• Liebe Astrid,


    ja - Du hast völlig recht: der kleine Konflikt war Symptom eines größeren. Konkret ging es darum, dass Rudi kein Guthaben mehr hatte für sein Wertkartenhandy. Das war am Donnerstag.

    Er hatte Montag, Dienstag und Mittwoch Besuch. Hätte also problemlos nachsehen können wieviel Guthaben noch da ist und jemanden bitten, in den Laden am Krankenhausgelände zu gehen. Aber nein. Er hat nicht nachgesehen.

    Hatte auch keinen Guthabenscode auf Vorrat. Und er hat sich auch nicht überlegt, wo er das Guthaben herbekommen könnte: ob er einen Patienten bitten könnte, der mobiler ist (viele gehen dort ganz normal herum und natürlich auch ins Freie und in den Laden / ins Café). Er hätte auf der Station fragen können, ob jemand runter geht, um sich was zu besorgen (das Personal kauft dort auch oft Zeitungen, Süßigkeiten etc.).

    Hat er alles nicht gemacht. Es war dann an mir hinzufahren (und ich hatte das an diesem Tag nichgt vor) und das Guthaben zu besorgen. Weil ich ihn doch nicht so lang ohne Kontaktmöglichkeit lassen wollte.


    Dahinter steckt natürlich, dass es oft so ist, dass er seine Sachen schleifen lässt und es mir dann zufällt sie zu regeln. So war es immer schon, nicht erst seit seiner Krankheit.

    Natürlich kann man sagen: er ist im Spital, er hat es schwer - da ist es doch normal, dass man ihm gewisse Dinge abnimmt. Eh.

    Aber ich habe das Gefühl, dass er seinen Part vernachlässigt. Es waren ein paar Tippser auf dem Handy gewesen, und ich hätte am Mittwoch ganz gemütlich runtergehen können in den Laden. So musste ich am Donnerstag extra hinfahren.


    Ich habe ihm dann auch gesagt, dass ich das nicht ok finde, dass er so wenig auf seine Angelegenheiten achtet. Ich habe es ihm nicht böse gesagt sondern ganz sachlich.


    Mir fällt sowieso schon genug zu an Tätigkeiten. Was notwendig ist, mache ich. Aber sowas wie oben beschrieben, das ist nicght notwendig. Das lässt sich mit etwas Mitdenken vermeiden.

    Und wenn ich mit ihm mitdenke (z. B. seine Post hole und ins Spital bringe, mich informiere über Nachsende-Auftrag etc.), dann kann er doch auch so weit mit mir mitdenken, dass er zwischendruch nachsieht, wie es mit dem Guthaben am Handy steht.


    Tja - lang und breit beschrieben... das war der Konflikt.


    Für mich ist es jetzt gut damit, weil ich ihm das deutlich gemacht habe, wie ich mich dabei fühle. Nicht böse aber ehrlich.


    Heute übersiedelt er (endlich) auf die Remobilisierungsstation. Dort gibt es dann viel Physiotherapie. Im Moment ist er ja mit Rollator bzw. Rollstuhl unterwegs. Sein Ziel ist es, vom Spital dann in seine Wiener Wohnung zu wechseln. Die ist zum Glück nur 2 Busstationen vom Spital entfernt. D. h. wann immer es Probleme gäbe (Unsicherheiten, Schmerzen, Übelkeit - was auch immer), könnte er sich ein Taxi rufen und wäre in fünf Minuten in seinem Spital, wo er die Leute persönlich kennt, wo seine Krankengeschichte liegt mit allen Befunden.

    Die Herausforderung ist jetzt, das Stiegensteigen hinzubekommen (die Wohnung liegt im 2. Stock, kein Lift - die Räume sind nicht sehr hoch). Aus heutiger Sicht denke ich, dass das zu machen sein könnte. Ich würde dann hinkommen, zu Besuch, miteinander kochen, essen etc. Unternehmungen am Wochenende, auch mit Freunden, die ein Auto haben, wären ebenfalls geplant.


    Wir haben dieses Szenario in einem Dreiergespräch gemeinsam mit der Psychologin umrissen. Es geht uns beiden gut mit dieser Perspektive.


    So viel für heute.

    Euch alles alles Gute :):):)

  • Für mich ist es jetzt gut damit, weil ich ihm das deutlich gemacht habe, wie ich mich dabei fühle. Nicht böse aber ehrlich.

    ich würde es nennen: KLAR

    und das ist so wichtig und wertvoll.


    Wie ist der Umzug von statten gegangen?

    Wie fühlst du dich auf dieser Station?


    LG. Astrid.

  • Liebe Astrid,


    ich habe das neue Zimmer noch nicht gesehen (gehe morgen hin). Soviel ich gehört habe, ist es Luxus pur. Ein ganz modernes EINZELZIMMER. Auf der Onkologie waren sie zu viert in einem Zimmer. Echt heftig. Privatsphäre null.

    Rudi ist jetzt recht froh und glücklich. Er klingt jetzt ganz anders am Telefon. Ich gehe, wie gesagt, morgen hin. Dann kann ich mir einen eigenen Eindruck machen.


    Euch allen alles Gute für heute :):):)

  • Liebe StillCrazy,


    ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil du so lange nicht geschrieben hattest.


    Ich möchte nur kurz eine "Lanze" für Rudi brechen: Auch wenn er vielleicht schon immer etwas unselbstständig war- und auch wenn es jetzt sehr nervenaufreibend sein kann, ich weiß wovon ich spreche - bitte, wirf es ihm nicht vor. Er hat auch Probleme mit der Leber und da habe ich bei meinem Mann gesehen, wie sehr das seine Persönlichkeit verändert hat. Durch die Gifte, die der Körper nicht mehr abbauen konnte, ist er vermehrt unkonzentriert und unselbstständiger geworden - und konnte eigentlich gar nichts dafür. Ich weiß, wie stressig das ist - und auch ich habe mich sehr darüber aufgeregt -. aber glaub mir, er kann nichts dafür!


    Ich wünsche dir einen schönen Abend und hoffentlich schreiben wir mal wieder ausführlicher miteinander,

    liebe Grüße

    Tina

  • Liebe Stillcrazy!

    Sei gegrüßt, auch das darf Platz haben, in eurem Leben, schön das ihr den Weg weiter geht und das wieder bei Seite legen konntet.


    Du hast ein Talent zu Organisieren wie mir scheint.


    Ich wünsch dir Freude, Kraft, und Leichtigkeit. Und jede Menge Lieder die dich zum Tanzen, Summen, Trällern bringen. Ja das wünsch ich dir von Herzen.

    das Tagpfauenauge

  • Liebe Still Crazy,

    ich bin schon gespannt, was du über die Atmosphäre auf der Station und das neue Zimmer schreiben wirst.

    Es ist schön, dass Rudi wieder entspannter klingt.


    Wie geht es dir? Hast du eigentlich noch frei? Kannst du diese Zeit wieder für dich nützen?


    Sei lieb gegrüßt

    Astrid.

  • Heute habe ich einmal wirklich gute Neuigkeiten!

    Rudi hat ein tolles Einzelzimmer auf seiner neuen Station. Alles ist dort sehr modern (im Gegensatz zur vorigen), er freut sich so über die verbesserte Situation.

    Gestern war eine städtische Sozialarbeiterin bei ihm. Der Plan ist jetzt eine Unterbringung in einer behindertengerechten betreuten WG für ihn zu finden. Er ist wirklich glücklich mit dieser Perspektive. Ich bin es auch.

    War heute bei ihm, und wir haben Fotos geschaut von einer Ausstellung, wo ich gestern war. Haben über die Bilder geredet, nicht über die Krankheit. Das war schön :):):)

  • Liebe Still Crazy,


    ich freue mich mit dir und euch, dass Rudi gut angekommen ist und ihr euch wohl fühlt an dem neuen Ort. Ich freue mich auch besonders mit dir und euch dass ihr Momente habt, wo die Krankheit in den Hintergrund tritt, wo ihr euch so spüren könnt, wie ihr seid, wie ihr euch vor der schlimmen Diagnose gekannt habt... ein liebendes Paar...<3


    ich wünsche dir und euch weiter viel Kraft,

    liebe Grüße,

    m.

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Astrid,


    das ist lieb, dass Du fragst :)

    Bin in letzter Zeit wenig zum Schreiben gekommen. Es war alles so dicht...


    Eigentlich geht es mir ganz gut. Gestern bin ich dann recht traurig geworden. Gerade bei der Gartenarbeit.... vielleicht, weil wir das sonst immer gemeinsam gemacht haben.

    Die Aussicht auf den Advent ist auch nicht gerade erhebend. Für uns war das immer eine Zeit des Zusammenrückens, der gemeinsamen Weihnachtsvorbereitungen (privat und im Chor). Heuer ist alles ganz anders.

    Und dann die Frage: wie viele Weihnachtsfeste haben wir überhaupt noch....


    Ich bin, ehrlich gesagt, ein wenig ratlos (was bei mir nicht so oft vorkommt): wie viel Raum soll ich diesen traurigen Gedanken geben? Ich schiebe sie nicht weg, verdränge sie nicht. Ich sehe aber eher davon ab, sie bewusst zu vertiefen. Was kommt, ist da - ich hole es nicht, ich halte es nicht. Für mich fühlt es sich verhältnismässig richtig an. Ein bisschen unsicher bin ich aber trotzdem.


    Ich denke, meine Stimmung hängt auch mit dem trüben Wetter zusammen. Werde nachher meine Tageslichtlampe anwerfen.

    Also, zusammengefasst: keine Katastrophen, Stimmung etwas unterdurchschnittlich aber ich komme zurecht damit.


    Alles Liebe Dir <3

  • Liebe Still Crazy,


    die Gedanken kommen und sie dürfen vielleicht auch ein bisschen verweilen. Doch du musst ihnen kein gemütliches Plätzchen einrichten.


    Könnt ihr die Weihnachtsvorbereitungen auch in Rudis Zimmer machen? Wird er Weihnachten zu Hause sein? Wie sahen eure Weihnachts-

    vorbereitungen denn immer aus?


    Achte weiter gut auf dich. Stimmung unterdurchschnittlich, das gibt es immer mal wieder, doch auch der musst du kein gemütliches Plätzchen einrichten. Wenn sie da ist, ist sie da und wenn sie wieder geht - auch gut.


    Sei ganz lieb gegrüßt

    Astrid.

  • Liebe Stillcrazy!


    Schön von dir zu lesen, ich wünsch dir ganz viele Freudige Momente und eine Idee ein gehbarer Weg der sich auf tut für die Advent und Weihnachtszeit. Möge sie eine Zeit für euch werde die ihr voll auskosten könnt und von der du auch später noch zehren kannst. Ja das wünsch ich dir von Herzen.

    Lass dich in den Arm nehmen und dir sagen was für eine Tolle Frau du bist. Danke das ich dich ein Stück weit kennen darf.


    Sei lieb gegrüßt

    das Tagpfauenauge

  • Liebes Tagpfauenauge,


    vielen, vielen Dank für Deine lieben Worte. Sie tun mir so, so, so gut :):):)

    ich freue mich, dass ich dich ein Stück weit kennen darf :):):)


    Liebe Astrid,


    Ich denke, das ist das Problem: wir wissen gar nichts, wie es in den kommenden Wochen weiter gehen wird. Ich vermute, dass er Weihnachten im Spital verbringen wird - aber das ist nur eine Vermutung. Wissen tun wir gar nichts. Wir können also auch nichts planen. Und das trägt wohl sehr zu dem unbehaglichen Gefühl des In-Der-Luft-Hängens bei.

    Dazu kommt, dass mich dir traurigen Gefühle sehr unverhofft überfallen haben, wirklich überraschend.

    Ich werde also jetzt ein Auge drauf haben. Immer wieder Dinge und Begegnungen einplanen, die mir Freude machen. Die Trauer nicht abwehren aber etwas tun, um die schwierigen Gefühle auszugleichen.


    Alles Liebe & schönen Abend :):):)

  • Liebe Still Crazy,


    Das nicht wissen, wie es sein wird, das ist schwer. Vielleicht könnt ihr dem ein bisschen entgegenwirken und sein Zimmer schön gestalten, im Advent mit Adventkranz und Weihnachtsschmuck dekorieren, frisch gebackene Kekse aufstellen (gibt es ja auch in der Konditorei, wenn das Backen zu schwer fällt) Mandarinen, Nüsse, vielleicht mal eine warme Schokolade trinken.


    Und wenn er dann doch nach Hause darf, alles einpacken, zu Hause wieder aufstellen und freuen.


    Und wenn es nicht so ist, in diesem schönen Krankenzimmer so viel Weihnachten wie möglich miteinander aufsaugen.


    Kann es sein, dass Rudi auf dieser Station so umsorgt ist, dass von dir ein großes Stück Verantwortung abfällt? Kann es sein, dass sich darum die Traurigkeit jetzt Platz nimmt, weil die Wut und das Unverständnis ein bisschen gewichen ist?


    Vielleicht gibst du der Traurigkeit jeden Tag einen bestimmte Zeit, in der du sie an dich heran lässt. Und in der anderen Zeit, ist Zeit für andere Dinge?

    Was hältst du von meinen Gedanken?


    Lg. Astrid.

  • Liebe StillCrazy, ich fühle mit dir und wünsche dir auch weiterhin viel Stärke und Durchhaltevermögen.

    Es ist einfach eine sehr spezielle Zeit, diese Vorweihnachtszeit und vielleicht schafft ihr dieses Zusammenrücken auch unter diesen widrigen Umständen? Ich würde es euch von Herzen gönnen, dass ihr miteinander ein wenig zur Ruhe kommen könnt.

    Alles Liebe in dieser sowohl besinnlichen als auch schwierigen Zeit, ich zünde für dich und Rudi eine Kerze an!

  • Liebe Astrid, liebe Tigerlily,


    vielen, vielen Dank :)


    Das mit den Keksen ist schon im Laufen. Die erste Tranche hat er schon bekommen ;)

    Werde auch rechtzeitig vor dem 1. Dezember einen Adventkalender für ihn besorgen.


    Ich habe gestern in Sachen Weihnachten (sollte er das Fest im Spital verbringen müssen) Nägel mit Köpfen gemacht. Sprich: ich habe eine ganz liebe Chorkollegin nach der Probe gefragt, ob ich am 24. 12. im Fall des Falles zu ihnen kommen dürfte. Sie hat gesagt: ja - sie müsse nur noch (der Form halber) ihren Feund fragen. Heute morgen, als ich mein Handy eingeschaltet habe, war dann die Nachricht da: Du bist herzlichst eingeladen.


    Ich hatte Tränen in den Augen, und jetzt geht es mir auch viel besser. Ichhabe zwar immer im Kopf gewusst, dass ich am 24. 12. nicht allein sein muss. Aber jetzt ds ganze in die Wege geleitet zu haben und zu wissen, dass ich bei so netten und patenten Leute sein kann - das zu wissen tut mir wahnsinnig gut.


    Ich denke, warum die Trauer gerade am Sonntag gekommen ist (bzw. gerade jetzt kommt), das hat verschiedene Gründe. Dass ich jetzt Organisatorisches in Sachen Rudi abgegeben habe und dass dadurch der emotionale Aspekt in den Vordergrund rückt, das spielt sicher eine nicht unbedeutende Rolle. Dann eben das Grau, der Umstand, dass es halt tatsächlich sehr traurig ist - da kommt eben einiges zusammen.


    Das mit einer bestimmten Uhrzeit für die Trauer, das klingt sehr gut. Wobei ich denke, wenn ich mich um diese Zeit wohlfühle, werdfe ich die Trauer nicht bewusst herholen. Aber zu sagen: jetzt habe ich keine Zeit, ich kümmere mich z. B. um 18.30 darum - das kann ich mir gut vorstellen.

    Mein Bestreben ist es, das was an der Situation schwierig ist, auseinander zu dröseln. Realen Ängsten (was mache ich, wenn plötzlich Stromausfall ist oder das Fahrrad kaputt) kann ich vorbeugen, indem ich mir für den Notfall helfende Hände organisiere. "Schwirige" TAge und Zeiten (wie eben Weihnachten) kann ich rechtzeitig bewusst planen, damit es nicht zu großen Krisen kommt.

    Wenn ich das alles gut hinkriege, dann wird da immer noch ein (größerer oder kleinerer) Kern sein, der einfach traurig ist, mit dem ich konfrontiert bin, wo ich durch muss. Aber ich hoffe (und denke) es gibt die Möglichkeit, diesen Kern so klein wie möglich zu halten.


    Soviel für heute...

    Alles Liebe <3<3<3

  • Liebe Stillcrazy!


    Wie geht es dir? Wie geht es Rudi!

    Hab heute mal wieder das Lied "Mögen die Straßen uns zusammenführen" gespielt und musste dabei an dich denken, ja dieses Lied mal mit dir zu spielen du singst ich spiele so im Wechsel das wäre echt schön.

    Lass dich umarmen und dir sagen, das Leben ist schön, auch heute, trotz aller Schwierigkeiten, trotz allem was ist oder auch nicht ist. Sei gesegnet, gegrüßt und fühl dich ganz fest geborgen, du bist nicht allein.


    Lg das Tagpfauenauge