Guten Morgen,
ich stelle diese Fragen bewusst in einem eigenen Thread, weil ich sie gerne allgemein diskutieren würde, wenn jemand mag. Dass das nicht vollkommen losgelöst (oder eher gar nicht losgelöst) von den eigenen Erfahrungen möglich ist, ist mir dabei natürlich klar.
Trotzdem betrifft es vielleicht auch einige von euch und ihr habt diesbezüglich womöglich auch Redebedarf? Jedenfalls hoffe ich, es ist in Ordnung hierfür ein eigenes Thema zu öffnen. Falls nicht: sorry.
Mich beschäftigt in den letzten Wochen zunehmend ein Thema und ich habe immer verstärkter damit zu kämpfen: verzerrte oder vielleicht sogar falsche Erinnerungen und Gefühle bezogen auf meine Partnerin und unsere Beziehung.
Das geht Hand in Hand mit der zum Teil vollkommenen Unfähigkeit, realistisch einschätzen zu können, was tatsächlich wahr ist und was nicht, weil es vielleicht durch die Trauer verfälscht wird.
Kennt jemand dieses Problem und wie geht ihr damit um?
Was mich zusätzlich belastet und verunsichert, ist, dass ich merke, wie der allererste Schock über das Geschehen langsam und kontinuierlich abklingt. Dieser eiskalte Schock, die Lähmung, Denkunfähigkeit und Unwirklichkeitsgefühle sind noch da, aber es wird in der Hinsicht auch besser und phasenweise kann ich wieder etwas strukturierter denken. Damit einher geht nun diese plötzlich ganz, ganz andere Wahrnehmung unserer Beziehung und unseres Lebens. Es fühlt sich leider an, als würde ich erst jetzt rückblickend klar erkennen, wie schlecht vieles lief, wie falsch ich mich verhielt und wie wenig ich meiner Freundin gerecht wurde.
Wenn ich versuche mit jemandem darüber zu reden, der uns beide sehr gut kannte, wird das allerdings negiert. Bisher wurde mir (teils liebevoller, teils unangenehmer, teils genau so) gesagt, dass ich mich in etwas verrenne und hineinsteigere und diese Gedanken Quatsch sind, wir seien doch ein tolles Paar gewesen. Das hilft mir leider nicht weiter und ich möchte mit den Menschen in meinem Umfeld, die es sicher gut meinen, auch nicht mehr darüber sprechen.
Ich merke zwar tatsächlich, wie diese Gedanken in meinem Kopf kreisen und dabei an Fahrt aufnehmen, aber zugleich habe ich das sehr bittere Gefühl, erst jetzt richtig sehen und realistisch einschätzen zu können, dass ich in unserer Beziehung versagt habe. Wenn mir dann jemand sagt, dass es Quatsch ist, denke ich: was weißt du schon? Du kennst uns zwar, aber nicht das, was nur zwischen uns beiden war.
Kurz: meine Erinnerungen und Gefühle wirken auf mich einerseits sehr klar und real (- was leider zu unfassbar schmerzhaften und unerträglichen Erkenntnissen führt), andererseits auch verschwommen und verzerrt und seltsam weit entfernt. Selbst in schönen und liebevollen Situationen sehe ich plötzlich so viel Falsches, Schlechtes und das Schlimmste daran: es zwingt mich, alles in Frage zu stellen. Auch unsere Liebe.
Nun liegt der Fokus meines Textes doch viel zu sehr auf mir und meiner Situation, entschuldigt bitte. Es ist aber wirklich nicht meine Intention hauptsächlich über mich und meine Situation zu sprechen, bloß weiß ich nicht, wie ich das Problem allgemeiner und neutraler beschreiben soll. Natürlich ist es in euren Antworten vollkommen okay, über euch und eure Situation zu schreiben. Mir ist an der Stelle nur sehr wichtig, klarzustellen, dass es nicht primär um meine spezifische Situation gehen soll.
Ein gemeinsamer Austausch wäre wirklich schön, wenn ihr möchtet, und sich jemand auch in dieser inneren Zerrissenheit, Verschwommenheit, Verwirrtheit wiederfindet und auch gar nicht mehr einschätzen kann, ob man blind ist oder doch klarer sieht als je zuvor.
Liebe Grüße, Sturm