Man hat es gelesen oder gehört: das Panta rhei des Heraklit, das Alles fließt, man hat mit dem Kopf genickt: Ja, so ist es. Aber verstanden hat man es nicht. Verstehen heißt Stehen, aber Fließen erfasst man mit dem Stehen nicht, man muss schon mitfließen, nur im Selbst-Fließen erlebt man das Fließen, im Ja-Sagen zum Vergehen (Nietzsche). Fließen ist dauernder Abschied und dauernde Ankunft. Fortwährend geht Altes und kommt Neues. Das Neue kann nicht kommen, wenn das Alte nicht geht. Das war auch schon so, als wir unsere Lieben noch hatten: Der schöne neue Junitag konnte nur kommen, weil der alte, gestrige vergangen war. Der glückliche erste Blick am Tag in das Gesicht des geliebten Menschen war nur möglich, weil der gestrige Tag vergangen war. Das war selbstverständlich, darüber hat man sich keine Gedanken gemacht. Zu jeder Ankunft gehört ein Abschied. Hätte ich von meiner Liebsten nicht Abschied nehmen müssen, so hätte ich sie auch nie kennen gelernt. Wäre mir das lieber gewesen? Würde sie noch leben, so käme der Abschied später, ich habe meinen Tribut schon gezollt. Ich muss dabei an die miese Masche der Ostfriesischen Inseln denken, die die Urlauber erst von der Insel lassen, wenn sie ihre Kurtaxe bezahlt haben. Meine Trauer als Kurtaxe - die Vorstellung gefällt mir. Jede Ankunft ist zugleich ein Abschied, jedes Ja zugleich ein Nein. Und natürlich umgekehrt: Jeder Abschied ist eine Ankunft. Das Neue schiebt das Alte weg. Nein zum Alten, Ja zum Neuen. Eine Plattheit, aber so schwer zu verstehen, noch schwerer, zu bejahen. Aber was ist das Neue? Für viele gibt es kein Neues, oder sie erkennen es nicht. Das rührende Kätzchen ist kein Ersatz für eine geliebte Frau, die warme Sonne ist kein Ersatz für die Wärme eines Frauenblicks. Hier sind wir wieder beim "Kleinen Lichtblick". Zu wenig, immer zu wenig. I want my money back (Maggie Thatcher), I want my Honey back. Nösel nösel.
Bisschen Philosophie
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Bist du wahnsinnig? Bloß keine Mathematik, bloß keine Philosophie!
Wo bleibt die Nebelfrau?! -
Ja Dieter, die Nebelfrau fehlt!
Mein erster Gedanke, als ich deinen Beitrag las, wo ist die Nelbelfrau, die würde jetzt mit dir gemeinsam philosophieren, ich würde still lesen und genießen.
Aber leider ist sie schon lange nicht da gewesen, und ich konnte nur den Trostpreis verteilen, weil mir die Worte fehlen.
Du sprachst mir aber aus dem Herzen.Sei gegrüßt! Hedi
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Liebe Christine, liebe Astrid, bitte Info!
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lieber Dieter,
lass die Zeit fliessen....fliessen ...fliessen
Es ist SOMMER... Selten , sogar fast nie, gibt es da den Nebel... Da glitzert der Morgentau auf denGräsern und Blumen,. Im Sommer ist das Leben häufig nach "aussen" gerichtet. Wenn der HERBST kommt, kommt der Nebel wieder...und vielleicht auch "unsere Nebelfrau".
so ganz profan, weltlich...
Du kannst ihr eine MAIL schreiben , wenn du möchtest.wunderschöne , fliessende Grüsse aus Sverige
sendet dir "deine " Amitola
die ebenso tief berührt ist, über deine Beiträge , die auf eine unnachahmliche Art und Weise ...einfach SIND...
da du dich einmal "beschwert hast"
:24: :24: :24: :24: :24: :24: :24:
ganz viele Umarmungen -
Es ist auch interessant mit den unterschiedlichen Beiträgen. Irgendwann fliesst es nicht mehr und hat einen Stillstand. Fliessendes Wasser das gefüllt wurde in Beiträgen und stehen bleibt.. und was kommt danach?.. was ist danach?... was ist es danach? Brackwasser? versickert es? oder doch ein grosserer See der immer wieder gespeist wird von Zuflüssen (wir alle in dem wir wieder schreiben).
Eigentlich sind wir alle zusammen ein fliessendes Universum sinnbildlich das UniMeer.
Liebe Grüsse
Katarina
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Lieber Dieter,
ja, alles fließt, alles verändert sich, kommt, geht wieder. Manchmal muss man aber woanders hin fließen. Nebel ist ja auch nichts Statisches. Nebel ist ja ein Niederschlag. Vielleicht braucht unsere Nebelfrau einfach mal ein bisschen Paus und es hat sie woandershin "verschlagen", aber Nebel kommt immer wieder mal. Immer viel Zeit hier im Trauerforum zu verbringen, das ist manchmal vielleicht lähmend für den Fluss der Nebelfrau. Bin mir sicher, sie meldet sich wieder, wenn ihr danach ist.
Es geht halt nicht in diesem Universum ohne Fluss und ohne Abschied, so ist hier alles "gebaut" auf dieser Welt....So sehr ich dich verstehe Dieter, ich kanns nicht ändern :30:Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!Hermann Hesse ... schön etwas abgedroschen, ich weiß, aber doch immer wieder schön und gut
AL Christine
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Hermann Hesse ... schön etwas abgedroschen,Ja, ziemlich abgedroschen. Und: Hesses Gedichte sind nicht das Beste, was er geschrieben hat. Um es höflich auszudrücken. -
Natürlich kann die Frau im Nebel tun was sie will. Aber ich dachte, ich hätte vielleicht überhört, dass sie sich für längere Zeit abgemeldet hat. -
Liebe Katarina,
da bin ich ganz anderer Meinung. Solange gestorben wird, wird auch die Trauer immer neu "fließen", es sind ja immer wieder andere Menschen. Und wenn hundertmal dasselbe gesagt wird, ist es doch jedesmal neu empfunden und neu formuliert, und das ist gut so und muss so sein. Und wenn es einem bestimmten Menschen reicht und er in Stillschweigen versinkt, ist das auch o.k. Aber es kann ja auch andere Gründe haben, er kann krank sein oder Schlimmeres, und dann interessiert mich das schon. Dann ist eigentlich der Moderator die zuständige Stelle.
LG Dieter -
Entschuldige, liebe Christine, mir ist da mal wieder der Gaul durchgegangen, du kannst ja nicht wissen, dass ich etwas gegen lehrhafte Gedichte habe. Mir ist das Fließen lieber als das Stehen, das Suchen als das Finden, die Unsicherheit als das Erreichte, der Weg als das Ziel (leider auch schon wieder ein Schlagwort), das Fragen als das Antworten. Am schönsten finde ich Antworten in Form von Fragen. Weil dann der Gefragte selbst die Antwort finden muss, und die ist wertvoller als die auf dem Silbertablett servierte. Ich finde, Gedichte sollten swingen, nicht stelzen. Meine Grobheit richtete sich nicht gegen dich, sondern gegen den etwas verknöcherten späten Hesse. Schönen Pfingstmontag!
Dieter -
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Ja, liebe Monika, inhaltlich hat er ja (ein bisschen) Recht, der Hesse, hätte er nur kein Gedicht daraus gemacht! Aber ich bin doch nicht mehr in der Schule, wo ich immer schön redlich von Stufe zu Stufe versetzt werde. Eher bin ich die Bergziege, die nicht nur nach oben will, sondern auch mal absteigt oder auch abstürzt, die Freiheit muss sie haben. Bloß keine Perfektion! Bloß keine Gesamtnote: "Monika wurde nach Klasse 97 a versetzt". Der Mann, der nicht auf dem Sterbebett noch sagen kann: "I want my Honey back!", der kann mir nur leidtun. Sehnsucht ist alles, Haben und Erreichen sind nichts.
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Lieber Dieter,
du bist mir ja einer mein Fortbleiben war nicht böse gemeint, oder unachtsam. Ich habe tiefe Freundschaften die sehe ich alle 2-3 Jahre, und wir haben keinen Kontakt dazwischen, und doch knüpfen wir immer wieder an - das nur zum Verständnis. "Abmelden" wollte ich mich nicht weil a., ich das nicht will und wollte und b., weil ich es mit dem Gehorsam wohl nicht so habe dennoch, rücksichtslos wollte ich nicht sein oder wirken. Ich war nur sehr erschöpft...auch krank, nicht schlimm aber eben am Limit. Kam jetzt morgens heim nach dem Pfingstwochenendendlichen Arbeiten und meinte den heiligen Geist fröhlich über den tiefrosa Pfingstrosen flattern zu sehen, die am Eck meines Gartens aufgegangen sind. Ein Traum!
Und ja, es gibt so Phasen da bin ich Wortlos, ich kann es nicht sagen (jetzt sag ich es schon wieder) Amitola würde vielleicht "sein" dazu sagen...ich habe ja gelegentlich hier mitgelesen und dann ist es so wie in dem Beitrag von Mario wo er schreibt, er fürchtet seine Frau nicht mehr ... zu spüren...oder so aktiv zu betrauern...da saß ich dann im Garten und schaute dem Nussbaum in sein Rindenauge und dachte darüber nach...und dachte
die Erinnerung zu dem oder den geliebten verstorbenen Menschen ist für mich momentan wie die Luft (das Atmen) sie ist überall, ich denke nicht darüber nach, aber ich brauche sie zum Leben.Das ist also ein Zustand den du vielleicht als "fließen" sehen würdest....oder den ich so nenne würde, jetzt.
Deine Texte sind bezaubernd, jedes Mal wieder.
Die Stufen, für mich ein sehr persönliches Gedicht. Ich habe während der Zeit wo meine Mutter krank war 2 Filme gesehen, einmal "die Stadt der Blinden" und dann noch einen deutschen Film, kurz vor ihrem Tod, das war mitten in der Nacht...ich war sehr traurig, und in diesem Film ich weiß seinen Titel gar nicht, kam das Stufengedicht vor. "Wohlan mein Herz, nimm Abschied und gesunde"...diese Zeile hat sich mir eingegraben. Ich habe es ihr dann am Sterbebett vorgelesen und, sie hat ja nicht mehr gesprochen, ich hoffe sehr dass es ihr gefallen hat, und nicht zu "rigide" war. Bei der Urnenbestattung habe ich es auch vorgetragen. Ja, noch einmal nachgelesen fand ich bei Wiki die Information das es "Transzendiere!" heißen sollte, und persönlich gefällt mir die Vorstellung dass meine Mutter ein kleiner Säugling war, grad frisch geschlüpft, als Hesse das Gedicht am 4.5.1941 schrieb.Und natürlich habe ich deinen Philosophieköder nur zu gerne geschluckt. Deine Worte sind so für sich stehend schön, wie eine Ikebana-Skultpur, da ist es für mich oft gar nicht so leicht etwas dazu zu stellen, oder ich will es gar nicht. Es ist ein stilles genießen. Ich glaube es war Horowitz der einmal sagte (oder ich glaube es einmal gelesen zu haben, mit ihm im Zusammenhang...) dass der Moment zwischen dem letzten Verklingen einer Musik und dem Applaus dem Künstler gehört. Auch in dem Sinn sie (das Publikum) vor Hocker gehauen zu haben. (Nichts ist schlimmer finde ich als diese öden Typen die schon in den letzten Akkord dick hineinklatschen -) was denkst du? Wenn also die Pause zwischen deinen Worten und dem Kommentar danach groß ist, dann hast du einfach einen sehr langen Moment für dich, zum genießen
Was mir als Feedback einfällt ist ein Text aus meinem Badewannenbuch, oder zwei Texte.
Als ich ihn vor längerer Zeit las habe ich schon daran gedacht ihn in einer unserer Diskussionen zu erwähnen. Jetzt passt er aber finde ich...und ich schreibe ihn mal hin als ... "bin wieder da und habe Brötchen mitgebracht" Pfingstgruß.Ich finde diesen Gedanken sehr berührend, und freue ich mich ihn teilen zu dürfen.
PS der Gedanke dass die Trauer, der Zusammenbruch in dem Moment existiert, und geschieht, wo man beginnt zu lieben, nimmt auch der Trauer nach dem letzten Verlust die Spitze finde ich. Wieder schwer mit Worten zu sagen. Es ist wie ein Triumph der Liebe, des Liebens Wollen über alle Furcht. Barthes bezieht diesen Moment ja auf ein vermissen eines Partners der noch anwesend ist, aber ich finde dieser Gedanke kann sich auch auf das tiefste Vermissen, nach dem Tod des geliebten Menschen, beziehen.Mit liebem wortreichem Gruß (mit starkem Schlafmangel, man verzeihe mir Denklücken),
MalenaPS (wenn ich morgens in die Arbeit fahre gibt es herrlichen Frühnebel über dem frischgrünen Weizen, eine Wolke von Licht und zwischen den dunklen Bäumen)
--------------Roland Brathes, Fragmente einer Sprache der Liebe (Suhrkamp Taschenbuch , 1. Auflage 1988) - bei Copyrightproblemen bitte ich um Rückmeldung, dann lösche ich es.
Agony (…) Der Psychotischer lebt in der angst vor dem Zusammenbruch (deren Abwehr die verschiedenen Formen von Psychosen bilden). Aber „die klinische Angst vor dem Zusammenbruch ist die Angst vor einem Zusammenbruch, der bereits erlebt worden ist (primitive agony) (…), und es gibt Zeiten, wo ein Patient darauf angewiesen ist, dass man ihm sagt, dass der Zusammenbruch, dessen befürchtetes Eintreten sein Leben untergräbt, bereits stattgefunden hat“. Dasselbe schient auch für die Angst des Liebenden zu gelten: sie ist di eFurcht vor einer Trauer die bereits stattgefunden hat, von Anbeginn der Liebe an, von dem Augenblick an, da ich hingerissen war. Jemand müsste mir sagen können: „Haben sie keine Angst mehr, Sie haben ihn(sie) bereits verloren“.
Vereinigung
(...) 4. Traum von der vollkommenen Verienigung: alel Welt hält diesen Traum für unmöglich, und doch besteht er fort. Ich lasse nicht davon ab. "Auf den athenischen Grabstelen gab es, anstelle der Herosierung des Toten, Abschiedsszenen, wo einer der Gatten Urlaub vom anderen nimmt, Hand in Hand, im Sinne eines Vertrages, den nur eine dritte Kraft bricht; so findet hier die Trauer zu ihrem Ausdruck (...) Ohne dich bin ich nicht mehr ich." In der dargestellten Trauer liegt der Beweis für meinen Traum; ich kann daran glauben, weil er sterblich ist (das einzig Unmögliche ist die Unsterblichkeit.)
.....
so, lieber Dieter empfinde ich auch deine unsterbliche Liebe zu deiner Frau, zu Veronika.
Und darum sind deine Worte auch so voller Liebe zu ihr, das ist natürlich nicht nur ein Zauber zum Bezaubern, sondern ein Zauber der von eurer Liebe erzählt. Ich hoffe, ich darf das so sagen.....
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zuallererst - juchhuuu - unsere heißgeliebte und sehr vermisste Nebelfrau ist wieder mal hereingehuscht - malena, you made my day❤❤❤ und danke Dieter fürs Herlocken durch die Eröffnung dieses threads - hat geklappt - dafür gibt es high five
Malena, ich habe die , mir in meinem thread von dir angebotene , Erdbeerbowle hierher gebeamt und schlürf mal genüßlich während des Schreibens - aber Achtung: das Schlürfen kann zu Logik und Denkfehlern und Schreibfehlern führen ....
Hesses Stufen - ja - fürchterlich abgedroschen, zu Tode zitiert, ausgelutscht, bis zum Überdruss verwendet - aber dennoch so wahr und ein Stück Lebenshilfe (so empfinde ich es zumindest )
Dieter, du magst vielleicht recht haben - stilistisch gesehen gelten seine Gedichte nicht gerade als "große" Literatur aber das ist mir "wurscht" .Die Worte berühren mich, bringen in mir etwas zum Klingen.. geben mir was und DAS ist MEIN Maßstab..
Und ganz nebenbei: WER entscheidet was " gute" Literatur ist und was trivial? Spielt bei so einer Wertung nicht manchmal eine große Prise Arroganz mit, Überheblichkeit, Herablassung?? Ich denke da an so bestimmte Literaturkritiker .Wenn ich da an DEREN "WERKE" denke, an ihre "ach so tolle", abgehobene, für Otto Normalverbraucher absolut unverständliche, intellektuelle, verkünstelte Sprache denke - dann * kotz* - da rollen sich mir die Zehennägel auf -
Und DIE wollen entscheiden, was " große Literatur"ist und was trivial und wer ein Kunstbanause ist ?....
NeeeAch der "gute Hesse." Er polarisiert immer noch.Viele sehen ihn nur als einen
"Innerlichkeitsapostel", als einen , der "NUR während der Jugendzeit lesbar "ist. Manche behaupten, seine Gedichte Überschreiten erschröcklich die Schwelle zum Kitsch und kritisieren ihn für seine "zuckrig-klebende" Lyrik.
Aber was ist Kitsch? Der eine betrachtet etwas als Kitsch und der andere sieht genau darin Gefühl, Melancholie,Tiefgründiges...je nach Situation und Seelenlage in der er sich gerade befindet und die kann sich jederzeit ändern..
.Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden und noch immer liegt die Schönheit im Auge des Betrachters UND DAS IST GUT SO.
Ich habe Fotos gemacht von Sonnenauf-und Untergängen.Die Aufnahmen sehen sehr kitschig aus - aber so was von kitschig - ist die Natur deshalb kitschig?
Ürigens empfinde ich triviale, kitschige Kalendersprüche oft hilfreich - gerade in meiner jetzigen Situation.
Aber nochmal zurück zu Hesse: Seine Bücher waren mir in meiner Jugend treue Begleiter. Ich habe sie sehr geliebt. Für mich zeugen sie von einer enormen Weisheit und Lebenserfahrung ( er hat ja zeitlebens mit sich gerungen und vieles so als Selbsttherapie geschrieben.
Manchmal empfinde ich ihn aber auch stark missionierend -:) ha,ha das schreibt die Richtige - mache ich hier im Forum ja auch missionieren.Aber jetzt schleiche ich wieder aus dem thread - sonst bekomme ich noch Hausverbot - ich nerviges Plappermäulchen. ;-))
Aber heute geht es mir gut und nutze das jetzt auch aus. Ich bin nämlich wieder zu Hause bei meinem Kater❤Euch alles Liebe
rabeleinlieber Dieter - was genau hast du gegen "lehrhafte Gedichte"??
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Hallo, liebe Frau im Nebel,
das machst du bitte nicht wieder, uns so im Ungefähren stehen zu lassen, wo man gerade etwas Zutrauen gewonnen hat. Wenigstens alle 2 Wochen ein kurzes "Piep, bin noch da" würde doch genügen. Der Heilige Geist über deinen Pfingstrosen und dein Blick ins Rindenauge deines Nussbaums, da musste ich mir mal eben auf die Schenkel klopfen und fiepen vor Lachen und ausrufen: Ja, das ist sie, Gott sei Dank. Und sie hat BRÖTCHEN mitgebracht - heul! Jaul!!!
Zu den "Stufen": Ich will doch niemandem sein persönliches Verhältnis zu irgendwelchen Geistesprodukten rauben. Den een sin Uhl is den annern sin Nachtigall, sagte ich ja schon. Ich habe ganz allgemein Probleme mit Produkten, die zu bekannt sind. Meist kennt man die und sonst nichts von dem Autor, Komponisten usw. Die Toccata c-moll von Bach gehört dazu oder die Fünfte von Beethoven (Tatata taaah). Von Hesse liebe ich ganz andere Sachen, die außer mir niemand zu kennen scheint, wir sprachen ja schon davon. Trotzdem kann für den einzelnen Menschen so ein Gassenhauer von großer Bedeutung sein. Ich fand meinen Weg zu Bach über das 3. Brandenburgische Konzert, da war ich ungefähr 13. Ein sehr schönes, aber auch sehr abgenudeltes Stück Musik, das ich immer noch sehr liebe, erstens der Musik wegen und dann, weil es diese besondere Bedeutung der Frühe für mich hat. Bei Gedichten habe ich eine besondere Macke: Nach Hölderlin, Storm und Rilke (und ein bisschen Trakl) kommt mir nichts mehr über die Türschwelle. Besonders Hesse nicht mit seinen Stolperversen. Aber wie gesagt: den een sin Uhl...
Dein Zusammenhang zwischen dem Horowitz-Zitat und mir ist ja halsbrecherisch. Viel zu viel der Ehre. Du nimmst wohl bitte nicht an, dass ich dich zum Beifallklatschen vermisst habe? Und 4 1/2 Wochen genießerisch gewartet habe, wo Horowitz nur 4 Sekunden zur Verfügung standen? Liebe Frau im Nebel, ich habe dich und deine herrlichen wirren Sätze vermisst, that's it! Aber nochmal zurück zu dem Zitat: Ich finde nicht, dass Horowitz Recht hat und die Verhall-Pause dem Künstler gehört: sie gehört der Musik! Sie gehört zu den letzten Takten, die gerade verhallt sind und noch in meinen Ohren klingen. Ein Hineinquatschen (im Radio) oder Hineinrufen ("Bravooo!") in diesen Zeitraum, der ja eine Zeitlosigkeit ist, ist barbarisch. Die Schlusstakte der Fünften sind so packend, da braucht der Hörer einfach eine Weile, um wieder zu sich zu kommen. Und dann klingt das ja auch noch nach, und man sollte so bald nichts Anderes hören.
Ich fürchte, den Gedanken von Roland Barthes musst du mir etwas erklären, ich steh' da ein bisschen auf dem Schlauch. Für mich sind Trauer und Liebe eh dasselbe. Wirklich schwer, in Worte zu fassen. Vor dem Tod das Wissen um die Vergänglichkeit und nach dem Tod das Übertragen der Liebe auf alles. Alles erhält diesen Duft, diesen Anstrich. Diese Stimmung, die du morgens auf dem Weg zur Arbeit erfährst. Trauer als Verlustangst? Na ja, schon möglich. Auch den Toten kann man ja noch "verlieren", vergessen, falls das gemeint ist.
Liebe Frau im Nebel, danke für deine frischen Brötchen - eine Menge Anregungen! Denk' an das "Piep!" nach 2 oder 3 Wochen, ja?
Tschüßi!
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Liebes Rabelein,
gerade habe ich mein Werk an die Nebelfrau vollendet, da stehst du auf der Matte, und das wird auch nicht einfach. Erstmal Helau und Alaaf, dass du wieder daheim bist, hoffentlich gut repariert. Was hat Katerchen gesagt? Wie ich Katzen kenne, hat er sich nur das Mäulchen geleckt. Kriegt er von deinem Eis was ab?
Und immer wieder die "Stufen". Liebe Leute, mögt doch, was ihr mögt. Ich darf doch sagen, was ich NICHT mag, oder? Ich finde, ein Gedicht sollte ein Stück Musik sein. Musik hat Takt, Rhythmus, Swing, Melodie, Harmonie. Wenn jemand schon ein Gedicht schreibt, dann sollten diese Dinge vorhanden sein, sonst soll er lieber ein Essay oder einen Aphorismus schreiben, jedenfalls Prosa. Wie sagt jemand, wenn er schon am Ende ist mit seiner wenigen Meinung? "Das ist MEINE Meinung". Ich hasse diesen Satz, nun muss ich ihn selber sagen. Ich hab' keine Ahnung, was Literaturkritiker zu Hesse sagen, ich weiß nur, was ICH empfinde. Hesse und kitschig? Zuckrig-klebende Lyrik? Reden wir von demselben Hesse? Hesse ist ein großartiger Schriftsteller, Dichter und Philosoph, mit einer wunderbar schlichten, zwingenden Sprache, zu groß, um von mir beurteilt zu werden. Auch seine Lyrik ist o.k., ein bisschen steif halt, gemacht, rhetorisch, kein Hölderlin. Man sollte bei seinen Erzählungen bleiben. Was ich gegen Lehrgedichte habe? Siehe oben: sie haben keine Musik, nur erhobenen Zeigefinger.
Liebes Rabelein, für heute muss Schluss sein, sonst bekomme ich kein Abendbrot mehr. Guten Start in deiner neuen alten Umgebung, und weiter gute Besserung!
Liebe Grüße
D. -
Lieber Dieter - laß dir dein Abendessen schmecken - sollst nicht verhungern und verdursten ❤
Ich mag Hesse - das mit kitschig und zuckrig hat man mir vor nicht allzu langer Zeit um die Ohren gehauen, als ich noch Straßenbahn fahren konnte und mich jemand dort beim Lesen (Klingsors letzter Sommer )" erwischte."Katerle ist schon den ganzen Tag draußen, um zu "strenzen"
Männer halt Die muß man an der langen Leine halten dann bleiben sie evtl. auch bei einem.
Als ich vom KH kam, hat er mich erst einmal ne gute Stunde ignoriert, hat mir einfach die kalte Schulter gezeigt, ist demonstrativ an mir vorbeigelaufen, - hat mich dann letztendlich doch noch kurz huldvoll beschmust - wissend, auf diese Art kommt Kater an feine Leckerlis ran - und ist anschließend stolz hinaus in die weite Welt spaziert...Ich wohne am Stadtrand und hier gibt es viele Felder mit vielen Kaninchen, Mäusen und allerlei anderes Getier.- ein Katzenparadies! Und er war, bevor er sich entschloß bei mir einzuziehen, ein ECHTER Straßenkater.- gehörte nur sich selbst - bis wir uns ineinander verliebten - ich glaube es war Liebe auf den ersten Blick - beidseitig!Ob ich repariert bin?Sagen wir mal so: So langsam wäre ich denen zu teuer geworden (Stichwort Fallpauschale) und das KH sieht sich nicht als Wellnessoase
Tschüss bis demnächst
rabelein - der es gefällt, wenn du sie rabelchen nennst
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Rabelchen, Rabelchen, Rabelchen! Wie schön, dass du das magst. Ich dachte, es wäre zu vertraulich. Der "Klingsor" ist natürlich sprachlich und auch sonst ein Hammer. Schwer auszuhalten, weil aufwühlend. Aber dann weißt du ja Bescheid über Hesse, was soll ich da noch sagen. Himmelweit entfernt von Kitsch und Süßlichkeit, sowas kann er gar nicht. Im Gegenteil: hart an der (hier: künstlerischen) Wirklichkeit. Und: was Kitsch ist, kann man ziemlich gut definieren, das ist nicht so relativ, wie oft gemeint wird. - Katzen sind die egoistischsten Wesen, die es gibt. Ich bin nicht sicher, ob sie Menschen überhaupt als Personen wahrnehmen. Ich bin für meine Katzen nur Dosenöffner. Haben sie mich mit Mäulchenlecken rumgekriegt, dass ich ihnen eine Leberwurst-Pastete extra hinstelle, dann gehen sie hochmütig daran vorbei. Na, endloses Thema. Schlaf gut, Rabelchen!
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Liebe Rabelein - darf ich bitte auch die Medikamente haben, die du bekommst?
Verzeih, aber ich will damit nur sagen dass ich glaube, der Mensch der dich da angepöbelt hat von wegen pickigem Hesse wollte dich wahrscheinlich nur ansprechen. Aber für den Begriff "Innenschauapostel" hat sich seine literarische Pöbelei schon gelohnt Unglaublich!
Zu Alaaf und Hellau...
Stell dir vor wir läuten an den Türen..geschmückt mit Einhornhüten und rosa Tu-Tu's ....guten Tag wir sind die Innenschauapostel von der Hermann Hesse Sekte haben sie ein paar Hexameter und Jamben für uns? Machen wir das nächsten Fasching?Lieber Dieter,
du hast mich auf eine verstörende Art glücklich gemacht mit deiner lieben Sorge.
Zum Barthes hatte ich gehofft du könntest etwas kluges Sagen. Vielleicht muss man sich mit ihm wirklich in die heiße Badewanne legen, und am besten noch Absinth dazu trinken um ihn zu verstehen?Mir geht es so dass diese Gedanken bei mir etwas auslösen als würde ein Groschen fallen, nur ist nicht ganz klar wohin. Einen Moment denke ich "Ah!" und dann im nächsten denke ich "Äh?"
Zwei Punkte, so ein Unterschied.
Ich will es aber versuchen, wobei der Barthes das sicherlich ganz anders gemeint hat.
Anbei noch Wortsalat, wenn man ihn nicht mag einfach liegen lassen, die Schnecken fressen ihn gerne weg
Mich persönlich hat der Gedanke tröstlich getroffen, den Moment größter Angst, den ultimativen Zusammenbruch dort hin zu projizieren, wo ich denke, und weiß, und wähne, dass ich am glücklichsten war.
Nie würde ich auf die Idee kommen diesen Moment voller Glück als Gefahr, Bedrohung oder Abgrund zu sehen. Ganz im Gegenteil, wie oft geht mein Sehnen genau dort hin?
Wenn der geliebte Mensch also noch lebt fürchtet man ihn zu verlieren, und ist er oder sie einmal gestorben dann ist es so, also bei mir, dass ich fürchte das einmal nicht ertragen zu können. Entweder vorwärts betrachtet, weil der Schmerz nicht aufhört oder größer wird oder ich weiß dass das Leben ohne geliebten Menschen unfassbar viel Kraft braucht weil es sehr traurig ist, das alles zu erleben ohne körperliche Anwesenheit der Person.
Oder rückwirkend betrachtet, wo ich fürchte der Zusammenbruch ist geschehen mit dem Tod, die größte Angst ist eingetreten - und ich habe es noch nicht realisiert und die Schockwelle wird mich erst erreichen. Das ist ja so finde ich auch ein Damoklesschwert der Trauer.Der Gedanke also diesen Moment größter Furcht dort hin zu versetzen, wo ich gänzlich glücklich, ganz und gar hingerissen war, an einen Moment wo ich nie denken würde dass er - eine Gefahr ist, oder ein Abgrund, oder etwas Schlechtes oder Trauriges, diesen Gedanken finde ich kraftvoll denn es ist für mich klar dass in dieser Projektion, wo ich den einen Moment auf den anderen lege, der Verlust durch den Tod die Stärke der Liebe des Moments nicht aufhebt. Die Liebe durchdringt die Furcht, als wäre der dunkle Moment ein Gewebe, das sich mit der Liebe gänzlich vollsaugt.
Es ist eben dann auch so wie das Bild von Kleist...das Tor, der romanische Bogen...wo das Streben der Steine nach unten, zur Erde, eigentlich der Zusammenbruch...die Kraft ist die den Bogen stehen lässt und aufrecht erhält.Es ist einfach auch ein überraschender Gedanke, und oft helfen mir überraschende Gedanken den Karren den ich Gehirn nennen will aus dem Gedankenschlamm zu ziehen.
Ja, sehr wirr, ich weiß.
Und das zweite...also mir gefiel einfach der Gedanke
"ohne dich bin ich nicht mehr ich" den er zitiert, folgernd aus dem Abbild des Paares auf dem antiken, zu Lebzeiten gemeißelten Grabstein. Und diesen Gedanken anknüpfend an das wunderschöne Gedicht das Christine geschrieben hast, als du von deiner Frau Veronika gesprochen hast.
Ich dachte einfach du könntest den Gedanken schön finden.Und da du so von dir aus elegant schreibst (und dass du mir unterstellst ich würde dir unterstellen, mich als Claqueur zu sehen finde ich arg) schleppe ich eben alles mögliche von draussen rein, wie die Katze...
darunter eben auch Barthes auf der Fußmatte.Aber in einem irrst du dich ... am Dach da hast du bestimmt, ganz bestimmt einen Siebenschläfer...
Mäuse sind bekanntlich mucksmäuschenstill, lärmen tun die oben genannten!Wie gehts dir denn heute?
Was liest du denn gerade?
Und was blüht so bei dir?Sei lieb gegrüßt,
(Frau im Nebel klingt so nach Bob Marley ;-)) -
Liebe Malena,
ich muss mich heute mal kurz fassen, ein ganz gemeiner Tinnitus raubt mir die Konzentration. Die Unterstellerei ist ja zum Piepen. Ich habe dich halt so verstanden, wahrscheinlich ganz falsch, war eh nur ein Geflapse. Du hast dir so viel Mühe gegeben, mir den Barthes näher zu bringen, leider ganz vergeblich, ich verstehe das Ganze nicht. Welcher "Zusammenbruch" ist gemeint? "Ohne dich bin ich nicht mehr ich": das kann ich unterschreiben, das sagte ich wohl auch schon an anderer Stelle. Eine Schockwelle, die mich erst noch erreichen wird, kommt mir etwas befremdlich vor. Meine Schocks habe ich alle gehabt, 5 Jahre lang jede Sekunde, ich bin mit den Fingernägeln die Wände hochgekrochen, ich erwarte keine schlimmeren Schocks mehr. Davor 10 Jahre Krebs bei meiner Frau - Schock pur. Ich kann mir jemanden vorstellen, der seine Trauer verdrängt und der irgendwann von ihr wieder eingeholt wird und davor Angst hat. Ich weiß nicht, ob das gemeint ist. Die Seele ist ja zeitlos, da ist manches möglich, aber ich bin vorsichtig mit dem Übereinanderprojizieren von Zeiten. - Mit dem Siebenschläfer hast du Recht. Ich wollte nur die Sache nicht noch komplizierter machen. Richtig, was poltert, sind sie. Mäuse kratzen und knispern. Und wetzen wie geölt in der Zwischendecke. Oft, wenn die Katzen faul sind, habe ich beide.
Kleine Abschweifung, Frage an die Runde: Ich hatte heute Nacht einen schönen Traum: Ich hatte auf einem Gang durch die Stadt meine Frau verloren und konnte sie nicht wiederfinden. Bis ich ihre Stimme hörte, da saß sie ganz friedlich und lächelte so freundlich wie immer. Ich hatte ihre Stimme ganz vergessen, ich kann sie auch jetzt noch nur schwer in mir wachrufen. Ich erinnere mich an die Stimmen von allen möglichen Leuten, aber nur schwer an die allerwichtigste. Geht es euch auch so?
Liebe Malena, ich bin sicher, dass der Barthes dir was bringt, das ist doch die Hauptsache.
Hilfe, da sind ja noch 3 Fragen. Wie es mir geht? Siehe oben. Was ich lese? Die Programmzeitschrift wegen der French Open. Was bei mir blüht? Ein paar Heckenrosen. Die Farne haben sich schön ausgebreitet.Winke winke!
D. -
ja lieber Dieter, mir geht es ähnlich.
Ich kann mir Maritas Stimme auch nicht mehr so richtig herholen. Es war das Erste, was ich " vergaß" und dann verblaßte ihr Gesicht. Inzwischen ist es nur noch so eine vage VORSTELLUNG - es ist als würde ich eine Fotografie anschauen - es fehlt die "Lebendigkeit", ihr Geruch...
Komisch - ich war vor Jahren oft in Südtirol und da kann ich mir auch heute noch, alles "herholen".Ich kann immer noch die Wiesen riechen, die Luft spüren... so , als wäre ich gerade ganz real dort.
Bei Marita versagt meine Vorstellungskraft immer mehr - alles liegt irgendwie im Nebel und das macht mich oft traurig.Am 25.Juni werden es 7 Jahre, daß Marita sich die Überdosis Heroin gespritzt hat.
rabelein
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