Mein lieber Andreas, die Liebe meines Lebens, ist nicht mehr

  • Liebe Lilifee,

    Ein wunderschöner Liedertext und ja, den hatte ich auch direkt im Kopf.


    Nein, nein, das ist nicht zu persönlich und ich kann gerne darauf antworten, auch wenn das hier im öffentlichen Bereich ist.
    Ich denke, dass wir in diesem Horizont etwas anderes sehen, zumindest was mich aktuell angeht.
    In diesen Überlegungen sehe ich den Horizont nicht als den Punkt, an dem Thomas auf mich wartet. Wenn dem so wäre, dann würde ich das sicherlich genauso sehen, wie du, voller Licht und nicht im Nebel.
    Wenn ich in diesen Zusammenhängen - losgehen, aufbrechen, weitergehen - von dem Horizont rede, dann ist das mehr der Punkt meines Lebens, den ich grad nicht vorhersehen kann.
    Obwohl da auch eine Unlogik in der Wurzel selbst liegt, denn seit knapp vier Monaten weiß ich sehr schmerzhaft das das, was man "früher" so als Binsenweisheit acht- und sorglos geplappert hat, nämlich, dass man nie weiß, was die Zukunft bringt, nicht nur ganz allgemein, sondern sogar für eine halbe Stunde in die Zukunft nur zu wahr ist.
    Aber genau das ist der Horizont. Ob er jetzt nur eine halbe Stunde entfernt ist oder Stunden, Tage, Monate, Jahre, Jahrzehnte, das weiß ich nicht.
    Dazu meine ich zudem auch nicht, dass der Horizont das Ende ist, sondern eben einfach der Punkt, ab dem man nicht mehr sofort sieht, was dahinter liegt.
    Diese Ungewissheit, die mich "früher" immer neugierig gemacht hat, ist jetzt zu einem Teil einer ängstlichen Vorsicht gewichen.

    Wenn man mich "früher" angesprochen hat, ob ich Angst vor dem Tod habe, dann war meine Antwort immer voller Überzeugung: Nein, Aber ich habe Angst davor nicht mehr zu leben, weil ich viel zu neugierig bin auf das Leben.
    Ich denke, da ist ein großer Unterschied zwischen Tod und "nicht mehr leben" in dem Zusammenhang, so wie ich das immer gemeint habe.
    Dieser ganz große kleine oder kleine ganz große Unterschied ist seit knapp vier Monaten zu einem sehr verworrenen Konstrukt geworden.
    Denn Thomas ist tot. Aber ist es auch so, dass er nicht mehr lebt? Ich meine jetzt nicht im medizinischen Sinne, natürlich. Aber er lebt noch. In mir und in allen anderen, die an ihn denken und denen er etwas bedeutet hat.
    Wie kann ich also dann mit diesem Gedanken im Hinterkopf noch auf die Frage, ob ich Angst vor dem Tod habe, antworten?

    Ich habe mir die Frage schon gestellt, eben genau vor dem Hintergrund. Und Stand heute wäre meine Antwort: Nein, habe ich nicht. Aber es wäre mir egaler, wenn ich es wäre, als es "früher" war - aber ... und hier kommt ein ganz großes Aber: Was, wenn ich dann nicht mit Thomas zusammen wäre?
    Ich bin eigentlich überzeugt davon, dass wir wieder zusammen sind, aber ich habe eben Angst davor, dass es doch nicht so ist, warum auch immer. Weil eine Überzeugung keine Gewissheit ist.
    Und gleichzeitig habe ich auch Angst davor, wie dieses Leben ohne ihn weitergeht. Ich bin nicht neugierig darauf, was ich an einem bestimmten Tag im Jahr 2036 oder zwei Jahre und drei Tage später im Jahr 2038 machen werde, wie dieser Tag wird.
    Noch vor vier Monaten war ich das. Ich war neugierig darauf, wie sich der rote Luftballon anfühlen würde, ob wir spazieren gehen, wo das sein wird. Würde es mein Geburtstag sein, oder seiner? Oder beide? Ich war neugierig drauf. Freudig neugierig.
    Jetzt bin ich es nicht mehr, denn ich werde diesen Luftballon nicht bekommen, nicht so, wie es geplant war.

    Und hier liegt die eigentliche Antwort auf deine Frage, warum ich ein wenig Angst davor habe, vor dem Horizont: Weil ich zwar nicht weiß, was dort ist und vielleicht sogar ein Stück weit immer noch neugierig bin, aber dafür ganz genau weiß, was nicht dort ist: Dort ist kein "wir sind gemeinsam alt geworden und machen noch ein paar Jährchen als coole Alte weiter" und stattdessen ist dort ein großes Nest mit "nie wieder".

    Falls das jetzt alles etwas wirr klingt, dann liegt das daran, dass mein Hirn öfter mal solche merkwürdigen Windungen geht. Vielleicht auch ein Sinnbild für die verworrenen Wege ...

  • Der Sinn des Lebens?

    Jeder lebende Organismus will sich ernähren um sich zu vermehren und die Art zu erhalten.


    Bei uns Menschen kommt die Vernunft hinzu und schon wird es kompliziert. Scheinbar brauchen und wollen wir einen Sinn um das Leben, wenn es schwierig wird, aushalten zu können.

    Ich bin 5 Jahre nach dem Tod meines Mannes soweit, dass ich keinen Sinn sehe! Ich versuche nicht darüber nachzudenken und mein Leben Tag für Tag mit Würde und Anstand hinter mich zu bringen. Ich versuche möglichst gesund zu leben um vielleicht länger mobil zu bleiben, doch dafür gibt es keine Garantie, unser Leben wird vom Zufall bestimmt!


    Ich versuche zu allen Lebewesen auf Erden gut und mitfühlend zu sein und der Natur möglichst wenig zu schaden.


    Das ist mein Sinn im Leben!

    So gut ich das eben kann!

    Lg. Karo

  • Ich stelle mir lieber die Frage. Was ist sinnvoll? Oder: Was hat Sinn? Und nicht: Was ist der Sinn.

    Ich finde das eine sehr gute Sichtweise, liebe Sonnenente! :)


    Ich glaube, es ist leichter für jeden einzelnen sich zu fragen, was ist im Moment für mich am sinnvollsten?

    Vielleicht findet man darauf leichter eine Antwort als auf die hochkomplexe Frage des Sinnes.


    LG Andrea

  • Liebe Karo,


    was der Sinn des Lebens ist habe ich noch nie so richtig verstanden. Trotzdem glaube ich nicht, daß unser Leben nur vom Zufall bestimmt wird. Wissen kann man das aber nicht. Warum gibt es uns Menschen überhaupt? Die Erde wäre ohne uns viel besser dran. Sie braucht uns nicht.


    Ich bin 5 Jahre nach dem Tod meines Mannes soweit, dass ich keinen Sinn sehe! Ich versuche nicht darüber nachzudenken und mein Leben Tag für Tag mit Würde und Anstand hinter mich zu bringen.

    Genau das versuche ich auch. So gut es eben geht, und in der Hoffnung daß es nicht mehr so lange dauert. Hab Dank daß Du uns Deine Sichtweise da gelassen hast. Jeder Gedanke ist wertvoll.


    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Liebe Sonnenente,


    was Du schreibst klingt nicht wirr sondern mehr suchend. Aber Suchende sind wir ja mehr oder weniger alle. Wir suchen nur nicht alle dasselbe. Der Horizont hat natürlich auch nicht für alle dieselbe Bedeutung. Da kommen wieder die unterschiedlichen Lebenssituationen und auch die unterschiedliche Mentalität ins Spiel. Auch die Frage „was erwarte ich (noch) vom Leben, und was erwartet mich hinter dem Horizont“ wird jeder anders beantworten. Für mich ist der Horizont der Punkt an dem Andreas auf mich wartet. Für andere ist er vielleicht eine Verheißung für das was noch kommt im Leben.


    Binsenweisheiten klingen banal, manchmal sogar platt, aber es gibt sie ja nicht umsonst. Daß niemand weiß was die Zukunft bringt ist banal, aber so wahr. Und wie Du es schreibst, es geht nicht nur die ferne Zukunft (hinterm Horizont) sondern auch um die unmittelbare sehr nahe Zukunft. Sogar um die nächste halbe Stunde. Ganz krass gesagt, niemand weiß ob er in einer halben Stunde noch lebt.

    Dazu meine ich zudem auch nicht, dass der Horizont das Ende ist, sondern eben einfach der Punkt, ab dem man nicht mehr sofort sieht, was dahinter liegt.

    Ich finde, das hast Du sehr schön ausgedrückt. Manchen macht das sicher Angst. Nicht sehen zu können was auf mich zukommt. Aber ist das nicht ein permanenter Zustand in unserem Leben? Wir planen dieses und jenes, gehen ganz selbstverständlich davon aus daß bestimmte Ereignisse stattfinden, oder daß wir dies und das tun werden oder eben nicht. Aber wir können ja nie wissen ob es auch wirklich so kommt, ob wir das überhaupt noch erleben, und das macht sich kaum jemand bewußt.


    Der Tod von unseren Herzens- und Seelenmenschen, ob er sich nun angekündigt hat oder plötzlich kam, verändert die Sichtweise. Auf einmal ist nichts mehr selbstverständlich. In unserem Leben gibt es jetzt ein „davor“ und „danach“. Ändert das auch den Sinn des Lebens, oder den Blickwinkel darauf?


    Ich habe auch keine Angst vor dem Tod, höchstens davor daß ich erst noch leiden muß. Ich habe auch keine Angst davor nicht mehr zu leben und vielleicht etwas zu verpassen. Der Gedanke auf einmal nicht mehr da zu sein ist allerdings schon etwas abstrakt für mich. Nach Andreas` Tod mußte ich ja -wie alle Angehörigen- die bürokratischen Dinge erledigen, Verträge kündigen, Büroschlüssel abgeben, Bankkonto auflösen, den Personalausweis ungültig machen lassen usw. Danach hatte ich das Gefühl, jetzt ist wirklich alles von seinem irdischen Leben ausgelöscht. Kein schöner Gedanke, obwohl Andreas natürlich trotzdem noch lebt, nur halt nicht mehr irdisch. Irgendwann wird auch mein irdisches Leben so ausgelöscht. Diese Vorstellung schreckt mich nicht, aber sie ist eben abstrakt.


    Meine Schwägerin ist so alt wie ich und sehr neugierig was das Leben noch so bringt. Sie will deshalb unbedingt 100 werden. Darf sie auch gerne. Sie will es aber nicht alleine, und deshalb soll ich gefälligst auch 100 werden. Ich habe zu ihr gesagt, Du kannst mir schön die Ruhe lassen. Das fällt mir im Traum nicht ein. Ich bin nicht neugierig ob noch was kommt oder nicht.


    Hinter dem Horizont gibt es kein "wir sind gemeinsam alt geworden, aber dafür ein „wir sind jetzt für immer zusammen. Nie wieder Trauer und Schmerz“. Das ist natürlich nur meine Überzeugung und keine Gewißheit. Aber daran halte ich mich fest, und deshalb möchte ich nur noch darauf zulaufen. Weil ich glaube wir werden noch etwas Schöneres bekommen als einen roten Luftballon.


    Und wenn das alles nicht so sein sollte werden wir es nicht mehr merken, und ob es einen Sinn des Lebens gibt oder gegeben hat ist mir dann so was von egal.


    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Liebe Lilifee


    Habe deine nachdenklichen Gedanken gelesen.


    Ja, über den Sinn lässt sich sicherlich streiten.
    Finde sinnvoll auch ein gutes Wort.


    Manches Mal denke ich dass ich mir dich gerne so (beschrieben) neugierig wie deine Schwägerin vorstellen bzw. wünschen würde.
    Du bist doch wirklich noch gar nicht so alt.

    Andreas war es auch nicht. Das ist unfassbar dass er nicht mehr an deiner Seite ist / sein kann.
    Nun an einem anderen Ort ist.


    Allerdings entnehme ich deinen Zeilen keine Schwermut.
    Vielleicht ist gewisse Akzeptanz (aber nur gewisse) für dich das passende Wort.


    Und du hast so diesen starken Glauben <3.

    Glaube ja auch ganz fest daran dass danach etwas ist.
    Und falls nicht (schreibe ich jetzt mal lapidar) könnte ich es auch nicht ändern.
    Aber das wird so sein in meiner Vorstellung.
    Alles ist Energie.

    LG
    Simon

  • Lieber Simon,


    sinnvoll ist schon ein gutes Wort. Aber ist es gleichzusetzen mit Sinn? Natürlich könnte ich die Tage sehr sinnvoll füllen und gestalten. Möglichkeiten gibt es ja genug. Will ich das? Ehrlich gesagt nein. Ich will mich nicht mehr binden oder verpflichten.


    Es ist jetzt nicht so daß ich überhaupt nicht neugierig wäre, oder besser gesagt Anteil nehme. :P Aber wenn ich sehe was in der Welt so los ist, und das wird ja nicht mehr besser, hält sich meine Anteilnahme sehr in Grenzen. Andreas war knapp 64 als er gehen mußte, das war viel zu jung. Ich werde dieses Jahr 70. Um 100 zu werden müßte ich noch 30 Jahre leben. Danke, kein Bedarf.


    Ich bin manchmal sehr traurig, aber nicht schwermütig, denn ich habe den ganz festen Glauben daß Andreas und ich uns wiedersehen. Wann, wo und wie wird sich weisen. Aber die Seele stirbt nicht. Energie/Materie kann sich verändern, aber sie vergeht nicht.


    Und wenn doch nicht, ich schrieb es auch schon ganz lapidar, merken wir es nicht mehr.


    Aber ich denke auch, das wird. Und wer weiß, vielleicht treffen wir uns irgendwann, irgendwo da oben ... :8::8:


    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Mein lieber Schatz,


    die Bärchen sind für Dich. Du und Ich, Ich und Du. Wir gehören für immer zusammen. Der Tod kann uns nur eine Zeit lang trennen, unsere Liebe kann er nicht besiegen.<3 Irgendwann sehen wir uns wieder, und dann wird es noch schöner sein als je zuvor.


    :2: für Deine Hilfe in den letzten Tagen ...


    Wir beide für immer :24:<3<3:24:

    Deine Lilifee



  • Ihr Lieben,


    mein Andreas ist noch bei mir. Nach langer Zeit habe ich heute gleich zwei eindeutige Zeichen von ihm entdeckt. Er hat wieder getan was er wohl am liebsten tut, und bei unseren Plüschtieren was verändert. Bei einem grasgrünen Schlumpelnilpferd im Flur das er sehr gemocht hat, liegt auf einmal etwas rötliches aus Wolle über der Schulter. Ich habe es noch nicht näher betrachtet, habe das Teil aber noch nie gesehen.


    Im Wohnzimmer habe ich unseren offenen Bambuswürfel mit dem Radio darauf stehen. Als ich hier eingezogen bin hatte ich eine Stoffgiraffe, ein anderes Plüschtier und dazwischen zwei kleinere Giraffen in den Würfel gestellt. Nun ist das andere Plüschtier verschwunden, und die kleinen Giraffen liegen flach und eng beieinander auf dem Boden des Würfels. Die größere Giraffe steht unverändert da.


    Das ist neu. Bei den bisherigen Zeichen hatte Andreas verschiedene Figuren und Plüschtiere anders gedreht als sie gestanden haben. Es ist aber noch nie eine verschwunden, und es ist auch noch nie etwas Neues dazugekommen. Was soll ich jetzt davon halten? Ich nehme es einfach freudig hin und sage

    :2: mein Schatz. Danke daß Du noch bei mir bist, und Dich mal wieder bemerkbar gemacht hast. Wiederholungen sind sehr erwünscht. Ich liebe Dich für immer und ewig.“ <3<3


    Dieses Erlebnis wollte ich mit euch teilen. Ihr könnt euch sicher denken wie mich das aufgebaut hat.


    Ich wünsche allen einen ruhigen Samstagabend.

    Liebe Grüße

    Lilifee