Liebe Betty!
Bis jetzt hab ich deinen Text nur mitgelesen, aber jetzt möchte ich auch mal dazu was schreiben.
Ich versteh ganz gut, wie du dich jetzt fühlst. Auch mein Papa starb vor 2 Jahren und ich konnte mich nicht verabschieden. Ich war grad mit meiner Freundin unterwegs, wollten was für meinen Geburtstag besorgen, hatte an dem Tag nämlich Geburtstag, und dann rief meine Schwester an, und teilte mir weinend am Telefon mit, dass Papa gestorben ist. Wir wussten vorher nicht mal, dass er im Krankenhaus lag. Die Geräte haben sie aber erst am nächsten Tag ausgeschalten. Wir fuhren dann auch nochmal zu ihm ins Krankenhaus und ich musste dann auch voll weinen, als ich ihn da so liegen sah. Ich bin danach zu meiner Freundin gefahren, und hab mich so richtig bei ihr ausgeheult. Einige Monate vorher hatte ich noch mit meinen Papa telefoniert, und er sagte, dass er sich meldet, wenn er wieder Zeit hatte. Niemand ahnte, dass das letzte Gespräch sein sollte. Oh, man, wenn ich hier so schreiben, kommen mir wieder fast die Tränen. Dabei hab ich schon so lange nicht mehr geweint. Also ich weiß, wie du dich jetzt fühlst. *umarm* Und das mit den Tagebuch schreiben, ist überhaupt kein Blödsinn, ich finde das sehr gut. Auch ich mache das. Schön, dass du deinen Papa noch gesagt hast, was du ihm sagen wolltest, ich bin mir auch sicher er hat es gehört. Schön, dass dir dein Bruder so beisteht. Ist er älter oder jünger, als du? Und schön, dass du dich mit deinen Papa so gut verstanden hast. Das mit deiner Mutter ist traurig, sicher sie wird nicht gewollt haben, dass man blöd redet. Aber wer will bei einer Beerdigung einen Streit anfangen?! Meine eine Halbschwester ging auch nicht an das Begräbnis von meinen Papa, meine andere ging schon. Dein Studium in Wien brichst du ab? Oder bist du damit schon fertig? Der Schmerz wird leider nie ganz weg gehen, ein bisschen Schmerz bleibt immer, aber es wird leichter. Ich finde es toll, dass du dir auch Hilfe holst. Ich hab auch Trauerbücher gelesen. Und war bei einer Psychologin, aber die hat mir nichts gebracht. Letz endlich hab ich erfahren, dass man diesen Weg der Trauer nur selbst gehen kann. Die anderen können zwar helfen, unterstützen usw. Aber den Schmerz kann uns leider keiner nehmen. Und auch ich konnte oft nicht schlafen, hab nichts gegessen, und geh auch nicht sehr oft ans Grab. Man muss nicht wirklich ans Grab gehen, um unsere Lieben zu Besuchen, denn sie sind überall. In unseren Herzen leben sie weiter. Das gehört zur Trauer dazu. Auch bei mir war es so, dass mir Dinge keinen Spaß mehr machten, ich dachte mir auch, wie soll ich ohne Papa weiterleben. Er hatte Mundkrebs, denn hat er aber besiegt und starb an einer Gehirnblutung und er hat zu mir gesagt, für wenn sollt ich den noch weiterleben. Langsam lerne ich auch wieder am Leben teilzunehmen. Du schreibst, dass du Pech hast. Auch bei mir war das, als mein Papa starb, wurde ich (nicht so fort) von der Firma gekündigt, die wollten übrigens das ich gleich wieder lachend im Geschäft stehe, dann hatte ich einen neuen Job, da war dann die Chefin voll blöd, und hat mich gekündigt, und dann war ich in einen anderen Geschäft, da haben sie mir nicht das ganze Geld ausgezahlt. Und die Lehrerin in der Abendschule, war auch so blöd. Da dachte ich mir schon, für was leb ich noch. Die Zeit heilt alle Wunden. Dieser Satz ist gut gemeint, aber er ist nicht wahr. Die Zeit, was bedeutet das Wort überhaupt? Wie lange dauert die Zeit? Einige Wochen oder Monate? Ein Jahr, oder mehrere Jahre? Ein ganzes Leben lang. Die Zeit heilt alle Wunden, sagen viele. Aber wie viel Zeit vergehen muss, bis alle Wunden geheilt sind, sagt niemand.
Jetzt brauchst du noch Zeit, um das überhaupt zu verarbeiten, der Schock ist immer noch da, man kanns nicht fassen, dass braucht Zeit und auch Kraft. Aber mit jeden Tag, der vergeht, wirst du stärker, du lernst es zu akzeptieren und mit den Schmerz umzugehen. Natürlich wird es hin und wieder, besonders, wenn Erinnerungen hoch kommen, weh tun. Und den Schmerz kann man auch nicht einfach wegzaubern, aber mit jeden Tag wirds leichter und du findest einen Weg, damit umzugehen, es in dein Leben zu integrieren und damit leben zu können, ohne, dass es ständig so weh tut. Und wenn du weißt, und das ist ganz sicher so, dass dein Vater dir trotzdem nahe ist, dann hoffe ich, tröstet das auch ein wenig und den Schmerz zu lindern. Und das wir die Zeit leider nicht vorspulen können, dass es uns gleich besser geht. Wir müssen da durch. Es geht nicht ganz weg ein bisschen Schmerz bleibt immer und es wird auch immer Stunden geben, wo du dich besonders mies fühlst. Aber sie werden seltener und in kleinen Schritten wird der dauerhafte Schmerz auch weniger, dass ist ganz sicher.
Sag deinem Vater, wie sehr du ihm vermisst. Was du noch gerne mit ihm unternommen hättest und was dich plagt und bedrückt. Ich bin sicher er hört es. Natürlich, wenn du selbst findest, das ist Psychogequatsche und es wirkt gar nichts und dir bringen diese "Gespräche" mit deinen Vater nichts, dann hör in dein Herz, was du möchtest, dass tue. Das wird dir zumindest ein klein wenig Erleichterung erschaffen, das hoffe ich sehr! Und denke daran, was dein Vater gerne gehabt hätte bzw. was er gerne hat, das tue! Lebe dein Leben so weiter, wie er es dir raten würde! Du kennst deinen Vater am besten, du weißt, was er sagen würde, versuche, seinen Wunsch an dich zu erfüllen und lebe so, wie er es sich für dich wünschen würde, wie er es dir raten würde. Dein Vater kennt dich ebenfalls am besten, denke ich, und auch er weiß, was dir am meisten helfen könnte, also höre auf seinen Rat, höre in dein Herz, höre darauf, was seine Antwort auf deine Frage wäre: "Wie soll ich ohne dich weiterleben?!" "Wie soll ich diesen Schmerz überstehen?!" Dein Vater kennt die Antwort, und weil du deinen Vater kennst, wirst du spüren, was er dir rät. Er ist nicht fort, ihr kommuniziert jetzt auf eine andere Ebene, aber du kannst "hören" bzw fühlen, was dein Vater dir sagen würde.Licht und Liebe wünsch ich dir!
Alles Liebe!
Deine Melinda
Ps: Tut mir leid, dass ich soviel geschrieben hab, aber ich wollte darauf eingehen.
PPS: Morgen hat mein Papa Geburtstag, und es ist so schirch, wenn ich da an seinen Grab stehen muss.