Liebe Sigrid,
es war sicherlich so, daß ich ein Doppelleben führte, nur meine beste Freundin wußte, wie es wirklich in mir aussieht. Und wenn sie nicht gewesen wäre, säße ich heute wahrscheinlich nicht hier.
Ich war damals ja erst 18. Einerseits hat mir das wahrscheinlich schon auch geholfen, andererseits finde ich heute, daß man sich mit ein wenig "Lebenserfahrung" doch etwas leichter tut. - Zumindest ich halt.
Für mich dauerte es damals fast 2 Jahre, bis ich wieder "normal" am Leben teil nahm. Ja, ich habe "ganz normal" weitergearbeitet, (hatte nur einen Tag fürs Begräbnis frei), hab mit meinen Eltern Weihnachten und Geburtstage "gefeiert", ...
Aber ehrlich - ich weiß nichts davon. Diese Zeit ist in meiner Erinnerung nur "ein schwarzes Loch". Da ist nichts außer:
Zitat... diese unstillbare sehnsucht
zerreißt mich und nimmt mein ganzes denken,
fühlen und handeln ein...
Du hast es besser ausgedrückt, als ich es je könnte.
Ich hatte das Glück, nach knapp 2 1/2 Jahren meinen Mann kennenzulernen, der mich das letzte Stückchen aus meinem Loch zog. Wir sind jetzt 31 Jahre verheiratet und lieben uns.
Trotzdem kann, werde und will ich Heinz sicher nie vergessen. Er ist mein "stiller Begleiter", der über mich wacht und mir hilft.
Ja - wir sind oft zu ungeduldig, und JA - die Trauer beginnt erst dann wirklich, wenn man zu begreifen beginnt, daß dieses "nie mehr" Wirklichkeit ist.
Aber jeder Mensch braucht "seine Zeit", um mit einem Schicksalsschlag fertig zu werden, und wir sollten jedem genau "diese Zeit" lassen - auch uns selbst
Dieses "in zwei Welten leben" ist ganz normal. Und daß du jetzt schon oft in beiden gleichzeitig stehen kannst - ich glaube das ist schon ein großer Schritt in die richtige Richtung. Du wirst lernen, ganz bewußt etweder auf der einen oder der anderen Seite zu stehen. Und dann ist alles schon wieder um vieles "leichter"
Alles Liebe
Jutta
PS: für mich ist es auch in dieser Formulierung eine Killerphrase - mags eigentlich nicht hören. Mein Problem ist dabei nur: ich weiß, daß es stimmt - und deshalb schreibe ich's auch immer