Weiß nicht wie mein Leben ohne meinen Mann aussehen könnte...

  • Bettinalein das ist so süß von dir<3 Danke.


    ich freue mich, dass mein Schreiben so bei dir ankommt. Ich habe gefühlt im Moment vorwiegend Schwächen und Mängel. :| Naja, einmal gibts eine deutliche Tendenz die Dinge kontrollieren zu wollen. Meine regelmäßige Tagesstruktur für die ich heute dankbar bin, weil sie mich über Wasser gehalten hat, hat auch Nachteile. Aber sie war für mich ein Gerüst um mich zu beschäftigen, denn die Wucht des Trauerns konnte und kann ich nur häppchenweise packen. Vielleicht ein Selbstschutz? Aber das funktioniert leider in letzter Zeit nicht mehr, als ob meine Schonfrist langsam abläuft. Irgendwie steck ich fest und muss mich damit konfrontieren wohin mein Leben gehen soll. Wie Sabiene, die sich mit dem beschäftigt was sie schon früher interessiert hat, überlege ich auch was mir Freude bereiten könnte. Wo ich Gleichgesinnte treffen kann. Etwas finden bei dem ich mich lebendig fühle, nicht hohl.


    Ich selber finde ja, dass es mir schwer fällt, meinen Emotionen Ausdruck zu verleihen, zumindest wenn ich andere Beiträge so lese. Vielleicht täusche ich mich da auch und mein Anspruch ist einfach zu hoch. Oft fühle ich mich auf der ganzen Linie unzulänglich. Durchschnitt halt, kann nix besonderes bin nix besonderes. Meine Selbstwahrnehmung, mein Selbstbild erlebt gerade einen drastischen Wandel. Wenn man sich jung kennen lernt, gemeinsam altert und dann so unerwartet plötzlich allein ist. Ich bin ja nicht alt aber auch nicht mehr jung. Meine eigene Sterblichkeit wird mir immer deutlicher, die Zeichen des Alterns sind da, die Fältchen und silbernen Fäden im Haar.


    Was ich versuche ist mir gegenüber milde zu sein. Es ist so wie du sagst, ich bin ja nicht schuld, aber wird dauern damit meinen Frieden zu machen.


    Alles Liebe, Ingrid

  • Huhu!

    ich kenne das von meiner eigenen trauer,man wird so von einem sockel gestürzt irgendwie und fühlt sich ganz verloren. man such nach einem weiteren sinn und nach sich selbst. Du bist da nicht alleine,vielen von uns geht es auch so. aber wie gesagt,ich finde ,du machst das alles ganz toll,da du sehr klar und selbstreflektiert bist. das wird dir helfen. Und die geschehnisse z verarbeiten wird sicher einfach dauern,schrieb uns ruhig,was dich beschäftigt. :30::30:<3

  • Liebe Ingrid,


    es ist alles gut, alles richtig, was du schreibst, was und wie du fühlst, nur darfst du nicht so hart mit dir selbst sein.


    Einen geliebten Menschen im Sterben zu begleiten, zu zusehen, wie er sich selbst verlässt ist ein ganz furchtbarer Weg und hinterlässt Bilder, die einem sehr lange Zeit quälen, bis sie milder werden um dann wieder mit Wucht aufzutauchen.


    Jeder hat schlimme Bilder, egal wie ein geliebter Mensch geht, macht man sich Vorwürfe und fragt sich, wie der letzte Moment gewesen sein muss. Die Vorstellung, daß ein geliebter Mensch leidet oder gelitten hat ist ganz schwer zu ertragen.


    Dieses Gefühl der Unzulänglichkeit kenne ich auch, kein Mensch ist perfekt, selbst wenn er meint, er wäre es. Wichtig ist unsere Moral und unser Herz.


    In diesen schlimmen Momenten, fragen wir uns alle, gleich wie ein Mensch gehen musste, ob wir mehr hätten tun können... Im Nachhinein würde man manches anders machen, aber zu dem Zeitpunkt haben wir unser Bestes und Möglichstes getan.


    Ich weiss es selbst, wie unerträglich diese schlimmen Erinnerungen sind, ich habe sie ständig.


    Beim Lesen deines Beitrags kam mir plötzlich eine Erinnerung, die lange nicht da war. Wir mussten meinen Papa zu einer Untersuchung ins KH bringen für ein paar Tage, eine Nacht hat er überstanden. Am nächsten Abend habe ich mit ihm telefoniert (er war da schon sehr dement) und er weinte am Telefon und sagte zu mir, er wisse nicht wo er ist und warum und er sei so durcheinander. Ich raste ins KH um ihn nach Hause zu holen und er sass auf dem Bett seines Zimmernachbarn, in Unterwäsche, so arm, so klein und weinte und mir geht es bei dieser Erinnerung gerade furchtbar schlecht...


    Liebe Ingrid, jetzt habe ich mich gerade in deinem Wohnzimmer ausgeweint, wenn es dich stört sag es dann lösche ich es... aber es musste raus...


    Vielleicht zeigt es dir auch, dass es anderen genauso geht, dass sie genauso leiden, egal wieviel Zeit schon vergangen ist.


    In der Trauer ist für uns alles richtig und

    wenn wir selbst etwas ändern wollen oder können, dann ist das richtig und nicht, wenn das Aussen meint, es wäre jetzt an der Zeit...


    Einen erträglichen Tag für dich


    Entschuldige dass ich so viel geschrieben habe, normalerweise bin ich eher, leider wortlos oder mit Bildern unterwegs.


    Alles Liebe Pia 🥀

  • Danke Bettinalein,


    die Angst und die Angst vor der Angst machen mich manchmal fast verrückt. Versuche mich mit Akupressur, Autogenem Training, Baldrian etc., halt allem was Linderung bringen könnte über die vergangenen Tage zu bringen.

  • ach pia.....ich habe auch genau so eine erinnerung mit mamaline.....ich verstehe dich so gut.:33::33::24::24:

  • Liebe Pia,


    Ach, ich wünschte ich könnte euch trösten. Nein, du brauchst das doch nicht löschen. Solche Erinnerungen kommen bei mir auch aus dem Nichts wieder hoch. Manchmal mit Wut, manchmal machen sie mich nur verzweifelt hilflos.


    Die Zeit hilft schon ein wenig aber ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es ein so harter Weg ist. Wie auch. Deshalb bin ich froh, dass hier im Forum Menschen sind die ähnliches erlebt haben und wenn es auch jeder individuell erlebt und verarbeitet und auf eigene Weise damit umgeht, weiß ich dass ich hier genauso sein kann wie es mir eben im Moment geht und ihr Verständnis habt. Danke, ich kann gar nicht ausdrücken wie gut mir das tut.


    Bettinalein, meine Mama lebt ja noch aber mich graut schon jetzt davor wenn es soweit ist, dass sie gehen wird. Sie ist immer für mich da und einer der wenigen Menschen, die mir sehr nahe stehen, mich einfach lieben und die schon selber so viele ihrer Lieben verloren hat. Sie ist die letzte von 9 Geschwistern und mein jüngerer Bruder starb vor 17 Jahren ganz plötzlich. Sie trauert auch um Rafael, meinen lieben Mann. Sie weiß wie es sich anfühlt und sie nimmt mich eben an. Ich möchte ihr auch nicht zuviel zumuten von meinem Leid, deshalb rede ich nur ab und zu darüber wie es mir geht, aber ich weiß, dass sie mich auch so versteht.


    Und schon weine ich wieder. Muss wohl raus, ich kann die Tränen eh nicht steuern.<3

  • Liebe Pia, liebes Bettinalein,


    Mein Herz ist so schwer aber ich muss daran glauben, dass es einen Weg gibt, dass diese Erinnerungen nicht mehr quälen, das ich das Leben trotzdem zu schätzen weiß und wieder schönes zu erleben vermag. Ich hatte ja erwähnt, dass ich was das angeht gläubig bin. Unsere Liebsten leiden nicht mehr, was für mich ein Trost ist. Wie lässt man los als derjenige der zurück bleibt.


    ist es euch schon passiert, dass jemand meinte du hättest genug getrauert? Solltest doch jetzt wieder leben?


    Was würde man darauf antworten?


    Die Mama einer Bekannten ist vor einem halben Jahr gestorben. Sie waren wie beste Freundinnen. Im Moment nimmt sie Medikamente um genug Abstand zu ihren Gefühlen zu bekommen, und überhaupt weiter funktionieren zu können. Ist das nicht schrecklich? Verständlich, ich hatte es tatsächlich auch schon erwogen, aber kommt dann nicht alles trotzdem hoch, nur verspätet und vielleicht noch schlimmer als wenn man den bitteren Weg gleich gegangen wäre?

  • Liebe kiara1

    ich denke,dass man das nicht festlegen kann. jeder hat ja auch andere empfindungen und Gefühle,so ist es bei der Trauer dann eben auch. wer mir so dumme Ratschläge gibt wird entweder angeschnauzt oder stehen gelassen,ja nach kraft die ich grad besitz. Man kann doch nicht den grad der trauer messen....nein,das ist bei jedem anders und ich verstehe auch die,die ohne medis nicht klar kommen. ich nehem eh schon antiodepressiva von daher kann ich das nachvollziehen. jeder geht anders damit um und muss leider urch sein persönliche Hölle gehen,wenn ein liebster stirbt.:33::33::30:

  • Diese "Phrasen" müssen oder mussten sich ganz viele hier anhören... mit der Zeit kann man lernen zu ignorieren oder drüber hinweg zu hören.


    Mit meiner Mutti geht es mir genauso wie dir liebe Ingrid.

    Es ist gut, dass dich das Schreiben hier etwas erleichtert und weinen tun wir alle noch...


    Bettina, mein Schnucki 😉, natürlich bist du nicht alleine, bin doch immer da und alle anderen Lieben auch 💚🍀


    Ja mit Tabletten muss sich jeder selbst entscheiden. Das schwierigste daran, ist wohl, das passende zu finden, denn die ganzen Antidepressiva wirken bei jedem anders. Manchmal ist es sinnvoll für eine gewisse Zeit und manche brauchen sie ein Leben lang. Wenn die Menschen gut darauf ansprechen und sie vertragen werden, ist das nun mal für viele eine lebbare und gute Lösung.


    Ich denke an euch und habt noch einen guten Tag... mir ist nach einem Nickerchen... wir haben hier tropisches Klima... geht garnicht

  • Liebe Ingrid,


    ich kann Bettinalein und Pia nur zustimmen, ich finde du schreibst sehr klar, sehr reflektiert, und du kannst deine Gefühle gut beschreiben. Ich hoffe ich darf das so schreiben, aber ich glaube, dir fehlt es nur etwas an Selbstmitgefühl. Du gehst gerade durch die schlimmste Erfahrung deines Lebens, versuch doch, dir dabei selbst die beste Freundin zu sein. Klar ist es eine Identitätskrise, die Person, die jetzt ihr Leben entgegen aller früheren Pläne alleine weiterleben soll, die suchst du noch, und das ist auch ganz normal, finde ich, nach allem, was passiert ist. Dabei probierst du kleine Schritte aus, in die eine oder andere Richtung, und vertraust deiner Intuition. Die hat dich immerhin schon zur Trauerbegleitung und in dieses Forum geführt.


    Du schreibst, dass du ein gläubiger Mensch bist. Das ist schon mal gut, finde ich, es kann einem viel innere Ruhe schenken. Hast du denn vielleicht Kontakte zu einer netten Kirchengemeinde (oder sonstigen spirituellen Gemeinschaft)? Das ist es nämlich bei mir, was mir immer wieder Halt gibt. Einfach zu wissen, am Sonntag kann ich für einen Gottesdienst in eine Gemeinschaft eintauchen, ich habe Gelegenheit zu ein paar persönlichen Worten mit netten Menschen, die mich ernsthaft fragen, wie es mir geht (und auch an einer ehrlichen Antwort interessiert sind). Vielleicht ist es schwierig bei dir, weil du umgezogen bist, aber meiner Erfahrung nach findet man in spirituellen Gemeinschaften Menschen, die mit Schmerz und Leid umgehen können.


    Ganz liebe Grüße

    Sabiene

  • Hallo zusammen,


    Danke für eure Antworten. Noch bin ich es nicht gewohnt mit Menschen zu kommunizieren, die so gut verstehen können wie schwierig es für mich ist und wie wenig sich Trauer steuern lässt. Es geht mir ja nicht immer so mies wie in den vergangenen Tagen, aber wenn es mich so erwischt, dann krieg ich es manchmal ehrlich mit der Angst. Angst dass es mich komplett übermannt und ich es nicht allein bewältigen kann. Dass ihr mir zugehört und geantwortet habt, das Wissen, das ihr wisst wie das ist, hat gestern viele, viele Tränen ausgelöst und das war gut. Früher konnte ich gut allein sein, mich beschäftigen, denn mein Mann war ja da, immer präsent auch wenn wir nicht im gleichen Raum waren. Jetzt bin ich oft richtig einsam das ist deprimierend. Vielleicht waren die letzten Tage wieder ein Punkt in meinem Trauerprozess an dem eine Veränderung eingeleitet wurde. Allein schon durch den Kontakt hier sehe ich ein wenig klarer was mir fehlt um nicht in einem zerstörerischen Kreislauf hängen zu bleiben. Den Mut dazu zu stehen wie verletzlich ich mich fühle. Geduld und viel Liebe für mich selbst. Ein Hobby, dass ich vielleicht mit anderen zusammen ausüben kann. Ein Umzug in einen Ort mit guter Infrastruktur und zuverlässiger Bus- oder Zugverbindung was mir hilft unabhängiger zu werden.


    Was Antidepressiva angeht: Manchmal möchte ich einfach nur abschalten um nicht mehr zu leiden. Da kam mir medikametöse Unterstützung in den Sinn. Einige Leute in meinem Bekanntenkreis, die selber welche nahmen haben mir erzähhlt wie es bei ihnen gewirkt hat. Es ging ihnen nicht mehr so schlecht aber alle hatten das Gefühl irgendwie von sich selbst abgeschnitten zu sein. Sie erlebten weder das Leid aber auch keine richtige Freude mehr. Das ist sicher nicht immer und bei jedem so, aber bin ich mir nicht sicher ob es das richtige für mich ist. Ein guter Arzt dem ich vertraue wäre da die Voraussetzung und da wird es schon schwierig.


    Hier habe ich leider keinen Hausarzt gefunden. Viele Ärzte hören auf und finden keinen Nachfolger. Die Praxen in der Umgebung nehmen keine Patienten mehr auf. Das ist ein weiterer Grund weshalb ich nicht hier bleiben werde. Fehlt nur noch die Wohnung. Die sind knapp wie überall. Naja, ne superteure würde ich bestimmt finden;)


    Und Pia, du hast recht, ich habe generell zu hohe Erwartungen an mich. Es fällt mir auch schwer vor anderen zu weinen, bis auf wenige Ausnahmen. In meiner Familie stelle ich fest, dass sie sich hilflos fühlen, so ginge es mir wahrscheinlich auch wenn jemand vor mir sitzt und untröstlich schluchzt und gar nicht mehr aufhören will. :( Ich habe dann das Gefühl sie zu belasten was mich wiederum belastet. Bei meiner Trauerbegleiterin fühle ich mich weniger gehemmt und mit euch zu reden ist fast wie eine Therapie.


    Hallo Sabiene, eine Kirche ist zu Fuß gut für mich erreichbar, aber da komme ich noch an meine Grenzen. Sobald ich in einer Kirche bin steigt bei mir die Anspannung und ich kann die Tränen nicht zurückhalten. Während des Gottesdienstes umgeben von Fremden fühle ich mich deshalb nicht wohl. Ich merk schon, da gibt es wirklich noch viel aufzuarbeiten. Die Kirche hat neuerdings auch wochentags wieder geöffnet, dann sind evt. weniger Besucher dort und ich kann so ein wenig Ruhe finden. Habe mir vorgenommen es nächste Woche zu probieren ... vielleicht.


    Heute geht es mir zum Glück ein wenig besser. Finde den geeigneten Smiley nicht aber ich fühle mich ruhiger. Gestern habe ich mich hauptsächlich mit Atemtraining zum Stressabbau, Melissentee, CBD Tee, Akupressur und Baldrian über den Tag gebracht. Das waren heftige Tage die mich ehrlich wieder an meine Grenzen gebracht haben. :(


    Als Aufgabe des Tages werde ich mir um mein 9 € Ticket zu nutzen, die Buspläne für die Strecke von hier zum Wohnort meiner Eltern heraussuchen. Während der Ferien hier in Bayern fahren zwar kaum Busse, aber ein paar finde ich sicher. Das wird mich eine Zeitlang beschäftigen.


    Alles Liebe, Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    es freut mich, dass es dir heute etwas besser geht. Das ist ja auch eine Erfahrung, die viele Trauernde teilen, Trauer geschieht in Wellen und irgendwann spült einen die Welle auch wieder nach oben, so dass man ein bisschen Erholung findet. Die - auf die Erfahrung vieler gegründete - Hoffnung ist ja, dass die tiefen Täler mit der Zeit weniger tief werden und seltener kommen. Ja, Kirchenräume und Gottesdienste öffnen häufig Kanäle, die man im Alltag lieber nicht berührt, auch die Tränenkanäle. Das geht mir auch so und vielen anderen Trauernden auch, auch wenn ich fast nie wirklich intensiv weine, aber das ist eine persönliche Sache bei mir und hat mit meiner häufigen Migräne tun. Aber so sonst könnte man seine empfindsame Seite zeigen wenn nicht in einer Kirche, wo man sich einfinden kann in die Gemeinschaft der ungezählten Menschen, die dort vor einem schon geweint und getrauert haben? Bestimmt ist es eine gute Idee, sich an den Kirchenraum erstmal alleine zu gewöhnen und dann in einem zweiten Schritt erst in die Gemeinschaft zu wagen. Ich wünsche dir gute Erfahrungen dabei!


    Alles Liebe für dich

    Sabiene

  • Danke liebe Sabiene,


    das mit den Wellen kann ich bestätigen. An manchen Tagen fühle ich mich gefestigt und stabil, also "normal" und komischerweise kann ich dann selber kaum nachfühlen, wie sehr und warum ich an manchen Tagen so kämpfe. Jedenfalls hab ich offensichtlich zu lange damit gewartet um Hilfe zu bitten, alles mit mir selbst ausgemacht und zu wenig Wege gesucht meine Trauer auszudrücken und zu reflektieren. Kein Wunder dass mich das überfordert. Langsam verstehe ich, dass meine Art damit umzugehen ungesund ist/war und es mir unter anderem deshalb so schlecht geht. Nur wusste ich es nicht besser. Von euch kann ich noch viel lernen.


    Kirchen sind für mich persönlich Orte der Ruhe und des stillen Gebets. Allein mich aufzuraffen und hinzugehen wäre schon ein kleiner Erfolg. Mein Glaube daran, dass es Rafael gut geht, dass ich ( nicht jeder ist religiös, das weiß ich - ich spreche nur für meine ganz persönliche Sichtweise) mir um ihn keine Sorgen machen muss und wir uns irgendwann wiedersehen werden, hilft mir.


    Liebe Grüße von ganzem Herzen, Ingrid




  • Hallo liebe Kerstin,


    danke und ganz ehrlich, was meine Selbstwahrnehmung anbelangt habe ich anscheinend die falsche Brille auf.:) Ich sehe an mir vorwiegend das was ich nicht kann oder nicht schaffe. Da muss ich echt dran arbeiten.


    Es geht dir nicht gut. Ich fühle mit dir und wünschte ich könnte dir helfen. Deine Trauer, dein Leid zeigt sich in körperlichen Symptomen? Wie äußert sich das bei dir wenn ich fragen darf? Wir können auch privat schreiben wenn dir das lieber ist.


    Bei mir ist es eine allgemeine Lebensangst, die mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Einsamkeit. Am liebsten möchte ich dass alles sofort wieder im Gleichgewicht ist. Bluthochdruck, zuviel Stresshormone, die es mir sauschwer machen herunterzufahren. Herzklopfen, Kopfweh, Tinnitus vom feinsten. Ich werde dünnhäutig, ziehe mich zurück. Das eskaliert, so wie die vergangenen 4 - 5 Tagen, wenn ich mich selbst in eine Sackgasse manövriert habe, durch Unachtsamkeit, wenn ich versuche mich zuviel abzulenken und zuwenig hier im jetzt bleibe. Ängstlich bin, weil ich zuwenig Kontakt mit anderen Menschen habe, mich sozial ungeschickt und ungeschliffen fühle, zuviel grüble, weil mir alles zu langsam geht, ich mir Sorgen mache wegen der Wohnung, dem Umzug, wenn ich mir wieder einmal insgeheim wünsche, dass doch jemand da wäre der mir mein Leben abnimmt und Dinge für mich regelt, oder zumindest jemand den ich um Hilfe bitten kann. Was ich auch oft nicht kann, es geht einfach nicht. Gerade dann wenn ich im Loch sitze bin ich wie blockiert und kann sehr schwer auf andere zugehen und direkt um Hilfe bitten. Dann stürmt alles auf mich ein und überfordert mich.


    Vor einigen Jahren war ich ziemlich krank und musste lange Zeit einen Berg an Medis nehmen. Was mir damals geholfen hat mich wieder aufzubauen habe ich einfach beibehalten.


    Was mir hilft ist eine relativ gesunde Ernährung, bzw. Essen das mir gut bekommt viel Gemüse, Obst, Nüsse, wenig Zuckerzeug, Ayurveda, regelmäßig ...ähem "Sport" , morgens spätestens um 8 aufstehen, tagsüber keine durchgehende TV- Berieselung, kein Alkohol. Klingt nach einem spaßfreien Leben ;) , ist es komischerweise nicht, währen der guten Zeiten macht mich das sogar glücklich. Wenn es mir schlecht geht ist das ein Gerüst an dem ich mich festhalte, aber es verliert die positive Bedeutung, es ist keine Freude dabei. In den letzten Tagen habe ich wieder Autogenes Training, Atemübungen und Akupressur angewendet, hab gebetet, mit euch geschrieben, fast pausenlos. Ich wollte um keinen Preis ins Krankenhaus.




    Dafür gönne ich mir zwischendrin kleine Belohnungen wie Schokolade, mal ein Stückchen Kuchen, oder wie heute mit meinem lieben Sohn Essen beim Italiener.



    Mit unserem Verlust Frieden zu machen und ein sinnvolles Leben zu führen wird eine Lebensaufgabe, und das ist etwas was ich unterschätzt habe, dass es nie völlig "erledigt" sein wird. Ich hoffe und bete, dass wir irgendwann an den Punkt kommen an dem wir zurückschauen und auf unseren eigenen Weg voll Mitgefühl für uns selbst blicken.


    Theroretisch bin ich vielleicht reflektiert, naja mehr oder weniger, aber in der Umsetzung hapert es. Ich kämpfe, anders kann ich es nicht sagen, besonders im Moment. Dann bin ich wie in einem Wirbelsturm und kann emotional nur mit Mühe und Not den Kopf über Wasser halten.


    Schreib mir doch bitte, es tut mir so Leid, dass du solche Probleme hast.


    Ganz liebe Grüße, Ingrid

  • Liebe Sabiene,


    Am Sonntag war ich doch noch in der Kirche und ich habe sie in der Stunde die ich dort war reichlich unter Wasser gesetzt.;(

    Aber es hat ein wenig geholfen. Ich habe Gott und seine gesamte Engelschar angefleht mir zu helfen meine seelische Not und meine körperlichen Beschwerden, die mir ungelogen richtig Angst machten, zu lindern.


    Gott schnipst nach meiner Erfahrung nicht mit den Fingern und alles ist gut, aber ich habe schon sehr oft erlebt, dass ich zu Dingen hingeführt werde, die mir helfen. So war es auch und ab da wurde es langsam besser. Dieses Forum, ein Video von einem jungen Atemtherapeuten, ein Telefonat mir einer netten Internistin, sogar an einem Sonntag, die genau die richtigen Worte fand.


    Gestern ging es mir dann gut genug, dass ich es geschafft habe rauszugehen und mit dem Bus meine Eltern zu besuchen. Wir haben geplaudert, Brettspiele gespielt, waren auf einem Erdbeerfeld und es war unbeschwert und einfach schön einander nah zu sein. Das hat meine Batterien ein wenig aufgeladen.


    Alles Liebe, Ingrid