328 Tage ohne meine Mutter

  • Fast ein Jahr ist vergangen, seitdem meine Mutter gestorben ist. Ich habe sie bis zum Schluss begleitet und ich dachte, irgendwie werde ich damit schon fertig. Aber es ist ganz und garnicht so. Die Trauer wird immer intensiver, das Leben für mich immer sinnloser. Ich glaube nicht, dass das je aufhören wird.

    Am schlimmsten sind die "ersten Male". Das erste Silvester, der erste Frühling, vorallem jährt sich jetzt die Pflege vom letzen Jahr zum ersten Mal.

    Das ist ganz schlimm für mich.

    Sich zu erinnern, wie ich vor einem Jahr jeden Tag bei ihr war, für sie gekocht, sie geduscht, mit ihr Zeit verbracht habe. Und jetzt schlafe ich bis mittags, habe keinen Grund aufzustehen, sehe

    einfach keinen Sinn mehr.

    Jede Person, die ich aufrichtig geliebt habe, ist fort.

    Ich habe noch nie so eine intensive Trauer erlebt, es ist, als wäre ich mitgestorben. Irgendwas, tief in mir sagt, dass ich hier nicht mehr hingehöre.

    Mit jedem Tag, der sich dem Todestag nährt, wird es schlimmer.

    Zum ersten Mal in meinem Leben, weiß ich wirklich nicht weiter, kann keinen klaren Gedanken fassen, ertrage es fast nicht, Wach zu sein. Ich schlafe bis zu 18 Stunden am Tag, ertrage keine Sonne, keine Stimmen.

    Erfahre aber auch keine Hilfe, aber das ist eine andere Geschichte.

    Wie geht man mit so einer Trauer um? Und wird der Verlust irgendwann nicht mehr alles überschatten?

  • Liebe Helia!


    Willkommen hier im Forum, es tut mir sehr leid, dass dich die Trauer um deine Mutter so intensiv im Griff hat.

    Ich glaube, wir alle hier kennen das nur zu gut.

    Trotzdem klingt es mir bei dir doch sehr, sehr schwer.


    Hast du auch Phasen wo es dir ein wenig besser geht? Wo du ein wenig kraftvoller bist?

    Denn normaler Weise kommt Trauer in Wellen und lässt einen durch die leichteren Phasen eben dann auch die schweren wieder irgendwie überstehen.

    Wenn dies bei dir nicht so ist, würde ich mir auch außerhalb des Forums Hilfe suchen.


    Aber es kann auch sein, dass dich der kommende Jahrestag so sehr in ein Tief bringt.

    Der ist immer etwas ganz Besonderes und schon die Zeit vorher ist man meist damit sehr beschäftigt. Wie du eben sagst, die Gedanken kreisen um das, was man im Vorjahr alles miterleben musste, wie alles so war.


    Magst du ein wenig erzählen, wie du das Jahr bisher verbracht hast? Gibt es auch etwas was dir geholfen hat?

    Mir hat dieses Forum hier enormen Nutzen gebracht. Der Austausch mit anderen Menschen, das Verständnis das einem entgegengebracht wird und dass man sich alles von der Seele schreiben kann.

    Ich hoffe sehr für dich, dass es dir auch Erleichterung bringen kann.


    Ich wünsche dir, dass du dich hier gut aufgehoben fühlst und dir ein wenig geholfen werden kann.

    Sicher antworten dir noch mehr Menschen hier und besonders unsere Moderatorinnen können dich auf deinem Weg gut begleiten.

    Sei ganz lieb gegrüßt!

    Hedi

  • Liebe Helia,

    das klingt sehr intensiv, wie Du Deine Trauer beschreibst!

    Ist es Dein erster so schwerer Verlust? Hast Du mit Deiner Mutter zusammen gelebt? Gibt es jetzt jemanden in Deinem Haushalt? Vielleicht auch einen Vierbeinigen Mitbewohner?

    Mir geht es wie Hedi: ich würde auch gern ein bisschen mehr über Dich wissen, wenn Du ein wenig erzählen magst.....

    Ich wünsche Dir, dass Du zwischendurch doch Gelegenheiten findest, ein wenig Kraft zu tanken!

  • Danke für eure Antworten


    Ich habe keine Phasen, in denen es mir besser geht. Das Jahr habe ich wie in Trance verbracht, meistens im Bett.

    Ich habe alle Brücken abgebrochen, ich kann ja sowieso nicht klar denken, ich war Schülerin.

    Nein, ich habe nicht mit meiner Mutter zusammengelebt, aber ich war zum Ende hin jeden Tag bei ihr und ganz zum Schluss rund um die Uhr bei ihr.

    Es war mein dritter Verlust, mit ihr ist die letzte Bezugsperson gestorben.

    Ich habe Katzen.

    Ich weiß, dass ich mir hilfe suchen sollte, aber ich werde da nicht wirklich ernstgenommen und von den meisten nur immerwieder auf meine Misserfolge aufmerksam gemacht. Ich schrieb ja, das ist eine andere Geschichte.

  • Liebe Helia!


    Wenn du schreibst, dass du Schülerin warst, bist du wahrscheinlich noch jung.


    Dass man in der Trauer und ich denke bei dir (ohne dass ich eine Diagnose stellen könnte und dürfte) sogar Depression alle Brücken abbricht, ist gut nachvollziehbar. Aber eigentlich wäre es die Aufgabe vom Umfeld, auf dich nicht zu vergessen.

    Gut, dass du deine Tiere hast, die geben Halt und Struktur.

    Richtige Hilfe macht keine Vorwürfe. Sie arbeitet mit dir daran was ist, ohne Vorwürfe.

    Hast du als erste Anlaufstelle einen Hausarzt dem du vertraust? Dann sag ihm so wie du es uns erzählt hast, wie es dir geht. Er hat sicher Möglichkeiten dir zu helfen.


    Wenn man so tief unten ist und so kraftlos und traurig ist eben das schwierige sich selbst Hilfe zu holen. Ich kann mir das schon vorstellen. Hast du auch schon einmal an Telefonseelsorge gedacht? Auch dorthin kannst du dich fürs erste wenden.


    Schreibe doch weiter hier und fühle dich angenommen wie du bist.

    So hast du für den Anfang wenigstens hier Menschen um dich, ich glaube das ist gut.

    Alles Liebe für dich!

    Hedi

  • Liebe Helia,

    wie geht es dir heute?

    Du bist sicher noch jung, magst du sagen, wie alt du bist?

    War deine Mama krank, dass du für sie gekocht hast?

    Wann ist der Jahrestag?


    Trauer verläuft in Wellen - auch wenn die am Anfang nicht immer so zu erkennen sind.

    Wenn du mir in einer Konversation (oben Sprechblase) schreibst, von wo du kommst, dann

    kann ich dir vielleicht ein bisschen beim Finden einer guten Unterstützung helfen.


    Auf jeden Fall freut es mich, wenn du hier weiter schreibst. Es ist doch schon ein erster Schritt,

    etwas zu tun.

    Das viele Schlafen kann einfach auch ein Schutz vor der Realität sein. Vielleicht bist du noch in einem

    Schockzustand, in dem das Wahrhaben der Realität einfach zu schwer ist.

    Wie auch immer, ich würde dir raten, hier weiter zu schreiben und auch eine reale (also nicht virtuelle)

    Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und wie gesagt, ich helfe dir dabei gerne, jemanden zu finden.


    Für den heutigen Tag wünsche ich dir eine wärmende Tasse Tee, einen Teller mit stärkender Suppe und

    eine Erinnerung mit deiner Mama, die dich umarmt. Wenn du etwas davon genießen konntest, dann

    halte in diesem Moment inne und versuche ihn in deine Erinnerungen aufzunehmen.


    Lg. Astrid.

  • Ja, meine Mutter war krank, Lungenkrebs, schlussendlich Metastasen im ganzen Körper, inklusive Hirn. Der Jahrestag ist am 04.05

    Heute/Gestern ging es mir etwas besser, aber die Grundstimmung war und ist die Gleiche.

    Heute ist Karfreitag, da werde ich zum ersten mal nach fast 9 Monaten das Grab besuchen

  • Liebe Helia,

    meine Mama ist auch an Krebs gestorben und auch im Mai (auch wenn es schon sehr viele Jahre her ist).

    Gut zu lesen, dass es Dir etwas besser ging. Vielleicht sind es zunächst einmal die kleinen Schritte. Auch sie bringen uns weiter. Selbst wenn es an schwierigen Tagen eher in die andere Richtung zu gehen scheint.

    Wie heißen Deine Katzen?

    Mein Kater heißt Pauli und ist 14 Jahre alt.

  • StillCrazy, ich weiß garnicht was ich sagen soll. Wenn jemand im Mai stirbt, fühlt sich das für mich einfach falsch an. Verstehst du, was ich meine? Grade im Mai, der Wonnemonat schlechthin. Als mein Vater an einem Novembertag verstarb, fühlte sich das irgendwie richtig an.

    Meine Katzen heißen Jake und Jill und werden nächste Woche 7.

  • Liebe Helia!

    Ich weiß denke ich was du meinst. Wenn rundum das Leben erwacht, alles üppig gedeiht, die Sonne scheint - es erscheint einem als Hohn! Wenn Innen und Außen nicht zusammen passen, kommt es einem noch absurder vor.

    Ich wünsche dir, dass der Besuch beim Grab für dich stimmig wird und du ihn gut schaffst.

    Grüße Jake und Jill von mir!

    Hedi

  • Liebe Helia,

    mir geht es auch so. Es passt einfach üüüüüüüberhaupt nicht zusammen, Sterben und Frühling.

    Frühling steht für neues Leben - das kannst Du ja an Deinen Katzen auch ein bisschen sehen, die im Frühling auf die Welt gekommen sind. Sie waren bestimmt ur süß, als sie klein waren....

    Vielleicht kannst Du ja auch ein bisschen mit der Natur gehen, wahrnehmen, dass die Tage länger, sonniger und milder werden. Dass die Vögel ganz fröhlich singen, dass es bunte Blumen gibt.

    So wie Du es beschreibst, hattest Du dich ja zurückgezogen, wie es manche Pflanzen im Winter tun, um neue Kraft zu schöpfen. Jetzt kommt für sie die Zeit, wieder aufzublühen....

    Ich wünsche Dir, dass Du diesen Tag so gut wie möglich verbringen kannst :)

    (Schade, dass es hier kein Blumensmiley gibt ;))

  • Ich kann mich garnicht mehr am Frühling erfreuen. Ich war schon immer ein Herbst Mensch. Aber jetzt fange ich an, den Frühling zu hassen.

    Der Grabbesuch heute hat mir nichts gegeben. Ich dachte es würde helfen, aber es fühlte sich nach garnichts an.

  • Oje! Da bin ich ja ordentlich daneben gelegen, einem Herbstmenschen vom Frühling vorzuschwärmen...

    Um ehrlich zu sein: für mich ist der Frühling auch geprägt von der Erinnerung an die letzte Zeit meiner Mutter.

    Trotzdem freue ich mich immer, wenn der Winter vorbei ist und die Natur wieder aufwacht.

    Was ist es, das Du so am Herbst magst? Die bunten Blätter?

    Hat es sich für Dich normalerweise erleichternd angefühlt, ans Grab zu gehen? Oder ist es früher auch schon passiert, dass Du Dich danach so gefühlt hast?

    Gibt es etwas, das Dir gut tut? Eine bestimmte Tätigkeit, ein Ort, ein Gedanke? Vielleicht klingt das blöd für Dich, aber ich bin jemand, der seit vielen Jahren wegen Schlaflosigkeit in ärztlicher Behandlung ist. Wenn Du schreibst, dass Du so viel schläfst, dann denke ich mir: vielleicht ist es gut, dass sie viel schläft, vielleicht wäre es noch schlimmer, sich wach herumzuwälzen. Vielleicht erholt sie sich im Schlaf?

    Natürlich: es geht viel Zeit verloren, wenn man so viel schläft. Was würdest Du gerne mit Deiner Zeit anfangen? Was hast Du früher so gemacht?

  • Liebe Helia,

    ich möchte mich Still Crazy anschließen.

    Magst du ihre Fragen beantworten, dann können wir vielleicht miteinander auf die Suche gehen

    und finden, was ein ganz klitzekleines bisschen Erleichterung bringen könnte.

    Ich denke ganz oft an dich.

    Lg. Astrid

  • Liebe Helia,

    auch von mir: Herzlich willkommen hier bei uns!

    Wie war deine letzte Woche, wie war das Wochenende? Bist du ein bischen rausgekommen aus deinen vier Wänden oder war es dir draußen zu viel?

    Schreib uns doch wie es dir im Moment geht?

    AL Christine

  • Liebe Helia,


    ich muss sagen, ich bin auch ein Herbstkind, auch wenn ich im Februar geboren wurde. Aber ich liebe den Herbst einfach, die Farben in der Natur usw.


    Dein Verlust tut mir sehr leid. Mir scheint es, dass du ganz tief in einem dunklen Loch sitzt und da alleine gar nicht mehr rauskommst. Dabei wäre es so wichtig, dass man dir hilft. Du scheinst ja noch jung zu sein und auch wenn du es jetzt nicht glauben kannst: Das Leben wird noch viele schöne Dinge für dich bereit halten.


    Ich schicke dir ganz viel Kraft und wünsche dir, dass du Hilfe findest. Vielleicht auch hier? Schreib doch vielleicht etwas mehr von dir, wenn du magst.


    Und schön, dass du Katzen hast, vielleicht geben Sie dir auch ein wenig Halt.

    Erinnerungen sind kleine Sterne, die tröstend in das Dunkel unserer Trauer leuchten. (Quelle ist mir leider unbekannt)