Mutter verstorben - nun ganz alleine

  • Liebe Community,


    meine Mutter ist im Alter von 80 Jahren am 19.09.21 auf der Palliativstation gestorben. Meine Mutter hatte einen Tumor, der am 03.08 diagnostiziert wurde. Bis auf 1 Woche war sie nur noch Krankenhaus


    Die erste Prognose zum Krankheitsverlauf ging noch von vielen schönen Monaten zu Hause aus. Leider folgte auf die ersten Behandlungen nur ein Freier Fall aus Komplikationen.


    Meine Mutter war nach der Diagnose sehr gefasst und wollte kämpfen. Sie war 80 Jahre alt und hatte mit der restlichen Zeit konkrete Pläne.


    Nach der ersten Behandlung war jeder Tag im Krankenhaus mit einer weiteren Katastrophe verbunden, Verlust des Stents, Verletzung der Lunge beim Setzen des Ports, Harnwegsinfekt, Nierenversagen,....


    Ich bin überzeugt, dass meine Mutter geahnt hat, dass sie nicht mehr lange hat.

    Sie hat bereits kurz nach der Diagnose gesagt, dass sie in meinem Urlaub stirbt. Der 19.09 war dann auch mein letzter Urlaubstag.


    Trotzdem hat sie bis zum Schluss gekämpft. Ich war jeden Tag bei ihr und habe auch die letzte Nacht bei ihr verbracht. Am Ende war sie depressiv und ist voller Angst gestorben. Ich konnte nicht helfen. Das verzeihe ich mir nie.


    Danach war ich völlig fertig. Trotzdem habe ich einfach weitergemacht. Am 20.09 habe ich wieder gearbeitet.


    Ich habe nur noch meine Arbeit. Sonst bin ich jetzt ganz allein. Ich habe keine Geschwister. Ich hatte nur meine Mutter.


    Wir waren immer zusammen.


    Ich verstehe nicht, wie das Leben einfach weitergeht. Es geht weiter und weiter, ...


    Traurige Grüße

    Ulrike

  • Liebe Ulrike,


    noch einmal Willkommen hier in Deinem Wohnzimmer, fühl Dich hier aufgehoben und verstanden.

    Die Welt da draußen will und kann unseren Schmerz nicht verstehen schon gar nicht sehen.

    Hier versteht man Dich....es ist ein Alptraum aus dem man nicht erwacht, ich lebe in ihm seit dem 2 April 2020 und ich kann Dir nur sagen es wird anders mit der Zeit aber gut nein.

    Ich sehe immer noch keinen Weg zurück in ein Leben frei von diesem Schmerz, ich habe ihn akzeptiert er ist einfach immer da mal heftig mal weniger heftig.

    Es gibt mittlerweile gute Tage aber auch schlechte Tage es ist ein auf und ab.

    Wir alle hier kämpfen gegen die Dunkelheit gegen den Abgrund und wäre das Forum nicht und die Menschen hier wüsste ich nicht wo ich heute wäre.


    Ich mach alles nur für Mama weil ich weiß das sie das will und wer könnte ihr Andenken besser bewahren als ich....und ich hab noch meinen Papa und meine Samtpfoten.

    Also muss ich tapfer sein wenn es auch noch so schwer ist.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Ulrike,


    glaub mir Du hast getan was Du konntest in so einer Situation ist das verdammt schwer....meine Mama hat es nicht gewusst und ich habe auch nicht angefangen mich zu verabschieden mal davon abgesehen das ich völlig unter Schock stand, wir erhielten die Diagnose an dem Tag am Nachmittag gegen 14.00 Uhr am Abend zwischen 17.00 und 18.00 ist sie einfach friedlich eingeschlafen ohne Angst ohne zu wissen.

    Zudem war es mitten im ersten Lockdown es war schon ein Alptraum überhaupt zu Ihr zu dürfen.


    Dieser Tag ist in meinem Kopf eingebrannt diese Stunden und ich habe Monate ihn immer wieder durchlebt immer und immer wieder.

    Glaub mir es gibt nichts was Du Dir Verzeihen müsstest aber ich kann verstehen das Du so denkst, geht mir oft nicht anders.


    Deine Mama ist bei Dir immer.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Ulrike,

    der Verlust deiner Mutter tut mir sehr leid. Es ist so furchtbar, wenn man nicht helfen kann, es aber so gerne gekonnt hätte.

    Du konntest ihr nicht helfen, aber du warst bei ihr.


    Fühl dich hier im Forum wahrgenommen und verstanden!

    Kiry

  • Liebes Linchen,


    Du hast das alles an einem Tag erlebt ?

    Das ist sehr sehr schlimm. Du könntest Dich dann gar nicht mehr verabschieden. Ich weiss, wie schlimm das ist.

    Während des ersten Krankenhaus Aufenthalts meiner Mutter ging es ihr noch gut und wir könnten uns ins Patientenzimmer setzen und reden.

    Dann war sie auch noch Mal eine Woche zu Hause. Der Krankenhausaufenthalt danach war sehr schlimm. Wir könnten dann gar nicht mehr viel sprechen, da meine Mutter kein Einzelzimmer bekommen könnte. Die Coronazahlen sind da schon wieder gestiegen und die Zimmer wurden zur Isolation gebraucht.

    Auf der Palliativstation war es dann besser. Da dürfte ich länger bei ihr bleiben.

    Die Flashbacks, von denen Du sprichst habe ich auch. Meine Mutter ist während der Sterbephase noch eial aufgewacht und hat mich so angstvoll angesehen.Fas werde ich nie vergessen. Das ist meine letzte Erinnerung an sie.


    Liebe Grüße

    Ulrike

  • Liebe Kiry,

    ich danke Dir.

    Ich weiss, dass es nie so weit hätte kommen dürfen, dass ich so alleine bin. Meine Mutter und ich waren aber immer gerne zusammen. Wir hatten nur uns.

    Jetzt sagt mir jeder, dass meine Mutter Schuld war, dass ich so alleine bin.

    Das stimmt nicht - Meine Mutter war die bester Mutter, die man sich vorstellen kann. Sie war nur oft voller Angst, da sie viel schlimmes erlebt hat.


    Ich konnte aber studieren und habe einen Beruf, der mich völlig unabhängig macht.

    Das wollte meine Mamma immer, da sie das nicht hatte.


    Grüße

    Ulrike

  • Liebe Mischi,


    Krebs ist furchtbar und hinterhältig. Ich verstehe Dich sehr gut.


    Liebe Grüße

    Ulrike

  • Liebe Ulrike,


    was andere Menschen denken oder sagen sollte Dir am A....vorbei gehen.

    Du musst weder Dich noch Deine Mama rechtfertigen.

    Du bist ein erwachsener Mensch in einem Alter nehme ich mal an in dem Du über Dein Leben selbst entscheiden kannst was Du tust und willst.

    Du bist damit glaube ich auch nicht allein was das anbelangt.

    Selbst wenn es anders wäre würde das nicht allzuviel ändern.

    Ich bin nicht allein habe einen Partner und trotzdem eine sehr sehr enge Beziehung zu meiner Mama gehabt immer wie waren eins....das führte oft zu Spannungen zwischen meinem Partner und mir.

    Also das eine schließt das andere nicht aus.


    Vlg. Linchen

  • Liebes Linchen,


    ich bin seit mehr als 30 Jahren wirtschaftlich völlig selbständig und auch erfolgreich im Beruf.

    Man merkt halt in solchen Situationen, wer seine wahren Freunde sind und wer nicht.

    Bei uns war manchmal vielleicht auch Neid dabei.

    Bekannte meiner Mutter haben oft gesagt, sie verstehen gar nicht, wie das funktioniert.


    Leider ist es derzeit sehr schwer, neue Freunde zu finden.

    In der Zeit jetzt ist es es halt sehr schwer, neue Kontakte zu knüpfen.

    Trauercafés finden bei uns nicht statt, Kirchenkaffee auch nicht.


    Mit Omikron wird das wahrscheinlich auch nicht besser. Ich bin froh, dass meine Mutter das nicht mehr erleben musste. Corona war für sie sehr schlimm. Sie war immer selbständig unterwegs und hat alles gewuppt. Dann kam der Lockdown und es ging nicht mehr viel.

    Ich denke, dass wir die Krankheit deshalb nicht haben kommen sehen. Meine Mamma war dann fast nur noch zu Hause und ab und zu mit mir spazieren.


    Der Arzt im Krankenhaus konnte nicht verstehen, dass meine Mutter trotz ihres speziellen Krebs nichts abgenommen hatte. Hatte sie aber nicht. Sie ist sogar den noch den Kilometer zum Hausarzt gelaufen. Sie war nur ab und zu etwas müde, aber mit 80 darf man das doch. Sie hat noch jeden Mittag gekocht.


    Nach den Behandlungen inkl. Darmspiegelung 10 Tage vor ihrem Tod war das anders. Da fragte mich der Chefarzt doch glatt, ob sie Selbstversorger war. Ich fasse es nicht.

    Hast du die Sendung, dem Sterben zum Trotz angesehen ?


    Nie wieder würde ich einen unheilbar kranken außerhalb der Palliativstation behandeln lassen.


    Grüße

    Ulrike

  • Liebe Mischi,


    meine Mutter hatte ein Gallengangskarzinom. Das ist eine extrem seltene Krebsart, die sich in der Regel nur durch eine starke Gewichtsabnahme bemerkbar macht. Das war bei meiner Mutter jedoch nicht so.


    Nach Beginn der Behandlung ist es bei meiner Mutter zu einer Reihe an Komplikationen gekommen, wie Verlust des Stents in der Gallenblase, Verletzung der Lunge beim Setzen des Ports, Harnwegsinfekt, starke Einschränkung der Nierenfunktion als Reaktion auf die Antibiotika zur Behandlung des Harnwegsinfekts.


    Ganz zum Schluss hat meine Mutter angefangen zu Bluten. Der Chefarzt war sich sicher, dass es der Dickdarm ist und wollte die Blutung im Rahmen einer Darmspiegelung stoppen. Es war aber nicht der Dickdarm sondern der Tumor, den hatten wir nach all den Komplikationen kaum noch auf dem Radar. Die Blutung hatte vor der Darmspiegelung auch bereits aufgehört, nachdem die Spritze zur Blutverdünnung ausgesetzt wurde. Trotzdem wurde die Darmspiegelung durchgeführt. Der Dickdarm selbst war ohne Befund.

    Nach allem anderen hat das meiner Mutter den "Rest" gegeben. Sie war danach einfach fertig mit der Welt.

    Sie hat beispielsweise täglich 2 Liter Infusion zur Steigerung der Nierenfunktion bekommen. Das musste alles verstoffwechselt werden. Spätester auf der Palliativstation wurde die Infusion durch Lymphdrainage ersetzt.


    Alles in allem hat sich der Zustand meiner Mutter täglich verschlechtert und keiner wollte glauben, dass sie vor dem ersten Krankenhausaufenthalt noch selbst zum Hausarzt gelaufen ist. Das sind fast 2 Kilometer.


    In den ersten beiden Krankenhauswochen war sie noch mit mir Patientenzimmer und hat mich auch immer noch zum Ausgang gebracht, wenn ich Abend nach Hause gegangen bin und hat mir nachgewunken.


    Ich will nicht ungerecht sein, aber ich stehe jetzt dem Umgang mit Schwerstkranken etwas anders gegenüber.


    Liebe Grüße

    Ulrike

  • Liebe Mitschi,


    das verstehe ich sehr gut. Ich bin froh, darüber sprechen zu können.


    Meine Mamma hatte fast ihr ganzes Leben Gallensteine.


    Da sie aber keine großen Beschwerden hatte, riet ihr unser alter Hausarzt, der selbst Gallensteine hatte und selbst operiert wurde, ohne dass er danach beschwerdefrei wurde, von einer OP ab.


    Meine Mutter war aber regelmäßig zum Ultraschall der Gallenblase und auch regelmäßig zur Blutuntersuchung.


    Das hat sich auch trotz Corona nicht geändert.


    Trotz der Untersuchungen blieb der Tumor unentdeckt, obwohl er schon sehr weit fortgeschritten war und sich schon Metastasen gebildet hätten.


    Das verstehe ich auch nicht. Im Krankenhaus wurde der Tumor sofort beim Ultraschall gesehen.


    Ich kann nicht mehr zu unsere Hausärztin gehen, die sich auch nie wieder bei uns gemeldet hat. Sie kannte die Diagnose. Ich hatte es ihr mitgeteilt und sie hat auch die notwendigen Rezepte ausgestellt, als meine Mutter zu Hause war. Trotzdem hat sie sich nie wieder gemeldet oder nachgefragt. Sogar die Augenärztin meiner Mutter hat angerufen, nachdem ich einen Termin absagen musste und hat meiner Mutter Mut zugesprochen.


    Zum Corona Booster war ich im Impfzentrum. Die Praxis betrete ich nie nie wieder.


    Grüße

    Ulrike

  • Hallo Ulrike,

    ich kann so gut verstehen wie du dich fühlst!! Ich bin auch ein Einzelkind ohne eigene Familie!!

    War auch immer bei Mama und Papa! Jetzt gibt es nur noch Papa und mich! Und den schrecklichen Verlust den wir erlitten haben, der mir völlig dem Boden unter den Füßen weggezogen hat!!

    Ich war sechs Wochen krankgeschrieben! Gehe arbeiten, lebe weiter aber ohne wirkliche Freude!!

    Immer wenn ich etwas sehe denke ich das nehm ich Mama mit, dann fällt es mir sofort ein und ich könnte weinen!

    Hier ist nichts dekoriert bei uns, die Lichterkette am Balkon mache ich heilig Abend an wenn die Jalousien unten sind und ab mache ich die sofort am 27.12. was soll ich mit Weihnachten? Mit Silvester? Nichts mehr!!

    Papa ist das Gegenteil von Mama still, ein Einzelgänger! Wäre besser mit ihm weggefahren, in ein Hotel, muß ja nicht weit weg sein, halt nur nicht zu Hause sitzen!!

    Habe genug Freunde die sich kümmern, aber da möchte ich auch nicht immer über Mama reden! Das mache ich besser hier! Habe mir extra ein Tablet gekauft, weil an Weihnachten nichts im Fernsehen kommt! Der Sohn meiner Freundin hat mir die ard und zdf Mediatheken drauf gespielt und Netflix! So komm ich wenigstens abends um die Runden!

    Was hast du geplant?

    Lg Yogi

  • Liebe Yogi,


    ich bin Weihnachten bei meiner Tante und meiner Cousine eingeladen.


    Mamma und ich wollten im Herbst wieder nach Hause umziehen. Der Mieter ist Anfang des Jahres ausgezogen und wir haben das Haus renoviert mitten in Cornona. Jetzt ist das Haus fertig, die Möbel kommen und Mamma ist tot.


    Ich konnte nicht Mal das Haus rechtzeitig fertig bekommen, damit Mamma noch hätte umziehen können.

    Ich war wirklich keine Hilfe. Im Krankenhaus habe ich auch nur geheult.

    Aber ich war jeden Tag da und weiss heute nicht mehr, wie ich den Weg geschafft habe.

    Ich habe Brühe gekocht und Pudding gemacht, als meine Mutter sonst nichts mehr essen wollte.


    Jetzt werde ich wahrscheinlich im Frühjahr umziehen. Das bin ich Mamma schuldig.


    Arbeiten kann ich glücklicherweise im HO überall.


    Ich drücke Dich

    Ulrike

  • Das ist tapfer das du alleine in das Haus ziehst!

    Ich habe leider alleine Angst, könnte nicht schlafen!

    Hier bei uns ist alles so als würde Mama gleich zurück kommen, selbst ihre Zahnbürste steht in ihrem zahnbecher, kann dass noch nicht wegwerfen!!! Stört mich auch nicht!!!

    Ach Ulrike, was soll nur werden?

  • Hallo Yogi,

    In dem Haus ist noch eine Wohnung vermietet. Die Familie ist immer da. Meinst Du ich würde da sonst einziehen ?

    :24:

    Ich habe auch Angst.

    Wir müssen es für unsere Mütter schaffen.

    Soll jemand sagen, dass sie Feiglinge erzogen haben und alles falsch war ?

    Nein ! Dann hab ich lieber Angst.

  • Da hast du wohl Recht! Aber Mama hatte auch Angst alleine, wenn Papa in Tunesien ( mein Papa kommt aus Tunesien, Mama war eine deutsche) war dann haben wir immer die Schlafzimmertüre und meine Zimmertür offen gelassen!!

    Ich hoffe so das Mama mich begleitet, ich rede immer mit ihr, auf der Arbeit in Gedanken!

    Aber so kannst du Miete sparen!

    Ich fühl mich so rastlos, kann am Esstisch nicht lange sitzen bleiben!

  • Liebe Ulrike,

    meine Mama hatte auch ein Gallengangkarzinom. Es wurde auch erst 2 Wochen vor ihrem Tod erkannt. An ihrem letzten Tag hat sie auch stark geblutet.

    Mama ging auch ständig zur Blutuntersuchung und nie wurde etwas festgestellt...

    Das alles passierte letztes Jahr kurz vor Weihnachten!!