Liebes Forum,
eine Situation, so unbeschreiblich und privat, dass ich mich selbst bis dato nie in einem Forum mitgeteilt habe, geschweigedenn geglaubt hätte, dass in einer Trauer, wie dieser zu tun. Ich habe mir einige Schicksale durchgelesen. Mit vielem in diesen Foren, kann man sich selbst ein Stückchen verbinden, was einem nicht unbedingt besser fühlen lässt, aber irgendwie wissen lässt, daß man nicht alleine ist..
Ich selbst, 29 Jahre habe immer mit Stolz auf meine Schwester, welche im September 2018, 35 geworden ist, aufgesehen. Ich wollte immer sein wie sie, habe sie angehimmelt und war in vollen Zügen, darauf stolz, immer sagen zu können, dass meine Schwester Soldatin ist. 10 Jahre lang in Bundesheer Uniform. Sie war eine Kämpferin. Diszipliniert. Ein Sportfreak. Immer hat sie sich neue Ziele gesetzt. Nicht für andere, für sich selbst, dass war ihr antrieb. Sie hat sich als einer der wenigen Frauen im Bundesheer bewiesen. War oft auf Auslandseinsätzen. In Bosnien, Libanon und Syrien. Sie hat es gelebt und geliebt, dass ich sie ab und zu herzlich darauf hingewiesen habe - weil sie den Bundesheer Ton schon verinnerlichte-, dass ich ihre kleine Schwester bin, kein Rekrut *g
Ich entschuldige mich, wenn ich etwas im Wirrwarr schreibe, alles ist noch so frisch.. Meine Schwester befand sich außerhalb Wiens, auf einer Akademie um ihren Unteroffizier zu machen. Ich habe vor Stolz gestrotzt. Meine Schwester, alles was sie tat, habe ich akzeptiert, respektiert und immer auf sie aufgesehen. Meine große Schwester. Mein Vorbild. Meine Heldin.
Am 12.11.18 hatte sie einen Parcour, den sie schon zick Male mit bravour leistete. Ausser an diesem Tag. Beim Heben eines Kanisters von 25 kg auf 1 1/2 Meter Höhe, ist sie zusammengebrochen. Hat einen epileptischen Anfall erlitten. Im Nachhinein, habe ich erfahren, dass man davon ausging, dass sie nur einen Kreislaufkollaps hätte und die Truppen haben normal ihre Übungen weiter gemacht..
Meine Schwester kam auf die neurologische Intensivstation. Mein Vater hat mich angerufen, weinend (in meinem Leben habe ich es selten erlebt meinen Vater weinend zu sehen oder zu hören..) der mir erzählte was los war.
Am nächsten Tag fuhren mein Vater und ich in das Kh, welches gute zwei Stunden entfernt lag.
Sie haben uns mitgeteilt, dass meine Schwester eine Hirn Blutung (Aneurysma) erlitten hat. MEINE SCHWESTER WAR KERNGESUND, KEINE ERKRANKUNGEN, IM GEGENTEIL, SIE WAR DER INBEGRIFF EINER ATHLETIN! Sie haben uns erklärt, dass sie diese Blutung anfangs über die Vene zu stoppen versuchten, in der Nacht jedoch eine Notoperation vornehmen mussten. Wir sollen uns nicht schrecken, meine Schwester hätte keine Haare mehr..
Dieses Bild, diese Situation, ich weiß einfach nicht, wieviel Tränen eigentlich noch vorhanden sind und fließen können.
Wenn ich sage, dass mir dieser Anblick mein Herz gebrochen hat, beschreibt es nicht annähernd dieses Gefühl, dass bis hindurch in mein Rückenmark ging. Meine Schwester hat mich beschützt, sie war eine Löwin wenn es um mich ging, ich war ihr heilig, ich sollte doch immer gut auf mich aufpassen. Und dann MUSS ICH SIE SO SEHEN UND DAS MITERLEBEN?????!!
Sie hat ihre Haare geliebt. Sie war einerseits eine disziplinierte Soldatin und andererseits eine Frau mit bunten Haarspangen und Disney Figuren auf ihren Hausschuhen..
Sie haben meine Schwester in den künstlichen Tiefschlaf versetzt.. Ich will nicht beschreiben, wie sehr der Anblick meinem Vater das Herz gebrochen hat. Es ging von heute auf morgen. Etwas unfassbares. Kerngesund und dann fliegt man einfach um.. Jeden Tag haben wir meine Schwester besucht. Mein Vater war nicht fähig zu fahren. Ich selbst auch nicht, ich wusste ich musste mich zusammenreißen.
Der Zustand meiner Schwester war all die Tage laut Monitoren gleich.. Sie lag da, die Zunge herausen, ein Beatmungsschlauch.. Und zig andere Schläuche um sie herum. Dieses Bild verfolgt und versetzt mir immer noch einen Stich, der so unfassbar weh tut, wie ich es noch nie erlebt habe.. Meine Schwester hatte so viel über sich ergehen lassen müssen. Zwei Schlaganfälle hat sie trotz Tiefschlaf erlitten. Ein Loch in den Kopf gebohrt, damit ein Druckausgleich besteht, ein Katheter im Kopf, der Wasser und Blut absaugt.. Nach gerade einmal 5 Tagen wurde uns mitgeteilt, dass meine Schwester mittlerweile immense Hirn Schädigungen hat. Sollte sie aufwachen, wäre sie nicht mehr die Person, die sie einmal war.. Einen Tag darauf, wurde uns mitgeteilt, dass die Hirn Schwellung rapide zunimmt und sie nichts mehr tun können, keine Mittel mehr haben..
7 Tage Später, am 19.11 um 1400 ist meine Schwester von mir gegangen. Nicht dass Herz hat aufgehört, sondern das Hirn.
Ich kann es immer noch nicht glauben, ich kann es nicht akzeptieren oder schaffe es nicht. Ich musste bis jetzt so viel ertragen.. Habe mich um die sämtliche Bestattung gekümmert um ALLES, weil ich wollte dass es perfekt ist und meine Eltern, vor allem meine Mutter ihren Raum und Zeit hat..
Es ist unfassbar, mich mit 29 Jahren damit auseinandersetzen zu müssen, welchen Sarg ich für meine Schwester möchte.. Es sind so viele Gedanken, Augenblicke, in denen ich mich einfach nur wie ein Kleinkind in ein Eck vergriechen möchte und weinen.. Aber das funktioniert nicht, weil ich funktionieren muss, was ich auch tatsächlich tue.. Ich fühle eine Leere, ausgelaugt und eine wahnsinnige Trauer.. Es ist so unfassbar schwer es in Worte auszudrücken. Meine Schwester wurde mir von einem Tag auf den Anderen genommen, sie wurde mir weggerissen.
Es gibt so vieles.. Ich könnte noch sovieles Schreiben, ich entschuldige mich für dieses Wirrwarr.. Zugleich tut es gut, dieses Mitteilen und niederschreiben.. Vielen Dank..