Mein Name ist Lena und ich bin 61 Jahre alt. Ich bin froh dieses Forum gefunden zu haben um mir mal alles von der Seele zu schreiben und mich mit anderen Menschen, die auch ein schweres Schicksal hinter sich haben, auszutauschen.
Mein Mann ist am 1. Adventssonntag 2023 nach anderthalb Jahren Kampf gegen den Krebs im Krankenhaus friedlich eingeschlafen, er wurde 64 Jahre alt. Bis zum Schluß hatte er Hoffnung, doch es sollte nicht sein.
Mein Mann hatte ein Nierenkarzinom, das wurde 2016 bei einem Krankenhausaufenthalt schon festgestellt! Uns wurde nichts gesagt, dieser Befund wurde nur im abschließenden Krankenhausbericht erwähnt und dieser Bericht wurde nur an seinen Hausarzt geschickt und dieser hat den Befund (mit der Aufforderung der KH-Ärzte das Nierenkarzinom umgehend weiter zu behandeln) schlichtweg überlesen. Der Hausarzt hat dies selber zugegeben und es wurde ein Gutachten erstellt, indem festgestellt wurde, das der Hausarzt einen massiven Behandlungsfehler begangen hat.
Das Nierenkarzinom hatte also sechs lange Jahre Zeit zum wachsen, bis es im Sommer 2022, wegen nicht abklingendem Husten, dann festgestellt wurde, da war leider alles zu spät. Das Karzinom hatte Stadium 4b und hatte schon in die Lunge gestreut und seine Hüfte "angefressen", so daß er sofort eine neue Hüfte eingesetzt bekommen musste und er nur noch Palliativ behandelt werden konnte. Rückblickend, wenn ich die Krankheit Revue passieren lassen, staune ich das er noch 1,5 Jahre damit gelebt hat, wir haben sogar noch eine 3-wöchige Reise unternommen und er konnte noch selber Auto fahren, was ihm sehr wichtig war.
Deshalb hatten wir es auch ziemlich verdrängt, das er tot-sterbens krank war, wir lebten ein Stück Normalität, der Onkologe hatte ihn mit einer Immuntherapie gut eingestellt und war immer zufrieden mit seinen Blutwerten, wir wiegten uns in Sicherheit.
Bis er ab Oktober immer schlapper wurde, Immuntherapie wurde eingestellt und er bekam ein anderes Medikament und Antibiotika, der Arzt meinte "nicht den Kopf hängen lassen, so weit sind wir noch nicht". Auch wir dachten: "Jo ist eine schlechte Phase kriegen wir aber hin" denkste, es ist unfassbar wie schnell ein Mensch abbauen kann, in den letzten Tagen zu Hause kam er nicht mehr bis in die Küche, nur noch vom Bett ins Wohnzimmer, er schlief sehr, sehr viel und essen wurde immer weniger. Beim wöchentlichen Kontrolltermin beim Onkologen, wurde eine sofortige Bluttransfusion verabreicht und die Einweisung für den nächsten Tag ins KH. Er war so schlapp, das ich ihn mit dem Rollstuhl fahren musste. Am nächsten Tag musste ich einen Krankentransport organisieren, da er so schlapp war das er nicht mehr alleine aufstehen konnte. Das war der 10.11.2023.
Im KH bekam er eine Antibiotika-Kur die auch anschlug und es ging ihm besser, er ging sogar mit der Physio-Dame den Flur rauf und runter. Die Ärzte waren - soweit - zufrieden mit ihm und wollten ihn nach Hause entlassen, aber ich sollte erst Pflegebett etc. alles zu Hause herrichten und dann könnte er nach Hause. Nach 3 Tagen hatten wir alles zu Hause hergerichtet und - trotz allem - freuten wir uns das er nach Hause kommen konnte/durfte. Aber dann schossen die Entzündungswerte wieder dermaßen in die Höhe das an Entlassung nicht zu denken war. Es war letztendlich so, das immer wenn das Antibiotika runtergefahren wurde, die Entzündungswerte explodierten, die Ärzte das also nicht in den Griff bekamen.
Beim Arztgespräch, wurde uns dann gesagt, das sie nichts mehr tun können, sie vermuteten das die Tumore am wüten waren, und sie jetzt alles einstellen würden, die Frage war jetzt: nach Hause oder Hospitz und bis ein Hospitzplatz frei würde, ihn so lange auf der Palliativ-Station lassen.
Wir haben uns entschieden, das er auf der Palliativ-Station bleibt, in professionellen Händen, er hatte dort ein wunderschönes Einzelzimmer, er wurde 24/7 liebevoll umsorgt von dem Personal und die Familie war stundenlang bei ihm. Ich hatte Angst ihm zu Hause nicht gerecht zu werden.
Am 03.12.2023 ist er dann friedlich eingeschlafen, die Ärztin meinte, das es letztendlich so schnell gehen würde, hätten sie niemals gedacht.
Und dann lag er da so friedlich und entspannt alle Infusionen, Katheder wurden entfernt, er ist um 07.15 Uhr morgens eingeschlafen, die Schwestern haben ihn liebevoll hergerichtet und als die Sonne aufging haben wir die Terrassentüre aufgemacht und Sonnenstrahlen schienen auf seinen Kopf. Da haben wir ihn gehen lassen.
"Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch wenn es plötzlich dunkel ist", diesen Spruch habe ich schon oft gelesen, konnte ihn aber erst an seinem Sterbetag wirklich begreifen. Ja erschrocken ist man, wenn der Kranke tatsächlich stirbt, also in meinem Gehirn ist das bis heute noch nicht angekommen. Ich kann das nicht realisieren, wenn ich jetzt lese, "verwitwet, verstorben, Sterbedatum" dann denke ich: "Die meinen doch nicht uns". Total unwirklich!!
Auf der einen Seite bin ich dankbar, das er jetzt nicht mehr leiden muss, das er friedlich eingeschlafen ist. ABER!!!!!! Er fehlt so unendlich, wir waren 42 Jahre verheiratet und kannten uns 45 Jahre, das ist mehr als ein halbes Leben, er war ein Teil von mir, er war meine Heimat, mein Zuhause, mein bester Freund. Er hat einen Teil von mir mitgenommen, ich bin nicht mehr die, die ich mal war, ich trage eine große Traurigkeit in mir und ich darf nicht darüber nachdenken: Warum???? Warum hat sein Arzt den Bericht nicht richtig gelesen, er hätte behandelt werden können!!!!!!! Wenn ich darüber anfange nachzudenken werde ich wahnsinnig. Also deshalb nur Schritt für Schritt obwohl jeder einzelne Schritt so unglaublich weh tut. Ich hätte niemals gedacht, das Trauer solche Schmerzen verursachen kann.
Das ist leider unsere Story.
Lena