Hallo zusammen,
Ich bin gerade erst über dieses Forum gestolpert, habe aber einige Eurer Geschichten gelesen und denke das meine eigene hier auch gut aufgehoben ist.
Einleitend sei gesagt das meine Partnerin am Anfang dieses Jahres komplett überraschend mit 46 Jahren verstorben ist. Wir waren 7 Jahre zusammen.
Wir hatten uns auf der Arbeit kennen gelernt, da wir beide Fans der gleichen Serie waren. Da Ich eines Tages ein T-Shirt dieser Serie trug sind wir dann ins Gespräch gekommen.
Halt die Art von trivialem Zufall, dem viele Beziehungen zugrunde liegen.
Wir hatten eine sehr schöne Zeit und natürlich auch Streitereien. Das ganz normale auf und ab in einer Beziehung. Nur zusammen gezogen sind wir nie. Alles in die Binsen ging es als die Corona Pandemie 2020 losging. Sie war wegen Ihrer Diabetes-Erkrankung und Bluthochdruck Teil der Risikogruppe. Ich hatte beruflich immer noch mit Menschen zu tun, also hatten wir entschieden das wir uns erstmal nicht mehr sehen können aber dafür viel telefonieren und auf anderen wegen den Kontakt halten. War natürlich eine sehr schwierige Zeit, aber anfangs konnte Ich mich noch sehr gut mit einem Arbeitsprojekt ablenken. Als dies soweit lief wurde es dann schwieriger für mich. Meine Eltern konnte ich aus dem gleichen Grund nicht mehr besuchen wie meine Partnerin. Und auch die sonstigen Freizeitaktivitäten gingen dann nicht mehr (Ich weiß nicht mehr wie die Regelung damals genau war, aber es wären zu viele Personen aus unterschiedlichen Haushalten gewesen). Als dann auch noch auf der Arbeit Homeoffice befohlen wurde, bin Ich gar nicht mehr aus dem Haus gekommen. Wenn wundert es, dies hat dann bei mir zu einer schweren Depression geführt. Ich habe mir dann zum Ende des Jahres Hilfe suchen können (Psychiater und dann nach einem halben Jahr einen Therapeuten). Da wurde es dann, auch mit der Hilfe meiner Partnerin besser (zwar nur telefonisch, aber der Gedanke das die Pandemie irgendwann zu Ende geht und wir uns wieder sehen können hat mir Kraft gegeben).
Ich habe dann 2021 schnellst möglich versucht mich Impfen zulassen. In meinem Kopf war das die Chance das Ich sie so wieder sehen kann ohne sie zu gefährden. Leider hatte sie selber Angst vor den neuen Impfstoffen und diese konnte Ich Ihr leider nicht nehmen (Ich habe es oft versucht). Also leider weiter keine treffen möglich. Ich war deswegen sehr frustriert und traurig. Als Ich Ihr dann vorschlug, das wir uns doch einmal draußen treffen könnten, sagte Sie erst zu und hat dann abgesagt weil es Ihr nicht gut gehen würde. Ich hab natürlich gedacht das dies nicht ganz der Wahrheit entsprechen würde und Sie aus Angst vor einer Infektion abgesagt hätte. Aber Sie wurde nicht richtig gesund. Keine Kraft und die Luft würde Ihr fehlen. Sie war dann mehrmals bei Ihrem Hausarzt um sich krankschreiben zu lassen. Aber dieser hatte immer verschiedene Vermutungen aber es wurde nicht besser. Ins Krankenhaus zu einem Check wollte Sie aus Angst vor einer Infektion (Ich hatte versucht Ihr hier klar zu machen, das zu diesem Zeitpunkt die Krankenhäuser in dieser Hinsicht sicherer sind als alles andere) nicht hin. Ich hab dann an einem Mittwoch im Februar mit Ihr telefoniert und Ihr ging es nicht gut. Also hatten wir ein sehr kurzes Gespräch. Donnerstag nicht erreicht, Freitag nicht erreicht und Samstag ging dann Ihre Mutter ans Telefon und konnte mir nur sagen das meine Partnerin Donnerstag im Krankenhaus verstorben wäre.
Mit Ihrer Mutter hatte ich kein besonders gutes aber auch kein besonders schlechtes Verhältnis. Aber Sie hatte die gleichen Ängste wie Ihre Tochter, sprich Angst vor einer Corona-Infektion und Angst vor den Impfstoffen. Also wollte Sie nach Möglichkeit keinen Kontakt zu anderen Menschen. Mir wurde dann zur Aufbahrung eine falsche Uhrzeit genannt und wann die Beerdigung war wurde mir gar nicht mitgeteilt. So das Ich nicht mal an Ihrer Beerdigung teilnehmen konnte. Ich wusste nur wo Sie beerdigt werden sollte. Und in dieser Grabeskirche bin Ich dann auf Verdacht nach einigen Wochen hingegangen und stand dann am Grab meiner Partnerin.
Der Gedanke, sie nie wieder reden zu hören, oder lachen, mich nie wieder mit Ihr austauschen zu können, Sie nie wieder umarmen zu können, das entzieht sich komplett meines Verstandes. Wenn Ich drüber nachdenke, ist es so als würde Ich versuchen durch Null zu teilen und der Computer in meinem Kopf stürzt ab. Ich denke Ihr seit mit diesen Gedanken alle vertraut und wie schwierig es ist, das undenkbare in Worte zu fassen. Worte können halt nicht wiedergeben wie es ist, wenn sich diese Gedanken wie glühendes Eisen in den Kopf brennen.
Zuerst wurde Ihre Handy Nummer gesperrt. Ich habe trotzdem weiter WhatsApp Nachrichten an diesen Kontakt geschrieben, bis nach einem halben Jahr die Nummer neu vergeben wurde und mir sehr irritiert geantwortet wurde. Dann war die Festnetznummer nicht mehr erreichbar. Und dann wurde Ihre Wohnung neu vergeben. Jedes mal ist wieder ein Stück von mir gestorben.
Vor 3 Monaten wurde es meiner Therapeutin zu gefährlich und Ich solle um eine Stationäre Aufnahme in einer Psychiatrie bitten. Ich denke Sie hätte mich manchmal am liebsten in eine Akut-Station gebracht, aber Ich habe sehr deutlich gemacht, das Ich dann aus der Praxis abhauen werde. Aber regulär Stationär habe ich dann gemacht. Und hier sitze ich nun in der 8 Woche und meine Therapeutin hier sagt, solange ich mich nicht bewusst für das Weiterleben entscheide, wird weitere Therapie nicht wirken können. Aber das kann Ich nicht und Ich weiß nicht weiter.
LG
Wintermute