Ihr Lieben,
ich schreibe "ihr Lieben" obwohl ich dieses Forum erst vor ein paar Tagen gefunden habe ... aber seither habe ich einige Beiträge gelesen und so viel Mitgefühl und Verstehen gespürt, das hat mich berührt und es hat mich ermutigt, mich anzumelden und euch von meiner Geschichte zu erzählen ...
Mein lieber Papa ist am 20. September endgültig gegangen ... der Abschied davor ging in Wellen und über mehr als 10 Jahre, blödes Alzheimer meine Mama und mich hat er bis zuletzt erkannt, wofür ich unendlich dankbar bin. Bis zu seinem letzten Tag war ein wunderbarer und lieber Mensch
Als die Diagnose gestellt wurde, sind meine Eltern und mein Mann und ich in ein 2-Familien-Haus gezogen. So konnten wir sie (hauptsächlich meine Mum) all die Jahre gut unterstützen, einkaufen, zum Arzt fahren etc. Meine Mama hat meinen Papa bis zuletzt gepflegt ... die letzten Wochen waren echt schlimm, da musste der Pflegedienst mit helfen ... mein Papa konnte nicht mehr alleine aufstehen und gehen, die letzten paar Tage überhaupt nicht mehr. Meine Mama hat gespürt, dass es zu Ende geht und hat mich gerufen - so haben wir jede eine Hand gehalten ... für ihn habe ich das gerne gemacht, für mich war das furchtbar, sehr schmerzlich so einfach ist das mit dem Sterben nicht, auch wenn man innerlich ruhig und gelassen ist, wie mein Papa es war. Er hatte innerlich Frieden ...
So richtig ausdrücken konnte er sich schon ein paar Wochen nicht mehr ... das hat zwar sowieso im Laufe der Jahre immer mehr nachgelassen, aber jetzt hat er überhaupt keine Worte mehr gefunden ... ich habe ihm in seinen letzten Tagen das Frühstück gereicht, Löffel für Löffel, und mich über jeden Löffel gefreut, den er essen konnte und wollte ... dabei haben wir nonverbal kommuniziert und ich habe bewusst die Entscheidung getroffen, ihn gehen zu lassen. Ich habe gespürt, dass er nicht mehr mag, nach all den Jahren ... und das habe ich ihm nonverbal zugesprochen, dass er gehen kann, darf ... dass es ok ist ... auch wenn es unendlich traurig ist
Das habe ich so noch niemandem erzählt, ist schwer in Worte zu fassen und auch wenn ich es schreibe fühlt es sich chaotisch an ... aber ich denke jeder hier weiß, wie groß das Chaos im Kopf in der Trauer ist ... nur, anderen Menschen kann man das schwer erzählen ... oder ich kann es nicht?
In den letzten drei Monaten funktioniere ich an vielen Tagen, das konnte ich schon immer gut, leider ... ich möchte aber nichts verdrängen, bin bereit, mich der Trauer zu stellen und schreibe deshalb hier ... an Tagen, an denen ich nur funktioniere bin ich erschöpft, müde - Funktionieren ist anstrengend. Und ich habe Angst, dass ich die Trauer verdränge, wenn ich nicht oder nur wenig darüber rede ... irgendwann wird sie rauskommen. Mit meiner Mama kann ich nicht so gut darüber reden, sie hat ihre eigene Trauer und vor allem bin ich in den letzten Jahren stark in der "Unterstützerrolle" gewesen ... das kann ich nicht so leicht ablegen. Und mein Mann ist lieb und unterstützt mich, bei ihm darf ich weinen ... aber er hat noch nie so einen großen Verlust erlebt und kann es nicht wirklich verstehen. das erwarte ich auch nicht ...
Ein Gedanke, den ich hier irgendwo gelesen hat mich sehr angesprochen ... unsere Eltern sind wie Wurzeln für einen Baum ... da kommen wir her und wenn sie weg sind fühlen wir uns ein Stück weit entwurzelt ... genau so fühle ich mich! ein Teil meiner Wurzeln sind weg ...
Ihr Lieben, ich danke euch von Herzen fürs Zuhören
Ele