Mein geliebter Vater ist nach kurzer, schrecklicher Krankheit unerwartet einfach gestorben

  • hallo Silvia


    Ich kann dich so gut verstehen. Bei mir ist zwar schon Zeit vergangen, aber sehe Mama noch oft im Koma liegen. Ich konnte ganz kurz vor der NotOP mit ihr reden, ich hab ich gesagt das ich da bin und das alles gut wird. Nach dem Koma ist sie leider nicht mehr wach geworden. Ich hab ihr auch ihre Lieblings Musik von früher vorgespielt. An den Geräten konnte ich eine Reaktion sehen als sie Elvis hörte.
    ich wusste leider vom ersten Tag , dass Mama nicht mehr will und es nicht schafft. Als die Ärzte zugestimmt hatte und am ihren 73. Geburtstag die Geräte umprogrammiert wurde ist sie nicht mehr wach geworden.

    Ihr Sohn hat mich bei ihr alleine gelassen, weil er es nicht konnte. Als wenn man das gerne macht. Für mich war klar , dass ich bei ihr bleibe😔 bis sie ihre Ruhe gefunden hat und ihre Reise angetreten hat.

    Tja der „Bruder „ hat nicht draußen oder vor dem Krankenhaus gewartet und vllt für mich da zu sein😢😢

    Er hat in der Woche wo Mama im Koma lag , ihr Konto leer geräumt 😡

    Er hat mich bei Weg zum Bestatter alleine gelassen.😡

    Die Wörter die mir zu ihm einfallen , möchte ich nicht schreiben. Kein guter Gedanke auf jeden Fall.

    Ich habe mich in der Woche für sie sehr stark gemacht , das sie nicht mehr an den Geräten liegen muss.

    Wir haben eine Punktladung geschafft. Geburtstag -Todestag und nun hat sie einen Feiertag bekommen.Weltfrauentag❤️

    Mit der Zeit heilt die Wunde aber ich muss ganz oft an sie denken und die Bilder sind auch oft da.

    Ich bin auch neu hier und finde es schön , es hier Menschen sind die das verstehen was man fühlt. Es tut weh und vermisse sie.

    Es hat sich vieles verändert.


    ich wünsche dir viel Kraft.

    Lg Kleene

  • Liebe Kleene


    Danke für dein Mitgefühl und deine Worte. Diese Bilder von unseren lieben Verstorbenen von ihren letzten Wochen, Tagen und Stunden können sehr quälend sein. Bei mir überlagern sie noch all die schönen, unbeschwerten Erinnerungen, als noch alles in Ordnung war. Wie gut, dass es dieses Forum gibt. Wo sonst könnte ich all diese Gedanken unzensiert schreiben? Wem könnte ich sie zumuten? Wer würde einfach zuhören können? Es ist mehr als Tagebuch schreiben, da ihr da seid und hier ab und zu lest, und so habe ich ein Gegenüber. Und das ist so wertvoll in dieser Zeit, in der nichts mehr ist wie vorher; in einer Zeit, in der wir so viel Schmerz und so vielen verwirrenden Gedanken ausgesetzt sind, die im Umfeld sehr selten jemand hören will.


    Ich denke auch immer noch fast ununterbrochen in irgendeiner Form an meinen Vater, und dass er nicht mehr da ist. Es gibt Momente, wo ich ein wenig durchatmen kann und ein bisschen zur Ruhe komme. Und auch dann ist er immer in meinem Innern präsent. Und ich vermisse ihn so sehr. Diese Sehnsucht ist nicht zu beschreiben. Die Sehnsucht, ihn noch einmal physisch hier zu haben, mit ihm reden zu können, mit ihm einen Tee zu trinken, einfach mit ihm dazusitzen. Ein Teil von mir weigert sich noch immer, anzuerkennen, dass das nie mehr geht. Immer noch suche ich nach einem Fehler in der Realität, dass das alles gar nicht wahr ist.

  • Liebe Silvia!

    Es ist erst 4 Wochen her,aber es schmerzt ohne ende.Meine Mutter war damals 52 als mein Vater starb,aber sie haben

    noch silberne Hochzeit gefeiert und wenn ich das Bild anschaue,dann denke ich auch,ach waren die glücklich.Meine

    Mutter litt auch sehr,und hat dann Krebs gehabt und ist dann 4 Jahre später verstorben und sie hätten noch

    soviele Jahre vor sich gehabt.Die Welt ist ungerecht.Ja,das deine Mutter eine schlimme Zeit durchmacht,das tut

    mir so leid und dann gehört sie noch zur Risikogruppe und sicher hast du das auch im Kopf.Ich hoffe,das sie

    die Kraft hat diese Trauer eines Tages zu lindern,aber es wird dauern und ich hoffe,das sie gesund bleibt.

    Mein Schwiegervater ist 91 und ich habe auch in der Nacht das Telefon mit,denn man weiß ja nicht wie

    es weitergeht in dieser Zeit,denn er ist ja auch sehr gefährdet.Ich hogffe,das du mal etwas zur Ruhe kommst.

    Ja in unserem Kopf sind die Liebsten alle nur mal länger weg,aber sie kommen schon wieder,aber das es

    nicht so ist ,wissen wir,aber wollen es nicht wahrhaben und das wird auch so bleiben.Liebe Grüße Helga

  • Liebe Helga


    Es stimmt, dass meine Mutter zur Risikogruppe gehört, was Covid19 betrifft, einfach wegen ihres Alters, sie ist 71. Sie ist sonst gesund, Gott sei Dank. Und ich kann nur hoffen, dass das noch ganz lange so bleibt. Sie auch noch zu verlieren wäre wirklich mehr, als ich verkraften könnte. Deshalb achten wir alle darauf, dass wir das Risiko möglichst gering halten, aber füreinander da sein und Trost spenden ohne Umarmungen und Nähe ist halt auch nicht das Wahre.


    Heute Abend hat meine Mutter mir erzählt, wie sie die Jacken meines Vaters aus dem gemeinsamen Garderoben-Schrank geräumt und dabei in den Taschen einer Jacke noch Zettel und eine Lesebrille gefunden hat, wie wenn er die Jacke gerade noch getragen hätte oder gleich wieder hineinschlüpfen würde. Da wurde ihr wieder mit voller Wucht das Ausmass ihres Verlusts bewusst und sie hat es fast nicht ertragen. Aber jeden Tag auf die Jacken schauen zu müssen, war ihr noch unerträglicher. Ich musste auch weinen. Ich weiss noch genau, wie er diese Jacke immer so gern angezogen hat. Und jetzt wird er sie nie mehr anziehen können. Wie er damit immer aus dem Haus gegangen ist. Es ist im Moment gerade so schwer auszuhalten. Diese Endgültigkeit lässt mich verzweifeln. So ein Schmerz. Und es gibt einfach nichts, was ihn lindern kann. Ich spüre die Sehnsucht, ihn hier haben zu wollen, körperlich als Ziehen im Herz. Ein regelrechtes Ziehen, ich kann es nicht anders beschreiben.


    Weinen und Schreiben nimmt immerhin den Druck ein wenig raus. Das ist schon viel.

  • Liebe Silvia,


    Diese Bilder von unseren lieben Verstorbenen von ihren letzten Wochen, Tagen und Stunden können sehr quälend sein. Bei mir überlagern sie noch all die schönen, unbeschwerten Erinnerungen, als noch alles in Ordnung war.

    Bei mir hat sich in dieser Richtung bis heute kaum etwas geändert. Leider. Ich denke immer nur mit Wehmut an die schönen Dinge, die ich mit ihr erlebt habe und nicht mit echter gefühlter Dankbarkeit. Ich kann einfach noch nicht dankbar sein, weil ich mir immer noch Vorwürfe mache, vielleicht doch nicht alles ausprobiert zu haben, obwohl mir meine Mutter über das Medium mitteilen ließ, dass es okay war, wie es gelaufen ist.

    Das hört sich für dich jetzt wahrscheinlich recht allgemein gehalten an, aber ihre Durchsage war sehr spezifisch in dieser Hinsicht (das Medium besaß hierzu und zum Krankheitsverlauf keinerlei Informationen!)

    So hat sich meine Mutter über das Medium bei mir sehr, sehr bedankt für meine nicht alltägliche Fürsorge (ich habe sie mit allem, was man darunter versteht, gepflegt. Wörtlich vom Medium: "Ihre Mutter bedankt sich sehr, sehr herzlich. Sie sagt, Kerstin hat sich um mich gekümmert, als ich es nicht mehr konnte. Damit meint sie aber auch solche Dinge wie: "So, wie ich sie früher als Mama gewickelt und gewaschen habe, so hat sie das zuletzt für mich getan."

    Wie gut, dass es dieses Forum gibt. Wo sonst könnte ich all diese Gedanken unzensiert schreiben? Wem könnte ich sie zumuten? Wer würde einfach zuhören

    Kaum einer würde dir zuhören. Das ist leider, leider meine Erfahrung, die ich gemacht habe :(

    Man wird auch immer so schnell abgewürgt, sollte man es sich getrauen, mit diesem Thema überhaupt anzufangen.

    Das tut sooo weh!

    Wenn die Leute nur wüssten, wie weh das tut! Ich empfinde es auch als Nichtachtung meiner Person, was mich wiederum wütend macht. Das Endresultat des Ganzen ist, dass man die Klappe hält, sich innerlich zurückzieht und so tut, als sei alles wieder in bester Ordnung ... dem ist aber nicht so, aber das ist ja irgendwie auch egal, weil es niemanden interessiert!

    Dann gibt es noch so etwas wie die Hitliste der verletzenden Sprüche, die ein Trauernder im Laufe der Zeit zu hören bekommt. Die schlimmste aller Bemerkungen (die ich Gott sei Dank nur indirekt über meinen Mann erfahren habe) war folgende Bemerkung meines Hausarztes (an meinen Ehemann gerichtet): Ich hätte eine krankhafte Beziehung zu meiner Mutter, und ich sei ohne die Hilfe meines Mannes nicht fähig, mein Leben wieder in den Griff zu kriegen.

    Als mein Mann mir etwas später davon erzählte, dachte ich, ich höre nicht recht. Der war die längste Zeit mein "Hausarzt" gewesen, das kannst du mir glauben! Dieser Hobbypsychologe! Meine Ängste um meine Mutter seien übertriebener, kranker Natur ...


    Es gibt noch viele kleine und größere Verletzungen, die mir zugefügt wurden:(


    <3



  • Liebe Silvia!

    Ja da kann man besser etwas vorsichtiger sein,damit noch viele schöne Jahre mit deiner Mutter verbringen kannst.

    Ich habe auch kurz nach dem Tod von Ralf die Sachen weggegeben,auch ich hätte es nicht ertragen,jeden Tag

    seine Sachen zu sehen ,aber wenige habe ich behalten,die er am liebsten trug.Jetzt habe ich auch seine Fahrräder

    weggegeben.Ich habe versucht damit zu fahren,aber das klappte nicht,war zu schwer und eins hat meine

    Freundin für ihren Vater genommen und das andere wollte ich zum Sperrmüll stellen und da liefen 2 junge Männer,

    einer mit einer ohne Rad und er konnte es gut gebrauchen.dann wird es wenigstens noch benutzt.Er hatte auch

    einen bestimmten Platz im Wohnzimmer wo er immer P4 gesoielt hat und der Stuhl und der Tisch mit dem kleinen

    Fermseher,das wird da immer bleiben,so ist er immer bei mir.Ich sehe ihn immer noch da sitzen.

    Mir hilft das schreiben auch sehr,denn für viele ist das Thema nach kurzer zeit wichtig,um darüber noch zu reden.

    Das kommt davon,weil sie es alle noch nicht durchgemacht haben.Es ist gut das es dieses Forum gibt.

    Liebe Grüße Helga

  • Liebe Kerstin


    Ich befürchte auch, dass ich sehr, sehr lange brauchen werde, bis ich wirklich mit echter Dankbarkeit erfüllt bin, wenn ich an schöne Dinge denke, die ich mit meinem Vater erlebt habe. Jede Erinnerung macht mir wieder bewusst, was ich verloren habe, was nie mehr möglich ist und sticht wie spitze Dornen in mein Herz. Auch bei mir gekoppelt mit Vorwürfen, warum ich die Zeit, die ich mit meinem lieben Papa hatte, nicht mehr geschätzt habe, warum ich nicht achtsamer war. Dass ich jetzt nie mehr die Möglichkeit habe, mit ihm Zeit zu verbringen, raubt mir manchmal den Atem. Dass ich nichts wiedergutmachen kann, was ich so bereue. Mir ist irgendwie schon klar, dass ich das beste getan habe, was ich konnte, denn ich habe meinen Vater ja schon immer sehr geliebt und ihn auch bewundert, und trotzdem quält es mich, dass ich nicht bewusster mit der gemeinsamen Zeit umgegangen bin. Ich hatte einfach nicht auf dem Schirm, dass ich vielleicht nicht mehr viel Zeit mit ihm habe.


    Die schlimmste aller Bemerkungen (die ich Gott sei Dank nur indirekt über meinen Mann erfahren habe) war folgende Bemerkung meines Hausarztes (an meinen Ehemann gerichtet): Ich hätte eine krankhafte Beziehung zu meiner Mutter, und ich sei ohne die Hilfe meines Mannes nicht fähig, mein Leben wieder in den Griff zu kriegen.

    Das ist wirklich schlimm, so etwas zu hören. Das ist so unsensibel und abwertend. Als ob wir nicht schon genug niedergedrückt wären. Die erste Woche darf man trauern soviel man will, da haben wirklich alle Verständnis. Aber danach sollte man schon nach und nach zurück in die Normalität finden und den Verlust überwinden und sich nicht mehr so schlecht fühlen.


    Das Schlimme ist, dass ich mich selber ertappe, wie ich auch manchmal denke, ob ich nicht alles viel zu schwer nehme, dass ich vielleicht eben doch noch nicht erwachsen genug bin, um mit dem Verlust klarzukommen. Aber was hilft es, ich stehe da, wo ich stehe. Und ich fühle, was ich fühle. Und der einzige Weg durch den Schmerz hindurch ist, ihn anzuerkennen und zu fühlen und mit ihm zu leben - das schreibt in etwa Megan Devine. Sie sagt: "Solange nichts hilft, ist Anerkennung die beste Medizin." Und: "Schmerz braucht Entfaltungsraum." Das bestärkt mich dann wieder, bei mir selbst zu bleiben und nicht einem falschen Ideal hinterherzujagen und so zu tun, als ob ich über allem stehen würde.


    Du hattest bestimmt keine krankhafte Beziehung zu deiner Mutter, du hast sie einfach sehr, sehr geliebt und mit ihr mitgelitten all die langen Jahre im Kampf gegen den Krebs und alles getan für sie, was du konntest.


    <3<3<3

  • Liebe Helga


    Die persönlichen Sachen zu sortieren und wegzugeben ist halt jedesmal wieder ein kleiner Abschied mehr. Jedesmal muss man etwas hergeben vom geliebten Menschen. Und so verschwinden nach und nach immer mehr Dinge, einfach weil wir es nicht aushalten, sie um uns zu haben. Es tut einfach zu weh, gerade bei den persönlichen Gegenständen, die er jeden Tag gebraucht hat. Das ist jedesmal wie ein Stich ins Herz.

    An die grossen Dinge wagen wir uns noch nicht. Computer, Laufband, Auto, E-Bike. Das ist zuviel. Das bleibt erstmal einfach stehen. Meine Mutter hat auch weiterhin beide Bettdecken bezogen, seine Kleider noch im Schlafzimmerschrank. So fühlt sie sich ihm nahe.

  • Liebe Silvia!

    Ja da hast du recht,auch die Sachen waren ein Teil von ihm.Seine P4 konnte ich einfach nicht behalten,das

    hat mir so weh getan,aber ich habe es gemacht wie er res gewollt hätte.Er hat seine älteren Spiele

    in einem Laden verkauft und dort habe ich sdie Sachen auch wieder hingebracht.Ich mußte immer weinen

    wenn ich sie gesehen habe und ich sitze ja oft im Wohnzimmer,aber seine Ecke wo er gespielt hat die

    bleibt immer.Deine Mutter soll sich so viel Zeit nehmen und wenn sie die Sachen lieber behalten möchte,

    dann ist es auch gut.Jeder weiß wie es am besten ist.Ich beziehe auch immer beide Betten,denn

    ich mag es gar nicht wenn es unterschiedlich ist,wir hatten immer die gleiche und so soll es auch bleiben.

    Natürlich würde man am liebsten die Wäsche drauf lassen,wo er seine letzte Nacht verbracht hat ,aber

    die muß ja auch mal gewechselt werde,sonst muffelt es noch.Deine Mutter macht das gut.

    Ich wünsche dir alles Gute.Liebe Grüße Helga

  • Aber was hilft es, ich stehe da, wo ich stehe. Und ich fühle, was ich fühle. Und der einzige Weg durch den Schmerz hindurch ist, ihn anzuerkennen und zu fühlen und mit ihm zu leben

    Liebe Silvia,

    Das siehst du genau richtig. Und du darfst dort stehen wo du stehst. Es gibt keine Abkürzung durch die Trauer.

    Auch mit den persönlichen Sachen geht jeder anders um. Setzt euch da nicht unter Druck und nehmt euch die Zeit die ihr braucht.


    Ich wünsch dir heut einen möglichst guten Tag <3

  • Ihr Lieben


    Heute habe ich das erste Mal die Trauer zeitweise nicht mehr ganz so unmittelbar gespürt. Die Sehnsucht, dass ich meinen Vater so gerne sehen möchte und so unglaublich gerne mit ihm reden möchte, ist stark wie nie. Und trotzdem war der Schmerz nicht ganz so unerträglich wie die 31 Tage davor.


    Dafür kam er (der Schmerz) am Abend mit voller Wucht zurück. Ich war mit meinem Bruder und meiner Mutter auf dem Friedhof und wir haben die Musikstücke von der Beerdigung laufen lassen. Im Regen standen wir da. Sein Körper da unten; sein Körper, mit dem er von ein paar wenigen Wochen noch lebendig in der Welt war, herumgegangen ist, gesprochen hat. Immer noch unfassbar, immer noch unwirklich. Die Realität ist so hart. Warum konnte er nicht noch ein paar Jahre leben? Es kann doch nicht sein, dass er einfach innerhalb von 6 Tagen gestorben ist. Das zu akzeptieren ist mir nicht möglich. Dieses Hadern zerrt so an mir und raubt mir alle Energie.


    Mein Vater hätte tröstende Worte gehabt für mich, er hätte mit seiner Weitsicht, mit seinem tiefsinnigen Denken und seiner Ruhe meine rastlose Seele ein wenig besänftigen können. Aber genau er ist ja nicht mehr da. Wer sonst könnte mir denn jetzt Trost spenden?


    Es belastet mich je länger je mehr, dass ich vor allem die letzten Monate nicht mehr so Anteil genommen habe an seinem Leben, dass ich mir oft nicht die Zeit genommen habe, einfach mal mit ihm da zu sein und zu reden und Fotos anzuschauen von seinen Reisen oder von seinen Bildern. Ich war so beschäftigt mit meinem eigenen Leben und meiner Tochter. Ich habe ihn zwar fast täglich gesehen, und doch war der Kontakt oft nur oberflächlich und kurz. Wie armselig. Das hatte er nicht verdient. Und nun stehe ich da und habe keine Möglichkeit mehr, nochmal auch nur eine Minute Zeit mit ihm zu verbringen. So viel verpasste Chancen. Darüber komme ich nicht hinweg, das verfolgt mich richtig. Ich kann nur hoffen, dass ich irgendwann meinen Frieden finde damit.


    Ich wünsche uns allen eine erholsame Nacht und dass wir unsere lieben Verstorbenen ganz nah bei uns spüren.

  • Liebe Silvia,


    ja, mit diesem Schmerz und dem Vermissen müssen wir leben. Bei mir gibt es es auch Tage, da läuft es "normal" und dann gibt es Tage, da schmerzt es unbeschreiblich und die Sehnsucht ist unerträglich.


    Nächstes Woche am 07.05. ist meine Mama ein Jahr nicht mehr da. Fast ein Jahr habe ich sie nicht gesehen, nicht gesprochen. Immerzu muss ich daran denken, heute vor einem Jahr war dies und das und wir hatten nur noch sieben Tage........

    Sein Körper da unten; sein Körper, mit dem er von ein paar wenigen Wochen noch lebendig in der Welt war, herumgegangen ist, gesprochen hat. Immer noch unfassbar, immer noch unwirklich. Die Realität ist so hart. Warum konnte er nicht noch ein paar Jahre leben?

    Auch nach fast einem Jahr fühlt es sich unfassbar und unwirklich an...........


    Ich wünsche eine gute Nacht mit lieben Grüßen :24:

  • Liebe Silvia!

    Ja es ist wie ein Wellengang.Bei mir ist es auch ganz komisch,wenn ich zum Friedhof gehe,dann spüre

    ich nichts.Seine Mutter ist ja ganz in seiner Nähe unter einem Baum.Ich glaube,wenn man ein Grab

    hat wo man immer wieder schöne Blumen pflanzt und man steht davor ist es anders.Aber in dem Wald

    ist es wie ein Spaziergang,als wäre es nicht der Friedhof und ich darf ja auch nichts hinstellen.Aber ich

    stecke immer eine Rose hinter sein Namensschild und die bleibt da.Sonst kaufe ich jede Woche eine

    Rose und stelle sie neben sein Bild.Liebe Grüße Helga

  • Liebe Silvia,


    Heute habe ich das erste Mal die Trauer zeitweise nicht mehr ganz so unmittelbar gespürt.

    Dafür kam er (der Schmerz) am Abend mit voller Wucht zurück

    ja, genau so funktioniert Trauer: Du hattest eine kleine Verschnaufspause, doch dann traf dich der Schmerz wieder mit voller Wucht.

    Es ist das, was ich dir schon einmal geschrieben habe; die Trauer fällt dich unvermittelt von hinten an wie ein Tiger. Aber, und das darfst du nicht unterschätzen, du hattest für eine kleinen Augenblick ein wenig "Erholung" (... mehr möchte ich es nicht nennen ...).

    Diese kleinen Pausen sind enorm wichtig. Der Mensch könnte es nicht auf Dauer verkraften, wenn der Schmerz unablässig seine Seele malträtieren würde. Deswegen ist Schlaf auch so wichtig, er ist ein Kraftspender. Ich wünsche dir, dass du einigermaßen gut schlafen kannst!

    Diese Momente, im denen der Schmerz nicht so präsent ist, werden mit der Zeit länger andauern und auch die Rückfälle in die Trauer werden nicht mehr so abgrundtief sein. Das sind die Fortschritte im Trauerprozess, doch ist das alles ein zäher Weg:(

    Bei mir sind es ja jetzt zwei Jahre. Vieles, sehr vieles hat sich mittlerweile gebessert, oft unmerklich, schleichend. Manchmal bemerke ich die Besserung erst an meinen Tagebucheingträgen, wenn ich nachlese.

    Doch mit der Besserung meine ich im Grunde nur das Ankommen in einem Leben im Hier und Jetzt. Ich muss JETZT leben und nicht ein Leben in der Vergangenheit und der Erinnerung führen. Das fällt mir sehr schwer, doch manches habe ich schon bewerkstelligt.

    Die Lücke, die der Tod in mein Leben gebracht hat, die kann nichts und niemand auffüllen.

    Meine Mutter kann nichts und niemand ersetzen.

    Deswegen, so denke ich mir, werden meine Wehmut und mein Vermissen mich, solange ich lebe, begleiten.

    Der Mantel der Trauer wird mich immer umhüllen, jedoch wird er irgendwann immer leichter werden; daran möchte ich mich festhalten, an diesen Glauben, an diese Hoffnung!

    er hätte mit seiner Weitsicht, mit seinem tiefsinnigen Denken und seiner Ruhe meine rastlose Seele ein wenig besänftigen können

    Dein Vater war offensichtlich für dich das, was meine Mutter für mich war: ein Mensch, den man nicht nur liebte sondern auch bewunderte.

    Ich darf in meinen schwachen Momenten überhaupt nicht so genau darüber nachdenken, was ich mit ihr alles verloren habe, denn dann tut es weh wie am ersten Tag;(

    Auch nach fast einem Jahr fühlt es sich unfassbar und unwirklich an...

    Liebe Sveti, liebe Silvia, auch nach zwei Jahren fühlt es sich unfassbar und unwirklich an.


    Ich stelle mir ihr liebes Gesicht vor, wie sie mich anlächelt und kann es nicht glauben, dass dieser Mensch aus Fleisch und Blut einfach nicht mehr da ist.


    Einfach so, puff, weg ...


    <3

  • Liebe Sveti, liebe Helga, liebe Kerstin


    Vielen Dank für eure lieben und mitfühlenden Zeilen. Es ist schrecklich, dass wir alle so leiden müssen, egal, wie lange unser Verlust her ist. Und dass diese Leichtigkeit und Unbeschwertheit der intakten Familie für uns für immer unerreichbar ist. Die Lücke, die sich in unserem Leben aufgetan hat, ist einfach zu gross.


    Mir fehlt mein Vater so sehr, dass ich manchmal denke, ich werde noch wahnsinnig. Und da ich nichts tun kann, um ihn wieder hier haben zu können, bin ich dazu verdammt, mit diesem Schmerz mein Leben weiterzuleben, obwohl sich alles in mir dagegen sträubt. Diese Ohnmacht, es einfach akzeptieren zu müssen.


    Ich stelle mir ihr liebes Gesicht vor, wie sie mich anlächelt und kann es nicht glauben, dass dieser Mensch aus Fleisch und Blut einfach nicht mehr da ist.

    Einfach so, puff, weg ...

    Genau so geht es mir auch. Eben war er noch da, und jetzt ist er auf einmal weg. Auch ich stelle mir so oft das liebe Gesicht meines Vaters vor, ich sehe, wie er lacht, wie er lebhaft spricht, wie er mir etwas zeigt. Für einen kurzen Moment ist es schön, in diesen Bildern zu schwelgen, doch die harte Realität, dass ich dieses Gesicht nie mehr in Fleisch und Blut sehe, holt mich schnell wieder ein. Auch die Erinnerung an sein totes Gesicht überrollt mich dann bald. Ich weiss noch, dass ich sein totes, kaltes Gesicht noch gestreichelt habe, seine Wange, eiskalt. Das war meine letzte Berührung seines Körpers.


    Ich darf in meinen schwachen Momenten überhaupt nicht so genau darüber nachdenken, was ich mit ihr alles verloren habe, denn dann tut es weh wie am ersten Tag

    Ja, diese Gedanken sind für mich auch sehr schwer. Ich schaffe es nicht, nicht darüber nachzudenken, was ich alles verloren habe, was alles noch hätte sein können. Das denkt mein Gehirn automatisch. Ständig sinniere ich darüber, wie es jetzt wohl wäre, würde mein Vater noch leben. Was er sagen würde, was er tun würde. Ach.


    Ich glaube,wenn man ein Grab

    hat wo man immer wieder schöne Blumen pflanzt und man steht davor ist es anders.

    Ich bin gerne am Grab. Vor allem tut es mir gut, das Grab zu pflegen, verblühte Blumen abzuschneiden, ein Sträusschen frische Wiesenblumen hinzustellen, oder mit schönen Steinen die Erde zu schmücken. Das gibt mir das Gefühl, dass ich ihm noch etwas Gutes tun kann, wo es mir sonst ja nicht mehr möglich ist.


    und dann gibt es Tage, da schmerzt es unbeschreiblich und die Sehnsucht ist unerträglich

    Bei mir waren das alle Tage bis auf gestern, wo ich eine kleine Verschnaufpause hatte. Danke Kerstin für das Wort "Verschnaufpause", das trifft es genau. Es war nur eine kurze Pause. Und vielleicht werden diese Erholungspausen ja tatsächlich immer ein bisschen länger. Ich kann es mir zwar zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen. Aber das muss ich ja zum Glück auch nicht, immer nur einen Tag nach dem anderen nehmen, ganz kleine Portiönchen. Dann kommt man irgendwie durch die Tage.


    Macht es gut am heutigen Tag.

  • Liebe Silvia!

    Die Erholungspausen werde länger ,glaube mir.Ich habe meine Eltern auch über alles geliebt und hätte sie

    gerade ,wo ich noch so jung war gut gebrauchen können,da konnte ich es nicht begreifen,Auch meine

    Schwiegermutter war für mich wie eine zweite Mutter,das hat auch sehr weh getan,aber eben anders weh

    getan ,wie bei meinem Mann,damit bin ich gut fertig geworden und mein Mann auch.Es ist eben anders.

    Aber egal wie nahe uns eine lieber Mensch gestanden hat,es wird immer weh tun.Liebe Grüße Helga

  • Ich komme einfach nicht darüber hinweg. Ich schaffe es nicht. Heute bin ich wieder so unglaublich traurig. Überall lauern Erinnerungen, alles um mich herum macht mich immer wieder darauf aufmerksam, dass mein allerliebster und bester Vater nicht mehr hier auf der Erde ist, nicht mehr in seinem Körper ist. Google Fotos (die App) hat mir heute Bilder gezeigt von vor einem Jahr, und da war mein Vater drauf, er sah so gut und so gesund aus, so ein extremer Kontrast zum Bild im meinem Kopf, wie er am seinem letzten Tag im Krankenhaus aussah. Das kann doch nicht sein. Ich suche immer noch nach einem Fehler, irgendwo muss ein Fehler sein, und wenn ich ihn finde, wird mein Vater wieder lebendig, aber ich finde ihn nicht. Denn die Realität macht keine Fehler, sie ist, wie sie ist. Wie soll das ein Mensch aushalten? Wie soll ich je wieder normal durch die Tage kommen? Es tut einfach nur weh, egal, wo ich bin, egal, wo ich hinschaue, immer nur der Schmerz. Und diese Gedanken, er könnte noch leben, wenn wir alles richtig gemacht hätten. Es ist einfach unerträglich im Moment. Bald ist er fünf Wochen tot. NEIN, schreit alles in mir.


    Meine beiden Brüder waren heute zu Besuch. Wir haben das alte Familienalbum angeschaut, als wir selber noch Kinder waren. Wie die Zeit vergeht, meine Eltern jünger als ich es jetzt bin. Mein Vater jung, schön und kraftvoll und strotzend vor Lebensfreude. Was das Alter einem antut. Was der Tod einem antut. Ich mache mir auch so viele Gedanken über mein eigenes Leben, darüber, dass auch ich eines Tages sterben muss und Menschen zurücklassen muss. Darüber, dass mir noch mehr liebe Menschen wegsterben und ich nichts dagegen tun kann. Ich fühle mich den Geschehnissen so ausgeliefert. Gnadenlos vergeht die Zeit, und damit unsere Lebenszeit und diejenige unserer Liebsten. Was habe ich denn schon in der Hand? Alles ist so vergänglich, und niemand kann das aufhalten. Ja, ich müsste mehr im Moment leben, ich müsste die Zeit nutzen, die ich jetzt habe, ich müsste die Gegenwart der Menschen wertschätzen, die jetzt noch leben. Nur schaffe ich das gerade nicht, alles ist getrübt, überschattet davon, dass mein lieber Papa nicht mehr bei uns ist. Er, der unser aller Leben so geprägt hat, der immer für uns da war und uns immer wieder neue Impulse gegeben hat, unsere Träume zu leben. Der so viele Ideen hatte und so viele davon umgesetzt hat. Ja, er hatte ein reiches und bewegtes Leben. Immerhin, das steht fest. Und doch war es viel zu kurz. Wir hätten ihn doch noch so sehr hier bei uns haben wollen.

  • Liebe Silvia!

    Es ist gerade mal 5 Wochen her,also noch ganz frisch und so schnell kann man das alles nicht verarbeiten.

    Denn es ist ,als wäre es erst gestern gewesen.Er hat dich das ganze Leben begleitet,war immer an

    deiner Seite und was du alles mit ihm erlebt hast,so etwas kann man nicht vergessen.

    Es waren viele schöne Momente aber die schönen Erinnerungen kann dir keiner nehmen.Es wäre sehr

    schön gewesen,wenn ihr noch hättet viele Jahre zusammen verbringen können,aber das Leben ist

    ungerecht.Es wird noch lange dauern,aber irgendwann wirst du auch etwas besser damit klar

    kommen,nur es dauert und tut sehr weh.Liebe Grüße Helga

  • Liebe Silvia,


    Worte des Trostes kann ich dir leider nicht schreiben. Ich kann mich in jedem Satz von dir hineinversetzen. Jeder Trauernde hier kann das und weiß genau, wie du dich fühlst und wie sehr dieser Zustand schmerzt. Man hat das Gefühl, es erdrückt einen oder man wird verrückt. Trauern kostet uns sehr viel Kraft und Energie. Trauern macht einen fertig.....


    Auch dieses Gedankenkarussell, was wäre wenn ich dieses oder jenes gemacht hätte ist die Hölle. Man kann diese Gedanken nicht abschalten und auf unsere Fragen bekommen wir keine Antwort. Trauerarbeit ist die schwerste Arbeit, die es gibt.


    Fühl dich verstanden und gedrückt :30::24:

  • Liebe Silvia,


    mir geht es trauermäßig im Moment auch nicht so gut, eine Welle hat mich mal wieder im Griff, Dinge, die ich gestern noch positiv und mit Elan angehen konnte, erscheinen mir heute "sinnfrei".

    So ist das eben in der Trauer, und wie Sveti geschrieben hat: Trauer ist Schwerstarbeit!

    Wird halt gern von der Welt da draußen ignoriert, und so kommt zu unserer traurigen Gefühlslage noch das schmerzende Unverständnis hinzu:(


    Es gibt tatsächlich nichts, das einem Trauernden wirklich hilft, der Prozess des Trauerns muss durchlebt werden, erst dann wird man einigermaßen wieder heil.

    Ich mache mir auch so viele Gedanken über mein eigenes Leben, darüber, dass auch ich eines Tages sterben muss und Menschen zurücklassen muss. Darüber, dass mir noch mehr liebe Menschen wegsterben und ich nichts dagegen tun kann. Ich fühle mich den Geschehnissen so ausgeliefert.

    Wenn ich dir jetzt verrate, wie sehr mich der Verlust meiner Mutter schmerzhaft auf meine Kindheit, meine Vergangenheit mit meinen Eltern, zurückgeworfen hat, würde ich dir Angst machen; das war und ist mit das Schmerzvollste! Besonders aber auch, weil ich mit meinen Geschwistern, außer über Anwälte, keinen Kontakt mehr habe.

    Meine Nichte, die ich 12 Jahre ihres Lebens eng begleitet habe als Tante, existiert nicht mehr in meinem Leben, ich habe niemand mehr, mit dem ich gemeinschaftlich um den Verstorbenen trauern könnte und niemanden, der Teil meiner Vergangenheit ist. Diese Lücke vermag mein Mann und seine Familie selbstverständlich nicht aufzufüllen. Ich fühle mich regelrecht entwurzelt und ebenso wie du den Geschehnissen ausgeliefert:(


    Ich würde dir gerne etwas schreiben, das dich aufbaut und dir hilft. Da fällt mir nicht viel ein außer:

    Dein Verbündeter ist und bleibt die Zeit. Sie wird den Schmerz erträglicher machen, es ist tatsächlich so (ich wollte es auch nicht glauben ...).

    Das Niederschreiben deiner Gefühlslage ist auch sehr heilsam, es nimmt den größten Druck heraus, ebenso wie Weinen. Weinen ist therapeutisch. Mir hat es immer sehr geholfen. Ich finde es immer äußerst unangenehm, wenn ich eine Phase habe, in der ich nicht weinen kann; ich merke, wie sich die Gefühle in mir anstauen, ich sie "zerdenke" (das berühmte Gedankenkarussell), sie aber nicht herauslassen kann. Dann werde ich unleidlich und mürrisch. Sehr zum Leidwesen meines Mannes, weil der mit meiner Unzufriedenheit und Gereiztheit nicht umgehen kann ...


    Liebe Silvia, ich hoffe, dass du den morgigen Tag ein wenig besser überstehst ...


    <3