Die Zeit besiegt das Leben

  • Passiert mir albot, dass ich in wir oder uns -Form denke. Kanns manchmal immer noch kaum glauben. Wie ein böser Traum, so unreal. Beim Reden wie beim Schreiben, rutsche immer wieder in die Paar-Form.

    Will mich eigentlich auch gar nicht an die doffe Ich-Form gewöhnen. Würde viel lieber bei der Wir-Form bleiben.


    Alles im WIR und nichts im ICH.... das Leben hatte leider andere Pläne.

  • Hallo Thomas

    ich sehe das auch so wie Uwe. Ein Welpe braucht am Anfang sehr viel Zeit und es ist Arbeit einen Hund zu erziehen.

    Wir hatten gleich nach dem Unfall auch überlegt wie wir das mit unserem Labbi jetzt regeln und auch überlegt ihn wegzugeben.

    Meine Frau ist meist zwei mal täglich eine Stunde und mehr mit ihm spazieren gegangen. Sie hat ihren Bankjob auf 8 Stunden wöchentlich reduziert und dadurch war der Hund maximal mal 2 Stunden allein zu Hause. Ihr war wichtig daß wenn wir uns einen Hund anschaffen, dass dieser auch ein schönes Leben haben soll.


    Eine liebe Nachbarin deren Hund verstorben und die öfters schon mit meiner Frau mitgegangen war hat sich sofort angeboten den langen Morgenspaziergang mit unserem Hund zu machen. Sie und Ihr Mann wollen sich keinen Hund mehr anschaffen weil der Tod ihrer Hündin sie sehr getroffen hat.

    Ich bin jetzt froh daß wir ihn haben ihren Guten und er ist auch ein Kamerad für meinen Jüngsten der gern mit ihm kuschelt.

  • An der Beerdigung meiner Frau kamen viele, die meisten meiner Arbeitskollegen. Alle haben gewusst, dass wir wieder einen jungen Hund zu uns geholt haben.

    An dem anschliessenden Apero hat ein Arbeitskollege, welcher in unserer Firma in der Betriebskommision ist gesagt. Schau, wir wissen das du im Moment ein Problem damit hast, wo du den Hund tagsüber hingeben kannst. Darum habe ich als Mitglied der Betriebskommision die Geschäftsleitung angefragt, ob es nicht möglich sei in unserer Abteilung einen Hund zu haben.

    Ihr müsst nun wissen, dass ich in einem Spital arbeite und zwar im Technischen Dienst. Unsere Büros sind zuunterst im 3. Untergeschoss. Wobei von der Nordseite unsere Büros einen ebenerdigen Eingang haben und wir auch Fenster und Tageslicht. Von der Südseite, wo der Haupteingang ist, muss man halt vom EG ins unterste Geschoss fahren um zu uns zu gelangen.

    Als mein Kollege mir das so am erzählen ist und er beim Punkt mit "Geschäftsleitung fragen" ist habe ich gelächelt. Naja... wirklich eine nette Geste... aber ist ja unmöglich habe ich gedacht.

    Habe halt angefragt, sagt er und sie hätten Ja gesagt und den Hund bewilligt, Voraussetzung das er das 3. UG nicht verlassen darf, sprich: natürlich kein Patientenkontakt.


    Ich habe geglaubt, ich höre nicht recht... hätte ich nie gedacht. Kurz gefreut, aber leider ist das bei einem Welpen auch nicht machbar, dass er 8 Stunden in einem Büro liegt und vielleicht 2-3 mal eine Runde kurz laufen kann. Der muss ja soviel lernen, muss die Welt entdecken, all die feinen tollen aufregenden Gerüche die es überall gibt zu untersuchen. Sozialkontakte, wau, das Leben ist so neu und aufregend.

    Wäre er schon 1 Jahr alt gewesen, hätte ich es mir ernsthaft überlegt, da wäre die wichtige Prägungsphase ja vorbei gewesen. Aber so.

    Habe gesehen, wie wichtig eine enge Bezugsperson bei einem Hund ist, meine Frau war Hausfrau und unser voriger Hund ist ihr am liebsten nie von der Seite gewichen. Nach dem Motto: Am liebsten immer ganz nahe bei meinem Frauchen.
    Trotzdem das es nicht geklappt hat, manchmal wird man im Leben doch immer wieder überrascht, was alles möglich wäre. Hat mich zumindest sehr gefreut und auch positiv überrascht.


    Da fällt mir gerade ein:

    Gestern habe ich unserem Sprüche-Wochenkalender wieder ein Blatt abgerissen und der neue Leitsatz lautet für diese Woche:


    Die kleinen Dinge?

    Die kleinen Momente?

    Sie sind nicht klein


    (Jon Kabat-Zin)

  • Bei deiner Geschichte mit dem Hund kann ich mich den anderen nur anschließen und zwar weil der Kleine noch so jung ist und mit Sicherheit eine schöne Zukunft vor sich hat. Aber es ist auch sehr tröstlich, dass du deinen Hund auch mit zum Arbeiten hättest nehmen können. Das sind echt Kollegen die mitdenken und mitfühlen. Und wenn dein Hund bereits älter und länger bei euch gewesen wäre, wäre es die richtige Entscheidung gewesen ihn zu behalten und für diesen Fall wäre es eine Erleichterung gewesen.

    Trotzdem macht es mich traurig, dass du auch diesen Verlust noch verkraften musstest.

  • Irgendwie stimmt es schon, liebe indian summer, ich bin dir für deinen Buchtipp sehr dankbar. "Männer trauern anders" ich habe es mir soeben bestellt.

    Hätte mich jemand vor 4 Wochen gefragt, hätte ich gesagt ich habe "alles im Griff" jaja, ich merke schon es wird besser und was.... ein Bier,,, ja gerne.


    Vielleicht ein wenig übertrieben, aber... schwierig zum beschreiben...ich habe ca. 3 Monate gedacht, ich sei eigentlich auf einem guten Weg. Habe eigentlich alles mit mir selber ausgemacht, zuhause hat es viel Tränen gegeben, ich habe viel geheult wenn ich in meinen geschützten 4 Wänden war, habe mit dem Schicksal gehadert und den Tod verflucht.

    Ich habe in meinen Ferien, den Termin plante ich anfangs Jahr noch mit meinem Schatz, Wanderungen in den Bergen unternommen, Motorrad fahren und sonstiges, aber überall habe ich immer mit meinem Schatz geredet, "Dir hätte es hier auch gefallen" , "hier waren wir auch schon, weisst du noch". etc. etc.

    Irgendwann, ich weiss nicht mehr wann, wurde das Bedürfniss über mein Schicksal zu reden immer grösser. Ich kann den ganzen Abend mit mir selber laut reden, fragen wie es weitergehen soll, fragen wieso es passiert ist, fragen wieso ich plötzlich alleine bin. ... es gibt niemand Antwort.

    Ich habe in unserer Firma echt super Kollegen, liebenswert, kollegial, zum Teil wirkliche Freunde (so glaube ich). Wie die Geschichte mit dem Hund ins Geschäft nehmen, wo gibt es denn sowas.

    Oh man, es ist schwer zu erklären, von diesen 15 Kollegen, waren 11 an der Beerdigung meiner Frau, die anderen konnten zum Teil nicht und anderen war es nicht wichtig genug. Kann ich akzeptiern, viele, aber nicht jeder hat meine Frau gekannt.

    In den ersten 4 Wochen wurde ich von 3 Kollegen gefragt, wie es mir geht. Meine Antwort " Es ist schwer, aber das Leben geht ja weiter".

    Nach 2 Monaten hat mich noch jemand gefragt wie es mir geht. Gleiche Antwort von mir. Nicht, weil ich keine Auskunft geben wollte, nicht weil ich nicht gerne geredet hätte darüber, aber irgendwie finde ich, man spürt sehr schnell ob man sich öffnen kann oder nicht.

    Seither fragt mich niemend mehr.

    Das Vertrauen muss da sein und vorallem, ich weiss nicht wie man es sagt, das Interesse vom gegenüber? Oder die richtigen Fragen? ich weiss es nicht. Oder, das Gefühl verstanden zu werden. Ja, genau.

    Auf jedenfall habe ich je länger, je stärker gemerkt, dass es so nicht weiter geht und ich in eine Sackgasse laufe. Ich weiss nicht mal warum ich es gemerkt habe, ein Gefühl, irgenwie komme ich nicht weiter, irgend etwas frisst in mir.

    Ich bin zum Schluss gekommen, ich muss reden, irgendjemand muss ich meine Sorgen, meine Ängste, meine kleinen Hoffnungen, meine ganze Geschichte erzählen.

    Nur habe ich immer das Gefühl, das von meinen Kollegen all dies niemand hören will. "ja, kommt schon wieder", ich weiss gar nichts mehr was sie so sagen, es fragt ja auch niemand mehr. Und auf jemand zugehen und fragen "Hey du, mein Arbeitskollege kann ich mir dir über meine Trauer reden" das kann es ja auch nicht sein.

    Was ich damit sagen will, meine Kollegen sind absolut hilfsbereit, würden das letzte Hemd für mich geben, finanziellle Sorgen- kein Problem wir helfen, Auto am Arsch...kein Problem...wir helfen... wir helfen... wir helfen.

    Aber sobald es um Gefühle geht, sobald ich einwenig versuche meine Lebenslage zuerklären, .... es kommt nichts... das spürt man ja sofort, egal bei wem, hat es Sinn das ich mich öffne oder bringt es nichts. Ich spüre dies nach dem ersten Satz, ja, der / die versteht mich oder eben nicht.

    Wie hat Martin Kreuels, der Autor des Buches " Männer trauern anders" in einem Interview auf die Frage wieviele Männer an seine Buchvorstellungen kommen gesagt. Zu 95% kommen Frauen. (habe das Interview auch erst gestern gelesen)

    Frauen haben bei diesem schwierigen, existentiellen (wie schreibt man das?) hochemotionalen Thema Trauerbewältigung, einen grossen Vorteil, dass Sie über ihre Gefühle viel offener reden können und viel feinfühliger sind. Darf ich das so sagen?

    Oder hat das gar nichts mit Männern und Frauen zu tun?

    So, mittlerweile bin ich ein wenig durch den Wind, was wollte ich eigentlich ursprünglich sagen?

    In den letzten 2 Wochen habe ich irgenwie gespürt, dass ich meine Trauer nur bewältigen kann, wenn ich reden kann mit jemandem. Ich muss meine Geschichte, mit all den unterschiedlichen Emotionen rauslassen. Angst, Wut, Einsamkeit, Trauer, Hilflosigkeit, Mutlosigkeit, Hoffnung, Sterben, Tod, Lichtblick und so weiter. Wichtig ist das ich es rauslasse, aber noch viel wichtiger ist, dass überhaupt irgendjemand zuhört.

    Darum bin ich froh in diesem Forum gelandet zu sein. Ein Lichtblick in der Dunkelheit.

    Danke euch allen <3<3 ihr gebt mir Hoffnung. <3<3


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • Hallo Globi,


    hab in letzter Zeit wenig Zeit zum hier lesen, habe heute erst deine Geschichte überflogen. Herzlich willkommen und herzliches Beileid.

    Ich bin auch eine die dich sehr gut verstehen kann, all deine Worte und Ausdrücke. Mein Mann ist vor 7 Monaten mit 54 Jahren an

    seinem über 3 Jahre langen Krebsleiden verstorben, wobei wir bis zum Schluss dachten, dass die Chemo wieder alles gut macht und

    zusammen alt werden können. Wir sind 35 Jahre zusammen und im Juli wären es 32 Jahre gewesen, dass wir verheiratet sind. Haben

    2 Töchter und 2 Enkelkinder von denen er das 2. leider nicht mehr erleben durfte. Du siehst, ich schreibe oft noch in wir-Form, weil

    ich es auch nicht ändern will. Und somit siehst du, das ich das ganze nicht akzeptieren will und kann. Haben zur Zeit viele Familien

    feste, am Sonntag war Taufe unseres Enkelsohnes morgen hat mein Schwiegervater seinen 80. Geburtstag. Komm vom Tortenmachen

    nicht raus und frag mich bei jeder warum er keine mehr essen darf. Heute habe ich das Marmeladenglas wieder mal nicht aufbekommen.

    Was hätte ich sonst gemacht, mein Mann hätte mir geholfen, und dann musste ich schon wieder mal weinen. so verlassen fühle ich

    mich auf dieser Welt. Ich vermisse ihn täglich, kurz nach dem aufwachen, nachdem ich mir sage, Karl-Heinz ist gestorben. Sonst realisiere

    ich es nicht gleich. Dann weine ich zum 1. Mal am Tag. Das letzte Mal weine ich, wenn ich die Nachtischlampe ausmache und ihm einen

    gute Nacht Kuss gebe. Es ist bei mir zwar schon über 7 Monate her, aber keineswegs besser geworden im Gegenteil, ich kann und will ohne

    seine zärtliche Liebe nicht leben. Mein Leben wird nie mehr so, wie es war, ich hatte einfach den besten Mann der Welt und der wurde mir

    genommen. Ich lebe jeden Tag ab und warte auf ein Wiedersehen und Wiederlieben mit ihm auf der anderen Seite.

  • lieber Thomas

    Ich glaube,es ist so oft die Reaktion der Umwelt.Anfangs tiefe Betroffenheit.Und dann nach ein paar Wochen Unverständnis und auch oft Äusserungen wie "du musst doch wieder.Das Leben geht weiter.Du brauchst nicht alleine zu sein.Geh doch mal raus usw"

    Ich glaube,wer es nicht erlebt hat,seinen Partner zu verlieren,weiss nicht,was derjenige durchmacht.

    Lass dir Zeit.Die Zeit für deinen pers.Weg.


    Wenn du mit gleichbetroffenen reden willst: Oft haben Hospize Trauerbegleitungen oder Trauercafes.Auch Klöster bieten oft was zum Thema Trauer an,was oft auch nicht an eine Religion gebunden sein muss.

    Hier wird empfohlen,so Trauerwochenenden ,wo man hinfahren muss usw aber erst nach circa einem Jahr nach dem Tod zu besuchen.Weil man wegfährt,die Atmosspäre dort gut ist,man gleichgesinnte trifft,sich verstanden fühlt usw und dann wieder in die leere Wohnung zurückkommt.

    Es gibt in D auch Kuren extra zu dem Thema.Aber auch die wollen eine Zeitspanne zwischen Tod und Kur.


    Ich finde es auch gut,dass jetzt eine Männerrunde hier ins Forum gekommen ist.Vielleicht könnt ihr ja mal miteinander telefonieren.Mir haben anfangs Telefonate auch sehr geholfen.


    Und schau auch auf das,was du alles gut schaffst momentan.Trauer ist Schwerstarbeit.

    Einen erträglichen Tag

  • Lieber Thomas,

    ähnlich wie Indian Summer frage ich : gibt es in deiner Nähe irgendwelche Trauergruppen, Trauercafé? In manchen (leider nur ganz wenigen Orten) werden Stammtische für trauernde Männer angeboten.


    Ich denke nicht, dass Menschen, die keinen Partner verloren haben, nicht empathisch sein können.

    Ich habe meinen Mann Gott sei dank noch. Trotzdem lese ich beeindruckt und berührt was ihr hier schreibt,

    begleite Witwen und Witwer in der Trauer und frage auch nach Jahren, wie es ihnen geht. Es hat nicht unbedingt

    mit dem zu tun, ob ich schon das selbe erlebt habt, sondern ob ich den Mut habe, eure Antworten zu lesen/ zu hören.

    Und im Hören braucht es nochmal mehr Mut, denn das was in mir passiert, wenn du etwas erzählst, das mich sehr berührt,

    das bekommst du mit. Deshalb ist in der Trauerbegleitung auch ein Wort wichtig:

    unerschrocken zuhören.


    Leider passiert es immer wieder, dass trauernde Menschen ihr Umfeld "trösten" müssen, wenn sie erzählen,

    wie es ihnen geht. Nehmen wir nur die Worte: "Es geht mir nicht gut, doch es muss irgendwie weiter gehen!"

    Auch das ist schon ein Abschwächungsversuch. Unerschrockenes Zuhören verlangt nicht nach Abschwächungen

    sondern fragt noch nach: "Und wie äußert sich das nicht gut?" Oder einfach: "Erzähl mal, wenn du magst."


    Und das ist genau das, was hier im Forum gelebt wird. Ihr dürft schreiben und merkt, dass ihr gelesen werdet. Ihr

    werdet wahr genommen.

    Und manchmal braucht es Menschen, die ich sehen und spüren und hören kann. Dafür gibt es Trauergruppen usw.


    Ich wünsche dir lieber Thomas einen Lichtblick in der Dunkelheit.

    Lg. Astrid


    Ps. wenn du magst können wir ja mal überlegen, welche Möglichkeiten es auch gäbe die Arbeitskollegen als Gesprächs-

    partner zu gewinnen.

  • Liebe Marriab


    Auch dir möchte ich mein Beileid ausdrücken. Der Schei...kerl Krebs hat schon manchen lieben und guten Menschen auf die andere Seite geführt. Meine Frau ist zwar nicht an Krebs gestorben, aber mein Vater hatte Lungenkrebs und hat auch lange gekämpft und sehr gelitten.


    Es ist so, unsere geliebten Partner fehlen an allen Ecken und Enden. Bei vielen Kleinigkeiten, wo man früher einfach "Schatz" gerufen hat, ist man jetzt auf sich alleine gestellt. Ich koche zwar wirklich gerne, aber bei gewissen Gerichten, frage ich mich z.B. immer noch, wie hat Sie das bloss gemacht, dass es so gut schmeckte. Ich krieg's einfach nicht hin und so geht's mir bei vielen Dingen.

    Es ist schön, dass du auch 2 Töchter hast. Ich habe einen Sohn und sehe vielmals in ihm auch meine Frau wieder. Dies schmerzt zwar auch, aber ich bin auch froh, dass Sie in Ihm auch weiterleben darf. Ihr Fleisch und Blut, ein Teil lebt so von ihr weiter. Das hilft mir auch viel, es ist nicht einfach das Ende und nichts mehr, es wurde vor 23 Jahren etwas geschaffen, dass uns beide, meine Frau und ich, in sich trägt. Wenn ich meinen Sohn sehe, erinnert er mich immer auch an meine Frau. Es schmerzt zwar auch aber es gibt auch ein Gefühl des doch noch Verbundenseins und des Weiterlebens. ich bin natürlich auch sonst verbunden mit ihr...hört sich jetzt ein wenig komisch an aber ich denke, hoffe du weisst was ich meine.


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • Liebe indian summer


    Im Moment fahre ich auf meinem persönlichen Weg einfach gerade aus. Tempomat drin, so dass ich möglichst wenig entscheiden muss, wie es weitergehen soll. Es kommen zwar immer wieder Ausfahrten, links wie rechts, aber im Moment geht es nur geradeaus. Ich kann mich für keine Ausfahrt entscheiden, dass heisst ich bin froh, dass ich eigentlich Zeit habe und das keinerlei Entscheidung im persönlichen Bereich an mir nagt, wo ich mich schnell entscheiden muss.

    Wie du sagst, so versuche ich mir Zeit zu geben, die Trauer und somit auch der weitere Weg lassen sich nicht beschleunigen. Man muss einfach durch, auch wenn es wirklich schwer ist und ich vielmals denke ich bin am Anschlag.

    Ansonsten habe ich mir auch, wie Tigerlilly gesagt, keine relevanten Entscheidungen die ich nicht mehr rückgängig machen kann im ersten Trauerjahr.


    Im Moment hilft es mir hier enorm, ich fühle mich gut aufgehoben und verstanden. Es stimmt im Moment so für mich, Trauergruppen etc. wären dann ev. später eine Option. Dies wird die Zeit ergeben, aber ich bin froh, dass ich weiss, dass es solche gibt.


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • Liebe Astrid


    Danke für deine lieben Worte.


    Leider passiert es immer wieder, dass trauernde Menschen ihr Umfeld "trösten" müssen, wenn sie erzählen,

    wie es ihnen geht.

    Unerschrockenes Zuhören verlangt nicht nach Abschwächungen

    sondern fragt noch nach: "Und wie äußert sich das nicht gut?" Oder einfach: "Erzähl mal, wenn du magst."

    Das ist das, dass sehr schwer ist, Nicht zu trösten, nicht zu beschwichtigen und keine Abschwächungen.

    Der Mutter einer guten Freundin geht es im Moment sehr schlecht, auch der Schei..typ von Krebs. Wir haben gestern einen Moment lang zusammen geredet, sie hat erzählt, wie es der Mutter im Spital ergeht, die Chancen, die Hoffnungen. Im Laufe des Gesprächs hatte sie immer mehr Tränen in den Augen, musste das Weinen verheben (waren auf der Arbeit) auch ich hatte Tränen in den Augen. Und in diesem Moment nur zuhören, nicht beschwichtigen, nicht gut zureden sondern einfach still zuhören was Sie zu sagen hat, das Bedürfniss zu reden nicht zu unterbrechen egal was gesagt wird. Das habe ich als eine enorme Herausforderung empfunden. Ich habe mich das eine oder andere Mal erwischt, wo ich "abgeschwächt" habe. Versucht habe ein wenig "direkte Konfrontation mit dem Schmerz" zu vermeiden.

    Es ist mir erst später zuhause (dank dem Forum hier) klar geworden, dass ich dies unbewusst als Eigenschutz getan habe. Richtiges Zuhören muss man wirklich lernen.

    Mein tiefen Respekt vor Menschen, die dies wirklich können. Denn es ist äusserst schmerzhaft. Ich kann es (noch) nicht.


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • lieber Thomas

    Ich denke,es ist richtig,momentan gar nichts zu entscheiden und alle Kraft fürs Überleben zu nutzen.

    Wir wollten die Situation so nicht und jeder Trauernde muss sich erst einfinden in dieses neue Leben.

    Einen erträglichen Tag heute

  • Lieber Thomas,

    in deiner Situation - der tiefen Trauer - ist es auch ein bisschen viel verlangt, sich auch noch so ganz mit den Sorgen und der Trauer von anderen Menschen auseinander zu setzen. Du schreibst, dass du es (noch) nicht kannst. Lass das noch doch aus der Klammer heraußen. Du kannst es noch nicht. Und jetzt ist auch wichtig, den eigenen Schutz zu erhalten.

    Ich wünsche dir einen Menschen, der dir so zuhört, wie du deiner Freundin zugehört hast. Aufrichtig, berührt und ehrlich.


    Lg. Astrid.

  • Heute ist ein spezieller Tag.

    Heute vor genau 4 Monaten ist meine Frau gestorben. Todestag. Wie sich das nur schon anhört.


    Die Gefühle sind schwierig zu beschreiben, manchmal kommt es mir vor, es ist erst gerade passiert. Ich sehe meine Frau noch überall, spüre Sie in der Wohnung. Sehe ihr Gesicht ständig vor mir, wie wenn alles erst gestern passiert sei. Es ist alles so noch so präsent. Die Gedanken an dieses Drama, jede Einzelheit klar und deutlich fühlbar mit aller Verzweiflung, Panik und Schmerzen, die ich dort gefühlt habe. Die Liebe, das Lachen, die strahlenden Augen, ihr Geruch, alles klar und deutlich da.


    Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, dass ich jetzt schon so lange alleine bin. Es kommt mir eine Ewigkeit vor, seit Sie mich verlassen hat. Die langen und einsamen Abende, wo ich alleine zuhause bin. Kein Geräusch in der Wohnung, kein Leben, kein Gemeinsam. Jeder Tag gleicht mehr oder weniger dem anderen, die Abwechslung, Freude , das Gemeinsame fehlt. Mir kommt es vor, dass das jetzt schon eine Ewigkeit so ist.


    Es sind erst 4 Monate vergangen. Aber irgendwann muss es besser, anders werden. Weil, kann mir nicht vorstellen, dass man mit dieser Intensität der Trauer ewig fertig werden könnte.


    Ich wünsche euch einen schönen und auch erträglichen Tag

    Thomas

  • Lieber Thomas,

    so blöd es klingen mag, doch ich möchte dir gratulieren.

    Wozu?

    Zum Bestehen des ersten Jahres. Das Jahr in dem jeder Tag ein erstes Mal überlebt wurde, ohne deine Frau.

    Du hast Weihnachten, Geburtstage, Hochzeitstag, Ostern, und viele einzelne Tage geschafft.

    Vielleicht hast du schon eine Idee, dass es darum schaffbar ist. Auch wenn es nicht leicht war und auch nicht

    leicht werden wird.


    Ich denke an dich und wünsche dir für diesen besonderen Tag ganz viel Kraft und dass du eure Liebe ganz

    tief in deinem Herzen spüren kannst.

    Sei lieb gegrüßt

    Astrid.