Alles verändert sich mit dem, der neben einem ist, oder neben einem fehlt

  • Hallo und guten Abend an alle,


    heute habe ich unser Lager geräumt. Das hatten wir gemietet, da stand unser wunderschöner Kaminofen drin ( den wir leider in unserer jetzigen Wohnung nicht mehr benutzen konnten)und viele viele Bücher, einiges an Grappa ( mein Mann liebte guten Grappa und Whisky). Über Jahre hat er gesammelt. Kisten mit Weihnachtsdeko und alten Briefen, Postkarten, Geburtstagskarten. Kisten mit Werkzeug, Kabel, Steckdosen und und und.


    Ich habe dann später als meine Helfer weg waren in den Kisten wo die Briefe usw. drin waren noch etwas gestöbert, gelesen...ganz liebe Zeilen von meinem Mann zum Geburtstag für mich...da kamen heute zum erstenmal innerlich ein paar Erinnerungen. Ich dachte ich hätte schon gar keine mehr...aber sie gingen auch ganz

    schnell wieder weg. Aber für einen kurzen Moment, dachte ich jetzt kann ich ihn fühlen...Freud und Leid in einem, da ich mich gefreut habe ihn zu fühlen und gleichzeitig zu merken das es Vergangenheit ist :13:

  • Aber für einen kurzen Moment, dachte ich jetzt kann ich ihn fühlen...Freud und Leid in einem, da ich mich gefreut habe ihn zu fühlen und gleichzeitig zu merken das es Vergangenheit ist

    Und diese kurzen Momente sind es die mich weitergehen lassen. Immer mit der leisen Hoffnung am Ende wartet mein Mann und hat die Antworten auf all meine Fragen

  • Hallo an alle die hier sind,


    kennt jemand das Gefühl, wenn ihr mit Menschen,denen euer verstorbener Partner nahestand und auch geliebt hat, aufeinmal ihr selbst nicht mehr mit diesen Menschen zurecht kommt, sogar manchmal schlecht über diesen Menschen denkt?!



    Ich persönlich fühle mich so schlecht damit. Ich kann schon fast sagen, das es meine Beziehung zu meinem verstorbenen Partner erheblich stört.

    Ich habe ein schlechtes Gewissen und es tut schon fast weh.

  • Mmmmmhhhh... Liebe Anja,


    Ich persönlich kenne es nur so, daß die Beziehung zur Familie meines Partners von Anfang an schwierig und recht gefühlsarm war und nach seinem Tod kam bei mir erst so richtig mein Ärger und die Verletzungen dadurch hervor...


    Ich weiß nicht, ob dir das weiter hilft...

  • Liebe RoundAn,


    ja dazu kann ich leider auch nicht viel sagen, bei mir schon viele viele Jahre her und nie einen schlechten Kontakt nur eben völlig abgebrochen.

    Weiß nur das diese Familie kaputt gegangen ist.

    Die Eltern haben alles verloren Haus usw. wg. Alkohol und auch die Schwester geriet in Alkohol und Drogen Probleme womit auch ihre Familie zerbrach.

    Meine Mama hatte alles versucht aber es hat nichts geholfen und ich war nicht in der Lage zu helfen.


    Für mich wollte ich das nicht deswegen ein neues Leben begonnen ich war aber gerade 20 wir waren 4 Jahre zusammen wollten heiraten, ein Haus kaufen, Kind, einen Hund alles war in Planung fast abgeschlossen als das unglaubliche geschah Autounfall.


    Ohne meine Eltern gerade meiner Mama hätte ich das niemals geschafft.


    Vlg. Linchen

  • Liebes Linchen,


    das tut mir sehr sehr leid, mir fehlen gerade etwas die Worte. :30:

  • Liebe Pia,


    bei mir ist es etwas anders, ich hatte, so glaubte ich zumindest eigentlich ein gutes Verhältnis zu diesen Menschen.

    Mir geht es um das Gefühl, das ich auf einmal kein gutes Verhältnis mehr zu diesen Menschen habe, aber ich genau weiß wie sehr mein Mann

    diesen Menschen nahestand. Damit fühle ich mich nicht gut.


    Mir fallen irgendwie nicht die richtigen Worte ein wie ich es beschreiben soll.

  • Liebe Anja,


    Ja ich habe im Moment Schwierigkeiten, dir nachzuempfinden, auf jeden Fall bist du in einem starken Zwiespalt, spüre ich... kann es sein, dass du deinem Mann "zuliebe" dir gesagt hast, dass du diese Person auch magst und du dir deine wahren Gefühle erst jetzt zugestehst...?!

  • Liebe RoundAn,


    es ist viele viele Jahre her 25 ist für mich nicht mehr ein großes Problem.

    Natürlich gab es die Momente immer aber die gibt es generell bei diesen vielen Verlusten die ich schon immer hatte.

    Mama ist viel viel schlimmer mein Seelenmensch mein alles....ich entschied mich fürs Leben und konnte auch unbeschwert weiter Leben bis zu diesem Tag 2020.


    Vieles kam wieder hoch. Natürlich. Kaum jemand außer meine Eltern eine Freundin aus der Zeit wußte etwas davon niemand in meinem heutigen Umfeld nicht einmal Familie wusste davon sind aber auch weiter weg.

    Wir zogen um und ich begann neue Arbeit neue Freunde ect.

    2 Jahre später neue Partnerschaft bis heute.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Anja, ja deine Gefühle für diesen Freund deines Mannes kann ich sehr gut nachempfinden. Mir geht es mit Volkers "Lieblingsnichte" auch so. Stehe diesbezüglich auch etwas ratlos rum. Wenn es ihr nicht gut ging oder so, hieß es immer mein lieber Onkel und sowohl er als auch ich haben geholfen, hatte aber von mir aus oft das Gefühl, dass ihre "Zuneigung " nicht echt war, nur habe ich das verschwiegen um Volker nicht zu verletzen. Und jetzt kommt von ihr gar nichts mehr.

  • Liebe Anja!

    Ich habe auch zu vielen Menschen von „damals“ den Zugang verloren.

    Scheinbar war dann doch zu wenig Beziehung da, und als das Bindeglied, mein Mann, weg war, verlor ich den Draht zu ihnen.

    Dass dich das in gewisser Weise schmerzt ist klar, ein schlechtes Gewissen solltest du deshalb nicht entwickeln. Das bringt nichts. Man kann Gefühle ja nicht erzwingen.
    Mit unseren Liebsten verliert man viel, nicht nur sie. Das Leben wird auf den Kopf gestellt.

    Herzliche Grüße an dich!

    Hedi

  • Liebe Anja,

    ich glaube mir geht es genau wie dir. Mein Mann hat noch eine Schwester und einen Bruder. Vor Joachims Tod hatten wir ein gutes Verhältnis. Haben uns gegenseitig geholfen.


    Meine Schwägerin ( die Schwester meines Mannes ) lebt nach dem Tod beider Eltern alleine. Sie hat nur eine kleine Rente und erhält Unterstützung vom Amt.

    Mein Mann ist einmal pro Woche zu ihr gefahren. Hat sie bei Behördengängen unterstützt.

    Nach Joachims Tod haben wir noch eine Zeitlang miteinander telefoniert. Ich bin zu ihr gefahren und wir sind zB spazieren gegangen. Ich hab sie auch zu mir eingeladen. Einmal war sie da. Zweimal ist sie jedoch einfach nicht gekommen, ohne abzusagen. Hab sie dann angerufen und ihr erklärt das ich auf sie warte und mir auch Sorgen mache das ihr was passiert ist. Sie meinte nur " Du hast doch Zeit jetzt wo du alleine bist ". Das hat mich sehr verärgert.

    Am ersten Todestag von Joachim wollte sie auch kommen ---- und hat mich versetzt.

    Seither ist Funkstille.


    Der Bruder meines Mannes hat sich noch nie bei mir gemeldet.


    Ich fühle mich von ihnen vergessen. Doch ich kann nicht über meinen Schatten springen und bei ihnen anrufen. Irgendwie denke ich es müsse umgekehrt sein.

    Ist vielleicht falsch

    Manchmal denke ich Joachim ist enttäuscht von mir weil ich mich nicht um meine Schwägerin kümmere so wie er es gemacht hat.

    Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl das die Verbindung und somit die Zugehörigkeit zur Familie mit Joachims Tod von Schwager und Schwägerin beendet wurde.

  • Hallo Ihr Lieben,


    ich kann vieles nachvollziehen - verstehen. Für mich habe ich festgestellt, dass der Tod eines Menschen vieles neu sortiert und ich selbst eine neue Wertung von Menschen/Situationen vornehme. Angefangen, dass ich für mich sondiere, wer mich fragt, wie es mir geht. Es gibt flüchtigere Bekannte die einem begegnen und fragen, wie es einem geht, denke ich hier ist oft Hilflosigkeit im Umgang mit mir ein Problem. Oftmals antworte ich aus Höflichkeit neutral, damit ich keinem vor den Kopf stoße. Wie oft in anderen Wohnzimmern beschrieben, ist der Umgang mit dem Tod ja ein gesellschaftliches Problem und die damit einhergehende Hilflosigkeit. Bei Familie oder Freunden werte ich das anders, hier weiß ich ja wer zu uns steht und wer sich nicht pseudomäßig erkundigt, diese Kontakte fahre ich entweder ganz oder auf ein Miminum herunter, da mir Scheinheiligkeit nicht gut tut und mir Energie raubt, die ich einfach nicht habe. Ich merke auch das ich gut damit fahre, denn mal ehrlich, ist ein Kontakt der nicht aufrichtig ist, erhaltenswert? Wir haben hier alle das Schlimmste erfahren, da ist der ein oder andere unwichtige Verlust gut zu ertragen, auch wenn bei manchen die Enttäuschung groß ist ... mein Mann hat eine Tochter (23) aus einer vorangegangenen Beziehung, welche eigentlich nur zu Feierlichkeiten da war und auch eine unangenehme Art und Weise hat (empfanden wir beide so, aber es ist sein Kind, also arrangiert man sich). Nach Steves Tod kam sie und jammerte um die Zeit, die sie mit uns verpasst hat und das sie sich ab sofort ändern wolle, auch das habe ich ihr zugestanden, da ich der Meinung war, vielleicht reißt sie das Ruder noch rum. Wir haben unregelmäßig, aber höflichen Kontakt, aber auch sie war so die typische "wie gehts Dir"-Fragerin ohne eigentlich eine ehrliche Antwort zu wollen, eher um einen Aufhänger zu haben von persönlichen Problemchen zu sprechen. Da wir ein Haus haben, musste ich mit ihr die Auszahlung ihres Erbteils besprechen, wir haben uns geeinigt, den Notarvertrag aufgesetzt und ein Vierteljahr auf den Termin gewartet und zwei Wochen vorher erhälte ich über WhatsApp die Info, dass ich Post von ihrem Anwalt erhalte ... früher hätte mich das tagelang beschäftigt. Heute habe ich einen Anwalt beschäftigt und harre der Dinge die da kommen und danach war es das.. Meist sind es Menschen in unmittelbarer Nähe, die einem am Meisten enttäuschen können. Seine Mutti ist hingegen sehr bemüht, aber ich denke das wird sich alles relativieren, wenn die Kinder groß sind und ihre eigenen Wege gehen.


    Ich für meinen Teil, hinterfrage hier nicht, wie er es sehen würde, da er mir in der jetzigen Situation nicht mehr beistehen kann. Ich denke wichtig ist hier in allererster Instanz, was tut einem selbst gut, scheinheiliger Kontakt oder gar keiner. In unserer mental derart angespannten Lage, dürfen und sollten wir uns diesen Egoismus zugestehen. Liebe RoundAn , die schreibst Du fühlst Dich erschöpft, versuch die nicht mit derartigen Dingen zu belasten. Wichtig ist die Frage, möchtest Du diesen Kontakt für Dich unbedingt und wie fühlst Du Dich dabei oder möchtest du ihn auftrecht erhalten, weil Du dies mit Deinem Mann verbindest? Ich denke Dein Mann wäre es wichtiger, dass es Dir gut tut, als dass Du die Freundschaft zu seinen Freundenauf Biegen und Brechen aufrecht erhältst.


    Ich sende Euch ein paar gut tuende Sonnenstrahlen.


    Viele Grüße




    Crafar

  • Liebe Anja,


    auch mich haben einige Verwandte und gute Freunde sehr enttäuscht,.

    Diese Kontakte habe ich dann abgebrochen, was mir im Nachhinein auch gut getan hat.

    Ich war mir sicher, dass die Kontakte zu seiner Familie, bzw. seinen Brüdern mit der Zeit

    einschlafen würden, da sie in verschiedenen Teilen der Welt, Singapur, Kairo,

    Rom, London und Saudi Arabien wohnen

    Alle kamen zu Maximilians Beisetzung, 2 von ihnen haben Max begleitet bis er eingeschlafen

    war. Sie haben sich rührend um mich und unseren Sohn gekümmert,

    haben um ihren Bruder geweint und getrauert.

    Diese Schwiegerfamilie sind die einzigen, die sich ehrlich um mich bemühen, die anrufen,

    Mailen usw.

    Mein Umfeld hat Max vergessen, als hätte es ihn nie gegeben.

    Eine Bekannte kam letzte Woche, denn es ist ihr eingefallen, dass Maximilian angeblich noch eine

    Reitgerte von ihr hat. Wir haben 5 Gerten, ich habe gesagt, suche dir einfach eine aus und gehe.


    Liebe Grüße

    Maike

  • Hallo ihr Lieben,


    ersteinmal ganz ganz lieben Dank für eure Nachrichten!

    Auf der einen Seite hat es mich sehr betroffen gemacht was ich alles so gelesen habe. Wie sich andere Menschen verhalten ist teilweise ja so unfassbar

    da fehlen einem die Worte.


    Dolore : dein letzter Abschnitt den du geschrieben hast bestärkt mich in meinem Denken und Fühlen. Es fällt mir nur so schwer es anzunehmen weil ich irgendwie ein Schuldgefühl habe meinem Mann gegenüber. Es ist nicht immer aber manchmal.


    Maike : auch das was du schreibst ist so unglaublich. Deine Reaktion auf die Bekannte mit dem Satz : Wir haben 5 Gerten, ich habe gesagt, suche dir einfach eine aus und gehe...der war genau richtig!


    @Crafar: dieser Egoismus von dem du schreibst der ist in mir und ich habe auch eine klare Grenze gesetzt was meine Schwägerin angeht. Wir hatten vor ein paar Wochen einen großen Streit. Ich konnte aber gut dagegen halten trotz ihrer impulsiven Art und Vorwürfen das ich mich nicht richtig verhalten würde in meiner Trauer.

    Ich habe den Kontakt auf das nötigste eingestellt und das auch ganz klar kommuniziert. Ich habe noch eine 91jährige Schwiegermutter, die aber von alledem nichts weiß und ich möchte sie auch weiterhin schützen.


    Steffi : Das was du erlebt hast mit dem Bruder von deinem Mann das kenne ich auch, zwar etwas anders aber so ähnlich. Das ist einfach sehr verletzend und verstehen tut man das auch nicht. Ich dachte, gerade weil es so eine schreckliche Situation ja für uns alle ist, würde die Familie mehr zusammen halten und für mich wäre es auch wichtig gewesen, denn sie sind nun mal auch irgendwie eine Verbindung und ein Teil von meinem Mann.


    Pia : ja in einem Zwiespalt, aber nicht weil ich mir meine Gefühle erst jetzt eingestehe. Ich mochte sie wirklich alle sehr gerne und irgendwie tue ich das auch jetzt noch. Ich bin nur so enttäuscht. Mein Mann liebte sie alle da bin ich mir ziemlich sicher und deswegen glaube ich fällt es mir so schwer.


    Seid alle ganz herzlichst umarmt!

    Anja