Wie helfe ich jmd zu trauern?

  • Hallo zusammen!


    Ich komme hier ins Forum, da ich nicht mehr weiter weiss. Ein sehr guter Freund von mir hat jemanden der ihm sehr nahe stand sehr unerwartet verloren.


    Mein Anliegen ist jetz folgendes: Ich denke dass der Hinterbliebene mit dem Geschehenen nicht richtig umgeht. Er verdrängt es, will es nicht wahrhaben. Trotzdem weicht er Gesprächen aus, sagt ihm gehe es gut. Es scheint als ob die Lebenslust nicht mehr zu 100 % vorhanden ist, er jedoch immer darauf drängt alles sei in bester Ordnung.


    Wenn man dennoch versucht mit ihm darüber zu sprechen, wird er oft Aggressiv und beendet das Gespräch.


    Meine Frage nun: Wie kann ich an ihn herankommen, oder ihn überzeugen dass proffesionelle Trauerhilfe gut für ihn wäre?


    Vielleicht gibt es den ein oder anderen Ratschlag.


    Danke schonmal fürs lesen!


    beste Grüße

  • Auch von mir ein Herzliches Willkommen hier im Forum.
    Hab auch meine Mama verloren. Vor 8 Monaten.
    Aber ich weiss jetzt nicht, wie ich, wir, Deinem Freund helfen können. ?(
    Vielleicht erzählt er oder Du uns mehr über seine Mama und ihn. :24:

    Eine Stimme die so vertraut war, schweigt.


    Ein Mensch, der immer da war, ist nicht mehr


    Was bleibt, sind dankbare Erinnerungen,


    die niemand nehmen kann.




    Susanne

  • Ja, ne! Darum gehts ja auch nicht.


    Ich wollt nur wissen ob ihr vielleicht Erfahrung habt mit Personen, die sich nach einem Todesfall verschließen und niemanden (so richtig) an sich ran lassen!


    Also irgendein Weg, wie er sich öffnen könnte.

  • Lieber XXX
    Warte mal, bis unsere Experten kommen.
    Sie können Dir bestimmt etwas raten. :24:

    Eine Stimme die so vertraut war, schweigt.


    Ein Mensch, der immer da war, ist nicht mehr


    Was bleibt, sind dankbare Erinnerungen,


    die niemand nehmen kann.




    Susanne

  • Lieber Helfer


    Willkommen im Forum und zuerst will ich dir sagen : Du bist ein wirklich guter Freund, da du dir um deinen Freund Sorgen machst.


    Ich bin zwar keine Expertin, habe aber Ehrfahrung damit.


    Die Freundin meines verstorbenen Sohnes( vor 2 1/2 Jahren) hat sich auch so verhalten.


    Sie hat mir auch immer versichert, das es ihr gut ginge und natürlich jedes Gespräch über meinen Sohn ausgewichen.
    Von ihren Eltern und ihrer Schwester weiß ich, das sie auch immer aggresiv reagiert hat, wenn man ihr gesagt hat, sie braucht provissionelle Hilfe.
    Sie hat auch nie mit ihren Freundinnen darüber reden wollen.


    Ich glaube, wenn dein Freund es selber nicht will und es auch nicht begreift, wirst du nicht viel erreichen.
    Biete ihm einfach oft genug an, für ihn da zu sein, wenn er Hilfe braucht und einmal reden will.
    Sei einfach für ihn da.


    Es ist noch nicht allzu lange her, das er seine Mutter verloren hat, vielleicht kommt das noch bei deinem Freund.


    Jedenfalls hab ich das Gefühl bei der Freundin meines Sohnes , das sie erst jetzt ein bißchen darüber reden kann.


    Wünsche dir alles Gute und das Beste für deinen Freund


    Chrisi

  • Liebe(r) Helfer,


    Aggressivität ist eine Seite der Trauer. Wenn uns etwas genommen wird oder wir etwas verlieren, was uns wichtig und lieb war, dann reagieren wir mit Trauer, aber eben auch mit Wut und Aggression. Bei manchen Menschen ist zunächst Wut da und die Trauer bricht erst mit der Zeit auf. Die Aggressionen kriegen dann häufig Menschen ab, die gar nichts dafür können.
    Dein Freund ist im Zustand der Vermeidung und diese Haltung löst bei ihm Abwehrreaktionen aus, wenn jemand ihn mit seiner Trauer konfrontieren will. Lass ihm Zeit, setz ihn nicht unter Druck, das erzeugt nur noch mehr Abwehr. Biete ihm - so wie Chrisi es schon gut beschrieben hat - deine Gesprächsbereitschaft an und dann lass ihn mal. Er wird kommen, wenn er wenn er mit dir drüber reden will.
    Darf ich fragen, ob du ein Mann oder eine Frau bist? Männer tun sich oft noch schwerer mit Frauen über Gefühle zu reden. Aber: Sie tun sich überhaupt schwer über Gefühle zu reden und sie zu zeigen - also auch gegenüber Männern ist das nicht üblich. Das ist keine gesunde Strategie, da hast du grundsätzlich recht, aber es ist eine männliche Strategie ... also, lass im einfach Zeit!
    AL
    Christine

  • Hallo lieber Helfer,


    ich finde es schön, dass Du Dir Gedanken machst und helfen möchtest.


    Jeder geht mit so einem Verlust anders um.
    Wut ist meiner Meinung nach kein schlechter Weg.
    Nicht nur, natürlich.
    Aber die reine Trauer macht Dich hilflos.
    Die Wut gibt Dir das Gefühl agil zu sein.
    Keine Ahnung, ob es Dir etwas sagt, aber ich kann es nicht anders ausdrücken.


    Sei da, halte Dich bereit, biete Dich an und dann geh einen Schritt zurück und warte.
    Verhalte Dich normal, packe Deinen Freund/Deine Freundin nicht in Watte. Aber sieh ihm/ihr ein paar Dinge einfach nach.


    Ich gehe momentan auch durch ein Wechselbad der Gefühle.
    Aber Wut ist einfacher!!!
    Und nur weil man nicht darüber redet, heißt es nicht, dass man nicht daran denkt.


    Eine Schwangere hat oft instinktiv Heißhunger auf die Dinge, die ihr Körper benötigt.
    Ich denke, ein Trauernder verhält sich so, wie seine Seele es verkraftet.
    Man kann das nicht erklären oder benennen. Aber ich weiß oft einfach das ich z.B. jetzt
    wütend
    zickig
    alleine
    .....
    sein muss.


    Kennst Du das mit der Schubkarre?
    Also der eine läuft auf den Händen und der andere hält ihn an den Füßen und geht hinterher?
    Wenn der Hintermann zu schnell läuft, strauchelt der andere und kann nicht mehr.
    Lasse Deinem Freund/Deiner Freundin ihr eigenes Tempo.
    Denn eijn Straucheln macht das Wieder aufstehen im Moment vielleicht nicht möglich.


    Dränge nicht, das macht die Mauer größer.
    Warte auf den Moment, in dem Du gebraucht wirst.
    Und hoffe, dass Du dann da bist.


    Mehr kann ich Dir nicht raten.
    Hab mich vielleicht ein wenig schwulstig oder so ausgedrückt, aber mir fallen keine anderen Beispiele ein.
    Und mir geht es momentan so.
    Mein Exfreund übernimmt diesen Helfer-Part bei mir.
    Er muss im Moment viel ertragen und sich anhören. Er muss meine Launen erdulden und meine emotionalen Schwankungen. Und im nächsten Moment wieder lasse ich ihn stehen und gehe einfach.
    Er lässt mich machen und ist einfach da, wenn ich ihn brauche.
    Und ich bin ihm so unendlich dankbar.


    Hier im Forum spreche ich mich auch aus. Und das tut auch sehr gut.
    Ich hoffe, dass Du die Kraft hast, Deinem Freund/Deiner Freundin zu helfen.
    Denn auch das ist schwer.


    LG, Ela.

  • Christine, du hast so Recht.
    Ich war auch erst wütend, am Tag, als Mutti starb...hatte keine Tränen...als Mutti noch lebte, weinte ich viel.
    Aber die Wut war begründet. Das Krankenhaus war furchtbar.
    Jedenfalls...ich war am Todestag tränenleer....eine innere Leere. Wie gelähmt. Auch erleichtert, dass Mutti nicht mehr leiden muss.


    Die Trauer bricht durch....garantiert....bei jedem anders.
    Mit jedem Tag wird mir klarer...das Telefon mit ihrer Stimme läutet nie wieder...
    Männer zeigen Gefühle nicht immer so deutlich....auch das ist ein Aspekt.


    Nicht bedrängen...aber nur deutlich machen..Hey, wenn du reden willst, ruf mich an...so würde ich das dann wohl machen.

  • Am meisten hilft es Trauerenden, wenn sie einfach das Gefühl haben, dass es jemanden gibt, der für sie da ist.


    Man muss sich nur aufdrängen. Sollte man auch nicht.


    Einfach nur da sein, wenn sie einen brauchen und ihnen dies auch klarmachen.


    Eine andere Technik die helfen kann ist es, Erinnerungen an den Verstorbenen bewusst wach zu halten. Eine gute Möglichkeit hierfür sind z.B. Portraits (die man auch nach einem Foto zeichnen lassen kann: http://www.ramona-unkhoff.de/p…ach-foto-zeichnen-lassen/), die man dann im Haus oder der Wohnung aufhängt. Fotos gehen natürlich auch, persönlich finde ich Portraits aber irgendwie besser, weil sie den Verstorbenen in Erinnerung halten, ohne ihn zu sehr so sehen zu müssen, wie man ihn am meisten vermisst.

  • DANKE , :2:
    lieber Thor, <3

    das haben ja auch alle die Vorschreiber(innen) mehr oder weniger ähnlich wie du geschrieben...


    Für mich ist es manchmal schwierig zu unterscheiden , was aufdrängen ist oder eben halt das GEFÜHL , welches ich bekomme... das jemand trotz Aggressivität oder sich zurückziehen ... doch REAL Zuspruch haben will...


    Wie ALLES in der Trauer... ein Balanceakt... meiner Meinung nach...


    Schön , das du wieder geschrieben hast... :)


    einen guten bis bestmöglichsten Abend dir und ALLEN hier wünschend
    deine/eure Claudia Amitola

  • Liebe(r) Helfer,
    ist deine Frage "noch aktuell"? Dein Thread ist aus dem Jahr 2010...
    Was das Verhalten deines Freundes/ deiner Freundin betrifft... ich würde sagen, das ist eine Art Schutz, um das Geschehene zu begreifen und dann allmählich zu verarbeiten.
    Da nun schon 6 Jahre vergangen sind, hoffe ich, dass ER/ SIE deine Hilfsangebote (DASEIN für ihn/ sie) angenommen hat. Vielleicht sieht es heute schon etwas besser aus. Der Schmerz bleibt, das ist klar, aber man kann besser damit umgehen, es ein wenig verarbeiten usw.


    Herzliche Grüße undalles Gute für EUCH
    Sunset

  • Meine Tochter hatte gestern einen Anruf von einem guten Freund: " Ich brauch dich! Nur Du verstehst das." Er bat sie, ihn vom Flufhafen abzuholen. Der Freund war auf einer Hochzeit eingeladen und mitten in dieses Idyll schlug die Bombe ein - Anruf, seine Mama (etwas jünger als ich) ist (noch weiss man den Grund nicht) in seiner Wohnung tot aufgefunden worden.


    Wahnsinn - meine Tochter war fast am Heulen, kam dadurch ja wieder alles an Verlusten, die wir beide die letzten Jahre erleiden mussten, hoch.

    Sie ist dann zum Flughafen gefahren, hat nur zugehört, ihn zu seiner Familie gebracht und zerbricht sich den Kopf, wie sie weiter helfen könnte, ohne aufdringlich zu sein. Ich habe ihr nur gesagt: Nur Zuhören-wir wollten damals auch keine Ratschläge.


    Wir hatten dann auch eine intensives Mutter-Tochtergespräch, wo wir über unsere Trauer und darüber, wie wir damit umgehen , diskutiert haben.

    Fazit: der Tod ist ungerecht und ein gemeiner Mistkerl! :thumbdown:


    Die Trauer um etwas, das uns genommen wurde, bleibt ein Leben lang uneingeladener , aufdringlicher Gast in unserem Leben, die wird man nie mehr los. Einzig die Hoffnung, dass es unseren Lieben gut geht und dass sie nach wie vor Anteil an unserem Leben nehmen, hilft. Nur die Vorstellung (bei manchen auch Erkenntnis) wie durchlässig der Trennschleier zur anderen Welt ist, gibt uns das Gefühl, noch immer und für immer eins zu sein. So stelle ich mir das Jenseits vor: eins zu sein mit allen, die wir lieben.<3

  • Nur du verstehst das....

    Sie hat mehr gegeben und mehr getan für diesen Freund, als viele das können. Schon das Vertrauen, das er in sie hat.

    Deine Tochter soll vor allem darauf achten, was sie ja auch im Gespräch mit dir tat, wie es ihr selber geht und ob sie die

    Kraft hat, für diesen Freund da zu sein - und ob sie über kurz oder lang auch füreinander da sein können.


    Ich wünsche euch beiden ganz viel Kraft und all das, was ihr sonst noch braucht, wenn alles wieder so aufgewühlt wird.

    Wie geht es denn dir damit?

    LG. Astrid

  • Irgendwie die Erkenntnis, dass es eben jeden treffen kann und dass keiner davon ausgenommen ist, dass sein ganzes Leben

    zertrümmert wird. Natürlich wieder die Fragen, die aufkommen: Hätte man es irgendwie verhindern können? Da rennt in meinem Kopf wieder das ganze ab wie ein Film, meine sämtlichen Todesfälle, meine etwaigen Versäumnisse - die Erkenntnis, dass man in diesem Leben nicht oft genug seinen Seelenmenschen zeigen kann, dass man sie liebt....

    Und der Wunsch, dass diese Familie mit diesem Schicksalschlag fertig wird.

    Meine Tochter sagte nur: "In meinem Alter ist es einfach nicht normal, wenn Eltern sterben."

    Da schwingt ein bißchen die Angst durch, dass sie mich auch verlieren könnte....

  • Liebe Angie


    Es ist schön, dass Deine Tochter fuer ihren Freund da sein kann, das Du fuer Deine Tochter da sein kannst.. und das Menschen fuereinander da sind. <3


    Es wird jeden eines Tages treffen, wann wissen wir nicht und es ist jedesmal ungerecht und sch..... Doch wann wäre ein Tod gerecht? Wollen wir wirklich unsterblich sein? Wollen wir wirklich alle um uns nach und nach gehen sehen und dann wenn wir eines Tages gehen mit einem Lächeln folgen?


    Wir, die Verluste erlebt haben sind uns intensiv bewusst, wie kostbar und kurz das Leben sein kann, wie jeder Tag einzigartig und wertvoll ist, wie sehr man die Liebe leben sollte und wie gluecklich man sich schätzen kann, wenn Liebe weiter alle Ebenen verbindet: Die hinter dem Schleier und hier vor dem Schleier.


    Ich wuensche Deiner Tochter und Deiner Tochter viel innere Stärke, da es gerade nicht einfach fuer Euch ist..


    Umarme Dich stärkend