Liebe Silvia,
ich freue mich wieder von dir zu lesen. Schön dass deine Erinnerungen an deinen Vater sich nun auch schön anfühlen und nicht nur schmerzhaft. Auch ich kann mittlerweile an meinen Papa denken, ohne vom Schmerz überrollt zu werden. Allerdings habe ich in letzter Zeit so ein Unwirklichkeitsgefühl. Die meiste Zeit denke ich, dass er bald wiederkommt. Wenn mir zwischendurch klar wird dass dem nicht so ist kommt der Schmerz zurück.
Du hast recht dass es nicht nur die Trauer ist, sondern auch die Gedanken wie es weitergeht. Leider ist meine Mama auch schon Ende 70. Ich hoffe sehr dass ich die nächsten Jahre Ruhe habe, aber die Gefahr dass ihr auch bald was passiert ist natürlich allgegenwärtig. Dasselbe mit den Schwiegereltern. Ein furchtbarer Gedanke dass mein Partner und ich in spätestens 10 Jahren ganz allein zurückgeblieben sind. Keine Geschwister, keine Kinder, ein sich auflösender Bekanntenkreis... Dann ist mein Partner auch knapp 10 Jahre älter als ich und die Angst ihn plötzlich zu verlieren ist auch da. Hier gibt es so viele traurige Geschichten von Menschen die viel zu früh gehen mussten. Den Bekannten kann man mit solchen schwermütigen Gedanken nicht kommen. Das möchte niemand hören, der nicht selber gerade das Gleiche durchmacht. Während mich die begeisterten Geschichten von der neu eröffneten Cocktailbar dagegen auch nicht wirklich interessieren.
Auch für mich ist dieses Jahr 2020 der Wendepunkt im Leben, die Zeit der Unschuld und relativen Unbeschwertheit ist vorbei. Trotzdem müssen wir irgendwie weitermachen.
Ich wünsche dir alles Liebe