Die Nächte wieder so klar wie vor einem Jahr. Der Frühling zeigt sich in seiner ganzen Pracht und in mir sieht es leer und dunkel aus. Im Geiste wiederholen sich alle Szenen noch einmal, die vor und nach dem Tod meines Vaters passiert sind. Und es ist schwer. So eine grosse Last im Moment. Meine Augen brennen vom Weinen und auch vom Nicht-Weinen.
Nicht nur, dass ich meinen Vater nicht mehr habe; meine ganze Haltung zum Leben hat sich verändert. Seit mir dieser plötzliche, völlig unerwartete Tod brutal ins Bewusstsein gebrannt hat, dass unser Leben sehr fragil ist und sich alles innert Sekunden verändern kann, beschäftige ich mich gedanklich oft intensiv mit dem Tod. Mit meinem eigenen Tod, der irgendwann kommen wird. Mit dem Tod meiner Mutter, der irgendwann unwiderruflich kommen wird. Wir alle werden sterben. Und damit komme ich manchmal gar nicht gut klar. Vorher war alles, was mit Tod und Sterben zu tun hatte, für mich abstrakt und weit weg. Nie habe ich so bewusst daran gedacht, dass auch ich sterben muss. Meine Eltern. Meine Familie. Irgendwann sind wir alle nicht mehr da. Mir fehlt diese Unbeschwertheit von früher. Ich sage mir immer wieder, dass ich jetzt umso mehr den Moment und die Zeit, die ich jetzt habe, wertschätzen sollte; jetzt, da ich weiss, wie fragil alles ist. Aber es gelingt mir nicht.
Gerade lastet das alles wieder schwer auf mir. Und doch habe ich auch irgendwo in einem versteckten Winkel meines Gehirns die Gewissheit, dass es wieder besser wird. So wie es die letzten Male auch wieder ein wenig leichter wurde, irgendwann.