Die Zeit besiegt das Leben

  • lieber Thomas

    Ich habe auch auf der Beerdigung keine Kraft gehabt,einen Beitrag vorzutragen.

    Ich finde den Beitrag eures Pfarrers sehr würdevoll.


    Ich kann diese Gefühle so gut nachvollziehen.Dieses Hoffen und Klammern.

    Und jetzt die Notwendigkeit,alleine weiterzuleben.Obwohl man dies nicht wollte und die Pläne ganz anders aussahen

    Alles Liebe euch heute am Sonntag

  • Heute hat der Tag einmal gut gestartet. Hatte zwar eine schlechte Nacht, ein paar Mal aufgestanden, müde aber konnte doch nicht schlafen. Dafür kam ich dann heute morgen erst um 09.30h aus den Federn. Augen auf und im Halbschlaf zum Vorhang geguckt. Was isr das schwarze dort... super ein grosser Käfer im Vorhang, habe mir schon gedacht, der Tag fängt ja gut an. Das Teil in ein Glas und auf dem Balkon in die Freiheit entlassen.

    Aber doch, irgendwie das Gefühl heute, ganz ungewohnt, vorsichtig positiv, will es nicht zu laut sagen und mich freuen, ist ja noch nicht Abend, aber doch, viel weniger bedrückt als die letzten Tage. Ich liebe diese Zwischenhochs, auch wenn sie meistens leider nur von kurzer Dauer sind. Aber sie geben mir Kraft um den nächsten und übernächsten, der mit Sicherheit kommenden, nicht mehr so positiven Tage hinzunehmen und versuchen zu meistern.

    Ich bin heute das erste Mal seit ca. 8 Wochen wieder einmal Joggen gegangen. Eine knappe Stunde in ganz gemütlichem Tempo und ich habe es richtig genossen. Eine Sportart, wo man währenddessen noch viel studieren kann, dies habe ich auch ausgiebig gemacht und trotzdem war es eine schöne Runde.

    Aber was heute noch viel besser ist, ich sitze wieder einmal auf dem Balkon. Ich bin seit dem Tod meiner Frau im Juni nie mehr draussen gesessen. Den Blumen Wasser gegeben und das war es. Meine Frau konnte Abende lang gemütlich im Sessel auf dem Balkon sitzen, ein Glas Wein geniessen und mit mir über Gott und die Welt plaudern, oder auch nur die Stille der Nacht geniessen. So haben wir unzählige Sommerabende gemeinsam verbracht um nach einem heissen Sommertag die eintretende Kühle zu geniessen.

    Ich musste zuerst einmal ein wenig für Ordnung sorgen, der "Herbst" wenn man das, Temperaturmässig so nennen darf, hat viele Blätter raufgewindet. Besen geholt, Blätter entsorgt, Tisch geputzt, alles ein wenig gerichtet - sprich Gemütlichkeit hergestellt.

    Jetzt sitze ich auf dem Balkon, habe den Laptop auf dem Tisch und schreibe diese Zeilen.


    Ich hätte es nie gedacht und ich hätte es mir auch nicht vorstellen können. Am letzten Montag habe ich dieses Forum im Internet entdeckt. Die ganze Woche habe ich sehr intensiv, zum Teil stundenlang darin gelesen. Ich habe es richtig verschlungen. Zu merken, man ist nicht der einzige, nein ich wusste ich bin nicht der einzige dem soch eine Tragödie passiert ist, aber wo sind die anderen alle??

    Und plötzlich finde ich einen Ort, wo man sich trifft, austauscht, Hilfe und Trost und Mitgefühl empfängt und auch geben darf. Am Freitag habe ich mich angemeldet, mit dem RIESIGEN Bedürfniss zu schreiben und mich austauschen zu können mit "Gleichgesinnten".

    Der ganze Druck, das ganze Elend, die ganze Geschichte einfach rausschreiben zu können. Mit jemandem darüber reden, schreiben. Reden und Schreiben ist im Moment für mich eigentlich das gleiche. Verbal oder in Sätzen ist völlig egal, es hört mir jemand zu und ich fühle mich nicht mehr ganz alleine.

    Das erste heute Morgen nach dem aufstehen, Kaffee gemacht und den Laptop angeschaltet und gelesen. Es tut richtig gut. Während dem Joggen schon gefreut darauf, dass ich anschliessend endlich wieder was schreiben kann. Verrückt, aber es tut mir so gut wie nichts anderes in den letzten 4 Monaten. Mich hier anzuschliessen ist vielleicht das erste was ich ich richtig gemacht habe in den letzten 4 Monaten um meine Trauer und den ganzen Prozess akzeptieren zu können, nicht dagegen anzukämpfen, ihn nicht wahrhaben wollen, sondern versuchen die ganze Trauer im bewussten Erleben Micro-Stücklein weise zu verarbeiten. Durchaus im Bewusstsein das ich erst ganz am Anfang stehe, aber zumindest glaube ich, fühle ich, dass ich jetzt zumindest schon einmal an der richtigen Startlinie stehe.


    Einen erträglichen Sonntag wünsche ich Euch allen von ganzem Herzen

    Thomas

  • Hallo Firefly


    So empfinde ich das auch, ich bin überzeugt das meine Frau gewusst hat, das ich sie Liebe, umgekehrt genauso. Nach 23 Jahren waren wir ein "eingespieltes Team". Tägliche Liebesschwüre haben so nicht mehr statt gefunden. Wie Indian Summer gesagt hat: Frauen spüren wenn sie geliebt werden. Ein wunderschöner Satz, für beide Seiten absolut zutreffend. Was auch immer mit Worten gesagt wird, das Gefühl muss stimmen. Man spürt ob man geliebt, wilkommen und akzepiert ist.

    Aber habe mir trotzdem vielmals gesagt, ich hätte es auch öfters aussprechen dürfen, klar meine frau hat es gewusst, aber hören tut man es trotzdem immer wieder gerne. Ist zumindest mir so ergangen. Ein "Ich liebe Dich" oder eine herzliche Umarmung, hat einfach immer gut getan.

    Ich versuche mir deswegen keine Vorwürfe mehr zu machen, habe sonst noch genug Baustellen, da ich der tiefen Überzeugung bin, dass Sie es gewusst hat wie stark und innig ich Sie geliebt habe.


    Ja, Klavier spiele ich auch wieder. Also eigentlich ein Digital Piano.

    Ich habe es vor über 30 Jahren mit einem meiner ersten Löhne nach der Lehre gekauft. Das erste Ding, das richtig Geld gekostet hat und ich es mir über Monate gespart habe bis ich es mir leisten konnte. Bin heute noch ein wenig Stolz darauf und habe es richtig gerne. Damals habe ich ein DigitalPiano gekauft, weil ich ja meistens am Abend spielen wollte und ich nicht alle meine Nachbarn zum Wahnsinn treiben wollte.

    Hat bei mir lange Phasen gegen (Jahre) in denen ich überhaupt nicht gespielt habe, dann wieder ganz intensive Zeiten. Das hat sich immer so abgewechslet. Darum ist wahrscheinlich auch keinKlavier- Virtuose aus mir geworden.

    Seit Wochen übe ich jetzt das Stück von Carol King "You've got a friend". Ausserdem habe ich mir zur Abwechslung die Übungshefte Jazz, Rags & Blues von Martha Mier's gekauft. Zumindest mal die drei ersten Hefte. Da bin ich eine sehr lange Zeit damit beschäftigt. Aber so soll es ja auch sein. Ich spüre es tut mir gut spielen. Komme meinem inneren Frieden damit manchmal für Minuten ein wenig näher, Ausserdem fühle ich mich meiner Frau dann viel näher.


    Ich versuche, irgendetwas zu finden, wo ich mich ein wenig entspannen kann und alles einen Moment nicht mehr so grausam empfinde. Eine kurze Auszeit für die Seele im ganzen Bewältigungshorror. Im Moment ist es für mich abends das Klavierspielen, mit vielen brennenden

    Kerzen, vielen Fotos meiner Frau und einem angenehmen Duft aus der Duftlampe. So gelingt mir das zwischendurch, wenn auch nicht immer, einwenig Kraft zu tanken.


    Einen herzlichen Gruss

    Thomas

  • Liebe Dami


    Danke für deine lieben Zeilen. Ich spüre wie ich es im Moment brauche zu schreiben. Es befreit mich von einer seelischen Last. Es ist ein wenig wie loslassen. Mit dem Schreiben kann ich mitteillen und es fühlt sich manchmal ein weniger leichter an hinterher.

    Seit 4 Monaten habe ich mit niemandem intensiv darüber reden können, das Leben ist weitergegangen, die Welt hat sich weitergedreht, nur ich stehe wie abseits und komme mit dem Tempo nicht mit. Stehe da und das Leben ringsum zieht an einem vorbei.

    Wie du sagt, Dami, ich glaube auch dass mir das Schreiben gut tut. Ich spüre es. Das Lesen bringt mir schon sehr viel und dann vorallem das Schreiben.

    Ich wünsche Dir die Kraft, zwischendurch auch wieder ein paar Zeilen schreiben zu können.


    Herzlich Grüsse

    Thomas

  • Ja, das Schreiben hier ist wirklich etwas Besonderes!

    Ich habe mich auch manchmal gefragt, wenn ich meinen Mann überredet hätte, nicht mehr so oft auf den Flugplatz zu gehen, oder wenigstens gerade an diesem Tag nicht ...

    Aber er sagte immer: "Wenn es aus ist ist es aus - gegen das Schicksal kann man nichts machen"

    Und das glaube ich auch, wenn das Ende naht kann man es nicht aufhalten, egal was man anders gemacht hätte.

    Ich lese intensiv die Bücher von Bernard Jacobi, was er über den Tod und das Jenseits schreibt ist mir eine große Beruhigung.

  • Lieber Thomas,

    auch ich heiße dich hier herzlich willkommen. Es ist, wie schon jemand schrieb, der Club in den niemand will und in dem doch so viele Menschen sein müssen.

    Ich habe deine Geschichte gelesen und mich dann sehr gefreut, dass du gestern einen der leichteren Tage hattest - Zwischenhoch nennst du es. Ein schöner Begriff.

    Ja, wenn man Worte finden kann, für das Unfassbare dann kann es ein kleines bisschen fassbarer werden.


    Für heute wünsche ich dir einen Areitstag, der dir leicht von der Hand geht

    und einen feinen Herbstabend. Es ist ja immer noch so warm, dass sich ein Tee auf dem Balkon ausgehen könnte - oder ein Glas Wein.

    Lg. Astrid

    Schön, dass du da bist.

  • Heute ist es auf den Tag 4 Monate her seit meine Frau ihren Herzinfarkt hatte und mein gewohntes Leben erlosch. Der 15.6.18.

    Es ist komisch, manchmal fühle ich mich richtig stark und spüre Energie, dann gibt es auch das Gegenteil, die komplett versch...en Tage, wo alles keinen Sinn mehr macht. Aber meistens sind es bei mir die Tage wo einfach keine Energie da ist. Ich bin leer. Ich funktioniere zwar, gehe zur Arbeit, mache meinen Job aber alles ohne Emotionen, innerlich einfach komplett leer. Das sind die Tage, wo ich keine Motivation für irgendetwas habe, alles ist mühsam und schleppend. Die Gedanken sind nie bei der Sache und ich hoffe das blad der Feierabend kommt. Dann geht's nach Hause, aber das bringt dann auch nicht viel mehr. Die Leere bleibt, ich muss mich zwingen zum Kochen obwohl ich das eigentlich gerne mache und so geht es den Abend lang bis es endlich Zeit ist zum schlafen.


    Heute vor 4 Monaten, ein Freitag beendete unser gewohntes schönes gemeinsames Leben.

    Dabei hatten wir soviel anderes vor.

    Wenn ich darüber nachdenke, bis im April waren wir noch zu dritt in der Wohnung mit unserem Sohn. Das war die letzten 22 Jahre so, es war immer etwas los. Wie viele Male sind wir Abends erschöpft auf die Couch gefallen und waren froh, dass der kleine im Bett war. Später die Jugendzeit, zwischendurch krachte und dröhnte es aus dem Zimmer. Noch später, die letzten Jahre kam die Freundin viel zu uns zu Besuch oder blieb über Nacht. Es war Leben in der Wohnung, voll mit guter Energie und einer tollen Atmosphäre.

    Im April bezog unser Sohn die erste gemeinsame Wohnung mit seiner Freundin. Wir unterstützten ihn mit einem lachenden und einem weinenden Auge.


    Vor 2 Jahren im April 2016 ist unser Hund 13jährig gestorben. Es war eigentlich der Hund meiner Frau, sie hatte ihn ausgebildet, sie beide waren den ganzen Tag zusammen und hatten auch erfolgreich die Therapiehundeausbildung absolviert. Dies haben sie beide mit viel Herzblut gemacht. Etliche Male hat Sie abends erzählt, was für schöne Momente sie dabei erlebt hat und was für kleine Erfolge sie bei den "Patienten" sehen kann.

    Nachdem Bobby gestorben war, war ein neuer Hund bei beiden lange kein Thema. Die Trauer um den geliebten Freund war lange Zeit der abendliche Gesprächsstoff. So kamen wir beide mit der Zeit über den Tod hinweg und irgendwann begann das Gespräch über einen neuen Hund.

    Eigentlich wollten wir eine Zeitlang keinen Hund mehr, um all diese Dinge machen zu können, wo ein Hund halt schwierig mitzunehmen ist. So vergingen fast 1 1/2 Jahre. Wir haben viel gemeinsam unternommen, aber ich spürte irgendwie war Sie unglücklich.

    Eines Tages sagte ich meiner Frau: "Wir brauchen wieder einen Hund". "Wieso meinst du" sagte Sie, "wir wollten doch all das unternehmen, was sonst schwierig ist" Ich sagte ihr: "Ich sehe es Dir an, du bist nicht glücklich, dir fehlt etwas, was du brauchst ist ein neuer Kumpel, mit dem du tagsüber etwas unternehmen kannst. Der dich in dein Herz einschliesst und dir wieder soviel geben kann.

    Wir schauten im Tierheim bei uns in der Gegend, ob uns einer gefallen würde. Aber eigentlich wollte meine Frau noch einmal einen Welpen. Sie sagte mir "Das ist wahrscheinlich der letzte Welpe den ich haben kann, nachher bin ich zu alt für einen Welpen"

    Vorher hatten wir einen Bobtail, aber diese Rasse wollte Sie nicht mehr. Es war zwar der tollste Hund den Sie je hatte, auch das Bürsten hat Sie immer gerne gemacht, aber auf das Alter wurde seine Haut viel empfindlicher und das Bürsten wurde für ihn zur Qual. Deshalb war klar der nächste ist ein kurzhaariger Hund.

    Wir hatten uns bald geeinigt und die Vorfreude bei meiner Frau war riesig. Im Februar kamen die kleinen Welpen bei der Züchterin auf die Welt. Unser Mädchen war ein so süsses kleines Häufchen. Meine Frau hat sich jeden Tag mehr gefreut, fast wie bei einem Neugeborenen. Es wurde ein neuer Napf gekauft, ein Hundbettchen, das eine oder andere Spielzeug, alles wurde möglichst sorgfältig vorbereitet.

    Dann war es soweit, im April holten wir unseren Hund 700km weit weg ab. Ich habe meine Frau seit langem nicht mehr so glücklich gesehen, ihr Herz fing richtig an zu leuchten, sie hatte eine unbeschreibliche Freude, diese wunderbare Wesen auf seinem Weg zum erwachsenen Hund und darüber hinaus begleiten zu dürfen.

    Leider hatte Sie nur 6 Wochen Zeit, diese Freude zu geniessen, dabei hat Sie sich so darauf gefreut, monatelang. Das ist so ungerecht.

  • Und wie geht es dir jetzt mit dem Hund?

    Verbringst du viel Zeit mit ihm?

    Mir kommt gerade ein Gedanke, kann auch ganz falsch sein - vielleicht kann er ein bisschen Trosthund für dich sein?


    Schicke dir einen Sonnenstrahl.

    Lg. Astrid.

  • Was soll ich sagen....

    Ich bin 4 Tage, während meine Frau auf der Intensivstation lag, etwa im 3 Stundentakt zur Wohnung und ins Spital gefahren. In die Wohnung, schnell raus mit dem Hund, ein bisschen spielen, schnell raus mit dem Hund, ein paar Streicheleinheiten, ev. Futtergeben und wieder ins Spital. Auf beiden Seiten immer ein schlechtes Gewissen, hoffentlich geht es meiner Frau nicht schlechter, hoffentlich ist nichts passiert. Und im Spital: Hoffentlich geht es der Kleinen gut, sie tut mir so leid, muss sie raus, heult sie so alleine?

    Nach 4 Tagen am Montag ist meine Frau dann gestorben, ich hatte in dieser Woche Ferien, waren schon lange vorher geplant. Ich habe keinen ruhigen Moment gehabt, die Kleine hat es natürlich auch gespürt und hat mehr Mist gemacht als die ganzen Wochen vorher. Ich durfte sie keinen Moment aus den Augen lassen, ausser wenn sie schlief, und beim aufwachen dann ja nicht den Moment verpassen zum rausgehen.

    Ich wusste in einer Woche muss ich wieder arbeiten und bis dann muss eine Lösung her.

    Weil sie zuhause lassen und nur Mittags schnell vorbeigehen wollte ich nicht, das wäre Tierquälerei, Hunde wollen nicht alleine sein.

    Eine Kollegin bot mir, dass ich den Hund vorübergehend zu ihr bringen konnte. 30km weg von mir. gerne nach ich das Angebot an, einfach zum nur überhaupt einmal ein wenig Luft zu bekommen. Am Morgen 30 hin, 30 zurück, abends 30 hin 30 zurück. Normalerweise fange ich um 07.00 an zu arbeiten, dass heisst ich hätte um 05.45h abfahren müssen um den Hund zu bringen, dass ich es rechtzeitig schaffe.

    Wäre es jetzt für ein halbes Jahr oder auch 1 Jahr oder so gewesen, bis meine Frau vielleicht wieder aus der Reha kommt, wäre alles kein Problem gewesen. Aber ich muss ja davon ausgehn, dass dies für das gesamte Hundeleben ist. Ich fahre 120km im Tag und sehe meinen Hund nur abends. Ich habe krampfhaft eine Lösung gesucht, war verweifelt, es war einfach alles viel zu viel.

    Am Tag vor der Beerdigung, klingelt um 21.30h das Telefon, ich habe mich schon genervt wer das um diese Zeit ist, eine Handynummer... also nehme ich ab.

    Am anderen Ende eine gute Freundin meiner Frau, welcher ich auch eine Todesanzeige geschickt habe.

    Ich werde es nie mehr vergessen. Sie sagt mir, ohne zu fragen wie es mir geht etc. "Thomas, wir sind im Moment in unserem Ferienhaus in der Bergen, ich habe die Tragödie von deiner mitbekommen und finde es schrecklich. Ich habe jetzt den ganzen Abend mit meinem Mann diskutiert und ich möchte dir folgendes sagen. Wir würden den Hund als Tageshund auf unbestimmte Zeit zu uns nehmen. Wir haben selber 2 Hunde, haben viel Platz, wir würden ihn gerne nehmen und dir so helfen, morgen ist die Beerdigung, wenn du willst kannst du ihn morgen bringen"

    Ich habe geglaubt, ein Engel ist am Telefon, ich konnte es nicht glauben. Sie wohnt nur 2 Strassen weiter als ich. Ich habe das Telefon abgehängt und habe nur noch geheult. Ein 6er im Lotto, wenigstens da, wenn auch alles andere kaputt ist.

    Am Morgen der Beerdigung habe ich ihr den Hund gebracht. Ich war so froh darum, ihn nicht alleine zuhause lassen zu müssen.

    Als ich am späteren Nachmittag völlig fertig von der Beerdigung den Hund das erste Mal abholen wollte und fragte wie es gegangen sei, schaute sie mich traurig an und sagte sie könne den Hund nicht mehr nehmen. Der habe soviel Energie, dass sie Angst um ihre 2 Dackel habe, ausserdem könne Sie den Hund draussen kaum im Zaun halten. Klar, ein 16 Wochen junges, pures Energiebündel, dass zu jedem anderen Hund und zu jedem anderen Mensch gehen wollte. Dies wäre das letzte Mal gewesen und ich muss nach einer anderen Lösung schauen.


    Ich war total fertig mit der Welt, habe geheult und hatte die pure Verzweiflung. Es war Montag, am Mittwoch musste ich wieder zur Arbeit.

    Ich fand keine andere Lösung und habe in meiner Not der Züchterin angerufen ob sie den Hund wieder zurücknehme. Am Wochenende könnte sie ihn aber nicht nehmen und holen kommen wäre zu weit. Morgen wäre der einzige Tag der diese Woche möglich sei. Ob ich ein Stück entgegenfahren könnte, dann würden ihn Freunde von ihr abholen.

    Tags darauf bin ich 300km gefahren und habe den Hund abgegeben. In einen fremden Kofferraum gegeben, tschüss gesagt und gegangen. Es hat mir fast das Herz zerissen, die ganze Fahrt geheult und mich als elender Verräter gefühlt.

    Um 19.00h zuhause angekommen, direkt zum Friedhof gegangen meiner Frau alles erzählt und sie gebeten mir zu verzeihen. Dieser Abend sass ich alleine zuhause, hatte alles verloren, keiner mehr da und trotzdem habe ich gespürt, dass ich das erste Mal seit meine Frau ins Spital kam Luft hatte um das ganze zu realisieren. Endlich, endlich einen Moment Ruhe und übrige Zeit um mich auf meine Frau zu konzentrieren und meinen Gedanken voll auf sie zu richten.



    Fühle mich auch heute noch, wenn ich an unseren Hund denke als Verräter. Ich hätte ihn so gerne behalten, auch als Erinnerung an meine Frau, wie du sagst Astrid als Trosthund in der meine Frau weiterlebt.

    Leider hat es nicht sollen sein. Aber ich habe auch schon vielmals gedacht, es war der richtige Weg. Für den Hund wäre es ungerecht gewesen, immer ein neuer Platz oder immer alleine zuhause, und ich habe Luft und Freiraum erhalten um mich gedanklich voll auf meine Frau zu konzentrieren und irgendwie zu versuchen mit dem ganzen klar zu kommen.


    sorry.... schon wieder so viel geschrieben..... hat einfach raus müssen.

  • lieber Globi

    Ich denke auch,es war der richtige Weg.So einen jungen Welpen kann man nicht so lange alleine lassen.Ich kann nachempfinden,wie weh dir das tut.

    Hast du Kontakt zur Züchterin?

    Alles Gute dir

  • Lieber Globi,


    du hast genau das getan, was ein echter Tierfreund tun soll!


    Der Welpe hat jetzt die Chance auf ein ihn zugeschnittenes Zuhause, auf Menschen, die die entsprechende Zeit für ihn haben und ihn glücklich machen. Dass dieser Schritt erstmal schmerzt, verstehe ich sehr gut ( habe 2 Katzen )


    Deine Frau muss dir nichts verzeihen, denn da gibt es NICHTS zu verzeihen. So wie du deine Frau schilderst,. hätte sie das genau so gemacht.


    Und du brauchst dich für den langen Text nicht zu entschuldigen - dafür ist das Forum ja da. Hier darf man alles " rauslassen" was einen bedrückt, so oft und so viel man will.


    Fühl dich hier gut aufgehoben.


    Ich schicke dir für die kommende noch schwere Zeit ganz viel Kraft, Wärme, Licht, positive Energie um all das Schwere besser durchzustehen.


    herzlichste Grüße


    blaumeise

  • Liebe indian summer


    Am Tag nach der Beerdigung meiner lieben Frau habe ich die Züchterin angerufen. Ich habe ihr mein Problem bzw. meine neue völlig ungeplante Ausgangslage geschildert. Sie sagte spontan, "Ja, da kann ich dir helfen" als ich Sie fragte, ob Sie denn unsere Kleine zurücknhemen würde hat Sie "ja gesagt, aber ich kann dir natürlich nicht den gleichen Preis zahlen, wie du mir bezahlt hast."

    Es war mir bis zu diesem Moment nicht einmal bewusst, dass ich überhaupt etwas bekommen würde. Ich wäre einfach froh gewesen, wenn Sie die Kleine zurückgenommen hätte. Auf die Frage von mir "Was Sie mir denn geben würde" stellte Sie die Gegenfrage, was ich denn möchte". Kurz, sekundenbruchteile überlegt, sie war jetzt 6 Wochen bei uns, fast stubenrein, Welpenkurs absolviert. Ich sagte" Ein Viertel des Kaufpreises", ich habe so glaube ich, denn Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als Sie sagte "Okay, einverstanden". Danach fragte Sie mich noch "Es ist ja ein Mädchen, aber kastriert ist sie noch nicht, oder?'" Nach meiner Verneinung sagte Sie Ihr fehle aus diesem Wurf ein Mädchen und Sie würde die Kleine gerne behalten um später mit ihr zu züchten. Ich war richtig erleichtert, sie wird nicht weggegeben und kann bei Mama und Papa und einem Geschwister gross werden.

    Tags darauf habe ich ihr den Hund eben zurückgegeben.

    Als ich der Züchterin nach etwa 14 Tage eine whatsapp geschrieben habe, wie es meiner Kleinen geht und ob sie sich gut intergriert hätte, kam nur der kurze Satz zurück: "Ihr geht es prächtig, sie hat sich gut ins Rudel integriert." fertig...nichts mehr.


    Vielleicht habe ich auch komische Gedanken, oder bin zu misstrauisch. Mit meiner Frau hatte Sie einen regen Kontakt und bei jeder Nachfrage wie es unserem zukünftigen Familienmitglied geht, kamen bald Fotos und Videos per Whatsapp oder kleine Beschriebe.


    Was soll ich sagen.... ich hatte seither keinen Kontakt mehr mit der Züchterin. Würde ich mich melden und Sie würde mir sagen es ist alles super, tolle Hündin, warte ich schicke dir ein paar Fotos oder ein kleines Video, ich weiss ja wie du an ihr gehängt hast.

    Ich wäre so erleichtert und glücklich. Aber ich habe den Mut im Moment nicht nachzufragen. Es würde mir weh tun wenn es plötzlich heisst, achja, ich habe sie trotzdem weitergegeben (war ein gutes Geschäft) oder ich würde im Gespräch spüren, dass sie mich belügt.

    Nein, dass möchte ich nicht, da lasse ich mich im Moment lieber in dem Glauben ist alles ok und versuche nicht darüber nachzudenken. Ich habe ja im Moment noch ganz andere, viel grössere Lebensbaustellen.

    Aber aus meinem Gedanken ist sie deshalb noch lange nicht.


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • Liebe Blaumeise


    Ganz lieben Dank für deine netten Worte. Die haben mir jetzt richtig gut getan.

    Meine Frau hätte es sicherlich gleich gemacht in meiner Situation. Sie war ein ausgesprochener Tierfreund und konnte kein Tierleid mitansehen.


    Ich fühle mich hier wirklich gut aufgehoben, ist das beste was mir seit langem passiert ist !!


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • lieber Thomas

    Das glaube ich dir.Vielleicht findest du später ja mal den Mut nachzufragen.

    Auch wenn sie sie weitergibt,muss es ja nicht schlecht sein für die Kleine.

    Ein Welpe braucht so viel.Das weisst du ja selber.Sicher so die beste Entscheidung

    Alles Gute

  • Lieber Thomas,

    da hattest du ja nochmal einen einschneidenden Verlust. Das tut mir leid.


    Eine Hypothese bezüglich der Züchterin: Sie stand mit deiner Frau in regem Kontakt, schickte Bilder,...

    jetzt erfährt sie, dass diese Frau gestorben ist. Die Angst, die von entfernteren Menschen oft beschrieben wird,

    ist für mich verständlich: Wenn ich mich zu sehr mit dem Gedanke auseinander setze, dann kommen Fragen wie:

    Wenn uns das passiert wäre...

    Vielleicht hat sie einfach nur Angst, mit dir mehr Kontakt zu haben, weil du und deine Situation ihre Ängste schürt -

    das Unwahrscheinliche plötzlich wahr ist.

    Ich möchte damit nicht die Reaktion der Züchterin entschuldigen - sondern denke, dass das eine Erklärung ist, warum

    sie so handelt und dass es deiner Kleinen wirklich gut dort geht.


    Lass dir Zeit, damit nicht noch mehr Verletzungen entstehen. Dass du jetzt mehr Zeit und Luft für die Trauer um deine

    Frau hast, und du dir diesen Raum auch nimmst, ist jetzt für dich wichtig.


    Ich wünsche dir einen Moment in dem du spüren kannst, dass deine Entscheidung auch für deine Frau in Ordnung ist.


    Lg. Astrid.

  • Liebe Astrid, liebe indian summer


    Der Gedanke, dass die Züchterin vielleicht Hemmungen, Angst nicht zu wissen was Sie sagen soll oder auch ich ihre eigenen Ängste schüre, ist mir bisher noch nie in den Sinn gekommen.

    Vielleicht ist die Lösung auf die knappe Antwort so einfach. Werde einmal allen Mut zusammen nehmen und dann wieder einmal nachfragen. Nicht heute und morgen, brauche noch ein wenig Zeit, aber ich bin sehr dankbar um euren Input.


    Lieben Dank

    Thomas

  • Lieber Thomas

    Ich wünsche dir bei der Kontaktaufnahme alles Gute.

    Und dass du ein dich befreiendes Ergebnis bekommst.

    Ich denke immer,unsere im Jenseits haben ein Auge auf uns und auch die Tierchen.

    Welpe alleine lassen,geht nicht.Und du hast zum Wohl des Hundebabies entschieden

    Alles Gute

  • Lieber Thomas,


    Den Hund wieder abzugeben war richtig.

    Ich sehe, dass er 16-18 Wochen alt ist. Meine Rosi hat über 16 Jahre Hunde gezüchtet. Ab und zu wurden einige Welpen zurückgegeben. Sie kamen bei uns sofort in das Rudel. Natürlich leideten Sie auch einige Tage, da die neuen Bezugspersonen nicht mehr da waren. Rosi wurde auch von ehemaligen Besitzern angerufen. Sie war dann auch leicht abweisend, den ehemaligen Besitzern gegenüber verhalten. Ich fragte Sie dann mal warum Sie das so macht. Die Antwort leuchtete mir dann ein. Das Tier muss zur Ruhe kommen und Sie hätte Angst, dass ehemalige Besitzer plötzlich vor der Tür stehen, um nach ihrem ehemaligen Welpen zu schauen und erneut beim Welpen eine Erwartungshaltung aufbauen. Die Tiere vergessen nur, wenn sie dann in der Gruppe leben. Das Rudel baut sie wieder auf um über Verluste hinwegzukommen.

    Du hast das Richtige getan. Ob der Welpe dort bleibt oder wieder in so gute Hände kommt, wie bei Euch. Du hast zur Zeit nicht den Kopf frei. Da ist die Arbeit. Und ein junges Tier benötigt viel Liebe, Erziehung und Zeit, Zeit, Zeit.

    Du hast im Sinne deiner lieben Frau gehandelt. Denke daran, wie Sie ihren Hund ausgebildet hat. Sie waren ein Team. Und weshalb ? Sie hatte die Zeit für ihren lieben vierbeinigen Freund.


    Noch einen schönen Abend aus dem Solling,

    Uwe

  • Lieber Uwe


    Da hast du wohl recht, aus dieser Perspektive habe ich es noch nie betrachtet. Wie auch....

    Ja, kann mir gut vorstellen, dass ehemalige Besitzer die "in der Nähe" wohnen vielleicht später auch mal zu "ihrem" Welpen schauen wollen. Das dadurch beim Welpen alles wieder durcheinander gerät, ist mir jetzt auch klar.

    Vielleicht macht Sie es einfach bei allen "Ehemaligen" Besitzern gleich und zieht ihr Ding durch. Denn bei uns musste Sie eigentlich keine Angst haben, dass wir (ups, Gewohnheit) ICH Sie spontan besuchen kommen. Ein Weg war fast 700km weit und dann wieder zurück.


    Aber ist eine plausible Erklärung, die mir jetzt auch völlig einleuchtet.

    Ich danke Dir dafür.


    Liebe Grüsse Thomas