Hallo zusammen,
ich habe mich hier angemeldet weil ich denke das es vielen genauso geht wie mir, das man sich gegenseitig Ratschläge geben kann wie man mit dieser Situation klarkommt.
ich bin noch berufstätig in Augsburg, unseren Hauptwohnsitz haben wir aber seit 2019 wieder in unserer alten Heimat in Brandenburg Guben. Ich wollte noch bis Ende des Jahres arbeiten und dann mit 63 in Rente gehen, wir wollten gemeinsam das Haus ihrer Oma noch renovieren um dort unseren Lebensabend zu verbringen, doch nun ist alles auf einmal anders.
Ich war dann ab Anfang Februar bei ihr, hatte mich krankschreiben lassen weil ich wieder starke Rückenschmerzen hatte.
Meine Frau hatte eine Erkältung wie sie die letzten Monate schon oft hatte und sie war auch diesmal der Meinung es geht bald wieder, ich habe oft gefragt ob ich einen Arzt holen soll, ihre Antwort war es geht schon wieder, ist so wie die letzten Male auch. Sie hatte die letzten Tage wenig geschlafen, setzte sich in den Fernsehsessel und wollte etwas schlafen, TV war aus, ich saß neben ihr am Laptop und merkte auf einmal das sie nicht mehr atmete, habe sofort die 112 gewählt und sollte dann mit der Wiederbelebung beginnen, paar Minuten späten waren die Ersthelfer da und wenig später der Notarzt der meine Frau leider nicht mehr retten konnte.
Meine Nachbarn waren ebenfalls gleich da und haben sich um mich gekümmert, sie haben mich dann auch mit unserer kleinen Yorki Hündin die Nacht zu sich genommen damit ich nicht alleine bin. Auf diese Nachbarschaft kann ich nur stolz sein, denn es ist ja nicht selbstverständlich. Sie und ihre Eltern haben mir auch bei der Erledigung der Formalitäten mit dem Bestattungshaus, Blumenbestellung für den Sarg und beim Ausfüllen des Antrages auf Witwenrente geholfen und haben auch eine kleine Trauerfeier bei sich zu Hause organisiert. Das hat mir alles in diesem schweren Moment sehr geholfen.
Nun sind einige Wochen vergangen, ich bin seit März wegen der Trauer krankgeschrieben, kann das nicht verarbeiten. Jeden Tag bin ich auf dem Friedhof, bringe ihr Blumen, rede mit ihr. Es gibt jeden Tag Momente wo ich nichts tun kann, ich will mich mit Gartenarbeit oder im Haus ablenken, aber ich sitze teilweise Stundenlang da und starre vor mich hin, keine Motivation vorhanden, spielen sie ihre Lieblingsmusik im Radio fange ich an zu weinen, hab immer wieder das Bild vor den Augen als sie im TV Sessel saß und für immer eingeschlafen ist.
Ich will am liebsten überhaupt nicht mehr zur Arbeit, will sie hier auf dem Friedhof nicht alleine lassen, denn sie war oft 3 bis 4 Wochen hier alleine weil ich arbeiten musste, habe sie zu oft allein gelassen. Ich habe die letzten Jahre versucht vom Arbeitgeber Unterstützung zu bekommen damit ich öfter zu ihr fahren kann, da ist aber nichts passiert, deshalb möchte ich dort nicht mehr hingehen.
Meiner Ärztin hab ich das alles auch erzählt, das Körper und Seele im Ausnahmezustand sind, sie hat dafür vollstes Verständnis, bekam deswegen eine Überweisung zum Psychiater da dieser mich lang genug krankschreiben kann.
Klare Gedanken kann ich nicht fassen, ich habe auch noch die Zweitwohnung die ich bis Ende des Jahres räumen und kündigen will. Ich weis im Moment nicht wie ich das alles organisieren soll.
Dann kamen schon zweimal Anrufe von meinem Abteilungsleiter, erst fragen wie es mir geht, ob sie mir helfen können und dann wann ich denke wieder arbeiten zu kommen. Der erste Anruf war zwei Tage vor der Beerdigung, da war ich so wütend auf diesen Menschen, noch nicht mal beerdigt und fragen wann ich wieder arbeiten komme.
So vergehen die Tage, ich fühle mich einsam, ab und zu lenke ich mich etwas ab, gehe zu den Nachbarn reden und mal ein Bierchen trinken, aber wenn ich dann wieder im Haus bin ist die Einsamkeit wieder da.
Warum hat sie es auf einmal so eilig gehabt, Fragen über Fragen. Der einzige Trost ist das sie friedlich eingeschlafen ist und sich nicht quälen musste.
Trotzdem tut das im Herz und in der Seele weh.
Gruß Hartmut