Hallo zusammen, und besonders an Linda.
Hatte gar nicht gewusst, dass ich die Nachricht schon abgesandt hatte. Ich wollte ja schon am Samstag mehr von der Seele schreiben, aber da kam dann erst ein Anruf und als nächstes mein Sohn nach Hause und dem musste ich auch erst mal erklären, was passiert ist. Ja und ab dann bin ich eigentlich mehr oder weniger in Funktion gegangen, weil sich alles verselbständigte. Ich hatte Leute zu benachrichtigen, meinen Bruder noch mit abzuholen, zum Bestattungsunternehmen zu fahren, dort Reglungen und Entscheidungen zu treffen, die ja für alle mehr oder weniger neu waren. Danach was gegessen und meine Tochter mit zum Adventsturnier abholen lassen. Die Karten dafür hatten wir schon vor Wochen gekauft. Wir gehen schon mehrere Jahre wenigstens einen Tag lang "Pferde gucken". Ich hatte erst mal Pause gemacht und bis abends geschlafen. Dann bin ich doch auch noch nachgefahren. Vati hätte nichts dagegen gehabt. Er mochte auch Pferde. Und es war gut so, weil ich langsam den Boden unter meinen Füßen wieder hatte.
Tja und wie das überhaupt alles so war, ist eine Geschichte, die sich leider über eine lange Zeit gezogen hat. Nur, dass es ihm jetzt doch vergönnt war, so schnell nach seiner erneuten schweren Erkrankung gehen zu dürfen, hatte ich zwar irgendwie gehofft, aber nicht für möglich gehalten. Entschuldigt die Ausdrucksweise, doch er hat sich an keine Regel gehalten. War immer das Stehaufmänchen und hat die Ärzte in Kopfschütteln versetzt. Bis zuletzt hat er sich keine Entscheidung wirklich aus der Hand nehmen lassen, obwohl wir manchmal schon feststellen mussten, dass er mit seinen 78 Jahren nicht immer klar bei Verstand war. Er wollte so selbständig wie möglich und in seiner im Mai bezogenen behinderten gerechten Wohnung bleiben. Nach künstlichem Knie und Hüftgelenk, Herzinfarkten, Prostatakrebs, Schlaganfall, schwerer Diabetis, dadurch offene Unterschenkel und Füße, die nicht mehr zu retten waren weil er zu lange gewartet hatte, Magenkrebs und Magenentfernung ist es irgendwann mal genug. Nun waren aber keine Kraftreserven mehr da, die ihm hätten noch helfen können. So musste er mit Verdauungsproplemen vor drei Wochen wieder ins Krankenhaus. Jeden Tag wurde er weniger und als dann festgestellt wurde, dass der Krebs wieder da war und er für ne Chemo zu schwach war, schickte man ihn nach Hause. - Keiner wusste, wie viel Zeit uns noch bleibt. Es konnten Tage oder Monate sein. Völlig unmöglich ihn über den Tag viele Stunden allein zulassen, trotz Pflegedienst. Daher mussten wir ihn in ein Pflegeheim bringen. Ich glaube, als er dafür dann doch sein Einverständnis gab, hat er abgeschlossen. Er wollte nicht undankbar erscheinen u. hatte sich bei uns noch mal für die Mühe bedankt und meinte aber, dass er dort nicht lange mitmachte. Es wäre wie ein Gefängnis. Gott, es tat uns so leid, aber eine Rundumpflege durch einen von uns Geschwistern war nicht machbar. 6 Tage war er dort, dann ging alles ganz schnell. Mein Bruder mein Freund unser Hund und ich wollten Ihn besuchen und da ging es ihm schon nicht gut. Er wollte nur seine Ruhe und einfach schlafen. Das war aber in seiner Verfassung nicht unnormal und schon mehrfach so abgelaufen. Also beließen wir es dabei und fuhren heim. Keine Stunde später kam der Anruf, dass derr Notarzt gerufen wurde, weil er nicht mehr ansprechbar war. Kurze Zeit später ein erneuter Anruf und die Mitteilung, dass man nichts mehr für ihn tun könne und er im sterben liege, bereits in einer Art Koma. Es kann 10 Minuten oder eine Stunde dauern. Also alle so schnell es ging zu Paps, aber er war schneller. Er lag ganz friedlich, wie schlafend in seinem Bett. Für mich war es das erste mal, dass ich einen toten Menschen sah. Es war überhaupt nicht so furchtbar, wie ich befürchtete. Sogar gestreichelt hab ich ihn noch. (Ich hatte damals bei meiner Mutti zu viel Angst und wir konnten sie auch erst bei der Aufbahrung wieder sehen. Ich dachte ich würde dann nur von diesem Bild träumen und hab nicht hingeschaut.) Es war einfach in Ordnung auch wenn es so traurig machte. - Bis eben hab ich alles ohne weinen geschrieben, aber jetzt seh ich kaum was. Sobald ich nur an die letzten Berührungen denke, kann ich nicht anders. Oh gott und wie soll das erst zur Beisetzung werden!? Ich habe in den letzten 3 Tagen mit so vielen Leuten über Vatis letzten Weg geredet und ich habe den Eindruck, dass es mir wirklich beim verarbeiten hilft. Ich fühl mich zeitweise jetzt schon freier als Jahre nach dem Tod meiner Mutti, an dem ich irgendwie immer noch knabbere. Vielleicht kann ich jetzt auch sie los lassen. Tja und nun lass ich das erst mal so stehen, weil ich ehrlich gesagt zweifele,ob ich das schaff, aber es ist auch schon spät und morgen muss ich erst mal wieder auf Arbeit. Ihr habt also ganz schön was zu lesen gehabt und ich habe versucht mich auf das wesentliche zu beschränken. Danke schon jetzt für die Zeit, die Ihr Euch dafür genommen habt.
Gruß Karola