Leben ohne meinen Lebensmenschen

  • Guten Abend an alle in diesem einen Boot!


    Ich bin Bea, und ich trauere um meinen Lebensmenschen, meine Frau Jade,

    und das seit 31 Monaten.

    So lange schon und so kurz.

    In diesem Sommer bin ich auf das Forum hier gestossen,

    hab hier manche Stunde gelesen, mitgelitten, den Kopf geschüttelt, mich "erkannt" gefühlt -

    und dann beschlossen: wenn irgendwie öffentlich, relativ anonym und doch Inneres preisgebend - dann hier.


    Hier bin ich also.

    Nicht ganz frisch trauernd, wie viele von euch.

    und doch: mittendrin, (vergesst das eine Trauerjahr...), bin am Scherben zusammen sammeln und dabei,

    daraus und aus neuen Elementen mein neues, anderes Leben aufzubauen.

    MIt kleinen Schritten, die ich oft erst im Nachhinein als solche erkenne...


    Ich bin Mitte 50, Jade und ich waren 19 Jahre ein Paar, 5 davon verheiratet.

    Also: "Eingetragene Lebenspartnerschaft".

    Wir haben keine Kinder.


    Jade hatte eine seltene Knochenmarkserkrankung, mit der sie 10 Jahre relativ gut leben konnte.

    Dann verschlechterte sich alles,

    und bevor sie eine Stammzellentransplantation erhalten konnte (wir waren schon auf der Zielgeraden),

    kam eine Myelofibrose, dann Organ-Versagen dazu.

    Sie starb in der Klinik, ich war dabei. (Hatte dort ein Bett).


    Ich bin noch nicht in meinem Leben ohne J. angekommen.

    eins von vielen Themen: wohlmeinende Menschen, die genau wissen, was mir gut tut.

    Das eigentliche Thema: Abgrenzung von solchen Menschen.


    Erst mal so viel von mir.

    Da kommt noch eine ganze Menge.


    Ich grüße euch noch unbekannt -

    und freue mich auf Austausch, Anregung - und ein Stück Weg gemeinsam gehen!


    Bea

  • Liebe Bea


    Nun heisse ich dich in deinem eigenen Thread nochmals herzlich wilkommen hier im Forum. Schön, dass es geklappt.

    Und schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast - in dieses Forum.


    Mein Mitgefühl zum Verlust deiner lieben Frau - deines Lebensmenschen. Ein schöner Ausdruck.

    Hier wird dir zugehört und hier kannst du Dich mitteillen, soviel oder sowenig du willst. So wie es für Dich passt.


    Liebe Grüsse

    Thomas

  • Danke, Thomas


    gleich ist es etwas weniger anonym.

    bin das erste mal überhaupt in einem Forum unterwegs -

    und noch etwas unsicher, auch vorsichtig, was das Preisgeben so ganz privater, ureigenster Dinge angeht.

    aber das wird...


    könntest du mir noch dabei helfen, ein Foto anzubringen?

    das wäre fein!


    meint

    Bea

  • Hallo Bea,

    herzlich willkommen und mein Beileid zu deinem Verlust!

    Ich kann gut verstehen, dass du noch nicht in deinem neuen Leben angekommen bist, ich frage mich, ob das überhaupt jemals so ganz möglich ist, oder ob man sich einfach nur an dieses teilamputierte Leben allmählich gewöhnt ...

    Ja und die wohlmeinenden Menschen - ich weiß inzwischen von jedem meiner noch so entfernten Bekannten den Herzenswunsch. Denn diese Herzenswünsche werden mir wohlmeinend als vorschlag zur weiteren Lebensgestaltung unterbreitet.

    Und wenn ich sage ich fühle mich leer und überflüssig kommen wie aus der Pistole geschossen, die Vorschläge, bei welcher Organisation man am Besten sein Helfersyndrom ausleben kann^^


    Dein Bild einfügen geht so:

    Du klickst rechts oben auf diesen Kreis, der dann später dein Bild enthalten sollte, dann kommst du zum "Kontrollzentrum"

    Der 2. Punkt von oben ist "Benutzerkonto" (Verwaltung.Avatar.Signatur) - dort klickst du auf "Avatar" und dann kannst du dein Bild von deinem Rechner hochladen, wie groß es sein darf, steht dabei.

  • Liebe Tigerlily,

    vielen Dank für das Willkommen- das tut mir gut!


    und danke für die Hinleitung zum Foto-einstellen - wie du siehst, hat es geklappt.

    Das Foto zeigt meine Hündin, Überlebenshelferin,

    wie auch der Kater, der gerade auf meinem Schoss sitzt und mitschreibt...


    zum Glück bin ich müde,

    deshalb : Grüße zu dir hin!

    ich freue mich auf weitere Begegnungen -


    Bea

  • Liebe Bea, auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns.

    Schön, dass du da bist - und uns so lange "geprüft" hast, ob wir für dich passen.


    Das Trauerjahr hat schon seine Berechtigung: Es ist das erste Jahr, in dem alles das erste Mal ohne den geliebten Menschen passiert.

    Das Trauerjahr ist KEIN ENDE der TRAUER. Das ist so, wie du es siehst. Möchte nur den Begriff Trauerjahr nicht so einfach als unwirklich wissen wollen.


    Deine Zeit ohne Jade, die Zeit der Krankheit, die Zeit mit Jade, es ist eine schwere Zeit. Auch nach einer scheinbar langen Zeit, die manchmal sein wird, als wäre es gerade gestern gewesen. Du bist noch nicht angekommen im Leben ohne Jade - und doch hast du schon eine Ahnung davon, dass es funktionieren könnte.


    Liebe Bea, ich bin froh, dass du vorsichtig bist - vorsichtig mit dir, wenn es um deine Trauer geht und vorsichtig mit dir, wenn es um die Öffentlichkeit dieses Forums geht. Gib nie mehr Preis, als du möchtest.


    Sei lieb gegrüßt

    Astrid.

  • Liebe Astrid,

    danke auch dir für das herzliche Willkommen.


    Und- ja, das erste Trauerjahr ist besonders besonders... alles zum ersten Mal.

    ich soll etwas können, was ich nie geübt habe, nie üben konnte.

    und ich will es gar nicht können, alles sträubt sich.


    "J.kommt nicht mehr. Jeden Tag muß ich es neu lernen, wie eine Vokabel, deren Bedeutung ich mir einfach nicht merken kann"

    -das hab ich einige Wochen nach Jades Tod aufgeschrieben.


    Jetzt, nach zweieinhalb Jahren, hab ich die Vokabel in meinen Wortschatz aufgenommen,

    aber es ist ein Fremdwort, das mir oft im Hals stecken bleibt.


    Ich grüße dich

    und wünsche allen einen Tag mit hellen Stellen


    Bea

  • Liebe Bea,

    das ist eine wunderbare Erklärung. Eine Vokabel, die man mühsam lernen muss und deren Bedeutung nicht ins Hirn mag - und schon gar nicht in das Herz oder die Seele. Und darum bleibt das Fremdwort im Hals stecken, wie ein Fremdkörper - der nicht zu dir gehören mag.


    Auch dir helle Momente an diesem Tag.

    Lg. Astrid.

  • Liebe Bea,


    ich möchte Dich hiermit recht herzlich im Forum begrüßen.


    Herzlichstes Beileid zum Verlust deiner geliebten Jade. Ich bekomme natürlich Angst. Deine Trauer besteht seit 31 Monaten, meine am morgigen Tag 4 Monate.

    Wie Du so "schön" sagst:"

    Nicht ganz frisch trauernd, wie viele von euch.

    und doch: mittendrin, (vergesst das eine Trauerjahr...), bin am Scherben zusammen sammeln und dabei,

    daraus und aus neuen Elementen mein neues, anderes Leben aufzubauen.

    Wie hast Du es 31 Monate geschafft, wenn ich bei 4 Monaten schon das Gefühl habe, dass ich weitere Monate nicht durchhalten kann ??

    Woher kommt diese Kraft ??


    Danke für das tolle Bild deiner Überlebenshelferin.

    Prinz ist schon voll verknallt in diese Dame.



    Leider bin ich zur Zeit bei einem Tiefpunkt angekommen,

    aber würde mich gerne ab und zu auf deiner Seite äußern,

    wenn mein Geist wieder etwas wacher ist,

    wenn ich darf.


    Mit freundlichen Grüßen aus dem Solling,


    Uwe & verknallter Prinz

  • Lieber Uwe,


    ich musste lachen, als ich mehrere deiner Beiträge der letzten Stunde gelesen habe - (Prinz betreffend...).

    dann fiel mir auf, dass die Lachmuskeln deutlich angestrengt waren und etwas ungelenk...

    sie wurden sträflich vernachlässigt und schon länger nicht mehr eingesetzt...


    danke für die Lachmuskel-beweg-übung!


    Lovis weiss noch gar nix von bevorstehendem Glück -

    ich hab ihr das Prinzenfoto noch vorenthalten...


    ich melde mich später nochmal


    Bea

  • Liebe Bea,


    ein schönes Wort: Lachmuskel-beweg-übung !


    So lange wie Rosi bei mir war, da konnte ich LACHEN. Selbst als es ihr schon sehr schlecht ging.


    Vor ein paar Tagen stand ich vorm Spiegel um zu LACHEN. Es war nur eine Grimasse, die mich da anschaute.

    Rosi sagte immer zu mir: "Wenn Leute lachen, dann schaue auf die Augen. Diese zeigen das wahre Denken. Die Seele lügt nicht."


    Sie hat recht.


    Liebe Grüße,

    Uwe & verknallter Prinz.

  • Der Humor, der uns beiden so wichtig war (auch sehr schräg...), ist zum Glück nicht mit Jade gestorben!

    Ein weiterer Überlebenshelfer!


    Das Weinen liegt ganz nah beim Lachen -

    die schliessen sich kein bisschen aus!


    Zum Glück!

    Zum Lachen!

    Rosi hat recht!

  • Liebe Bea,


    entschuldige bitte die erneute Störung.


    Prinz sprach mich gerade an:" Frag mal wo es blaue Frisbeescheiben gibt ? Der Sport hat mich schon 13 Jahre verfolgt. Möchte auch mal so lässig fotografiert werden. Brauchst die Scheibe nicht werfen, nur mir anreichen und FOOOOTO."


    Ja Bea,

    da hast Du wirklich was TOLLES angezettelt. Habe vor zwei Wochen einen Ball in die Weide eines Bauern geworfen. Prinz schaute mich nur an. Legte sich hin. Schaute auf den Ball, schaute mich an. Der Blick von ihm. War ich geladen. Konnte den Ball selbst holen. Mussten natürlich Leute aus dem Ort vorbeigehen. Dachte mir, dass es ein Versehen von Prinz war. Warf den Ball wieder auf die Weide. Prinz schaute mich an. Legte sich auf die Seite und gähnte. Ich sage jetzt nicht was die Leute aus dem Dorf machten. Ich sage nur, ich hörte ein zaghaftes Lachen.

    Und jetzt eine FRISBEESCHEIBE. Danke. Danke.


    Liebe Grüße,

    Uwe und plötzlich fast sportlicher Prinz.

  • Lieber Uwe,


    du hast einen schweren Tag vor dir -

    am Dienstag, 6. November 4 ganze lange Monate ohne deinen geliebten Menschen!


    Verdammt lang - und so kurz...

    wie hast du es bis hierher geschafft?


    ich erzähl dir ein bisschen von mir.

    das erste Jahr ohne Jade: es ging mir - ganz gut.

    niemand hatte das erwartet -

    ich hatte immer wieder Depressionen (also früher...) -

    und alle dachten, dass ich jetzt, nach dem Tod meines Lebensmenschen, natürlich, in Depression verfalle.

    bin ich aber nicht.

    das erste dreiviertel jahr nach Jades Tod fühlte sich eher an wie ein flow -

    ich war getragen, von einem enorm grossen Freundeskreis;

    und meine eigene, mir innewohnende Stärke konnte sich neu ausbreiten.


    Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch eine ihm innewohnende Stärke hat.

    die ihm hilft zu leben.


    dieser flow hat nicht angehalten.

    doch: ich lebe immer noch.

    und: ich möchte weiterleben.


    dazu später mehr....


    ich lauf neben dir her, Uwe, morgen, an dem Tag, an dem vor 4 Monaten dein liebster Mensch gestorben ist.

    den ganzen Tag, wenn du willst.

    ich habe Zeit.

    Lovis läuft mit, bringt Äpfel und Stöcke und ist unübersehbar in ihrer Lebenslust.


    Noch keine Herz-Grüße an den stattlichen Rüden -

    sie durfte noch keine Fotos gucken...


    Herzlich

    Bea

  • Wir sind gewillt, Frisbee-Scheiben, deutlich unter Wert, zu verscherbeln.


    Lovis ist 9 Jahre alt, hat ihr Leben lang leidenschaftlich Scheiben gefangen....

    Jetzt möchte ich ihren Gelenken diese nicht wirklich gesunde Sportart nicht mehr zumuten.


    wir behelfen uns mit Such-Spielen, gelegentlichem Stöcke-Weitwurf-Zurückbring-Spiel, Raufereien und -

    also gut, ich zeig ihr dann halt doch mal das Prinzen-Foto...


    Bea mit noch gechillter Lovis

  • Liebe Astrid,


    eine Frage hab ich an dich - sollte ich die woanders stellen als hier, bei mir?

    egal - ich kriegs ja mit, wenn keine Antwort kommt...


    Eine Bemerkung von dir, die du heute in einem anderen thread geschrieben hast, beschäftigt mich:

    "...die Zeit der Trauer ist nicht die Zeit anderen Gutes zu tun und auch nicht die Zeit für sich selber.

    Die Trauer ist die Zeit für den Verstorbenen und dich-..."


    wie meinst du "und auch nicht Zeit für sich selber..."?


    ich erlebe im Lauf dieser elenden Zeit eine Veränderung /eine Verschiebung von dem so brutalen, niemals gewollten Zerrissen-werden des WIR

    hin zu einem ganz zaghaften, brüchigen ICH - da ist ja sonst niemand mehr ausser: ich selber.


    jetzt, beim Schreiben habe ich so eine Ahnung, was du meinen könntest:

    "Zeit für sich selber" als Wohlfühlzeit, in der ich mir Gutes tue, Badewanne, Spazierengehen, gutes Essen und all so was...?

    und Zeit der Trauer ist ja das genaue Gegenteil von mich-wohlfühlen.

    "...bis an den Rand des Aushaltbaren."

    Das schreibst du dann ja auch weiter.


    Meintest du es etwa so?


    Liebe Grüße zu dir hin

    Bea


    P.S.: was sind das für Punkte, die ich da anscheinend ansammle?

  • Liebe Bea,

    dieser Text ist entstanden, weil von außen oft Äußerungen kommen wie: Du sollst mit der Zeit, die du jetzt mehr hast anderen helfen oder sie ganz für dich selber nutzen. Und das ist unmöglich.


    Sich selber Gutes zu tun ist wichtig. Doch es wird selten als Genusszeit empfunden, wie früher. Wenn ich meine Zeit mit einem Buch alleine auf der Couch genieße, dann weil ich weiß, dass meine Familie bald wieder heim kommt. Würde meine Familie nie wieder kommen, wäre diese Zeit beklemmend.


    Das zaghafte Ich, das entsteht langsam und zaghaft, so wie du es beschreibst. Und diesem Ich etwa zu tun, das wohl tut, das ist sehr wertvoll. Doch es darf kein Anspruch von Außen sein, sondern muss in dir selber entstehen. Manchmal mit ein bisschen liebevollem Nachhelfen von außen - doch nie mit einer Erwartungshaltung.


    Ich weiß nicht, ob diese Worte so verständlich sind. Vor allem geht es darum: Lasst euch von außen nicht sagen, was ihr tun MÜSST. Das wisst und erfahrt ihr nur mit euch selber.


    Natürlich darfst du mir bei dir schreiben.


    Die Punkte sind Punkte für Beiträge, die du schreibst. Da musst du dich gar nicht darum kümmern, die sind unwichtig.


    Lg. Astrid.

  • Ja, Astrid,

    dauernd bin ich konfrontiert mit Menschen, die ganz genau wissen, was ich tun muss, damit es mir besser geht.

    (liebevoll nachgeholfen kriegen finde ich wunderbar...)


    erst dachte ich, dass ich doch gar keine Kraft habe, mich auch noch dagegen zu "wehren" -

    immer öfter kann ich jetzt an diesem wohlmeinenden Drängen meine Konturen schärfen.

    und auch rauskriegen, was ich eigentlich will.

    und das dann tun.


    es entsteht eine neue Klarheit, die ich auch zum Ausdruck bringe.

    Sagen, was ich will und was ich nicht will.


    Einige Freundschaften bestehen jetzt nicht mehr, Menschen fühlen sich vor den Kopf gestossen.

    Jedoch ich kann gar nicht anders.

    So was wie: aus den Scherben und Splittern entsteht eine neue/andere Bea, mit teilweise unbekannten, neuen Seiten.

    Auch für mich neu...und gelegentlich verstörend...


    Grüße von

    Bea




  • immer öfter kann ich jetzt an diesem wohlmeinenden Drängen meine Konturen schärfen.

    Konturen schärfen bedeutet auch: sich selber mehr abzugrenzen und sich selber besser kennen zu lernen.

    Mit den schärferen Konturen zeichnet sich dein ICH besser ab.


    Vielleicht hast du Lust, diese Fragen zu beantworten - für dich, oder auch hier.


    Was macht mich heute aus?

    Was ist besonders an der heutigen Bea?

    Was trägt mich, wenn es mir schlecht geht?

    Was mache ich gerne?

    Was mag ich nicht?

    Was hat heute Bedeutung für mich?


    Ein bisschen Konturen schärfen?

    Lg. Astrid.

  • Liebe Bea,


    bin enttäuscht.

    Keine Schlehen vor der Tür.


    Könnt ihr BEIDE denn nur Äpfel und Stöcke herantragen ?


    Okay, wenn nur Äpfel. Aber bitte Boskop. Der ist gut für Rotkohl. So schön SÄUERLICH !!!


    Liebe Grüße an LOVIN von Prinz &

    Uwe


    PS.: Die Reihenfolge hat Prinz bestimmt.