Mein Held, mein Clown, mein über alles geliebter Papa ist gegangen

  • Guten Tag hier an alle euch zarten Seelen,


    bislang habe ich hier nur mitgelesen. Es ist so wohltuend, hier zu sein, da draußen komme ich mir so kalt und deplaziert vor, unglaublich zart besaitet und als könne mich ein Windstoß umpusten.

    Am 29.01. ist mein Papa gestorben.

    Er war schon 87, hatte bekanntermaßen ein schwaches Herz und Diabetes, alterte sichtbar, lebte aber dennoch (auf eigenen Wunsch) noch alleine und kam einigermaßen klar. Vor Corona hatte er entsetzliche Angst. nun ist er höchst wahrscheinlich innerhalb von Sekunden an plötzlichem Herztod gestorben. Er war zu diesem Zeitpunkt alleine;( was mich so fertig macht. Ich wohne mit meinem Mann 200 km entfernt, bin jedoch jeden Monat eine Woche am Stück hingefahren. Ich komme nicht darüber hinweg, dass ich nicht dabei war (kurz vorher war ich noch eine Woche da), zermatere mich damit, dass ich ihn vielleicht doch hätte retten können, habe schlimme Bilder im Kopf, er ist wohl zusammengebrochen und hatte auch eine Prellung an der Stirn. Obwohl der Notarzt, der dann vom Hausmeister alarmiert wurde, weil ich meinen Papa telefonisch nicht erreichen konnte mir mehrfach versichert hat, dass er von einer zur anderen Sekunde bewusstlos war und gleichzeitig das Herz stehenblieb. Selbst wenn ich da gewesen wäre, ich hätte ihn nicht retten können.

    Kennt hier jemand diese Selbstvorwürfe und die Bilder die immer wieder kreisen. Ich hatte auch versucht ihn in zu uns (Nähe Hamburg) zu bringen, aber er wollte einfach in seinen eigenen 4 Wänden bleiben nachdem meine Mama vor 6 Jahren verstorben ist. Aber habe ich genug dafür getan ihn zu überzeugen? Vielleicht kann ich irgendwann dankbar sein, für einen eigentlich gnädigen Tod, dafür, dass ihm und uns Kranken, Pflegeheim und ähnliches erspart blieben, er hätte das alles so sehr gehasst, hatte auch eine Patientenverfügung.

    Dann diese wahnsinnige Trauer, ich liebe ihn so sehr, er fehlt mir so, war immer für mich da, ich hatte immer eine große Affinität zu ihm, wir sind uns charakterlich sehr ähnlich, konnten immer miteinander lachen.

    Meine Familie steht mir bei, meine erwachsenen Töchter sind auch unendlich traurig, sie lieben den Opa sehr. Auch mein Mann ist für mich da.

    Aber das Außen, auch gutmeinende Freunde tun mir momentan nicht so gut.

    Viel zu schnell, kippt dort das Verstehen in ein " Er hat doch so ein reiches, glückliches Leben gehabt, ist doch so alt geworden, hat noch seine Urenkel erlebt, Segenvolles Alter erreicht, sei doch froh, wenigsten ist er nicht dement geworden" und ähnliches.

    Das schmerzt mich, denn ich komme mir fast vor wie eine Trauernde zweiter Klasse, ich trauere doch nicht weniger, nur weil er 87 geworden ist, sicher, ich weiß, dass ich ein großes Glück hatte, dass er mich so lange begleiten konnte, dennoch, macht das gerade nichts besser.

    Schön, dass es diesen Ort gibt, bin froh, jetzt diese Zeilen "los" geworden zu sein.

    Stille innige Grüße

  • Liebe Hollyhunter,

    Mein Mitgefühl zu deinem Verlust. Es dauert bis man einen so plötzlichen Tod begreifen kann.

    Die Vorwürfe von denen du erzählst wirst du bei den meisten hier finden. Denn wir fragen uns immer ob wir etwas anders/besser hätten machen können.

    Aber wir können es einfach nicht wissen. Niemand kann ahnen was passieren wird.


    Die meisten Menschen denken es wäre tröstlich so etwas zu sagen, wie "er hatte ja ein langes Leben", aber es tröstet einfach nichts über den Verlust hinweg. Sie meinen es bestimmt nicht böse, auch wenn es weh tut. Wenn es Freunde sind, könnte man das Thema vielleicht ansprechen.


    Fühl dich hier willkommen und schreib dir alles von der Seele <3

    Isabel

  • Hallo Holly Hunter,


    es tut mir sehr leid, was mit deinem Vater passiert ist. Mein Vater ist bei einer Bypass Operation gestorben. Mitten in der Narkose. Ich mache mir solche Vorwürfe, dass ich ihn nicht retten konnte. Der Schmerz ist tief. Er ist am selben Tag gestorben wie mein Sohn, nur mit einem Jahr Unterschied. Sei lieb umarmt

  • Liebe Isabel,


    herzlichen Dank, für deine einfühlsamen Worte und dein Mitgefühl.

    Deine Worte bezüglich der Schuldgefühle die bei vielen offensichtlich vorhanden sind tun gut.

    Und ja, ich weiß, die Leute meinen es gut, es sind halt die Dinge die man so sagt, ich glaube, das ist auch gar nicht so einfach, für die Menschen um einen herum ist, die richtigen Worte zu sagen.


    liebe Grüße <3

  • Liebe Yolanda,


    herzlichen Dank für deine Anteilnahme, und das du mir mitteilst, dass auch du dir Vorwürfe machst.

    Ich spreche dir mein Beileid aus, für deine 2 Verluste, wie schwer muss es für dich sein, innerhalb eines Jahres 2 liebste Menschen zu verlieren.

    Ich sende dir gute Gedanken und eine gnädige Nacht. <3

  • Vielen lieben Dank, liebe Hollyhunter. Ja, zwei Verluste sind wirklich schwer zu verkraften. Das ist noch nicht alles. Mein Cousin hat sich letztes Jahr erschossen, mein anderer Cousin wurde erschossen. Schrecklich! Bei mir liegt ein Familienfluch vor. Liebe Grüße

  • Guten Morgen liebe Trauernde,


    Ich habe eine Frage an euch, gibt es hier Menschen, die es nicht zum Grab ihres lieben Verstorbenen zieht? Es ging mir schon bei meiner Mama so und jetzt mit meinem Papa. Papa ist für mich überall, nur dort nicht. Er ist von morgens bis abends in meinen Gedanken, wenn ich unseren Hund streichele, den mein Vater sehr liebte, sehe ich zb wie seine alte runzelige Hand ihn streichelt, in Düften, die mich an ihn erinnern, in den Schneeglöckchen, die vor seinem Büro blühen. ach einfach in ganz vielem. Aber mit seinem Grab verbinde ich nichts und kann ihm dort auch nicht nah sein.

    Kennt jemand diese Gefühle.

    Irgendwie habe ich natürlich auch ein schlechtes Gewissen nicht hinzugehen.


    Ansonsten, ist es jetzt gut 4 Wochen her und ich habe das,Gefühl, der Schock weicht langsam und ich fühle mich sehr leer und von einem dumpfen Schmerz begleitet...

    Einzuschlafen fällt sehr schwer, hat jemand Tipps..


    Liebe Grüße an euch 🌷

  • Liebe Holly hunter<3:24::30:<3


    Ich kann dich mehr wie "verstehen" ... und ich wünsche dir mehr und mehr dass du keine Schuldgefühle hast , wenn du bis jetzt kaum zu dem Grab ein Bezug auf deinen Papa hast<3:30:<3

    Es ist traurig gut und auch schön , das du in ALLem deinen Papa siehst oder Erinnerungen hast...


    Für MICH<3 ist das die ALLumfassende Liebestrauer... Das ist aber "nur" mein Empfinden<3:24::30:<3

    Ich bin der festen , und dennoch sich auch wandelnden Ansicht , das alles so passiert

    alles so seine empfunde Richtigkeit heit , wie es im Moment sich anfühlt

    wie man gerade handelt oder nicht handelt...


    Fühle dich lieb umarmt wenn du dir das vorstellen kannst

    <3lichst deine <3 Sverja

  • Lieben Dank Svenja :-)

    und liebe Dolores, wie schön, dass du einen Paradiesgarten für deinen Liebsten angelegt hast und das es dir gut tut.


    Ich glaube bei mir ist es nicht so dass ich das Gefühl habe, dass Grab stößt mich immer wieder auf den Verlust, eher das Gefühl, Paps ist dort einfach nicht. Und da er dort nicht ist, kann ich dort keine Verbindung zu ihm herstellen oder mit ihm reden, was ich sonst zb ganz viel mache, besonders in der Natur aber auch beim Autofahren oder wenn ich vor seiner Gedenkecke, die ich mir auf einer Kommode im Schlafzimmer eingerichtet habe sitze...

  • Svenja, darf ich fragen, welches DEIN Trauerschicksal ist, ich würde natürlich auch an dem deinigen gerne teilnehmen, oder bist du die tröstende Fee des Forums ;-) Gerade bei sehr vielen Beiträgen und sehr langen Threads fällt es mir noch nicht so leicht, "durchzublicken" Jedenfalls schreibst du sehr schön :-)))

    Generell an alle hier, ich lese so viele Beiträge wie ich kann und fühle mich mit euch Trauerbrüdern/Schwestern vereinigt. <3

    Vielleicht habe ich auch die Kraft bald mehr zu antworten :love:

  • Lieber hollyhunter,


    ich denke da gibt es kein richtig oder falsch, wenn das bei Dir so ist dann ist das eben so.

    Für mich ist es anders es ist ein Fleck der mir und ihr gehört wo ein Teil von ihr ist.

    Ich gehe jeden Tag ich will, auch wenn es schwer ist.

    Ich mach es immer richtig schön mit Blumen Pflanzen Figuren ect.

    Das ist aber für jeden individuell anders, und auch nicht schlimm.


    Alles was Dir gut tut ist richtig aus Zwang und weil irgendjemand sagt Du musst ist falsch.

    Mir tut es gut und ich habe eine Erfahrung gemacht die mir sehr weh getan hat, ich konnte mich kaum beruhigen, weil ich das einfach nur dumm blöd ignorant fand.


    Als der große Wintereinbruch war war das Grab total eingeschneit und ich habe es am Fr. freigeschaufelt. Ich hatte niemanden erwartet an diesem Tag und da kam die Nachbarin von meinen Eltern und ohne Hallo oder irgendwas sagte sie, "meinste das lohnt sich bis So.? Ich war so vor den Kopf geschlagen, das ich noch mal fragte wie und sie wiederholte die Frage. Ich wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte. Am liebsten hätte ich sie angebrüllt, doch ich blieb leise und gab zurück für mich lohnt es sich.


    Fazit ich konnte mich kaum beruhigen an diesem Abend nur geweint, dann schrieb ich das hier was passiert war und eine liebe Seele schrieb mir was zurück was ihr Sohn dazu gesagt hätte.

    Ich musste lachen denn genau das sollte man eigentlich sich sagen.


    Also sch...drauf was andere denken das was Dir gut tut ist völlig in Ordnung.



    Vlg. Linchen

  • Liebe Linchen, endlich komme ich dazu dir zu antworten, die letzte Woche war superschwer für mich, sodass ich mich kaum äußern mochte.

    Es ist schön zu hören, wie du empfindest und wie schön du das Grab pflegst.

    Ich finde es sehr sehr traurig, dass du mit so einem unsensiblen Menschen dort konfrontiert warst.

    Bestimmt hat das sehr weh getan.

    Und danke für deinen Hinweis, dass alles was gut tut richtig ist


    ganz liebe Grüße an dich!

  • Ja das war eine sehr unangenehme Entwicklung es tat einfach furchtbar weh.

    Vor allem hab ich mittlerweile gelernt und geschafft gewisse Dinge Sätze zu ignorieren aber auf soetwas war ich nicht vorbereitet.


    Ich glaube Dir es ist schwer ganz arg schwer. Es ist wie neu laufen zu lernen nur das es uns schwerer fällt und jedes mal wenn wir hinfallen fällt es uns schwerer wieder aufzustehen.


    Vlg. Linchen

  • oh ja nur zu gut, ich bin aggressiv geworden weil ich es nicht ertragen konnte, doch dieses Forum mit seinen Menschen hat mir geholfen.


    Ich für mich selber habe entschlossen das zu ignorieren.

    Trotzdem hilft das leider nicht immer.


    Vlg. Linchen