Die Zeit verfliegt und nur der Schmerz und die Trauer bleiben

  • Lieber Ralph,

    auch ich kann die sehr gut verstehen. Ich habe meinen Schatz vor knapp 2,5 Jahren verloren.

    Mir geht es aus meiner Sicht (im Vergleich zum ersten Trauerjahr) ganz gut.


    In den 10 Monaten war ich gefühlt auch in einer Abwärtsspirale gefangen. Dann wurde es über ein paar Monate besser und dann ging es über ein paar Monate wieder von vorne los.


    Die Trauer ist auch jetzt noch da und kommt auch nach über 2 Jahren noch in Wellen.

    Ich rede nur nicht mehr drüber 😢

    Das Verständnis der Außenwelt wird im Laufe der Zeit nicht mehr.

    Diese Wellen reißen mir aber nicht mehr den Boden unter den Füßen weg.


    Ich kenne diese Kopfkino auch. Mein Schatz ist allein im Krankenhaus gestorben, ich durfte wegen Corona nicht hin.

    Und einen Monat vor seinem Tod hat er mir noch gesagt "Bei meinem Glück sterbe ich, wegen Corona, allein". Und so ist es gekommen. Das hat mich lange verfolgt.

    Ich war nicht da. Wäre ich doch einfach hin gefahren, die hätten mich schon reingelassen.


    Jetzt, beim Schreiben, kommen mir wieder die Tränen, aber dieses Kopfkino habe ich zum Glück jetzt nicht mehr.


    Ich kann wieder Spaß haben, mich über schöne Dinge freuen, gehe wieder gerne meiner Arbeit nach und kann mich konzentrieren.


    Das, und die Hoffnung nicht mehr mit Tränen, sondern mit einem Lächeln an meinen Schatz zu denken sind für mich die Gründe weiter zu gehen.


    Sende dir liebe Grüße und den Glauben an eine wieder zufriedene Zeit für Dich. Es dauert leider 😢

  • Liebe Monika,

    vielen Dank für Deine aufmunternden Worte.

    Ich möchte dran glauben daß es sich mit der Zeit ändert und vielleicht auch einfacher wird. Aber so wie ich mich im Augenblick fühle, ist daß für mich noch undenkbar.

    Leider war und ist mein näheres Umfeld keine große Hilfe bei der Bewältigung meiner Trauer. Einige meiner Bekannten und Verwandten glauben sie würden in dieser Situation besser mit dem Verlust und der Trauer zurechtkommen.

    Es tut mir sehr Leid das Du deinen Mann nicht mehr sehen konntest. Allein der Gedanke daran macht mir ein flaues Gefühl in der Magengegend.

    Ich hatte das Privileg in unserer letzten Woche bei meiner Frau sein zu. Ich hatte in ihrem Zimmer ein eigenes Bett und bin noch heute dafür dankbar. So konnte ich Abschied nehmen und bei ihrer Versorgung die dortigen Mitarbeiterinnen etwas unterstützen.

    Die Bilder meiner sterbenden Frau werden mich ein Leben lang begleiten und treiben mir immer wieder die Tränen in die Augen.


    Ich wünsche Dir das die Wellen der Trauer immer flacher werden und die positiven Gedanken überwiegen.

    Herzliche Grüße Ralph

    Trauer. Ein Gefühl als ob Dir jemand bei vollem Bewusstsein das Herz aus der Brust reißt und eine lebensunfähige Hülle zurücklässt.

  • Es ist so schlimm das alles zu lesen. Aber ich muss es tun. Ich habe immer das Gefühl, je mehr Menschen, die es verstehen, es lesen um so mehr Last wird dem „Schreibenden“ abgenommen.
    Heute ist wieder ein besonders schlimmer Tag. Die Wahrheit und die Realität sind so schrecklich.
    Bin voller Angst und unendlicher Trauer

  • Resignation macht sich bei mir breit.

    Mit fehlen unsere nächtlichen Streifzüge durch die Stadt.

    Es ist noch angenehm warm und auf den Straßen und Plätzen viel los. Glückliche Pärchen wohin ich auch schaue.

    Noch im letzten Jahr waren wir wie sie und jetzt bist Du nur noch in Gedanken bei mir.

    Du hast meinem Leben erst einen Sinn gegeben, habe ich vor Dir überhaupt existiert?

    Diese unendliche Verbundenheit und dieses blinde Vertrauen, daß über Jahre gewachsen ist ist mit Dir gestorben.

    Jetzt ist da wieder nur Leere.

    Das Leben ist nur noch arbeiten, essen und schlafen und mehr ist nicht geblieben.

    War es das?

    Trauer. Ein Gefühl als ob Dir jemand bei vollem Bewusstsein das Herz aus der Brust reißt und eine lebensunfähige Hülle zurücklässt.

  • Ich danke Dir!!


    Ich kann dich so gut verstehen.

    So wirklich aufmuntern wollte ich dich gar nicht. Ich wollte dir sagen dass es vielleicht einen Grund für das Gefühl der Hoffnung gibt.


    So viele wissen es besser und auch ich schäme mich für meine gut gemeinten Ratschläge "davor".


    Ich hatte (zum Glück) die Möglichkeit nach dem ersten Trauerjahr in eine Reha zu fahren zu dürfen.

    Ich hatte dort viel Kontakt mit Menschen in der gleichen oder einer ähnlichen Situation und einen sehr guten Therapeuten. Es tat gut verstanden zu werden.


    Ich kannte dieses Forum noch nicht und ein Trauercafé gibt es hier nicht.

    Neben dem unbeschreibbarem Schmerz war ich teilweise wie gelähmt, teilweise sehr aggressiv und unausstehlich. Ich habe bis zur Reha gedacht, ich wäre verrückt, nicht normal.


    Wir fühlen wie wir fühlen. Wie kann es auch anders sein? Uns fehlt ein sehr, sehr großes Stück vom Herz 💔....und das fühlen, spüren wir jeden Tag.


    Verliere die Hoffnung nicht oder finde die Hoffnung, auch wenn es deine Vorstellungskraft übersteigt und die Trauer es nicht zulässt. Das ist es was ich dir von Herzen wünsche.


    Mich hat die Hoffnung weiter gehen lassen, auch wenn der Weg viel länger war als ich es erwartet hatte.


    Liebe Grüße Monique

  • Lieber Ralph,


    ich habe am 23. Juli meine Mutter verloren, lese schon ein paar Tage im Forum mit. Meine Geschichte habe ich im "Verlust der Eltern"-Forum beschrieben. Aber ich finde mich in Deinen Erfahrungen gefühlsmäßig so sehr wieder, weil meine Mama im Endeffekt auch meine Lebenspartnerin war, wir haben alles gemeinsam, erlebt, durchstanden, gefeiert, geliebt, organisiert und strukturiert. Mein Fundament ist weg, ich bin seelisch amputiert, mein Leben macht keinen Sinn mehr.

    Ich bekomme auch von allen Seiten gesagt, dass ich nach "vorne schauen soll" und "Selbstfürsorge" brauche. Aber da Geht gar nicht. Ich bin dafür gar nicht offen. Ich leide, habe keine Kraft aufzustehen, nachts bin ich ewig, manchmal bis halb 4 wach, wache schweißgebadet auf. Morgens ist es am Schlimmsten, denn immer wieder hoffe ich, dass alles ein Alptraum war. Ich kann kaum essen, 1-2 Mahlzeiten maximal. Räume nur das Nötigste auf. Alles, was mir wichtig war, erscheint unwichtig. Die Struktur, genau wie Du sagst, das war bei mir auch das GEMEINSAME Zusammenleben mit meiner Mama, das fehlt mir und ich kann mir ein eben so nicht vorstellen. Ich bin beruflich erfolgreich und hatte immer Pläne und Ziele, auch gute Freunde und Bekannte. Aber sie war "mein Mensch". Mein Leben ist grau und ich schwanke zwischen etwas Funktionieren, Verzweiflung und Trance. Ich fahre teilweise, damit ich überhaupt was essen kann, in ein Bäckercafé, um nicht zu Hause durchzudrehen...wie gesagt, sehe mich sehr gespiegelt, in dem, was Du fühlst und beschreibst...

  • Hallo Ralph, Linchen, Duundich, Moni72 und Ursula,

    Unabhängig voneinander sagen wir so vieles was wir fühlen in fast den gleichen Worten.
    Mie zeigt das immer wieder dass es nur Menschen wirklich verstehen die diesen Alptraum „überleben“

    Das wollen wir, wir wollen nicht aufgeben.

    Wenn ich sowas schreibe würde ich am Liebsten laut schreien.
    Wähend ich den Tag durchexistiere denke ich oft an Euch hier. Vergesse kein Schicksal

    Hätte dann gern dass ihr in dem Moment etwas hoffnungsvolles erlebt.

    🤝 Nicole

  • Über neun Monate sind vergangen, daß mein geliebter Schatz nicht mehr bei mir ist. Es fühlt sich nach wie vor unwirklich und falsch an und die Sehnsucht nach ihr ist stärker denn je. In meinen Gedanken bin ich ununterbrochen bei ihr.

    Da ist niemand mehr dem ich mich anvertrauen kann und der zuhört. Die "Unterstützung" durch meine Bekannten und Verwandten beschränkt sich nur noch auf ein Minimum und ich muss alles mit mir selbst ausmachen. Sie verstehen nicht wie man sich so gehen lassen kann.

    Diese innerliche Starre und diese Angst sind fast unverändert geblieben, ich glaube ich finde da nie wieder raus.

    Ich lebe in den Tag hinein und jeder noch so kleine Schritt fällt schwer. Arbeiten, essen, schlafen ist geblieben. Wie sagt man doch gleich: "Ich funktioniere".

    Die Arbeit sorgt zeitweise für Ablenkung und ich lasse mir meistens nicht anmerken wie es mir wirklich geht, aber die Wochenenden sind deprimierend einsam.

    Einige sagen das sich die Trauer mit der Zeit verändert und es "besser" wird. Trotzdem erscheint mir die Zukunft quälend und düster. Nichts für was es sich zu leben lohnt.

    Trauer. Ein Gefühl als ob Dir jemand bei vollem Bewusstsein das Herz aus der Brust reißt und eine lebensunfähige Hülle zurücklässt.

  • Innerliche Starre und Angst / ja, das beschreibt es gut. Kann mir auch nicht vorstellen, wie das sein soll. Mir fehlt, der Mensch durch den mein Leben bzw. das was ich erlebt habe, erst bedeutsam wurde. Da ist vor allem niemand mehr der uns jemals wieder SO zuhören wird wie die verlorene Person. Ich wusste das schon vorher, sonst hätte ich ja nicht am meisten Zeit mit ihr verbracht. Ich denke, dass wenn man einen Menschen im Leben gefunden hat mit den man seelisch, gefühlsmäßig und überhaupt passt wie mit niemanden sonst, es dazu führt, dass man nach dem Verlust niemals wieder ganz wird. Das wird mir nun auch nochmal schmerzhaft klar. Und das Problem mit den Verwandten/ Bekannten habe ich auch, Sie können es nicht verstehen - weil sie nicht dasselbe gefühlt haben wie wir für diese Person. Wir waren mit unseren Herzensmenschen so verwoben, dass wir jetzt amputiert sind. Ich fühle mich nicht mehr ganz, nicht mehr komplett. Weiß nicht wohin mit meinen Gedanken, mit meinen Gefühlen, mit mir. Vorher war es so, dass ich mich, meine Gefühle und Gedanken mit ihr ausgetauscht habe, und sie konnte diese auffangen oder gefiltert zurückgeben. Das war für mich elementar. Jetzt bin ich mit all dem, was mich bewegt alleine: alles bleibt entweder unbesorochen in mir und wenn ich es mit anderen bespreche, kommt es so zurück, dass ich mich oft fremd fühle. Nur selten gibt es Lichtblicke. Ja, so könnte man es sagen, dieses fremd fühlend, diese Leere, die fehlende Leichtigkeit, das fehlende Urverstaendnis. Morgens such schon austauschen / gemeinsam dasselbe denkend - das miteinander eins sein. Ich glaube auch, dass man über viele Jahre immer mehr zusammenwächst, auch gefühlsmäßig. Von daher kann diese Nähe kaum durch jemand anders ersetzt werden. Wahrscheinlich ist unser “Problem”, dass es so tief war…muss gerade weinen…

  • Ralph

    Kann dich auch in diesem Punkt sehr gut verstehen.


    Als ich mit knapp 30 Jahren "die beste Mama der Welt" mit nur 59 Jahren verloren habe, gab es keinen Sinn mehr in meinem Leben und ich habe diesen Worten "es wird sich verändern und irgendwann besser" so überhaupt nicht geglaubt.

    Es tat einfach zu weh. Es fehlt mein Seelenmensch, meine beste Freundin, meine Vertraute und noch so viel mehr 😢


    Es wurde aber nach ein paar Jahren erst etwas besser und dann habe ich sogar irgendwann meinen Frieden damit gemacht.


    Das Verrückte ist....20 Jahre später...als ich meinen Schatz verloren habe, habe ich nicht einmal meiner eigenen Erfahrung geglaubt.


    Meinen Frieden mit dem Tod von Roman habe ich "noch" nicht gemacht.

    Den Sinn meines jetzigen Lebens habe ich auch bis heute nicht gefunden.

    Ich hoffe der Sinn erschließt sich mir irgendwann.

    Ich möchte daran glauben!!!


    Ich möchte daran glauben, daran glauben, dass es dir Ralph

    und uns allen hier ( Fliegerin , Esmussweitergehen , Du_und_ich , Ursula3008 , Linchen1 ......)

    irgendwann besser geht ❤️❤️

    ... erst tagsüber in der Woche

    ... dann auch an den Abenden

    ... und dann an den ganz freien Tagen

  • Liebe Moni27,


    ja ich hätte am Anfang niemals gedacht das es leichter wird leiser aber ja das tut es.

    Frieden werde ich damit niemals machen das weiß ich aus den Erfahrungen der Verluste die ich schon hatte.

    Jeder einzelne ist eingebrannt im meiner Seele und jeder einzelne fehlt mir bis heute.

    Mama ist nur der schlimmste, da sie alles war mein Seelenmensch mein einfach alles.

    Freundin das Wort benutze ich nicht gern Mama war niemals meine Freundin sie ist meine Mama gewesen.

    Frieden damit nein es ist ein Schmerz der immer da sein wird eine Lücke die sich niemals füllen lässt.


    Aber leiser milder das ist schon was weitergehen für Sie.


    Dein erneuter schwerer Verlust tut mir unendlich leid.


    Vlg. Linchen

  • Liebes Linchen,


    das ist auch bei mir so.

    Sie fehlt mir und der Schmerz bleibt.

    Bei mir überwiegt jetzt die Dankbarkeit mit so einer tollen Mutter beschenkt worden zu sein.

    Ich hardere nicht mehr damit. Und ich kann wieder lächeln wenn ich an sie denke...das ist mein Frieden.


    Ich weiß nicht wirklich wie ich es beschreiben soll.

    Diese Gefühle sind so schwer auszudrücken.


    Liebe Grüße

    Monique

  • Liebe Monique ❤️


    Dankbarkeit, Erinnerungen die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern... Frieden fühlen... Ich denke, damit hast du den bestmöglichen Zustand hier auf Erden erreicht. Es freut mich für dich 💚


    Ich weiß, da ist noch ein furchtbarer Verlust💔, es tut mir so leid. Ich hoffe, dass auch da, eines Tages, Frieden in dir lebt. 🍀✨

  • Auch ich kenne es, einen Frieden mit dem Tod eines sehr wichtigen Menschen gemacht zu haben. Mein Vater ist bereits 28 Jahre nicht mehr bei uns.

    Daran rückblickend müsste ich eigentlich die Hoffnung haben, das es irgendwann besser wird und ich auch wieder glücklich sein kann.

    Für mich fühlte sich der Tod meines Vaters jedoch irgendwie anders an, als der Tod von meinem Mann und auch der Tod meiner Freundin fühlt sich anders an.


    Nun, die Vorstellung heute an ein wieder glücklich sein auf die Art und Weise wie ich es war, ist für mich schwer vorstellbar. Ich glaube zur Zeit tatsächlich,das ich nie wieder eine Liebesbeziehung partnerschaftlich gesehen eingehen werde und auch kann. Es kriecht förmlich die Angst in mir hoch nocheinmal vom Schicksal so getroffen zu werden.

    Obwohl ich weiß, das der Tod zum Leben dazugehört und jeder von uns irgendwann sterben muss. Ich hatte nur immer die Vorstellung, das es normal ist zusammen alt zu werden und das dann irgendwann einer geht. So ist es jedoch nicht, das weiß ich heute, wie blauäugig von mir. Obwohl ich es ja bei meiner Mutter erlebt habe, sie war 55 Jahre als mein Vater gestorben ist.


    Gleichzeitig während ich meine Gedanken hier schreibe, denke ich so, Anja du bist noch viel zu jung dafür um dein Leben als immer trauernde Witwe zu verleben.


    Hoffnung, was ist Hoffnung? Hoffnung auf ein Leben alleine und sich damit ganz und gar ohne Ausnahme glücklich zu fühlen und nichts zu vermissen?!

    Oder ist Hoffnung irgendwann tatsächlich doch wieder eine Liebesbeziehung einzugehen?!


    Eines weiß ich...für mich wäre es sehr wichtig nicht mehr so zu leben das man sich in einer Partnerschaft genug ist....also wenig andere wichtige soziale Kontakte zu haben, auch wenn die anderen einen nicht immer verstehen können( es sei denn diese sind ganz doof) wenn einem das passiert ist was uns hier allen passiert ist, denke ich doch das man diese sozialen Kontakte braucht um auch irgendwie weiterleben zu können.
















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