Liebe Tereschkowa, liebe Mit-Mitglieder!
Danke für diesen Thread, ich denke auch gerne an solchen allgemeinen Themen rum (- und werde gerne daran erinnert, an welchen Punkten ich mich vielleicht selbst an der Nase nehmen muss).
Mich hat kürzlich nachdenklich gemacht, was gia65
in ihrem Thread zu dem Thema schrieb und warum sie sich manchmal nicht an einem Gespräch beteiligt, obwohl sie vielleicht gerne würde (- was ich persönlich sehr schade finde, ihre Gründe zugleich aber auch verstehen kann). Dazu habe ich mich damals nicht geäußert, weil sie darum bat, das so stehen zu lassen. Deswegen ist es schon mal gut, hier einen neutralen Raum zu haben, um sich drüber auszutauschen.
Eigentlich ist es einfach (- egal ob online oder im "Real Life"): man muss nicht zu allem seinen Senf dazu geben.
Prinzipiell finde ich einen vielseitigen und kritischen Austausch immer gut, aber was persönliche Ansichten (z.B. den eigenen Glauben), Gefühle und Wahrnehmungen betrifft, gibt es einen Unterschied: sie sind nun mal nicht anfechtbar und damit oft unberührbar von vermeintlicher Mehrheitslogik oder gut begründeten Einzelargumenten.
Ich glaube, warum man sich speziell hier trotzdem oft äußert, hat zwei Gründe. Einen hast du, Tereschkowa, schon genannt und gut beschrieben - eine so empfundene Bedrohung des eigenen Gedanken-/Glaubens-/Gefühlskonstrukts. Mir fällt daneben noch der Grund ein, helfen und unterstützen zu wollen und dabei im Eifer des Gefechts zu übersehen, dass sich die eigene Meinung und der eigene Weg nicht jeder anderen Person (- obwohl in einer ähnlichen Situation befindend) überstülpen lässt. Die Intention ist gut, die (Re-)Aktion nicht ganz bzw. nicht immer.
Dass Grund 1 oft zum Greifen kommt, finde ich trotz allem verständlich. Wir alle sind SO verletzlich und unser Gerüst an teils mühsam zusammengeklaubten Gedankenzugängen, die wenigstens ein bisschen beruhigend, schmerzlindernd, tröstend wirken, ist SO instabil. Kein Wunder, dass man oft sogar da reflexhaft in eine Verteidigungshaltung driftet, wo es gar nicht nötig ist und schon gar nicht gefragt. Mit der Zeit entwickelt man aber vielleicht auch ein vages Gefühl für den Austausch und die Themen im Forum. Für mich selbst weiß ich wenigstens grob, welche Bereiche oder welche einzelnen Themen mir nicht so gut tun. Dann ist es allein an mir, zu entscheiden, ob ich einen Thread anklicken möchte oder auch innerhalb eines Threads einen Beitrag/eine Passage überscrolle. Manchmal hat man es eh nicht in der Hand, weil oft nur ein Wort oder Halbsatz reicht, um einen Triggerpunkt zu berühren und dann: Zack-Bäm-Wusch-Treffer. Aber so ist das, wenn Menschen mit Menschen zu tun haben. Es gibt keine 100%-Garantie auf ein ausschließlich kuschelweiches Babykatzen-Sonnenschein-Miteinander mit Rosenduft und herzförmigem Konfetti. Ein gewisses Maß an Respekt, Umsicht, Sensibilität und Toleranz sind aber ganz hilfreich. (Auch hin und wieder daran erinnert zu werden.)
Bezüglich Trigger-Warnungen und Spoiler sehe ich das wie du: die Verantwortung kann nur bei dem lesenden Mitglied liegen, anders herum würde es die Intention des Forums ad absurdum führen und die Freiheit des schreibenden Mitglieds einschneiden.
Dennoch schadet es im Zweifelsfall vielleicht auch nicht, eine Warnung oder einen Spoiler einzubauen, wenn man selbst beim Schreiben das Gefühl entwickelt, dass es irgendwie passt. Das sollte aber allein dem/der Schreiber:in unterliegen, denn manchmal bricht ein Text so spontan aus einem raus, dass man einfach nicht auf dem Schirm hat, während des Schreibens an die Leser:innen zu denken. Das muss meiner Meinung nach auch okay sein. (Wo sonst, wenn nicht hier?)
Tatsächlich kam bei mir nach längerem Nachdenken bezüglich der Spoiler-Funktion auch das Gefühl auf, dass damit optisch gerade etwas verdeckt und versteckt wird, was viele sich außerhalb des Forums nicht trauen zu äußern, was sie im Alltag verbergen und unterdrücken müssen, weil es nicht sichtbar sein darf, vom Umfeld als falsch und unnormal gesehen und als negativ bewertet wird.
Aber (leider) gehören jetzt auch diese (vermeintlich) hässlichen, schlimmen, schwarzen Gefühle und Gedanken zu uns und irgendwie gefällt es mir persönlich, glaube ich, doch nicht so gut, sie dann auch noch hier zu verstecken. Für mich fühlt sich daher die Triggerwarnung am Anfang eines Beitrages besser an, aber das ist nur mein Gefühl dabei. Wie du auch schon schriebst, solche Warnungen sind ohnehin mehr ein Zeichen von Achtung und Sensibilität dem verletzlichen Mit-Mitglied gegenüber, als tatsächlich eine treffsichere Schutzmaßnahme. Eben weil Trigger so vielfältig und manchmal von der eigenen Tagesverfassung abhängig sind und oft gar keiner Logik unterliegen.
Abschließend also:
Die Verantwortung bleibt bei der Person, die liest.
Kritik und (wertende) Meinung als Reaktion zu Empfindungen und zum Glauben von anderen Menschen
halte ich für mehr als lässlich in einem Trauerforum.
Ja.
Liebe Grüße, Sturm