weisse Rosen . Das Sargbouquet

  • liebe weisse Rose,


    ja, im grunde sind wir trauernde alle ver-rückt.... wir sind aus dem leben, welches andere menschen als "normal" ansehen, heraus gerückt, somit ver-rückt in unsere eigene welt, die trauerwelt.


    hier in unserer trauerwelt ist aber alles NORMAL, egal welche gefühle, verhaltensweisen oder eigenarten an den tag gelegt werden.


    ich, wie viele andere hier, begrüße meinen schatz jeden morgen zum neuen tag und wünsche ihm jeden abend eine gute nacht... ich rede mit ihm den ganzen tag, ich frage ihn was "wir" essen wollen....


    er begleitet mich beim autofahren, zum einkaufen, guckt mir zu bei der gartenarbeit.....


    ich küsse sein kissen, seine bilder, habe seine gartenschuhe auf der terrasse stehen, habe seine schlappen im flur und seine käppis an der garderobe.... nichts ist so NORMAL wie WIR in unserer trauer....


    ja, unser preis den wir nun zahlen müssen im gegenzug für die tiefe liebe die wir erleben durften ist furchtbar und schrecklich und abgrundtief unerträglich.... aber ich möchte diese liebe, die ich hatte, niemals missen.....


    lieber gruß von Bine

  • Wow, das war jetzt entwaffndene Ehrlichkeit! Danke dir für den Einblick in Deine "Welt" . Wir müssen also dazu stehen, dass wir in einer Welt leben , die verrückt geworden ist. ver- rückt. Bin ich also auch eine Ver-Rückte. Es lebt sich gut darin. Und ich darf auch solch behämmerte Gesetn und Handlungen zugegeben wie jeden Morgen nach dem Aufstehen zum Walkjäckchen am Bügel am Fenster zugehen und innigst umarmen. Er trug es neulich . 4 Woichen, erst. Es strömt mir seine würdevolle Persönlichkeit und seine Zuwendung zu mir bald entgegen. Das ist schmerz- schön. ( Noch so ein Wortspiel), schmerz- schön.

    Eträglichen Tag und wir nehmen uns bei der Hand

  • Liebe Weisse Rose!

    Ja vorher waren wir normal,aber ohne unseren Liebsten geht das nicht,denn wir brauchen ihn doch

    und deshalb müssen wir maöl Bilder Kissen Bekleidung küssen,das tut uns gut und wir müssen

    mit ihnen sprechen,sonst würde mir etwas fehlen,denn es sagt keiner,guten morgen,wie war dein

    Tag,hat es geschmeckt,was wollen wir einkaufen usw.also müssen wir mit ihm sprechen und auch

    selber Antworten geben,aber ich brauche das und rede viel mit ihm.Ich wache auch fast jeden Morgen

    auf und ein Teil von mir liegt immer auf seiner Seite.Wir sind nicht verrückt,sondern wir brauchen

    das,denn soviele Jahre haben wir das bekommen und es war schön und wir müssen uns

    die Umarmungen und Küsse eben auf unsere Art holen,damit wir sie bekommen und das tut

    uns gut,auch wenn es verrückt klingt.Liebe Grüße Helga

  • Liebe Helga


    Stimmt, Jahrzehnte liebe Gewohnheiten lassen sich nicht sofort abstellen.

    Hört sich an wie Selbstgespräche; heute verstehe ich diese " Selbstgespräche " besser- es sind ganz normale Ehegespräche.

    Und es sind ganz gebräuchliche Stücke , in denen er weiterlebt , wie du sie auch aufzählst. Kissen, Kleidungsstücke oder sein Frühstücks- Gedeck, was er sich bereits gedeckt hatte.... Manchmal bezeichne ich solche Gegenstände als Tretminen. Es sind jene,m die einem plötzlich ,unerwartet ins Auge SPRINGEN, aus denen seine geplante Handlung noch laut spricht . Tretminen haben die Kraft einem zu zerreissen. Da achte ich darauf sie zu meiden, aber es bleibt alles wie es war.Er lebt hier auf seine besonders geehrte Weise weiter. Und verrückt sind wir garnicht . Nein, wir sind was ganz Besonderes: Trauernde in LIebe.

    Grüsse Dich

  • liebe Tina,


    nun, es war eigentlich kein großer einblick von mir in MEINE "besondere" welt....


    soweit ich weiss leben im grunde so gut wie alle hier im forum in der art wie du,ich, Helga.... reden mit der/dem liebsten gehört zum alltag, genauso wie ab und zu tiefe atemzüge aus seiner/ihrer kleidung nehmen oder eben das kissen oder die bilder küssen :24:


    und noch viel mehr...


    liebe umarmung von Bine

  • Liebe Rose,


    nun habe ich deinen Thread gefunden und möchte mich bei dir für deine einfühlsamen und so sehr zutreffenden Worte bedanken die du bei mir hinterlassen hast!

    Wie ähnlich wir uns in manchen Dingen sind!

    Auch ich habe eine Jacke, allerdings eine blaue Trainingsjacke mit Kapuze neben dem Eingang hängen, sie hängt dort ungewaschen und ich habe im ersten Jahr jeden Tag, wenn ich die Wohnung verlassen habe daran geschnuppert und noch sehr lange seinen Duft einatmen können.

    Nun im zweiten Jahr ist er schon so weit fort, kein Geruch mehr, aber die Jacke bleibt da hängen.


    5 Wochen, das ist ja noch ganz frisch, man kann es noch gar nicht fassen, das kommt erst sehr viel später!

    Es ist wie ein Traum und du bist schon so souverän, so gefestigt und liebevoll in deiner Trauer!

    Du hast vollkommen recht!

    Wir gönnen unseren Liebsten ihren Übergang in unser aller Heimat!

    Auch um meinen Hannes haben sehr viele Kameraden am Grab geweint, weil sie ihn so vermissten, du kannst ja alles nachlesen in meinem sehr langen Bericht.

    Es war für mich ein großer Trost zu wissen, wieviel er seinen Fliegerkameraden bedeutet hat, wieviel Positives er hinterlassen hat.

    Und der krönende Abschluss - sterben zu dürfen bei voller Gesundheit bei der Beschäftigung die im die Allerliebste war - wie sollte ich ihm das nicht gönnen? Auch das sehe ich ganz so wie du.


    Und noch etwas eint uns: Diese Scheinstärke! Oh ich kenne sie allzu gut! Voller Tatkraft habe ich nach seinem Tod alles geordnet, organisiert und erledigt. Völlig alleine und ohne Fehl und Tadel. Im Jahr darauf habe ich die Weichen für die Zukunft gestellt und dabei in seinem Namen für ein paar Menschen die uns viel bedeutet haben Gutes getan. Ich habe auch ein würdiges Grabmal erschaffen und dafür gesorgt, dass mein Cousin und sein lieber Hund, ebenso einsam wie ich zu mir ziehen kann und dass wir nun in meinem zweiten Trauerjahr eine Notgemeinschaft der einsamen Seelen bilden.

    Ebenso ist ein Testament verfasst, sodass ich jederzeit gehen könnte ohne irgendwelche offenen Rechnungen zu hinterlassen.

    Wir können stolz auf diese Stärke sein!


    Und dennoch ist da noch diese andere Seite.

    Diese Fassungslosigkeit, diese Einsamkeit, diese Sehnsucht, ganz einfach Trauer in all ihren Facetten.

    Gefühle, die man nicht einfach abarbeiten kann mit viel Fleiß und Vernunft und dann isses gut.

    Ich begreife das nun erst ganz langsam im zweiten Trauerjahr, nachdem ich im ersten Jahr mehr oder weniger wild um mich geschlagen habe.

    Nichts wird wie es vorher war.

    Aber ich habe auch sehr viel gelernt in dieser so schwierigen Zeit.

    My love is first

    Alles Liebe und Gute

    Gabi

  • Hallo,

    ich möchte Dir mein tief empfundenes Mitgefühl aussprechen.🥰

    Mir geht es ganz genauso...

    Du bist eine tapfere und liebende Frau.
    Liebe Grüße 💓

  • Liebe Weisse Rose!

    Das hast du schön gesagt.Trauernde in Liebe,ja das sind wir und uns ist alles erlaubt,egal wo und wie wir

    es uns holen,aber wir brauchen es ,wir brauchen die Liebe und Nähe und nur so bekommen wir sie,

    wenn auch nur im Kopf aber uns tut es gut.Und so bleibt die /der Liebste/r immer bei uns und wir

    müssen unsere Sorgen,Wünsche usw.ja irgend einem mitteilen und so machen wir es immer noch,

    so als wäre er/sie noch da.Nur so kommen wir damit klar.Jeder aus seine Weise.Liebe Grüße Helga

  • Liebe Hasi !


    Ich grüsse Dich zum Wochenanfang. Der Sonntag war wieder Grausamkeit. Aber heute ist wieder Aktivität .Trauernde in Liebe , das ist eine Gruppe Gleicher.

    Trauerschwester, kann ich dich auch nennen, wenn ich darf. Das schafft Nähe , die wir brauchen. Gruss Gundel

  • Auch an Susa ,


    Der Sonntag ist wieder überstanden... Grüsse zum Wochenanfang, liebe Trauerschwester und danke für die Bezeichnung " tapfer und liebende Frau". Das letztere lasse ich voll gelten, das erstere wäre ich gerne. Vielleicht gibt / gab es da weitaus Tapferere auf dieser Welt. Zähnezusammenbeiss Gundel

  • Auch an Tigerlilly ,


    Bisschen Energien zum Wochenanfang . Danke für deine Mail neulich, mir gehts derzeit nicht so gut , wie ich das mir wünschte.... ich glaube, ich bin jetzt in der zweiten Phase der Trauer , das langsame Aufweichen aus der Schockstarre. Gottseidank gibt es Pahseneinteilungen , die alle betreffen sonst würde ich glauben die Welt ginge unter. IN welcher Phase bist du .

    Erinnerst Du Dich an meinen " Schlachtruf" : My love ( Franz) first ! Wo Liebe ist, da ist Zurücktreten zugunsten des anderen. Also, Franz, you are first ,please ! Go!

    Gruss Gundel

  • Liebe Gundel!

    Ja sicher so darfst du mich auch nennen.Gerade diese Nähe ist wichtig.Ich habe auch nichts gemacht

    am Samstag arbeiten und Sonntag nichts.Diese Woche ist voll,da bin ich fast außer Mittwoch jeden

    Tag im Laden,schön,denn dann ist ja Pfingsten.Und ich mag keine Feiertage.Habe dann immer gesehen,

    das ich im Heim war,aber das kann ich ja erst einmal vergessen.Ich wünsche dir eine einigermaßen

    erträgliche Woche.Liebe Grüße Helga:30:

  • Liebe Gundel,


    ich bin momentan, vielleicht auch Corona bedingt, so ein eine "mir ist alles wurscht" Phase gefallen.

    Ich habe das Bedürfnis nach Ruhe, will eigentlich niemanden sehen und mich auch um niemanden kümmern.

    Bin allerdings auch viel bei meinem Cousin und seinem Hund. Aber auch da red ich nicht viel und ihm ist es gleich, er lässt mich so wie ich bin und ist einfach nur froh, dass er in das schöne Tirol umgezogen ist.

    Ich frage mich jeden Morgen, was ich hier eigentlich noch soll, aber wie durch Zauberhand vegeht ein Tag nach dem anderen, ohne dass ich extra was plane.

    Schon seltsam das Leben.

    Mir erscheint meine Trauer nicht nach Phasen abzulaufen, sondern eher in Wellen und jede neue Welle bringt neue und alte Gefühle mit sich.

  • Hallo liebe Gaby,


    Ich hoffe der Wellengang der Gezeiten ( des Lebens) schaukelt Dich sanft bei blauem Himmel; denn es kommt , ich wünsche es Dir soehr, irgendwann eine gehörige Brise auf . Du musst garnichts dazu beitragen, die Natur ist da ganz klar: Eine Brise, die Dich weiterträgt ..... wohin...

    Auf eine wunderschöne Insel, in lachende Gastfreundschaft hinein, in ein Plätzchen , das Dein Herz wieder beleben wird. Lass Dich einfach tragen, Gaby!


    Derweil kämpfe ich . Aber es ist ein winziger Kampf, den ich dem Garten angesagt habe, einem Ort, den Franz sich untertan machte und ich nur genoss. Nun , wie ich sagte, die Natur ist da ganz klar : Nun haben wir die Aufgaben getauscht. Ich arbeite mich durch das wuchernde Wachstum, reisse Büschel von Gras heraus und erinnere mich im Stakkato an seine Worte :

    Arbeit hilft, auch wenn es sinnlose Arbeit ist, es reinigt und macht den Kopf klar.Nicht dazu gesagt hat er das für mich wichtige Versprechen der Gartenarbeit: Es nimmt mir nach 2 Stunden Schufterei mit Erde und Grün den Schmerz in meiner Brust, dieses dumpfe Weh... für etwas Zeit.


    Ich habe an dich gedacht. Gundel

  • liebe gundel,

    dem garten stehe ich ambivalent gegenüber, ich kämpfe auch gegen ihn und denke, er wird den kampf

    gegen mich wohl gewinnen, weil ich ihn nicht bezwingen kann. aber du hast recht, die schufterei macht den kopf frei und nimmt

    das schweregefühl aus der brust.

    letzten sommer konnte ich nicht mal in unseren strandkorb sitzen, es kamen zu viele erinnerungen auf und ich fühlte mich

    alleine nicht wohl. dies ist zum glück jetzt etwas leichter geworden.

    an manchen tag war der garten schon mein feind , aber jetzt bin ich gerade etwas freundlicher ihm gegenüber,

    er fordert halt zeit und betreuung sonst läuft er aus dem ruder.

    liebe grüße

    flora

  • Liebe Flora, Dein Name hat was Florales,


    Ich fasse diesen riesigen Garten als Gelegenheit zum Arbeiten auf. Wie wenn er mir den hinterlassen habe, um mir ein Mittel gegen den Abschiedsschmerz an die Hand zu geben. Man flüchtet sich dahinein und rupft und zupft und zwickt und giesst und... schuftet bis der Schmerz doch noch nachlässt und ausserdem horche ich, ob von irgendwo eine leise Stimme mich lobt.Dann habe ich mich wieder Stunden abgearbeitet........ und kann gehen.

    Schöner Garten. Das klingt nach der Zeitschrift " Landeslust". Das ist was für Glück . Für zusammen sich an den Blumen freuen oder ... Du siehst, liebe Flora so richtige Gärtnerin und Freundin bin ich nicht, wenngleich auch nicht seine Feindin. Es ist gut, dass er , der Garten, da ist ; kann ich weiter kämpfen ..gegen den Schmerz .


    Gruss Gundel