Mein Herz ist bei dir

  • Liebe Christine,

    Guten Morgen.

    Ja, es sind 2 Jahre und fast 2 Monate her, seit Christoph gehen musste.

    Wirklich sagen wie sie vergangen sind, kann ich nicht. Meine Erinnerungen sind alle von "davor". Als mein Leben einen Sinn hatte und ich gerne gelebt hab. "Danach" wurde es dunkel in mir und das ist so geblieben. Wenn es jeden Tag wieder morgen wird und dieser Weltuntergang kommt jedesmal aufs Neue in meinen Kopf, würde ich am liebsten gehen....

    Geholfen hat mir, wenn man überhaupt von Hilfe sprechen kann, die Natur und Menschen, die das Gleiche erleben mussten.

    Ich lebe sehr zurückgezogen.

    Und ich mag es auch so.

    Mein Sohn lebt weiter in mir. Er ist immer um mich und ich rede gerne mit ihm. Diese Parallelwelt musste ich mir erschaffen, sonst wäre ich verrückt geworden. Christoph ist mein Einziger. Ich war immer alleinerziehend und unsere Verbindung ist sehr tief.

    Du wirst erkennen das es ein anderes Leben ist, ohne dein Kind. Ein ganz anderes.

    Man kann es schlecht beschreiben. Mir ist so vieles unbedeutend geworden.

    Es wird nicht wieder "gut".

    Das wird es in diesem Leben nicht mehr. Es ist eher ein Warten um dahin zu kommen wo meine geliebte Familie ist.

    Viele Grüße, Kathi

  • Liebe Kathi.Erst einmal vielen Dank,dass du mir geschrieben hast.Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass unser beider Schicksal sich in einer Hinsicht unterscheiden. Ich habe noch 2 Töchter und 3 Enkelkinder. Meine Ehe wurde geschieden, da waren die Kinder 6,8 und 10 Jahre alt Danach kam eine Zeit, an die ich mich auch schwach nur erinnere. Mein Mann hatte sich eine neue Frau genommen und sie zog mit ein in unsere Wohnung. Es war eine Dienstwohnung und ich bekam sie nicht, ich musste raus. Eineinhalb Jahre ging das. In der DDR war so etwas möglich.!!! Ich schreibe das deshalb aus folgendem Grund. Es gibt in Familien auch ganz grosses Unglück. Du hast dein einziges Kind verloren. Das ist eine große Tragödie. Ich kenne ein Beispiel, wo die Mutter daran zerbrochen ist.Du lebst nun schon eine relativ lange Zeit alleine. Dafür gibt es keinen Trost von außen. Vielleicht hast du doch etwas, wofür es sich lohnt zu leben. Ich lebe schon viele Jahre alleine. Meine Töchter leben ihr eigenes Leben. Nur mein Sohn und ich waren eng verbunden, weil er keine Familie hatte. Deshalb kann ich es etwas nachempfinden , wie es dir geht. Mein Sohn ist jetzt seit 5 Wochen tot. Ich vermisse ihn auch sehr. Er ist auch nicht ersetzbar. Trotzdem habe ich eben noch die Töchter und Enkel. Deshalb kann ich es mir auch nicht vorstellen, wie es wäre würde ich sie nicht haben. Ich habe mich in meinem Leben eingerichtet. Ich habe meine Bücher ,meine Musik ( Entspannungsmusik) mein Berliner Umland , wo ich gerne hinfahre. Mir hat mal ein Arzt gesagt, daß man im Alter nur noch sich selbst hat und damit auskommen muss. So ist der Lauf des Lebens. Daß der Tod auch dazugehört ,haben wir beide schmerzhaft erfahren. Es grüsst dich ganz herzlich Christine.

  • Liebe Kathi. Ich möchte noch einen Gedanken äußern. Ich habe in meinem Leben festgestellt, daß alles seinen Preis hat. Man bekommt nichts geschenkt. Du hast dafür,daß du so einen guten Sohn hattest, einen hohen Preis bezahlen müssen.Hättest du ihn nicht so geliebt, würdest du jetzt nicht so leiden. Ich hoffe, du verstehst, wie ich das meine. Es gibt Eltern, die vernachlässigen ihre Kinder,schlagen sie oder geben sie ab .Ich habe 15 Jahre im Kinderheim gearbeitet. Du kannst dir nicht vorstellen, was es für grausame Eltern gibt. . Mein damaliger Ehemann hat auch einen hohen Preis bezahlen müssen, daß er mich so behandelt hat. Er hat ein Haus gebaut und hatte kurze Zeit später einen Herzinfarkt. Liebe Kathi.Ich wünsche dir von ganzem Herzen , dass du mit deinem Sohn im Herzen und mit der Erinnerung Frieden schließen kannst.

  • Liebe Kathi.Ich habe immer noch nicht begriffen, wie das Forum funktioniert. Im großen und ganzen ja,aber nicht in allen Bereichen. Jetzt erst finde ich,daß du mir gestern noch geschrieben hast.Umso mehr tut es mir gut, daß dir mein letzter Beitrag so gefallen hat. Ich mache mir täglich Gedanken über das,was uns allen widerfahren ist. Vor allem merke ist,daß die Tagesform oft eine Rolle spielt, wie es uns allen geht. Ich muss da noch an mir arbeiten. Das ist ja sehr menschlich. Jeder Mensch hat solche und solche Tage. Das liegt in seiner Natur. Mein Sohn sagte immer so treffend,:Wenn immer alles schön wäre, wüssten wir ja gar nicht daß es schön ist,weil wir ja das Unschöne nicht kennen. Ich habe heute auch noch etwas Gutes gelesen. Angst,Wut und andere Emotionen halten sich im Körper nicht länger als ungefähr 2Minuten.Was davor oder danach kommt sind einzig und allein unsere Gedanken. Und das ist ja auch der Grundsatz jeglicher Therapie in der Psychatrie. Gedanken spiegeln aber nicht immer die Realität. Gedanken ist etwas ganz Individuelles jedes einzelnen Menschen. Hier im Forum merkt man das ja auch ganz besonders. Jeder geht mit dem Verlust anders um . Und wenn man von den anderen Gedanken liest, übernimmt man vielleicht dies oder jenes. So verstehe ich den Sinn eines solchen Forums. Oh Gott ,so viel wollte ich gar nicht schreiben .Ja der Mensch ist ein kompliziertes Wesen. Aber es ist schön,ein Mensch zu sein. Da schließt sich wieder der Kreis. Deshalb ist so schmerzlich, wenn ein geliebter Mensch stirbt.

  • Liebe Kathi.Ich bin es mal wieder .Ich habe heute ein bißchen im Forum gelesen und bin auf unser beider" Gespräch "gestoßen. Mir ist aufgefallen, daß die Familie dabei eine große Rolle spielt. Ich habe, wie schon geschrieben, noch eine Tochter und einen Enkel. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Ich habe noch eine Tochter und zwei Enkel. Seit ungefähr 4Jahren gibt es keinen Kontakt mehr. Ich könnte einen Roman schreiben, was sich damals abgespielt hat. Ich will damit nur sagen, daß es in den Familien den größten Krieg zwischenmenschlicher Beziehungen gibt. Das ist eine Tatsache. Nur erfährt man es kaum ,weil es ja privat ist.Hier in meiner unmittelbaren Umgebung hat vor wenigen Tagen ein Mann seine Frau und die beiden Kinder umgebracht.Da läuft es mir eiskalt über den Rücken. Ich habe mich mit dem Problem meiner einen Tochter und deren Kinder abgefunden. Ich kann es nicht ändern. Nun habe ich ja noch die andere Tochter und meinen Enkel. Er ist 21 und hilft mir,wo er nur kann. Liebe Kathi.Du weißt ja bestimmt, dass ich schon 80 Jahre bin.Die Probleme des Lebens machen auch vor mir nicht halt.Eines nur habe ich mir geschworen,in irgendwelche Dramen spiele ich nicht mehr mit. Mein Leben war schwer genug. Ich habe auch keine Freundinnen mehr. Ich lebe nämlich am besten damit,daß ich mir sage: Erwarte nichts von jemandem, dann kannst du auch nicht enttäuscht werden. Und eins habe ich jetzt auch erfahren müssen. Mit Trauer will kaum jemand was zu tun haben. So sind die Menschen leider in unserer Zeit in unserer Gesellschaft. Ich hoffe, dass du mich verstanden hast, ich wollte dir Mut machen. Geh deinen Weg alleine. Das hat auch viele Vorteile. Du bist ein freier Mensch. Es gibt für jeden Menschen glückliche Momente ,auch für dich. Davon bin ich in überzeugt. Wann und wo und was,das wirst du herausfinden, ganz bestimmt. Ganz liebe Grüße von Christine.

  • Liebe CHRISTINE,


    das tut mir sehr leid soetwas ist niemals schön aber ja man kann es irgendwann nicht ändern es ist dann so wie es ist.

    Dein Sohn und Deine andere Tochter waren für Dich da Deine Tochter ist es bestimmt auch noch und Dein wunderbarer Enkelsohn ja sowieso.


    Genieße es einfach....und ja man muss das nicht mehr haben solche Dramen eigentlich muss man das nie haben aber manchmal hat man kaum Einfluss darauf.


    Vlg. Linchen

  • Liebe (s)Linchen. Danke ,daß du meinen Beitrag gelesen hast.Das Leben hat für jeden etwas in seinem Überraschungspaket, so sage ich das immer. Es passieren Dinge, die kann man nicht beeinflussen. Es kommt darauf an, daß man seinen Weg findet, um am Ende sagen zu können. Ich bin angekommen. Ich verweile hier bis zum Schluss. Ich kann das sagen. Ich habe viele Täler durchquert und viele Berge bestiegen .Nun ruhe ich mich aus. Daß ich auf dem letzten Abschnitt des Lebens meinen Sohn verloren habe, ist mein ganz persönliches Schicksal. Und mein Glück ist es aber,daß ich meinen Enkel und eine Tochter noch habe. Liebe Grüße von Christine.

  • ...Geh deinen Weg alleine. Das hat auch viele Vorteile. ...

    Liebe Christine -

    allein zu sein - ganz allein - heißt, dass niemand da ist um zu helfen bei Krankheit oder Themen, die man nicht allein lösen kann.

    Niemand da, der sich irgendwann einmal um die Beerdigung kümmert.

    Theoretisch kann man einiges kommerziell lösen, aber z. B. nicht das Thema der Grab-Nutzungsberechtigung.

    Das schließt ggf. eine Erdbestattung aus.

    Außerhalb aller Trauer, die man nicht gegeneinander aufwiegen kann, ist eine soziale Einbindung eine große Unterstützung.

    Hier gibt es einige Betroffene im Forum, die zusätzlich zu aller lebensbestimmenden Trauer wirklich keine Unterstützung im Leben haben.

    Es gibt viele ungenutzte Kirchen oder Klöster.

    Warum widmen die Amtskirchen diese Gebäude nicht in Stifte um?

    Das könnte eine gute Alternative sein - Wohngemeinschaften unter bestimmten Wertvorstellungen auf Gegenseitigkeit - ohne einzuengen.

    Die bestehenden (Damen-)Stifte haben lange Wartelisten und können den Bedarf nicht decken.

    Für Männer gibt es da ohnehin kaum etwas.

    Es gäbe so viel zu tun in der Gesellschaft.

    Dieses Forum deckt einen kleinen Teil davon ab.

    Liebe Kathie und alle ähnlich doppelt Leidtragenden -

    nicht aufgeben, nach Verbündeten zu suchen...

    Herzlichst

    Desidera

  • Guten Morgen liebe Desidera. Es ist richtig, ganz allein zu sein,ist sehr schwer. Ich meine nur,daß man aber mit seinen lieben Mitmenschen auch viel Probleme haben kann. Probleme, die zerstörerisch wirken. Das habe ich am eigenen Schicksal erlebt. Alleinsein ist dann schwer, wenn man krank ist oder im Alter insgesamt. Ich weiß, daß es viele alte Menschen gibt, die ganz alleine leben. Ich weiß aber auch ,dass es zum Beispiel Pflegedienste gibt, die da helfen, wenn es um Einkäufe und organisatorischen Kram geht, wie zum Beispiel Steuererklärung und dergleichen. Pflegeheime, Altersheime .Seniorenresidenzen ....sind immer an bestimmte Bedingungen gebunden. Dadurch, daß ich schon 80 bin,habe ich mit dieser Altersstufe Erfahrungen. Ich habe eine relativ große Familie. Wie ich schon schrieb, hat eine Tochter den Kontakt abgebrochen.,mein lieber Sohn ist gestorben. Aber ich habe ja noch eine Tochter und meinen Enkel. Das ist ein großer Schatz.Mit ihnen werde ich dafür belohnt, dass ich ein hartes Leben hatte, 3 Kinder, alleinerziehend, und voll berufstätig.Meine Tochter hilft mir bei organisatorischen Fragen und mein Enkel hier zu Hause, mit allem, was sonst ein Mann würde machen, zum Beispiel einkaufen oder handwerkliche Sachen .Was ich als positiv für mich empfinde am Alleinsein ist, daß ich dadurch eine ganz persönliche Freiheit habe, die mir gefällt .Ich habe es gelernt, weil ich schon ab meinem 40.Lebensjahr alleine lebe. Woran ich immer mal gedacht habe ist etwas,wovon du auch schreibst: Wohngemeinschaften zum Beispiel .Ich weiß, daß es so etwas gibt, aber ganz selten. Abschließend möchte ich noch sagen, es gibt bei mir im Kiez einen Seniorentreffpunkt und etwas weiter weg die Volkssolidarität,auch ein Begegnungsstätte für ältere Menschen und in meinen beiden Kirchen ganz in der Nähe viel Veranstaltungen. Nur eben zum Wohnen ist das natürlich nicht.Aber wie gesagt, ich wohne gerne alleine und wenn ich Gesellschaft brauche, weiß ich ,wo ich hingehen kann. Ich habe mich zum Beispiel beim Seniorensport angemeldet. Zum Forum möchte ich noch sagen, daß das eine ganz besondere Form der Kommunikation ist ,die ja auch nur durch die digitale Welt möglich ist.Es ersetzt in keiner Weise den persönlichen Kontakt, den ein Mensch braucht. Damit möchte ich schließen. Der Tag beginnt. Heute möchte ich mal etwas spazieren gehen und ein bisschen Kleinigkeiten zu Essen kaufen. Ich wünsche dir einen angenehmen Tag. Christine.