Meine Mama ist Tod und ich wünschte es wäre mein Vater

  • Hallo hier ins Forum,

    ich bin 34 Jahre und neu hier... habe mich hier angemeldet weil ich nicht weiß wie ich mit meinem Gefühl umgehen soll und mich nicht traue es irgendwem so zu sagen. Ich schäme mich...

    Meine Mutter ist im Januar 2019 ganz plötzlich und unerwartet gestorben, abends ins Bett und nicht wieder aufgestanden. Sie war erst 59 Jahre und kurz zuvor noch beim Gesundheitscheck, sie hatte keine besondere Vorerkrankung oder ähnliches. Nur wie viele Schilddrüsentabletten und für den Blutdruck... das allein ist für mich schon so verdammt schwer. Kurz danach hat sich mein Mann von mir getrennt und war auf einmal mit meinen zwei Kindern alleine... in der ganzen Zeit habe ich mich natürlich um meinen Vater gekümmert, die Wohnung aufgelöst, eine neue gesucht und so weiter... aber auch jetzt mehr als 2 Jahre später werde ich dieses Gefühl nicht los, dass ich es hasse, dass mein Papa noch lebt und meine Mama nicht, so gemein es klingt, aber ich wünschte er wäre gestorben und nicht meine Mama... es wird eher immer schlimmer, ich mag meinen Papa am liebsten gar nicht mehr sehen, dieses Gefühl es zu hassen, dass er noch da ist und Mama nicht macht mich einfach wahnsinnig... ich weiß das mein Vater keinerlei Schuld an dem Tod meiner Mama hat und dass auch er sehr damit zu kämpfen hat und die Bilder wie er sie im Bett gefunden hat nicht los wird... aber mein Vater war immer Fernfahrer, in der Woche nie zu Hause und damit war natürlich immer Mama da bei allem was war... aber das ist doch eigentlich kein Grund, dass ich ihm lieber den Tod gewünscht hätte...

    Ich fühle mich schlecht mit diesem Gedanken, diesem Gefühl... aber ich weiß nicht wie ich das abstellen, verarbeiten kann... :rolleyes:;(

  • Hallo liebe/r Muckel,


    Das tut mir sehr Leid um deine Mama :33:

    Hast du denn kein gutes Verhältnis zu deinem Papa? Das sind natürlich harte Worte. Ich verstehe dein Leid um deine Mama. Aber gerade jetzt ist es umso wichtiger das ihr euch halt gebt. Dein Papa liebt dich bestimmt genauso doll wie es deine Mama tat. Vielleicht solltest du versuchen mit ihm zu sprechen?


    Ich kann dir da leider auch keinen direkten Rat geben😔


    Fühl dich ganz lieb umarmt!

    Vlg Angie

  • Liebe Muckel <3


    fühle dich wenn irgend möglich völlig in deiner Trauer und deinem für mich mehr wie verständlichen "Hass" angenommen und auch vielleicht mit der Zeit , je mehr du schreibst hier aufgehoben ... Ja , sogar mehr wie "verstanden".


    Meinem Gefühl nach hast du keinen Hass in dir .E s ist ja in der Regel so , das die Mama immer noch mehr für die Kinder da ist wie der Papa. Das beschreibst du ja auch mit dem folgenden Satz

    aber mein Vater war immer Fernfahrer, in der Woche nie zu Hause und damit war natürlich immer Mama da bei allem was war...

    Du bist mit den schmerzvollen Gefühlen gerade erst im 2.ten Trauerjahr...


    Das zweite Trauerjahr ist meistens das "radikalere " Jahr , wo man es ganz häufig verspürt , das es dieses NIE MEHR gibt,...

    Nie mehr eine körperliche Umarmung

    nie mehr ein Rat

    Nie mehr teefonieren oder eine Whatsapp...


    Da wird man wütend und gleichzeitig traurig... Meinem Gefühl nach bist du eher das wenn du ganz tief in dich "hineinhorchst".

    ich weiß das mein Vater keinerlei Schuld an dem Tod meiner Mama hat und dass auch er sehr damit zu kämpfen hat und die Bilder wie er sie im Bett gefunden hat nicht los wird

    Du spürst und beschreibst ja die Trauer deines Vaters völlig einfühlsam mit diesem tragischen Tod deiner Mama und seiner Frau...


    Nein, wahnsinnig bist du nicht und wirst du auch nicht...

    Es ist das Ohnmachtsgefühl das uns alle Trauernde immer wieder einmal stärker und dann wieder etwas schwächer so völlig "überfällt",bis wir unseren geliebten , verstorbenen Menschen einen wunderschönen inneren Platz in unserem Herzen ERSCHAFFEN haben...


    Dasgeht meinem Gefühl nach nur durch das LEID erfahren und beschreiben und ERLEBEN...

    Das dauert ... und dauert...und dauert... und dauert...

    weil es nicht der Kopf ist der die LIEBE fühlt ...

    sondern das HERZ und die SEELE... wenn man es so überhaupt in Worte "kleiden" kann...


    Ich wünsche dir das du wenn du dir klarer bist , dass ihr BEIDE völlig unterschiedlich trauert , aber doch trauert ...

    um den gleichen geliebten Menschen <3

    ihr dann doch eine vorsichtige , langsame Annäherung wieder ereicht .


    Vielleicht könntet ihr bald, wenn der lockdown beendet ist , eine Trauerbegleitung zusammen haben ?


    Ich möchte es noch einmal schreiben

    MEINEM Gefühl nach ist es kein Hass

    sondern

    Trauer und Wut

    das ist völlig normal in der Trauer.


    Das wird dir meinem Gefühl nach auch unsere Moderatorin , Isabel L.K.  <3 in ähnlichen Worten als auch Trauerbegleiterin genauer erklären...


    Fühl dich sanft umarmt wenn du dir das vorstellen kannst<3

    von deiner <3Sverja

  • Liebe Muckel,

    Ich kann Dich verstehen. Bei mir ist erst mein Vater gestorben ( mit 86 Jahren) und 8 Jahre später meine Mutter ( mit 92 Jahren). Und als ich Deinen Text las, habe ich gedacht oh um Gottes Willen, wie schrecklich wäre es andersherum gewesen.

    Von meiner Mutter habe ich mich geliebt gefühlt, mein Vater hat Befehle gegeben. Heute weiß ich, daß er mich auch geliebt hat, sogar besonders doll. Aber ich habe es nicht gefühlt.

    Eine Mutter ist schon etwas Besonderes. Stelle ich mir vor, es käme jemand und würde fragen auf wen ich am ehesten verzichten könnte, dann hätte ich auch immer den Vater gewählt.

    Daß Du ihm das übel nimmst, daß er noch lebt und Deine Mama nicht, daß ist ein blödes Hassgefühl. Ich glaube ich würde versuchen eine Therapie zu machen um das auseinander zu klamüsern. Denn verdient hat es Dein Papa wahrscheinlich nicht?

    Es gibt ja auch die Möglichkeit eine Reha zu machen in einer psychosomatischen Klinik um sich selbst besser zu verstehen und irgendwelche Knoten zu lösen.

    Ich wünsche Dir, daß Du herausfindet wie das Gefühlschaos bei Dir entsteht.

    Ralfsheidemarie

  • Liebe Muckel,


    was ist zwischen Euch passiert?

    Du hast diesen Wunsch ja nicht ohne Grund.


    Ich habe meine Mama vor fas14 Monaten verloren ich leide sehr unter diesem Verlust.

    Habe aber noch meinen Papa die Vorstellung das ihm was passieren könnte gerade in dieser Corona Phase war kaum auszuhalten für mich.

    Jetzt ist er das 2 mal geimpft Gott sei Dank.

    Wir halten uns gegenseitig und ich bin froh das er da ist.


    Natürlich meine Mama und ich wir waren eins und mein Papa stand da immer etwas abseits.

    Jetzt hat er das Problem das er nicht weiß was er machen soll wenn ich weine das war halt Mamas Ding.


    Er versucht alles um Mama zu ersetzen ist immer für mich da erfüllt mir jeden Wunsch außer den einen den er nicht erfüllen kann.

    Er leidet genauso wie ich nur zeigen kann er es eben nicht.

    Vielleicht solltest Du mal einen Therapeuten aufsuchen weil das schon naja irgendetwas ist da ja....


    Vlg. Linchen

  • Liebe Muckel,

    Dein Verlust tut mir sehr leid.


    Verurteile dich nicht für deine Gedanken. Die Trauer bringt es mit sich, dass wir oft ganz verrückte Dinge denken.

    Aber auch diese haben einen tieferen Ursprung.

    Gibt es vielleicht etwas das du deinem Vater noch nicht vergeben hast?

    Etwas unausgesprochenes zwischen euch?


    Das kannst du dir für dich mal überlegen, und in einem Gespräch anbringen. Vielleicht kommt ihr euch dadurch wieder näher.

    Auch eine Therapie, wie schon öfter hier erwähnt, könnte hilfreich sein. Denn oft sind es ganz alte Geschichten, die die Trauer beeinflussen und

    unser inneres Kind ist oft verletzt, was unser Verhalten als Erwachsener wiederum beeinflusst.


    Alles Liebe <3

    Isabel

  • Hallo Muckel,


    ich kann sagen, dass ich die gleichen Gedanken hatte. Meine Mama ist auch 2019 unerwartet gestorben und ich bin im selben Alter wie du. Mein Vater leidet noch mehr, als wir Kinder, da er ja nun alleine ist und wir haben unsere eigenen Familien. Es war trotzdem die Hölle für jeden und auch heute kann ich es noch immer nicht begreifen. Mein ganzes Leben ist noch immer sehr still und traurig...


    Aber zurück zu deinen Gedanken...mein Papa war wie dein Papa kaum Zuhause. Und meine Mama hat so viel körperlich schwer gearbeitet und immer wieder gesagt, sie kann nicht mehr. Er hat es aber nie für voll genommen und es eher als Gejammer hingestellt. Sie hatte sich ihr Leben ganz anders vorgestellt und meine Eltern haben auch oft gestritten. Ich hatte circa bis ein halbes Jahr nach ihren Tod diese Gedanken wie du, weil ich vermutlich sauer auf ihn war. Sauer, dass ihr Leben nicht so war, wie sie es sich vorgestellt hat. Sauer, dass er so oft ein Miesepeter war und sie beschimpft hat. Sauer, dass er ihre ganze Arbeit nicht geschätzt hat. Sauer, dass er sie in vielen Dingen nicht einbezogen hat, nicht auf sie gehört und nicht für ihre Altersvorsorge gesorgt hat. Sie kommt nicht aus Deutschland und hatte sich vor 40 Jahren alles anders vorgestellt....


    Mittlerweile hat er sich total geändert. Bzw. er reißt sich bei vielem zusammen, weil er nun merkt, wie wichtig Familie ist. Er hat sie sehr geliebt, es aber nie richtig gezeigt und vermutlich auch erst nach ihrem Tod begriffen, wie sehr er sie geliebt hat. Und sicherlich hat er auch ein schlechtes Gewissen wegen seines ganzen Verhaltens. Manchmal denke ich auch, sie ist nur wegen des ganzen Stresses gestorben. Stress ist einfach Gift.


    Ich weiß nicht, was bei dir der Grund ist, aber vielleicht geht es auch in die Richtung? Mittlerweile denke ich nicht mehr so...aber ja, ich hatte auch gedacht, wäre bloß er gestorben und ich möchte ihn nicht mal sehen und umarmen. Weil ich ihm innerlich die Schuld für alles gegeben habe...


    Liebe Grüße

  • Hallo Leila,

    Das was Du schreibst liest sich sehr gut verständlich.

    Ich bin sehr froh, daß mein Vater 8 Jahre vor meiner Mutter gestorben ist. Vor ca. 15 Jahren.

    Andersherum wäre es schrecklich gewesen. Und einige Male war es ganz knapp.

    Wir haben dann noch 8 schöne Jahre miteinander verbracht.

    Sie hat ihn schon sehr vermisst weil sie ihn geliebt hat. Aber er hat sie auch oft runtergemacht und sie hat auch viel Angst vor seiner Wut gehabt.

    Ich weiß nicht warum viele Männer es nötig haben die Person, die sie lieben ab zu werten, zu ängstigen und zu tyrannisieren.

    Das ist sehr traurig. Und natürlich ist man vor allem als Tochter darauf sauer.

    Und wenn schon jemand sterben mußte, dann auf alle Fälle nicht die Mama.

    Ist doch eigentlich klar.

    Meine Mami hat zu ihrem Ende hin mit 92 oft zu mir gesagt, ich sei zu ihrer Mutter geworden. Eine Mutter ist nun mal eine Mutter. Da geht nix drüber. ( es gibt Ausnahmen, wenn die Mutter eine Art Hexe ist)

    Aber gerechter Weise will ich noch dazu sagen, daß es auch sehr liebevolle Väter gibt. Da wäre dann eine Entscheidung unmöglich.

    Tröstlich ist, daß unsere Verstorbenen nicht mehr leiden. Das es ihnen gut geht und sie in unser Aller zu Hause sind. Und daß es ihnen gut geht, daß haben sie verdient. Auch wenn wir sie so sehr vermissen.

    Ralfsheidemarie