Wenn Kinder vor den Eltern sterben

  • Hallo ihr lieben,


    tja, genau das war wieder einmal wichtig für mich. Ich bin Mutter und mein Leben geht weiter und ich habe als Mutter zu funktionieren und danach zu handeln. Ich kann nicht sagen, lass mich in Ruhe ich hab ein Kind verloren und nun will ich nur mehr traurig sein, das geht nicht. Ich muss aber schon sagen, dass ich ja auch gerne bin, ich liebe meinen "großen" Sohn und er hat mir genug Verständnis entgegen gebracht.


    Ich wollte vorhin sagen, in Bezug auf Wunden aufreissen, dass ich es so schön finde, dass die Wellen des einen die Wellen des anderen ausgleichen. Ich sehe, es geht uns ja nicht immer gleich schlecht oder gleich gut, daher können wir unterschiedlich dem anderen helfen oder Hilfe annehmen.


    Ich hatte vorher keinerlei Erfahrung mit einem Forum und finde es toll, wie man hier die Gedanken die einen quälen "loslassen" kann und vor allem - man wird verstanden!


    Liebe Kate, liebe Chris,
    ihr könnt das so hervorragend und gebt so unheimlich viel!!!
    Das ist ganz toll und zum Teil beneidenswert. Zum Teil, weil der Anlass dafür so unnötig ist und ich euch und mir lieber wünschen würde wir hätten andere Gründe uns zu schreiben.


    Liebe Petra, du gibst auch auf so wunderbare Weise einen Teil von dir an uns, vielen Dank!


    Und Stefan, danke, dass du uns eine Sichtweise schenkst, die wir oft vermissen und uns als Frauen nicht vorstellen können. Väter gehen anders um mit ihrer Trauer, zumindest sehe ich das bei meinem Partner.


    Liebe Christine und lieber Markus, danke, dass ihr uns/mir immer wieder bei unseren/meinen Gedanken unterstützt und zwischendurch Seiten aufzeigt, die man durch die eigenen Gedanken aus den Augen verliert. Danke, dass ihr es möglich gemacht habt uns hier auszutauschen und so tief und nah an uns heran lassen zu können.


    Ich fühle mich befreit.

  • Lieber Stefan!


    Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen, dass Du Wunden wieder aufreisst,
    denn unsere Wunden sind ja noch nicht verheilt!


    Es ist schön, dass Ihr euch noch richtig von Eurem Jakob verabschieden konntet.


    Wie war das für Dich, als Du Jakob das letzte mal gewickelt hast?
    Man hat doch das Gefühl, dass man noch was für ihn tun konnte - oder?


    Das Gefühl, am liebsten an seine Stelle zu treten, ist mir auch sehr vertraut! Schliesslich möchten wir ja unseren Kindern alles Schlimme abnehmen. . .


    Und ich spreche mal für uns alle, und sage Dir, dass wir Deine Zeilen gerne lesen!
    Du bist eine Bereicherung für alle hier!


    Und liebe Chris!


    Die Christine hat schon recht mit dem, was sie über Dich geschrieben hat!
    Ich bin unendlich froh, dass wir uns hier getroffen haben!


    Wenn Du mich als "starke Frau" bezeichnest, beschämt mich das,
    denn ich fühle mich überhaupt nicht so . . .
    Ich handle nur meist nach meinen Gefühlen und dass ich meinen Freundinnen
    beistehe, ist mir einfach wichtig!
    Ich habe Angst davor, verbittert zu werden, und wehre mich mit Händen und
    Füßen dagegen! Denn ich kenne die Wehmut sehr gut, wenn man auf der Strasse eine glückliche Familie sieht . . .


    Liebe Darina!


    Du hast auch mir gerade aus der Seele gesprochen!


    Möchtest Du erzählen, wie Dein Partner mit seiner und Deiner
    Trauer umgeht?

  • Liebe Kate,


    2. Versuch.


    Als ich damals in die Augen meines Partners sah und sagte:" Wir schaffen das schon.", wusste er, was nun auf ihn zukommen würde. (diese Worte und diese Geschichte erzählte er mir nach einem Jahr)


    Er erkannte, dass er absofort sämtliche Aufgaben übernehmen müsste, damit ich trauern konnte. Er reinigte meine Wunden, fing mich auf, wenn ich im Bad einen Zusammenbruch hatte, weil ich meine Narbe sah.
    Er "schraubte" seine Gefühle der Traurigkeit total zurück und setzte sich damit nicht auseinander.
    Für mich war dieses Verhalten sehr hilfreich, doch für ihn war es ein Fehler, da er sich immer mehr zurück zog und sich dann diese Abwesenheit in der Partnerschaft bemerkbar machte. Ich war mit meiner Trauer derart beschäftigt, dass ich es gar nicht sah, dass er nicht trauern konnte.


    Es kam soweit, dass ich mich von ihm abwante, weil ich getrauert hatte und er nicht.


    Ich sag euch, heute bin ich froh, ihn wieder zu haben und auch das mein Frauenarzt nur zum Teil recht hatte: Viele Paare überstehen soetwas nicht und gehen auseinander.
    Ja, so war es, aber wir haben wieder zusammengefunden und das Wichtigste daran war, dass wir viele, wirklich viele Gespräche geführt haben.


    Mehr kann ich über seine Trauer nicht schreiben, da wir sehr unterschiedlich trauern, wie gesagt, ich bin froh, dass Stefan so offen schreibt und uns einen Blick in die "Männerseele" gibt.


    Ich wünsche euch eine gute Nacht.
    Alles Liebe

  • Liebe Darina,


    es tut mir leid, dass ich Deinen 1. Versuch vielleicht übersehen hab.
    Danke, dass Du es nochmal erzählt hast.


    Ich kann mir vorstellen, dass die Situation in einer Partnerschaft sicher
    nicht leicht ist und die Beziehung auf eine harte Probe gestellt wird.
    Umso mehr freut es mich, dass Ihr es geschafft habt, wieder alles auf die
    Reihe zu bekommen!
    Du hast Glück, einen Mann zu haben, mit dem Du über fast alles reden kannst.


    Die Trennung von Jan's Vater ist schon länger her und wir haben uns auch
    seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen.
    Er möchte demnächst wieder mal nach Innsbruck kommen um das Grab zu besuchen.
    Ich zerbreche mir schon jetzt den Kopf wie ich das händeln soll, denn
    er möchte das mit mir zusammen tun, und es ist sehr schwierig,
    weil er nicht über seinen Schmerz und seine Gefühle sprechen kann.


    Hmmm, die Männer machen es einem nicht leicht . . .


    Alles Liebe


    Deine
    Kate

  • Liebe Kate,


    Du konntest nichts übersehen, ich habe den 1. Versuch gelöscht, es ging nicht.
    Ich hatte die Situation vor mir, als ich in seine verweinten Augen sah.


    Gehst du für gewöhnlich alleine aufs Grab? Machst du das regelmäßig, oder wie es zu deiner Stimmung passt, entschuldige, meine Fragen.


    Ich spüre manchmal, ... und jatzt fahre ich zu ihm und schaue, wie es ihm geht, ob alles in Ordung ist.., dann bin ich beruhigt und es geht mir besser.


    Seinen, meinen Geburtstag habe ich als fixe Tage und auch am 23.12. gehe ich zu ihm, das ist und bleibt ein Ritual.


    Woran denkst du, oder worüber zerbrichst du dir den Kopf?


    Alles Liebe

  • Liebe Darina,


    na dann bin ich ja beruhigt. Ich dachte schon ich sei erblindet!


    Ich gehe fix jeden Sonntag mit meiner Mutter aufs Grab, und unter der Woche
    je nach dem 1 - 2 mal, wie es mich gerade packt!
    Ich habe das Glück, dass der Friedhof auf dem Weg zu meiner Arbeitsstelle liegt.
    Manchmal fahre ich noch nachts nach der Arbeit vorbei. Hinein komme ich dann nicht,
    aber sein Grab ist beim Zaun und ich kann es von aussen gut sehen!


    Rituale sind schön, sie geben einem das Gefühl von Sicherheit, auch wenn alles
    aus dem Ruder läuft!




    Und ich zerbreche mir den Kopf über den bevorstehenden Besuch
    von Jan's Vater. Das wird wieder ein harter Brocken - aber da muss ich
    halt durch!


    Liebe Grüsse


    Kate

  • Liebe Kate


    Schade das du Nachts nicht zum Grab gehen kannst.
    Für mich ist das immer die friedlichste und ruhigste Zeit...
    wenn nur die Kerzen flackern sieht keiner meine Tränen und keiner hält mich für verrückt wenn ich zu reden anfange
    das dunkel der Nacht schützt mich.
    Da hast du schon recht was du wegen den Ritualen schreibst!!


    Wegen Jan´s Vater


    Kate, magst nicht einfach zu deinem Ex sagen
    "Du weißt ja wo das Grab ist. Wenn ich dich begleiten soll, dann möchte ich, das du mit mir über deine Gefühle sprichst.
    Das ist sehr wichtig für mich und wenn du das nicht kannst, dann bitte sei mir nicht böse, aber dann möchte ich dich auch nicht begleiten!"
    Kate, du musst endlich auch mal auf dich schauen, du sollst keine harten Brocken ("nur um des lieben Friedens willen") schlucken müssen.
    Da musst du nicht durch... du kannst auch "nein" sagen :)


    Kate, ich denke sooft an dich..
    bitte gib gut acht auf dich!


    Liebe Darina


    Ich bin auch zum erstenmal im meinem Leben in einem Forum..
    Du hast das so wunderschön geschrieben und erkannt
    .. die Wellen des einen ...
    Vielleicht schreiben wir alle einfach mit dem Herzen und das ist das, was dieses Forum so anders macht?
    Darina, einen Partner zu haben der dich trauern lässt, der mit dir fühlt, ich denke das muss ein beruhigendes Gefühl sein.
    Kate und ich waren ja, als unsere Kinder gestorben sind, ohne Partner.
    Da macht man dann einfach.. man hat niemanden an den man abgeben kann. Die Eltern will man nicht "belasten" und so versucht man sein Bestes zu geben. (das funktioniert natürlich nicht.. aber man versucht es)
    Hast du, jetzt als ihr eure langen Gespräche gehabt habt, gemeinsam mit ihm trauern können?
    Darina, schön das du bei uns bist


    einen schönen Sonntag euch allen noch
    eure Chris

  • Liebe Chris, liebe Kate,


    ich bin so froh, dass du geschrieben hast, (das weiss auch Kate). Es sind genau die Worte, die ich meinte wegen Jan´s Vater, aber nie so ausdrücken hätte können! Danke, Chris!


    Chris, manchmal vergesse ich, dass diese Zeilen auch viele andere lesen (ist ja auch gut so) aber irgendwie ist dieser Raum, den wir uns hier geschaffen haben, ein geschützter, weil wir eher verstehen wie sich der Schmerz anfühlt, als ein Verwandter, den man nicht "belasten" will.


    Ja, ich konnte in den Gesprächen aus tiefsten Herzen zum Ausdruck bringen wie traurig ich bin und was so schwer für mich ist. Die Trauer konnte ich bei ihm nicht so sehr sehen, aber er zeigte mir seine Ängste und seine Sichtweisen, denn damals vor der OP war die Angst um mich größer, als um das tote Baby. Harte aber klare Worte und ich konnte erst nach einem Jahr solche Worte verstehen.


    Auch, dass er meine Narbe oft als eine Erinnerung an ein schreckliches Erlebnis sah und lernen musste, sich mit mir zu freuen, wenn sie kleiner wurde.


    Das alles hat sich in diesen langen und so wichtigen Gesprächen herausgestellt.


    Ist bei dir der Friedhof am Abend offen? Das geht bei uns nicht, wenn es dunkel wird ist im Winter ab 17 Uhr zu. Nur im Sommer kann man länger kommen.


    Alles Liebe

  • Liebe Chris!


    Leider sperrt unser Friedhof - wie bei Darina- auch um 17 Uhr zu!
    Es wäre schon schön, wenn ich ihn auch nachts besuchen könnte . . .


    Und zu Deinem Rat:


    Ich werde es versuchen - bin schon auf seine Reaktion
    gespannt. . . 8o


    . . .und ich glaub ich muss erst wieder lernen, wie das geht, das "auf mich schauen". . .


    Wünsche Euch einen schönen Abend!


    Kate

  • Liebe Kate, liebe Chris,


    das war auch die erste Nacht, nach dem Begräbnis, sehr schwer, das mein Kind nun ganz alleine auf diesem Friedhof liegen muss. Sicher vom Beschützerinstikt.


    Ich musste manchmal einfach unter Tags zu ihm fahren und schauen, ob das Grab in Ordnung ist, damit ich ihn für die Nacht "loslassen" konnte und selbst ruhig schlafen konnte.


    Alles Liebe

  • Liebe Darina,


    . . . ja, die erste Nacht nach dem Begräbnis . . .
    Das war schrecklich - ich musste auch immer daran denken, dass
    er nun ganz allein da draussen ist!
    Meine Mutter hat mich in dieser Zeit nie allein gelassen.


    Ich bin auch nachts zu Jan's gewohnten Zeiten - wo er dachte sich mal
    melden zu müssen - immer wieder aufgewacht und wollte nach
    ihm sehen. Das war schon so eingefleischt, dass ich oft erst beim
    Aufstehen im Halbschlaf gemerkt habe, dass er ja nicht mehr da ist . . .

  • Liebe Kate


    Dieses auf sich selbst schauen, das ist nicht so einfach..
    Aber es wäre sicher ganz ganz wichtig für dich.
    (ok - für mich auch :) )
    Es ist immer leichter "kluge" Ratschläge zu geben.. dabei sollte man sich an der eigenen Nase packen und zeigen wie es geht.
    Auf die Reaktion von deinem Ex bin ich auch gespannt... lässt du uns dran teilhaben?
    Eigentlich hast du mich mit deinem allerersten Posting darauf gebracht (auf das "auf sich schauen") du hast von deiner Trauerarbeit geschrieben.
    Ich hab dich dafür bewundert, du weißt nicht WIE!


    Unser Friedhof ist immer offen.
    Ich hab das immer für selbstverständlich gehalten.
    Jetzt merk ich erst welch großes Geschenk das ist.


    Dieses Gefühl, du bist im Halbschlaf und glaubst dein Kind zu hören... ohja, das kenn ich...
    man wird dann immer auch sehr schnell in die knallharte Realität zurückgeholt. Nämlich in dem Moment wo der Halbschlaf weg ist und du wieder weißt... da ist niemand den du hören kannst...
    da ist niemand der dich braucht...


    Kate, hattest du nie das Gefühl du musst Rücksicht auf deine Mutter nehmen?
    Mir ging das so, das hab ich gemeint mit .. "niemanden belasten" ..
    Du schreibst immer so toll von deiner Mutter - sie hat auf Jan aufgepasst oder in den Kindergarten gebracht..
    Meine Familie war auch immer für mich da, aber ich hab ihren Schmerz gefühlt und wollte sie nicht mit meinem Schmerz auch noch belasten...


    Liebe Darina


    Du schreibst in deiner Homepage und auch jetzt in den letzten Postings das dein Freund und auch deine Mutter sich auch so große Sorgen um DICH gemacht haben.
    Hab ich das überlesen?
    Magst erzählen wie sich das abgespielt hat in deiner 32 Woche?
    Darina, auch du machst deine Trauerarbeit unglaublich gut.
    Durch viele und lange Gespräche lernt man sich erst richtig kennen.
    Man lernt das Trauer viele verschiedenen Gesichter haben kann.


    Ich wünsche euch beiden
    und allen stillen Lesern
    eine gute Nacht mit schönen Träumen
    eure Chris

  • Liebe Chris!


    Ich habe oft ein schlechtes Gewissen, weil meine Mutter so viel
    mit mir durchmachen muss.
    Wir haben eine tolle Beziehung, aber ich habe ihren sorgenvollen Blick
    vor mir, wenn ich mal wieder in meiner - ich nenne es - "Karnickelstarre", eingepackt
    auf der Couch sitze und in meiner Hoffnunglosigkeit versinke.
    Gott sei dank kommt das jetzt kaum mehr vor, aber meine
    Mum hat sich schon große Sorgen um mich gemacht!
    Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde.


    Ich gebe zu, ich lese oft mit grosser Furcht Claudias Beiträge und denke
    mir, dass das auch mal auf mich zukommen wird . . .


    Der Schmerz, den meine Mutter in sich trägt, ist auch sehr gross. Sie hatte auch ein
    inniges Verhältnis zu Jan.
    Nach meiner Trennung musste sie oft auf ihn aufpassen, wenn er krank war, und ich
    arbeiten musste. Mir zerreisst es fast das Herz, weil ich sehe, dass auch sie manchmal
    hilflos ist . . .

  • Liebe Kate


    Ich glaube schlechtes Gewissen brauchen wir keines haben...
    grad als ich deinen Beitrag gelesen habe
    ist es mir aufgefallen...
    "jeder Elternteil würde sein Leben geben damit es seinem Kind gutgeht"


    Phuuu... ja, du hast recht, Claudia, Petra.... und so viele andere
    Immer wieder fällt mir der Spruch ein:
    wenn du deine Eltern verlierst, dann verlierst du die Vergangenheit, wenn du dein Kind verlierst, dann verlierst du deine Zukunft.
    Kate, ich glaube darüber dürfen wir nicht mal nachdenken!


    Viel schöner ist, das wir den Menschen die uns so nahe sind, die uns sooft beistehen
    immer wieder zeigen und sagen wie lieb wir sie haben, wie dankbar wir dafür sind das wir sie haben.
    Alle hier im Forum wissen wie schnell die Zeit, die wir hier haben, vorbei sein kann.


    Kate, du antwortest immer so ehrlich und offen, auch wenn ich manchmal mit meinen Fragen (unbewusst - bitte verzeih) Wunden aufreiße.
    Schön das du da bist
    du hilfst mir jeden Tag einen kleinen Schritt weiter
    schlaf gut, ich wünsch dir ein großes Sonnenblumenmeer
    deine Chris

  • Liebe Chris!


    Deine direkten Fragen reissen keine Wunden auf.
    Ich bin sehr froh über Deine Fragen, denn sie bringen mich
    dazu, über viele Dinge nachzudenken und ich komme auch
    manchmal drauf, dass ich so manches in eine Ecke geschoben habe.


    Wenn ich kein gutes Gefühl dabei hätte, würde
    ich nicht so darüber schreiben können - also mach Dir bitte keine Sorgen :)!


    Chris, Du hast Deine Mama also noch?
    Was spielt sie für eine Rolle in Deinem Leben und
    konntest Du mit ihr über Deinen Schmerz reden - oder
    hast Du sie immer "geschont"?


    Und wie war es damals für Dir alleinerziehend zu sein - das
    war doch sicher schwer für Dich!


    Ich hoffe, ich frage jetzt nicht zu direkt!


    Ich wünsche Dir auch ein grosses Sonnenblumenmeer!


    Deine Kate

  • Liebe Kate


    Danke für deine Offenheit...
    Mir geht es genauso wie dir... obwohl bei mir die Ecken (wo ich es hingeschoben habe) tief tief vergraben sind.


    Ja, zum Glück hab ich meine Eltern noch.
    Allerdings ...
    über den Schmerz reden ist schon ziemlich schwer.
    Ich weiß noch, als ich meinen Kleinen gefunden habe, da hatte er die Bettdecke über den Mund und die Nase..
    Ich dachte er sei erstickt und ich hab schuld weil die Bettdecke war zu groß
    dieses Gefühl 6 Stunden lang bis wir den Obduktionsbericht bekommen haben.... ohne Worte
    Irgendwann später hat mir meine Mami erzählt das sie froh ist das wir jetzt wissen das es ein "Sekundenherztod" war, denn sie hatte das Gefühl, sie sei schuld, ... "weil es war ja die falsche Bettdecke"....
    Es war dann irgendwie so beruhigend das sie das gleiche fühlt wie ich, aber irgendwie hab ich ein Problem damit wenn ich meine Mami traurig sehe..
    Ja, so es mir möglich ist "schone" ich sie.


    Mein Bruder ist letztes Jahr gestorben, ich glaube sie weiß wie der Schmerz sich anfühlt.
    Aber auch hier... über den Schmerz zu sprechen fällt unglaublich schwer..


    Kate, ich wollte ein Kind, ich war mir im Klaren das ich den Zwerg allein großziehen werde.
    Es war die schönste Zeit in meinem Leben... (ok, es war nicht einfach eine Wohnung zu finden, als Alleinerziehende ist man nicht immer "kreditwürdig" :)) aber die Zeit mit meinem Kleinen, wir zwei, 24 Stunden rund um die Uhr das war... unbeschreiblich schön.
    Kein Partner um den man sich kümmern muss, dem man was erklären muss..
    Das war schon gut so!
    Ich hatte das Gefühl, ich hinterlasse Spuren
    jedes Aufstehen am Morgen hatte plötzlich Sinn
    wenn der Kleine dich anlächelt, dann geht die Sonne auf!
    Und er hat gelächelt!!!
    Ich hab mir Sorgen um die Zukunft gemacht, was wäre wenn ich sterbe? Also hab ich Vorsorge getroffen, meine Schwester wollte sich um ihn kümmern.
    Aber das er stirbt?
    Keine Sekunde hab ich darüber nachgedacht, er war so gesund, immer lustig, keine Auffälligkeiten.
    Einfach so, ohne Grund ist sein Herz stehen geblieben,
    er ist nicht mehr aufgewacht...


    Puhhh... das Niederschreiben macht sofort wieder so unglaublich traurig
    Aber es ist gut und richtig
    Kate, schön das es dich gibt!
    deine Chris

  • Hallo ihr lieben und alle stillen Leser,


    ich hatte heute meine Therapiestunde und möchte euch darüber einen Teil daraus erzählen.


    Es hat mich der Trauerfall von Petra sehr beschäftigt, weil ich ständig darüber nachdenke, wie verschlossen ich anderen gegenüber bin, weil ich Angst davor habe, wieder jemanden gehenlassen zu müssen.


    Nun, nach dieser Stunde, habe ich wieder ein Stück von mir und über mich gelernt.


    Meine derzeitige Situation ist, dass ich mit einem gewissen Abstand sagen kann, dass es ausschließlich schlimm für mich wäre, wenn ich mein Kind und meinen Partner verlieren würde, bei allen anderen wäre es nicht so schlimm.
    Genau diese Aussage wurde durchforscht, denn sie klingt doch wirklich hart, das gebe ich auch zu.


    Nun ist es aber nicht wirklich die Angst wieder einen Menschen zu verlieren, sondern vielmehr, dass ich meinem Kind treu bleiben möchte. Sprich: es geht um Loyalität meinem Kind gegenüber.
    Vielleicht könnt ihr euch daran erinnern, dass nicht alle für das Kind waren. Und genau, das ist der Punkt.
    Ich halte zu meinem Kind, auch oder gerade weil es tot ist.
    Ich bin seine Mutter und stehe nach wie vor hinter ihm.


    Die Angst liegt also vielmehr darin, dem Kind untreu zu sein, in dem ich dem "Feind" nachtrauern würde. Feind ist sicher übertrieben, aber ich glaube ihr versteht was ich meine.


    Die Therapeutin hat mir nahegelegt, das diese Mauer und dieser Schutz für den Moment auch in Ordnung seien, doch auf Dauer würde ich das Leben ausschließen, wenn ich die Gefühle für andere, die ich sonst gern habe, wegen meinem toten Kind, unterdrücke.


    Ich bin mir jetzt bewußt, was ich hier durchmache, und verstehe mein Verhalten nun besser.


    Ich habe versucht mich so verständlich wie möglich auszudrücken und hoffe, ihr versteht, was ich meine.


    Ich wünsche allen einen schönen Abend.

  • Liebe Chris!


    Mir ist es ähnlich ergangen. Auch ich bzw. wir hatten große Schuldgefühle, weil wir auch lane glaubten etwas falsch gemacht zu haben. Bis der Obduktionsbericht Gewissheit brachte. (Diagnose SIDS)


    Auch für mich war es irgendwie eine Erleichterung bzw. ein kleiner trost zu wissen, dass wir nichts falsch gemacht haben.


    Noch heute kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wie wir unseren Sohn(ob unter der Decke oder nicht)gefunden haben. Ich glaube diesen Teil meines "Films" habe ich mehr oder weniger bewusst gelöscht. Denke ich mal.


    Ich wünsche euch alles Beste


    Stefan

    Der Verlust eines Kindes bringt die weltliche Ordnung durcheinander.
    Der Druck der Gesellschaft zwingt uns wieder in diese Ordnung,(was auch gut sein kann)
    obwohl im Inneren noch völliges Chaos herrscht.

  • Lieber Stefan


    Ist es nicht unglaublich wie wichtig die Obduktion ist?


    Und für mich ist dieser geschützte Raum auch so wichtig...
    weil es hier einfach Menschen gibt die den Schmerz und die Trauer mitfühlen können.
    die ähnliches Erleben mussten.
    Darüber zu schreiben ist nicht leicht, aber es hilft einen Schritt weiter.
    Schön dich hier zu haben!


    Liebe Darina


    Den Satz
    Die Angst liegt also vielmehr darin, dem Kind untreu zu sein, in dem ich dem "Feind" nachtrauern würde. Feind ist sicher übertrieben, aber ich glaube ihr versteht was ich meine.
    verstehe ich nicht. Kannst du es mir erklären?
    Mit jedem Posting von euch lerne ich wieder für mich.
    Ich finde es toll das du die Therapie machst und uns davon erzählst.
    Du bist jetzt viel offener
    schön!


    ich wünsche euch eine ruhige Nacht
    eure Chris

  • Liebe Chris,


    zuerst möchte ich euch auch kurz schreiben, dass es für mich auch ganz wichtig war zu lesen, dass es keinen Schuldigen gab, dass mein Kind gegangen ist.
    Es könnte sich bei jeder Schwangerschaft, der Mutterkuchen lösen, das klingt beunruhigend, aber es ist für mich beruhigend, dass ich nicht daran schuld war.



    Zu deiner Frage:
    es gab damlas nicht nur Menschen, die sich mit mir freuten, das ich schwanger war. (Feinde war wirklich übertrieben aber ich fand kein anderes Wort)


    Alles Liebe und Danke für deine Worte!