Liebe Puzzle,
es war nicht nötig nachzufragen. Solche Phasen kennen wir vermutlich alle. Sie kommen und gehen wie sie wollen, und so langsam geht sie bei mir wieder vorbei. Mein viertes Trauerjahr ist jetzt fast halb rum, aber solche Zeiten gibt es immer wieder, und das wird wohl noch eine ganze Weile so bleiben. Das Gefühl auf das Licht am Ende des Trauertunnels zuzulaufen hatte ich noch nicht. Bis jetzt sehe ich es noch nicht einmal, geschweige denn daß ich es erreichen könnte. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Immerhin sind die Trauerlöcher nicht mehr ganz so tief und häufig wie in der ersten Zeit nach Andreas` Tod, und die Trauer ist ruhiger geworden. Vielleicht besteht ja noch Hoffnung.
Was unsere Politiker betrifft habe ich aber keine große Hoffnung mehr. Der Sumpf ist zu groß geworden um ihn noch austrocknen zu können. Was inzwischen schon wieder hier auf lokaler Ebene bekannt wurde läßt einem mal wieder the hairs to the mountains stand. Ein Landespolitiker, Volljurist, begeht Urkundenfälschung damit seine Frau bequemer aber unberechtigt in einem Parkhaus vom Landtag parken kann, und fühlt sich nun durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft über Gebühr belastet. Ein Oberstaatsanwalt war jahrelang korrupt und bittet nun um ein mildes Urteil, damit er noch eine Perspektive hat. Haben diese Menschen überhaupt kein Unrechtsbewußtsein mehr? Deine Fragen wegen der eigenen Moral hast Du schon einmal gestellt. Erinnerst Du Dich? Ich denke, wir alle hier haben unseren moralischen Kompaß noch nicht verloren. Dein Beispiel von dem Unternehmen mit dem korrupten Vorstand stimmt aber leider. Wenn alle es tun und nur einer nicht mitmacht, gilt er als Verräter und Nestbeschmutzer. Man sagt ja nicht umsonst, der Fisch stinkt vom Kopf her. Es ist eine erschreckende Einstellung zu Recht und Ordnung, die sich in großen Teilen der Gesellschaft etabliert hat, und das macht mir schon Angst.
Das finde ich auch.
Aber nun abrupter Themenwechsel. Von Politik und leidigem Schicksal zu Garten und Natur. Das ist auch viel erfreulicher.
Ein so großes Grundstück in Ordnung zu halten ist bestimmt nicht so einfach. Und es zu gestalten noch viel weniger. Erst mal eine Idee haben, wie sollte es denn aussehen. Da kann man sich sicher Anregungen aus den vielen Gartenbüchern holen, aber die müssen ja dann auch umgesetzt werden. Das kostet Zeit, Kraft und auch ein wenig Geld. Ich kann mir aber lebhaft vorstellen wie Du tätig warst und bestimmt einiges geschafft hast. Die Trauer mit bunten Blümchen dekorieren ist eine nette Idee.
Andreas und ich hatten ja zwei große Balkone mit sehr üppigen Pflanzkübeln als Umrandung und Geländer. Ein Kübel ist 2m lang, 1/2m breit und mehr als kniehoch. Auf dem unteren Balkon sind wir drei davon, zwei nebeneinander und einer im rechten Winkel dazu, und auf dem oberen Balkon zwei. Jedes Frühjahr haben wir überlegt was wir für Blumen einsetzen. Mit den meisten hatten wir Glück, die sind sehr gut gediehen, aber einzelne mußten wir ersetzen. Nun gut, wir waren blutige Anfänger und sind es im Prinzip auch geblieben. Unsere Blumen waren aber immer schön bunt, und wir hatten den ganzen Sommer Bienen und Hummeln zu Gast. Diese Pflanzkübel haben uns aber voll und ganz gereicht um unseren eigentlich gar nicht vorhandenen Gärtnertrieb auszuleben, und es hat jedes Jahr schön ausgesehen.
In einem Garten kann man natürlich viel mehr machen. Ich habe schon Abbildungen gesehen, da waren richtige Landschaften gestaltet. Mit Bachlauf oder Teich(en) und Brücken über selbige. Mit schön angelegten Wegen und gemütlichen geschmackvoll dekorierten Sitzplätzen. Dazu natürlich schöne Pflanzen, Sträucher und Bäume. Da denke ich immer, so etwas zu haben wäre toll. Ich sehr aber auch die viele Arbeit die darin steckt, und was es kostet so ein kleines Paradies zu schaffen. Und dann finde ich es doch nicht mehr so toll. Das gebe ich ganz ehrlich zu. Ich gönne es aber jedem der Spaß daran hat etwas so Schönes zu haben.
Da Dein Garten wohl sehr groß ist wirst Du ihn kaum in einem Jahr neu gestalten können. Aber jedes Jahr ein Stück weit macht bestimmt auch Spaß. Und wenn Du mal keinen mehr haben solltest, dann hörst Du einfach wieder auf. Jetzt drücke ich Dir erst mal alle Daumen daß Erdbeeren und Tomaten was werden. Eine gewisse Logik bei der Auswahl der Blumen ist nicht verkehrt, denn sie sollten ähnliche Ansprüche haben. Ein bunt blühender Bauerngarten kann etwas sehr Schönes sein, muß aber zum Grundstück passen. Ich hätte nicht gedacht daß Du zu kindlichem Schabernack neigst, so kann man sich täuschen. Vergißmeinnicht sind doch dezente Blumen, die sich überall einfügen. Warum tanzen sie denn aus der Reihe? Für die weiteren Projekte drücke ich Dir auch alle Daumen. Einen Zeitpuffer einzubauen ist sehr vernünftig. Nichts ist frustrierender als sich selbst unter Druck zu setzen, und dann doch nicht fertig zu werden.
In Deinem Leben tut sich einiges. Neuer Job, Gartenumgestaltung, die Pläne Deines Sohnes falls sie noch aktuell sind, da gibt es schon Potenzial für wieder hellere Zeiten. Die Trauer wird immer wieder mal übermächtig sein, die Phasen in denen sie ruhiger bleibt werder aber länger. Wie Du es schreibst, es ist einfach so, und wir können es nicht wirklich beeinflussen. Mit der Trauer muß man sich irgendwie arrangieren sonst geht man kaputt. Einfach ist es aber trotzdem nicht. Aber da müssen wir alle durch. Doch irgendwann ist es geschafft, und wir haben das Ende des Weges erreicht. Entweder das Ende des Trauerweges oder das Ende des Lebensweges. Letzteres kommt auf jeden Fall.
Aber bis dahin erfreue Dich an Deinem Garten, und an dem was das Leben hoffentlich noch für Dich bereit hält.
Ich wünsche Dir eine angenehme Restwoche mit Sonnenschein.
Alles Liebe
Lilifee