Alles anzeigenWeil es mir die Schuldgefühle nimmt, mich nicht genug anzustrengen, um aus der Trauer herauszufinden, die ich sehr oft hatte und in der Zwischenzeit immer öfter habe, weil ich nach fast 2 Jahren immer noch keinen Sinn in meinem Leben finde und auch keine Freude an irgendwas.
Es gibt doch wesentlich schrecklichere Schicksale als meines, denke ich mir oft ... und diese Angehörigen müssen auch irgendwie klarkommen, ich kann mir z.B. gar nicht vorstellen wie schlimm das sein muss, Mann und Kind gleichzeitig bei einem Unfall zu verlieren!
Und da - wieder ein Punkt wo ich mir fast wie ein Monster vorkomme: Ich schaffe es nicht für all die anderen tragischen Vorkommnisse Mitgefühl zu entwickeln.
Das bleibt alles auf Gedankenebene in meinem Kopf.
Mein Herz bleibt ganz stumpf, wie leer.
Sogar mein Mitgefühl ist mir durch die Trauer abhanden gekommen.
Und das ist echt schlimm, so will ich nicht sein.
Bis vor fünf Monaten wusste ich nicht, wie einnehmend Trauer sein kann und wie wenig Platz für's Menschsein sie lässt. Wenn ich zurückdenke, wird mir klar, dass ich es mir damals nicht einmal annähernd hätte vorstellen können. Was ich mittlerweile weiß: Trauer bringt das Schlechteste in mir hervor. Mitgefühl ist in beide Richtungen kaum möglich, aufrichtige Empathie für die Probleme anderer empfinden? Es fällt so schwer. Sich mit anderen freuen? Ich kann's nicht mehr. Noch schlimmer, ich bin eifersüchtig und neidisch auf das Glück anderer, es ist wirklich grässlich. Vor allem bilde ich mir in ganz schlimmen Momenten ein, zu wissen und zu erkennen, dass sie ihr Glück gar nicht richtig zu schätzen wissen. Und dazu, so denke ich rational, habe ich kein Recht, egal wie beschissen mein eigenes Leben jetzt auch sein mag. Nein, so war ich früher nicht.
Ich will auch nicht so sein, liebe Tigerlily. Aber tatsächlich ist keine Kraft übrig, mich darum zu kümmern, wie ich für andere fühle und zu anderen bin. Keine Kraft, kein Fundament, nichts. Zugleich kenne ich auch die Schuldgefühle, sich vielleicht nicht genug anzustrengen, um sich zusammenzureissen, es nicht genug zu wollen, wieder einen Sinn in diesem gottverdammten Leben zu finden. Um ehrlich zu sein: ich weiß nicht, ob das berechtigte Gedanken sind, wie sehr man es in der Hand hat und wie viel man dazu beitragen kann, sich besser zu fühlen. Subjektiv erlebe ich es so, dass ich rein gar nichts unter Kontrolle habe und alles, was noch übrig ist vom Scherbenhaufen der mein Leben geworden ist, zwischen meinen Fingern zerrinnt. Deswegen habe ich keine Ahnung, wie man etwas beitragen kann und was. Es bleibt ja auch immer die (für mich) entscheidende Frage: wofür? Wozu? Es ist schwer sich Mühe zu geben und anzustrengen für ein Leben, das man gar nicht haben will. Das Bizarre, ja fast Geschmacklose: das einzige, was mich manchmal ein bisschen tröstet, ist tatsächlich nicht alleine damit zu sein und zu wissen, dass es Menschen gibt, die ähnlich empfinden.
Liebe Grüße, Sturm