Liebe Silvia!
Ich freue mich, von dir zu lesen.
Besonders freue ich mich aber, dass du ein wenig in Urlaub fährst
Am Samstag fahren wir für 10 Tage in den Urlaub. Meine Tochter freut sich sehr und zählt schon die Tage. Ich jedoch möchte am liebsten einfach nur hierbleiben und weiter traurig sein können.
Dass es zwiespältig ist, liegt auf der Hand, und doch ist es gut, aus seinem Trott herauszukommen. Du wirst gute Momente im Urlaub haben, dich an der Freude deiner Kleinen erfreuen und dadurch einen Sinn erspüren; einen Sinn, trotz allem auch glücklich sein zu dürfen.
Ich kann selten mit meinem Mann gemeinschaftlich in den Urlaub, denn einer muss sich für gewöhnlich um die Viecherl kümmern
Doch vergangenes Jahr, gerade dieses zweite beginnende Trauerjahr, war so dermaßen schwer für mich, dass ich mich vollständig ausgelaugt und entkräftet fühlte. Außerdem war ich entsetzlich gereizt und bin bei den kleinsten Dingen schon ausgerastet.
Aus Verzweiflung darüber habe ich mir kurzerhand eine Busreise nach Tirol geleistet. Allein.
Ich hatte ein wenig Angst davor, trotzdem wollte und musste ich unbedingt was anderes sehen.
Diese Reise war die schönste, die ich seit langer Zeit gemacht habe. Das beste Wetter, ein super Hotel, nette Mitreisende, mit denen ich mich sehr gut unterhalten konnte.
Aber das Allerbeste war: Ich konnte wirklich mal abschalten. Ich bin morgens mit einem ganz ruhigen Magen aufgewacht, wo ich doch sonst immer Magenkrämpfe hatte bzw. mich übergeben musste. Das Trauergefühl war ebenfalls sanfter. Wirklich eine Erholung
Ich denke auch, dass meine Mutter mir die Inspiration für die Reise gegeben hat, denn ich war mir seltsamerweise von Anbeginn absolut sicher, dass sie gut werden würde.
So gern würde ich ihn fragen, wie das war damals
Witzig, mir erging es heute beinahe gleich!
Ich habe zusammen mit meinem Mann entrümpelt und dabei alte Schulzeugnisse meines Vaters aus den Jahren 1931-1938 gefunden; Gymnasialzeugnisse
Als er ein Teenie war, waren seine Noten nicht sooo berauschend, aber in der letzten Phase bis zum Abi nur noch gute Noten!
Ich musste laut lachen, weil ich sofort die Worte meiner Mami in Erinnerung hatte: "Ja, er war faul als Bub, und seine Mutter hat ihn mehr als einmal vom Sportplatz (Fußball) geholt und ihm die Leviten gelesen!!!"
Tja, erst habe ich gelacht, als ich an diese Worte denken musste, und dann, urplötzlich musste ich total weinen ...
In dem Moment hatte ich eine heiße Sehnsucht danach, wieder diese wunderbar vertrauten Gespräche mit meiner Mami zu führen.
Diese Trauergefühl hat mich umgehauen, und ich kann wieder einmal nicht begreifen, wieso mein Leben jetzt so anders sein muss
Liebe Silvia, dieses Hin und Her wird uns ganz bestimmt noch lange begleiten.
Seit da fühle ich mich richtig zurückgeworfen, weine wieder viel und hadere extrem mit allem, was passiert ist.
Ja, das kann ich verstehen.
Aber dieses "sich zurückgeworfen fühlen" passiert zunehmend auf einem anderen Level.
Die Schwere und Tiefe der Trauerlöcher nimmt ab.
Oder, die andere Variante, es ist so, dass man trotzdem genauso tief herunterfällt, man aber viel geschickter und schneller wieder aus dem Loch herauskommt.
So erlebe ich es zumindest.