Verlust meines Vaters

  • Hallo ihr Lieben,


    hier wende ich mich mit meinem ersten Beitrag recht verzweifelt an euch.


    Falls ich den Beitrag „sprenge“ aufgrund der Textmasse, tut mir das Leid, aber es ist so viel passiert, dass es mir schwer fällt, dies in wenigen Sätzen zusammen zu fassen..


    Am 18.02.2019 fuhr mein Dad (59 Jahre), wie schon so oft, mit dem Motorrad zur Arbeit. Ich bin an dem Morgen später zur Arbeit los, da ich vorher noch zum Arzt musste. Ich fuhr ca. 15 Minuten später wie mein Dad los. Ich muss dazu sagen, dass es nur einen Weg aus diesem Dorf gibt, welches auf einem Berg liegt.. Ich fuhr also los und kam gerade mal 40 Meter weit. An der Kreuzung stand schon Feuerwehr mitsamt Polizeit, die den gesamten Weg den Berg runter geblockt hatten und mir wurde direkt schlecht. Ich wusste einfach direkt, dass es mein Vater war, dem etwas passiert sein musste. Ca. 10 Sekunden später ging in unserem Dorf der Alarm los und ein Feuerwehrmann, den ich kenne, kam zu mir. Er musste gar nichts sagen. Wie er mich anschaute sagte mir schon alles. Mein Vater war mit dem Motorrad auf der Strecke verunglückt, es würde sehr schlecht aussehen. (Ich muss dazu sagen, dass mein Vater kein Raser war. Er hatte gerade mal 30-40km/h drauf, aber wurde ab und zu durch eine Herz-Rhytmus-Störung früher ohnmächtig, wobei er seit ca. 1 Jahr Medikamente bekam, die das eig verhindern sollten… Da er aber keinerlei Abfangreaktionen beim Sturz hatte, gingen die Ärzte davon aus, dass er entweder einen Herzinfarkt/Schlaganfall oder eben wieder eine Bewusstlosigkeit hatte..)


    Ich also mein Auto wieder im Hof geparkt und sehe nur im Rückspiegel wie 2 Polizisten mit einer Bekannten in den Hof laufen… Zu dem Zeitpunkt war mir alles klar. Es musste wirklich schlimm um meinen Dad stehen… Sorry nochmal, dass ich so extrem aushole, aber ich MUSS mir das einfach jetzt mal von der Seele schreiben. Nach einem kurzem Gespräch mit dem Polizisten ging ich schnell ins Haus, um meinen Bruder und meine Mutter telefonisch zu verständigen. Zu dem Zeitpunkt wurde mein Vater reanimiert und der Rettungshelikopter war bereits auf dem Weg..

    Als ich wieder aus dem Haus in den Hof kam, war schon direkt das Kriseninterventionsteam da. Da ich leider schon öfter mit diesen Kontakt hatte, war mir direkt nochmal klar, dass es hier wirklich richtig schlecht um meinen Vater stehen musste..


    Lange Rede kurzer Sinn.. Nach ca. 20 Minuten Herzstillstand, konnten sie meinen Vater soweit stabilisieren, dass er in die Klinik geflogen werden konnte. Dort war ich dann mit meiner Bekannten, meiner Mama und meinem Bruder. Es war wirklich wie in einem schlechten Film.. Mein Vater wurde direkt am Arm, Beinen sowie am Kopf notoperiert.. Als der Arzt uns sagte, wie es um ihn steht wurde mir kotz schlecht und schwarz vor den Augen.


    Dienstagmorgen wurden wir angerufen, wir sollten so schnell es geht in die Klinik kommen.. Es stünde nicht gut um meinen Vater. Alle wichtigen Untersuchungen waren bis dahin abgeschlossen und wir wurden von einem Ärztetermin zur Besprechung der Situation auf die Intensivstation gerufen.. Alle lebenswichtigen Areale im Hirn waren abgestorben.. Wenn wir ihn am Leben erhalten wollen, könnte man dies versuchen, aber uns müsse klar sein, dass er niemals wieder „da“ sein würde. Wenn nur körperlich. Mein Bruder und ich mussten entscheiden.. Es war so furchtbar.. Da mein Vater mir immer sagte, dass er niemals an Maschinen vor sich hinvegetieren wollte, war für unsere Familie klar, dass das einfach nicht in Frage kommt… Also wurde das entsprechende von den Ärzten getan, damit mein Papa auch nicht mit Schmerzen sterben musste...


    Am Mittwochabend dann gegen 20:15 Uhr starb mein Vater.. Wir waren die ganze Zeit bei ihm… Mein Bruder arbeitet selbst im medizinischen Bereich und bereitete uns auf diesen Augenblick vor. Wofür ich mich heute noch schäme ist, dass als es schien, dass der Zeitpunkt jetzt „da ist“ ich völlig ausrastete. Ich hab total geweint und geschrien, dass ich ihn lieb habe ich war einfach komplett überfordert. Daraufhin stabilisierte sich sein Zustand nochmal und ich dachte mir nur so „du Dumme Nuss, mach es ihm doch nich noch schwieriger“. Ich weiss, es gibt da sehr gespaltene Meinungen drüber aber ich glaube fest daran, dass mein Vater gemerkt hat, dass wir alle da waren….


    Es war einfach alles so surreal….Da stand ich nun mit 28 Jahren und musste die Beerdigung meines Vaters planen…


    Ich hab mich seither echt durchs Leben gekämpft und die ganze Zeit ist mir das auch „geglückt“ allerdings geht seit ca. 1 Monat NICHTS mehr bei mir. Ich wohne derzeit noch in meinem Elternhaus (meine Eltern lebten getrennt) und da erinnert natürlich alles an meinen Dad.. Jeden verdammten Tag muss ich an der Unfallstelle meines Dads vorbei. Jetzt geht gar nichts mehr. Ich bin jetzt einige Tage bei meiner Mutter untergekommen, ich kann nicht mal mehr an der Unfallstelle vorbei fahren oder alleine im Haus sein, so stark sind meine Panikattacken mittlerweile… Ich bin auch völlig erschöpft und gerädert. Habe jeden Tag das Gefühl ich habe 0 Stunden geschlafen und fühle mich nurnoch müde.


    Ich bin auch in therapeutischer Behandlung. Ärztlich wurde bei mir viel abgecheckt, weil mir diese extreme Abgeschlagenheit mittlerweile große Sorgen macht. Meine Hausärztin ist wirklich super lieb, hat etliche Untersuchungen gemacht, dabei kam ein extremer Vitamin D Mangel raus, der behandelt wird. Sie meinte es wäre kein Wunder, dass ich so müde bin, weil der Mangel so erheblich ist/war. Und doch mache ich mich total verrückt. Auch mein Therapeut meinte, dass solche Symptome auch wirklich gut zu meiner Depression passen könnten, aber ich habe mich noch nie so kraftlos gefühlt. Kennt das vllt jemand?


    Was mich einfach wirklich oft fertig macht ist, dass mein Vater so aus dem Leben gerissen wurde. Eben erzähle ich noch mit ihm und 15 Minuten später hörte zum ersten Mal sein Herz auf zu schlagen.. Es will mir einfach nicht in den Kopf gehen. Ich bin zwar froh, immer auf der Intensivstation dabei gewesen zu sein, aber das war alles so einschneidend und belastend :(


    Was ich mich vor allem frage ist, wieso habe ich mein Leben nach dem Tod meines Vaters „im Griff“ gehabt und momentan, 1 1/2 Jahre später bin ich zu NICHTS mehr fähig…


    Ich werde bald aus dem Elternhaus ausziehen, das hätte ich vllt. schon früher machen sollen. Nach dem Umzug möchte ich in eine REHA. Mein Therapeut hat mir das schon sehr oft ans Herz gelegt und ich denke, dass ich das jetzt wohl auch einfach mal brauche. Dachte nur die ganze Zeit ich schaffe das alleine. :(


    Hat vllt hier auch jemand Erfahrung mit einer REHA gemacht und kann mir etwas Mut machen?


    Ich bin einfach so enttäuscht von mir, dass ich gerade so „zusammenbreche“. Und ich verstehe auch nicht, was der Auslöser war… Ich meine anderen Menschen geht es doch auch schlecht und die schaffen das doch auch iwie..


    Ich bin so extrem ungeduldig, mache mich dadurch nonstop verrückt und verlange von mir selbst wieder so schnell es geht zu „funktionieren".


    Vielen Dank an alle, die sich diesen Beitrag bis zum Ende durchgelesen haben.. :2:


    Für die Rechtschreibfehler entschuldige ich mich direkt mal, ich hab fast durchgehend geweint und gerade keinen Nerv mir nochmal alles durchzulesen :(

  • Liebe Peanie<3


    ich möchte vorweg schreiben , das mein PC zurzeit Macken hat und ich öfters aus Programmen hinausfliege, bzw. der PC abstürzt. Aus diesem Grunde fasse ich mich auch für mich ungewohnt kurz...

    Im ersten Trauerjahr steht man eigentlich mehr oder weniger unter Schock... Man überlebt eigentlich nur jeden Tag in seiner Schwere, bzw. es ist ein finden , ein sich AB-Finden mit dem Tod des geliebten Menschen...


    Ich persönlich habe keine REHA gemacht , aber ich kenne einige denen es sehr gut getan hat, eine Reha gemacht zu haben...


    WARUM es dir jetzt schlechter geht wie im ersten Trauerjahr kann einesteils daran liegen , das bei den meisten Menschen es erst im ZWETEN Trauerjahr so bewusst wird , KLAR wird ,


    wirklich KLAR wird .... NIE wieder ...


    du nimmst zwar deine TRAUER <3 , die ja eine fortgesetzte LIEBE ist mit dir mit....


    aber du bist nicht permanent durch das ansehen von eigentlich ALLEM konfrontiert ...


    Ich bin mir sicher , das andere dir auch bald schreiben... Etwas unglücklich vielleicht ist es , das dein HERZENSBEITRAG unter zwar völlig richt ...Tod durch Unfall steht...

    aber

    mehr würden dich automatisch lesen, wenn es unter "verlust der Eltern" stände. Vielleicht kann Isabel L.K. ihn dorthin verschieben.

    Ich wünsche dir von Herzen einen erträglichen Tag<3:30:<3

    <3 Sverja

  • Ich bin mir sicher , das andere dir auch bald schreiben... Etwas unglücklich vielleicht ist es , das dein HERZENSBEITRAG unter zwar völlig richt ...Tod durch Unfall steht...

    aber

    mehr würden dich automatisch lesen, wenn es unter "verlust der Eltern" stände. Vielleicht kann Isabel L.K. ihn dorthin verschieben.

    Ich wünsche dir von Herzen einen erträglichen Tag<3:30:<3

    <3 Sverja

    Ok okay, das wusste ich nicht. Danke für den Hinweis.


    Und vielen lieben Dank für deine nette Antwort <3


    Ich pers. glaube ja, dass ich das mit meinem Papa wohl auch einfach ne Weile jetzt verdraengt habe und mir deswegen das Ganze jetzt so "um die Ohren fliegt". :(


    Danke nochmal für deine Zeilen :)!

  • Liebe Peani, herzlich Willkommen hier! Es tut mir sehr leid, dass du deinen Papa verloren hast! Ich kann mir gut vorstellen, dass es dir jetzt so schlecht geht, wenn du vielleicht anfangs die Trauer verdrängt hast bzw. auch nicht wirklich realisiert hast, dass dein Papa wirklich nicht mehr kommt!

    Ich glaube, es wird dir auch helfen, hier zu schreiben, ich schicke dir mal eine liebe Trost-Umarmung! :30:

    LG Andrea

  • Liebe Peanie,


    mein MItgefühl zum frühen Tod deines Vaters!

    Wenn ich von mir sprechen darf, war es bei mir auch so, dass ich die Zeit als meine Mutter bettlägrig wurde und bis nach ihren Tod nach 2 Jahren Pflege ziemlich gut verkraftet hatte und mein Leben immer in Griff hatte, erst ein halbes Jahr später hatte ich öfter mal so richtige Verzweiflungsausbrüche und war traurig und antriebslos. Damals habe ich nicht begriffen woher das kam und nicht einmal eine psychologische Betreuung hat viel geholfen. Diese rätselhaften Gefühlszustände sind irgendwann einmal von selber abgeklungen.

    Erst jetzt, 20 Jahre später, nach dem Unfalltod meines Mannes habe ich begriffen, dass das damals die zeitversetzte Trauer um meine Mutter war!

    Es ist also absolut nicht außergewöhnlich, dass dein Zusammenbruch erst so spät aufgetreten ist.


    Und noch eine Parallele: Mein Vitamin D Haushalt ist nach dem Tod meines Mannes auch ins Bodenlose abgestürzt und ich supplimiere jetzt.

    Ich glaube in diesem Zusammenhang auch nicht an Depressionen, das ist einfach handfeste Trauer, die angesehen und verarbeitet werden möchte. Und so leid es mir um uns alle tut, es gibt da keinen anderen Ausweg, als sich dieser Trauer und ihren Gefühlen der Leere, Einsamkeit und Sehnsucht zu stellen und viel Geduld mit sich selbst zu haben.


    Ich bin auch so ein ungeduldiger Mensch, der immer gut funktioniert hat.

    Aber auch ich musste einsehen, dass dieser Drang nach Perfektion, dieser Wunsch, dass alles möglichst schnell wieder normal seinsoll, alles noch viel schlimmer macht.

    Also glaube mir, alles was du empfindest ist völlig normal, du kannst es in meinem Thread und in vielen anderen Threads nachlesen.

    Es ist traurig, es ist nicht schön, aber es ist die Aufgabe die uns allen vom Schicksal präsentiert wurde.

    Schreibe hier so viel du möchtest, es entlastet sehr, das kann ich dir aus eigener Erfahrung bestätigen und du findest hier eine Gemeinschaft die versteht wovon du schreibst und das ist auch ein gewisser Trost.

  • Liebe Peani,

    Der Verlust deines Vaters tut mir sehr leid. Es ist nicht selten, dass Trauer sich Zeitverzögert zeigt. Trauer verläuft nie linear, und wenn wir bei so einem plötzlichen Verlust einen Schock erleiden, kann es durchaus lange dauern bis es ins Bewusstsein dringt.


    Ich habe deinen Thread nun in "Verlust der Eltern" verschoben, damit du von Gleichgesinnten leichter gefunden wirst. Schreib dir hier jederzeit alles von der Seele. Und wenn du Fragen hast, meld dich jederzeit.


    Fühl dich willkommen <3

    Isabel

  • Vielen lieben Dank ihr Beiden! :2:


    Tigerlily wie finde ich denn deinen Thread, bin noch etwas überfordert im Forum hier :)


    Ihr habt Recht. Man muss es echt erstmal begreifen, was unheimlich schwer ist und auch unglaublich schmerzhaft.


    Was noch dazu kommt ist, dass damals einige Leute an der Unfallstelle völlig versagt haben, sämtliche persönliche Wertgegenstände meines Vaters wurden zb verschlampert, was auch einfach sehr aufs Gemüt drückt. Schlüssel waren erst angeblich da und dann will sie keiner mehr gesehen haben, weder Polizei, noch Staatsanwaltschaft (das Motorrad wurde damals erstmal beschlagnahmt, da die Unfallursache anfangs unklar war) und alles ging einfach verloren, Handy usw. Da haben echt mehrere Stellen versagt. Auf Nachfragen hin bekam man dann auch mehr oder minder durch die Blumen gesagt, man solle es jetzt doch mal gut sein lassen, die Sachen sind nicht da und Punkt. Schwer da keine Wut aufkommen zu lassen. :( Von auslachender Polizist bis Behörde die einen ausgelacht hat, weil ich nach dem Tod erstmal fragen musste, wie das jetzt mit der Sterbeurkunde läuft usw. war vieles an Unmenschlichkeit dabei.


    Ich werde versuchen mir und meinem Körper die Zeit zu geben, die es jetzt eben nunmal braucht, auch wenn mir das nicht leicht fällt.

  • Liebe Peani,


    mein tiefes Mitgefühl zum Tode deines Papas.


    Unglaublich, wie die Polizei und die Anderen reagiert haben. Es ist eine Frechheit. Ich bin entsetzt. Die Gegenstände von unseren Verstorbenen sind für uns sehr sehr wichtig und dürfen nicht einfach verschlampt werden. Auch darf man nicht ausgelacht werden. Es tut mir sehr leid, dass du so etwas Schlimmes erleben musstest. Da verliert man seinen Papa und dann noch sowas..............


    Ja, gib dir und deinem Körper die Zeit. Meine Mama ist letztes Jahr im Mai verstorben und ich kann auch noch nicht damit umgehen, kann es nicht fassen und bin auch noch sehr traurig.


    Fühl dich verstanden und gedrückt :30::24:


    Mitfühlende Grüße

    Sveti

  • Tigerlily wie finde ich denn deinen Thread, bin noch etwas überfordert im Forum hier :)

    Liebe Peani,


    wenn du unter meinen Text schaust, siehst du grau unterlegt "meine Geschichte".

    Wenn du da draufklickst, siehst du orange geschrieben "Mein Mann ist mit dem Flugzeug abgestürzt, seitdem ist alles anders."

    Wenn du da draufklickst (oder gleich auf den Link hier) kommst du direkt zu meinem Thread.

    Darunter sind Fotos von meinem Mann bei seiner Lieblingsbeschäftigung.


    Liebe Grüße Gabi

  • Liebe Peani,

    Ich finde es sehr traurig was du neben deiner Trauer über den Verlust noch erleben musstest. Sehr respektlos, das Verhalten vieler Menschen.

    Die Gegenstände haben einen hohen emotionalen Wert, der nicht unterschätzt werden darf.


    Ich schick dir liebe grüße <3