.


    Meine Mum war eine recht kleine Frau mit langen dunkelblonden lockigen Haaren. Ich liebte ihre Finger. Sie waren so lang und schmal. Sie wären für mich zum Klavierspielen total Klasse gewesen. Ich kann mich nicht mehr an ihre Stimme erinnern und auch nicht an ihr Lachen. Das fehlt mir sehr oft, aber ich habe aufgehört krampfhaft zu versuchen diese Erinnerung zurück zu rufen. Ich kenne ihr Lächeln als Bild in meinem Kopf, welches ich abrufen kann wenn ich dies möchte.
    Ein Bild von ihr selbst kann ich mir nicht hinstellen, eine zeitlang versuchte ich es - auf meinem Klavier aufzustellen. Es war eine Verbindung zwischen uns, aber es hat mich sehr traurig gemacht und das tut es heute noch.
    Wenn ich spiele, dann denke ich an meine Kindheit zurück, als sie neben mir auf einem Hocker saß, oder ich auf ihrem Schoß - wie sie meine Finger führte und mir die Klaviatur erklärte. Wie sie mir beibrachte die Musik lebendig zu fühlen und zu leben.
    Heute, wenn ich unser Stück spiele - dann fühlt es sich an, als würde sie neben mir sitzen und ihre beiden Hände würden mich begleiten. Wir haben oft vierhändig gespielt - und wenn ich aus dem Fluchen nicht raus kam, dann haben wir jeder eine Hand in Farbe getaucht und einen Abdruck auf dem Flügel hinterlassen. Sie sagte immer, die Hände werden eines Tages durch unser Herz geführt - und wenn es einmal nicht so ist, dann würden uns die vielen Handabdrücke dabei helfen den richtigen Ton zu finden, bis unser Herz wieder bereit dazu wäre die Töne und Klänge alleine zu finden.


    Das Grab - es ist eines mit einem recht großen schwarzen Stein - oberhalb befindet sich eine Jesusfigur, sie ist ein Ornament und schaut aus dem Stein heraus auf das Grab. Rechts und links befinden sich zwei Laternen, für Kerzen. zwischen den Laternen ist eine Blumenschale im Sockel des Steines eingelassen - zum bepflanzen und für kleine Andenken. Die Inschrift ist silber-weiß und im Sockel steht jetzt, nachtdem auch mein Bruder in einer Urne dort beigesetzt werden durfte - Ruhet sanft -
    Als ich Österreich verlassen habe, da habe ich einen Stein aufbringen lassen der das Grab schließt. Eine Grabplatte nennt man das glaube ich. Ich fand es sinniger zu schließen, da ich nicht mehr regelmäßig hin gehen konnte um die Blumen zu pflegen oder zu ihr zu sprechen. Der Sockel und die Platte sind in hellem Granit ausgeführt. Ein Kontrast - wie unser Leben es manchmal auch mit uns vor hat.
    Heute steht auch der Name meines Bruders mit auf dem Stein. Eine Gärtnerei stellt regelmäßig wunderschöne Blumen darauf und zündet die Kerzen für mich an. Für jeden ein Lichtlein.


    Und ich - ich denke an all die schönen Augenblicke mit uns.


    Aus den Wolken muss es fallen,
    Aus der Götter Schoß das Glück,
    Und der mächtigste von allen
    Herrschern ist der Augenblick.
    -Friedrich Schiller-


    Nicole

  • Liebe Nicole,


    schön dass du damit etwas anfangen konntest...


    es ist sehr berührend wie du von deiner Mama schreibst... sie muss eine sehr künstlerische Person gewesen sein, so liest sich das...ein Freigeist...mit den Handabdrücken am Flügel...verspielt, märchenhaft...es klingt sehr schön, diese Erinnerungen...
    ein Freigeist auch euer Hund Babsy...hast du ihn noch bei dir? Oder liegt sie bei deiner Mama auf dem Schoß? Mir sind auch schon liebe Tiere verstorben und ich mag die Vorstellung -auch wenn sie naiv ist - dass die Tiere bei meiner Mama sind...habe die Tiere auch an besonderen Orten begraben..




    welche Stücke spielst du denn gerne?
    Gelingt es dir immer? Ich tu mir manchmal schwer, wenn ich wenig Zeit zum üben habe dann werden die Finger gleich wieder bockig und spielen nicht so flüssig...außerdem müsste ich mein Klavier wieder stimmen lassen...ja, das Bild auf dem Klavier ist nicht nur einfach...ich hatte lange nur eine Zeichnung dort stehen denn Fotografien sind sehr unmittelbar...wenn man sich dann auch noch an den Moment erinnert, wo sie gemacht wurden...


    ich wünsche dir dass diese schönen Momente ganz zahlreich dich tragen und dir Kraft geben
    auch jetzt in dieser schweren Zeit. und ja, jetzt ist auch dein Bruder bei deiner Mama, ... man kann sich das vorstellen dass sie zusammen sind und sich im Arm halten...


    wie geht es dir denn diese Tage?


    Das Grab hast du ja sehr schön gestaltet, mit viel Liebe.


    Ich hoffe du kannst auch einmal nach Österreich zurückkehren und schönere Erlebnisse haben, als die Bisherigen....


    mit lieben Grüßen und einer Umarmung :24: Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


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    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Malena,


    meine liebe Hundedame Babsy musste ich vor 3 Jahren gehen lassen. Sie hat mich 18 Jahre durch mein, doch zeitweise sehr chaotisches Leben begleitet. Sie war immer an meiner Seite und als ich sie gehen lassen musste tat es doch sehr weh.
    Heute sage ich mir, dass sie zusammen gefunden haben und nun mein Bruder auch dazu gestoßen ist.


    Leider ist meine Gefühlslage auch weiterhin immer eine sehr traurige, wenn ich über all das nachdenke. Ich weine viel, es gibt mir allerdings nur wenig Platz und Raum mich auch befreit zu fühlen. Es ist eher eine Spirale, wenn ich am Ende angekommen bin - so stehe ich doch direkt wieder am Anfang. Ich stecke nicht unmittelbar in ihr fest, aber ich kann irgendwie gefühlt auch nicht davon loslassen. Es gibt mir ein Gefühl das es mich zerreisen würde und dann beginne ich erneut zu laufen, weg zulaufen und mich davon abzukapseln oder zu entfernen.


    Das Klavier gibt mir die Möglichkeit von Ausdruck.
    Derzeit spiele ich viele Stücke von Ludovico Einaudi. Stücke wie Una Mattina, Run, Bella Notte, Nightbook usw.
    Sonst bewege ich mich eher in der Klassik. Liszt, Rachmaninof für 2 Klaviere, Bach, Mozart, Copin
    für die modernen Stücke habe ich eine kleine Klavierfreundin - mit ihr gehe ich einige bekannte Stücke durch die gerade in ihrer kleinen Welt wichtig sind. Es ist schön gemeinsam an der Klaviatur zu experimentieren.
    Für mich ist es leider nicht so einfach an Menschen heran zu gehen. Ich scheue zu sehr vor Kontakten und versuche dies aber für mich anders zu verpacken. Denn es macht gewissermaßen einsam. Ich spreche hier nicht von bewussten allein sein, sondern wirklich von Einsamkeit.


    Mir selbst geht es in den letzten Tagen gar nicht so gut. Nachdem mir mein jüngerer Bruder mitgeteilt hat das es für ihn bald nach Mali geht (er ist Soldat), hat sich in mir alles umgedreht. Ich empfinde so unendlich viel Wut und Angst zugleich.... es ist irgendwie so unglaublich schwer hinzunehmen.
    Des Weiteren habe ich noch jede Menge Papierkram in Bezug auf meinen versorbenen Bruder zu erledigen. Es ist wie vor 10 Jahren ein gewaltiger Verwaltungsakt. Ich wünschte mir nur, dass ich nicht auch noch die nächsten 2 Jahre damit beschäftigt bin. Aber die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Diese Erfahrung habe ich schon gemacht. Demnach gelingt es mir immer seltener Abstand von diesen Dingen zu bekommen.


    Herzlichst
    Nicole

  • liebe fides <3


    ich bin ja nicht Malena, mit der du eine sehr schöne Konversation... nein, es ist ja ein Gefühlsaustausch...stehst...pflegst..


    Ich habe euren Austausch immer mitgelesen und wollte dir jetzt einfach einmal schreiben.
    Weil ich dich mag? Viel von deinen Gefühlen ...ja du hast meiner Meinung nach durchaus GEFUEHLE... voll-ziehen kann...
    auch nach-voll-ziehen, so in der Art , dass man es hinter "sich her schleift"...


    Da sind wir bei meinem Lieblingsthema...
    unser mind.... der alles bewertet...alles in Normen und Schubladen "einordnet"


    Vielleicht kannst du es für DICH akzeptieren....
    dass das Weinen nicht gleich oder bald eine Erlösung ist,...
    weil ja eine lange, nicht einfache Lebensgeschichte "hinter " dir liegt...Aber weinen an sich ist schon ein fliessen, ein sich öffnen, einfach GUT ist...


    Die Spirale


    Es gibt ja das Spirallied , welches gesungen und "gegangen wird"...Eine Spirale hat IMMER einen Mittelpunkt ,EIN ZENTRUM...Dieses ZENTRUM , wenn man dort angelangt ist, verändert einen immer...MEINER !!! Meinu ng nach...
    Natürlich kannst du dann wieder nach aussen "flüchten" aber im ZENTRUM hat sich etwas von dir verwandelt, weil du nach "innen" gegangenn bist...


    Allein -SEIN und EIN-SAM-KEIT...
    Meiner Meinung nach sind auch da die "Grenzen" sehr fliessend...Auch da haben wir vorgegebende Werte Vorstellungen...
    Vielleicht ...
    vielleicht...
    wenn du diese Wertevorstellung "über Bord schmeisst" , dich der Musik und deinem Leben einfach hingibst...es für dich in diesem MOMENT als dass ansehen kannst, was einfach IST....
    dann könntest du glücklich sein in deinem Klavierspiel, in deinem Eremitenleben...
    Dann kann die Einsamkeit zum ALL-EINS-SEIN entstehen... nicht dauerhaft...ganz gbewiss nicht... aber mehr und mehr...


    Etwas völlig anderes ist deine Sorge und deine Wut und eigentlich deine Trauer in Bezug auf deinen jüngeren Bruder... Das kann ich ALLES , bis ins Detail verstehen, sehr mitfühlen...
    Ich hoffe für dich, dass er Mali "gut übersteht".... noch besser, kein Soldat wäre...aber die Welt ist nicht friedlich...nie gewesen..
    .
    Ich wünsche DIR
    die Akzeptanz,
    dass du ein Mensch bist, der mehr zurückgezogen leben WILL..
    .bis vielleicht ein anderer LEBENS-AB-SCHNITT für dich AN-STEHT...


    Habe Geduld mit dir... die wir hier ALLE für unsere Geda ken, Gefühle , unser gelebtes LEBEN brauchen


    SHIMA (d.h.. ich wertschätze dich
    deine Claudia Amitola

  • Genau so ist es Christine.



    So langsam glaube ich doch tatsächlich das mein Leben ein wenig zu chatisch ist als mir möglich ist zu vertragen.
    Gestern hat sich mein Partner (nach 10 Jahren Beziehung) von mir verabschiedet. Mit der Aussage man könnte keinen Spaß mit mir haben.


    Ich könnte Bäume umfahren......


    Und nun beginne ich erneut mein Leben bei Null anzufangen - mit der Frage im Hinterkopf...... wieso....

  • Liebe fides


    Ich bin total sprachlos...... total!!!!!!!!!


    Was hattest Du fuer einen Partner??? Eigentlich NIE EINEN!


    Lass Dich mal lieb druecken......... :24: das ist wirklich einfach viel zu viel fuer Dich......


    Bin immer noch sprachlos...... er hat Dich in schwersten Momenten Deines Lebens im Stich gelassen......

  • liebe fides <3


    ich hoffe sehr ...sehr... das du keine Bäume umgefahren hast... wirklich SEHR... weil es ja leider , dann eine gegen DICH gerichtete Verletzung wäre... ja vielleicht sogar DEIN Lebensende...


    Dein Leben ist keineswegs zu chaotisch, sondern ein völlig " verständliches, begreiflicherweise"... ein suchen nach mehr innerer Ruhe und Stabilität ...Das klingt jetzt alles so abgehoben und lehrhaft, glaube ich...aber es beruht auf sehr schmerzhaften, persönlichen Erfahrungen, wie du sie gerade selber durchlebst....

    Die Väter meiner Kinder trennten sich auch von uns...in einer Zeit , wo ich auch schwach war und dann musste ich mich nach zwar 27 Jahren von meinem Lebensgefährten , meinem wirklich Seelenmann , verabschieden...
    Ich schreibe jetzt zwar über mich, aber WIRKLICH mit der Intention, dass das Leben nicht nur immer wieder weitergeht, sondern auch immer wieder eine neue Sinnfindung , ein neues Glück ins Leben bringen kann...


    Ich kann mir völlig vorstellen, dass du dir das auch nicht vorstellen kannst... Das konnte ich wirklich und wahrhaftig bei diesen so für mich und meine Kinder schmerzhaften Lebensabschnitten auch nicht.... Kein bisschen ...erst einmal...


    Ich wünsche DIR <3 ...DIR <3 ...DIR <3 ... :30: <3


    das du dich emotional dennoch schon ein wenig hier in diesem Forum aufgehoben fühlst, dass dich unsere Antworten ein wenig unterstützen, dir helfen deinen SCHMERZ etwas zu lindern...


    das HOFFE und WUENSCHE ich dir von ganzem Herzen


    fühle dich sehr , sehr mitfühlend "verstanden"... <3
    bei mir ist es jetzt past...wie es irgendwann bei dir auch sein wird....
    bis dahin ....LEBE , so GUT WIE DU kannst...
    <3 lichst
    deine Claudia Amitola

  • Liebe Fides,
    leider verabschieden sich Menschen oft in schweren Zeiten, dann wenn sie eigentlich am meisten gebraucht würden.
    Manche Menschen können einfach nicht damit umgehen, wenn es einem anderen schlecht geht. Dass sie sich grundsätzlich verändern, durch diesen Schmerz und dass sie im Moment auch nicht so zu Spaß aufgelegt sind.


    Von der Entfernung würden sie vielleicht sagen, ist doch eh klar, der Bruder ist vor 2 Monaten gestorben und dann die Sache mit der Mama - kein Wunder, dass es ihr nicht gut geht.


    Das jeden Tag mit zu tragen und selber mit hineingeworfen zu werden, das stelle ich mir auch schwer vor.
    Meinst du dieser Abschied ist endgültig? Oder ist es ein auf Abstand gehen?


    Liebe Fides, hast du sonst Freundinnen oder andere Menschen, mit denen du reden kannst? Denen du dich öffnen kannst?
    Hast du deinem Partner erzählt, wie es in dir aussieht - so wie du es uns erzählst?


    Nein - ich bin keineswegs auf der Suche nach Fehlern. In einer so traurigen Zeit wird nicht über Fehler geredet. Sondern nur darüber, wie Menschen, je nach Typ, mit solchen Krisenzeiten umgehen.


    Liebe Fides, ich wünsche dir all das, was du brauchst, für dich in dieser schweren Zeit.


    Sei lieb gegrüßt und tu dir was GANZ GUTES (Was könnte das heute sein?).
    Astrid.

  • Liebe Katarina,
    wenn du es falsch findest, ist es so. Ich habe gelernt, dass Hass nicht weiterhilft.
    Darum versuche ich immer beide Seiten zu sehen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, wie ich vor meiner Trauererfahrung - der Erfahrung dieses Schmerzes und all der Wellen, mit der Trauer eines anderen gelebt hätte.


    Lg. Astrid

  • Hast du deinem Partner erzählt, wie es in dir aussieht - so wie du es uns erzählst?


    Dadurch hast Du impliziert, dass sie "Schuld" an seinem Gehen haben könnte.


    Die Aussage ihres Freundes war ganz klar: KEIN SPASS


    und NICHT:
    Du hast Dich nicht mir mitgeteilt und ich komme damit nicht klar, dass Du dich nicht öffnest.


    Von Hass habe ich nie gesprochen.


    Liebe Gruesse


    Katarina