Das Trauerjahr ist genau das, was Frank beschrieben hat:
Jeden einzelnen Tag zum ersten Mal ohne die geliebte Person erlebt.
Es heißt nicht, dass es danach wieder "gut" ist und ich kann Gabi vollen Herzens zustimmen, dass sich die Trauer verändert. Und das kann auch schmerzvoll sein. Manche Situationen sind auch nach einem Jahr noch so, dass man feststellt: Es ist wirklich wahr ... ist tot! Diese Momente tun immer wieder weh. Es ist schmerzhaft. Und es verändern sich auch die Trauerwellen. Manchmal gibt es schon sanfte Stunden - was in den ersten Tagen nicht denkbar war, da waren es vielleicht halbe Augenblicke.
Trauer dauert - und sie dauert unterschiedlich lange. Wenn man von 2, 3 und 4 Jahren spricht möchte ich euch auch eine Angst nehmen. Die Trauer verändert sich immer weiter und wird immer sanfter, auch wenn euch zwischen durch wieder ein Orkan erwischt, der sich anfühlt, wie am ersten Tag. Die Trauer ist nicht so intensiv wie am Anfang und hört dann plötzlich auf. Ihr werdet langsam und zaghaft und stetig in das neue Leben hineinwachsen. Und vielleicht blickt ihr nach drei oder vier Jahren zurück und fragt euch: Wo hat es aufgehört?
Das ist mir immer wieder passiert. Ich definiere meine Trauerzeit mit guten 3 Jahren. Und in diesen drei Jahren habe ich immer wieder einmal gedacht: Wann hat das aufgehört? Zuerst war dieses schmerzhafte Weinen, das aufhörte und ich konnte nicht sagen, wann es war. Laut Tagebucheinträgen schätze ich nach gut einem Jahr. Da hörte es auf, mich so zu beuteln, dass ich ständig diesen Kloß im Hals hatte und entweder laut und krampfhaft weinen musste oder hart schlucken musste, damit ich irgendwie in der Situation funktionieren konnte. Das hatte ich zuletzt 12 Tage nach dem ersten Jahrestag. Davor wurde es stetig weniger. Am Anfang war es öfters am Tag da. Dann eine Zeitlang immer nach dem Mittagessen und irgendwann nicht mehr täglich, dann nicht mehr wöchentlich und dann nicht mehr monatlich und irgendwann hatte ich am 15.7.2004 den letzten Tagebucheintrag, in dem ich von diesem schmerzhaften Weinen schrieb.
Geweint habe ich öfters und auch heute weine ich noch. Doch es tut nicht mehr weh, sondern es erleichtert.
Ich hoffe ihr könnt was anfangen mit meiner Geschichte und könnt euch vielleicht auch schon ein bisschen darin finden. Und bedenkt bei mir ist es bald 16 Jahre her. Und Aaron ist für immer in meinem Herzen. Ich bin ihm näher gekommen und er ist in mir zu Hause. Niemand kann ihn mir mehr nehmen - auch nicht mein eigener Tod.
Seid lieb gegrüßt
Astrid.