Wenn Kinder vor den Eltern sterben

  • liebe chris,


    ich umarme dich!
    lass dir zeit und setz dich nicht unter druck.
    du machst das schon sehr gut ich sehe immer mehr, wie du anfängst loszulassen. aber gib dir die zeit, die du brauchst. irgendwann kannst du drüber schreiben, ohne dass es so weh tut. bist du eigenlicht alleine oder hast du einen partner?? ich hoffe, du hast genug unterstützung, wo du dich auch mal fallen lassen kannst.
    ich bin im gedanken fest bei dir!!!


    liebe susanna,


    ein herzliches willkommen hier bei uns! schön dass du da bist. und natürlich mein tiefstes beileid zum tod deines sohnes - ich umarme dich vorsichtig.


    ich finde, jeder macht seine trauerarbeit auf seine eigene weise. und du machst sie so, wie du es für richtig emfpindest. ich finde das gar nicht verrückt. auch ich bin der meinung, dass es im jenseits etwas gibt und meine eltern auch bei mir im haus sind, ich spüre das.


    magst du uns ein wenig über deinen sohn erzählen und wie du kontakt aufgenommen hast?


    fühl dich wohl hier, hier sind alles liebe leute, die dich verstehen!


    alles liebe petra

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • liebe darina,


    dein beitrag liest sich sehr positiv, das freut mich darina!


    ich kann mir gut vorstellen, dass du große angst um marcel hast und deine reaktion ist ganz normal. nochmal so einen schmerz durchleben zu müssen schafft einfach panik.


    als mein mann einmal später nach hause gekommen ist und nicht angerufen hat, war ich total am ende. er wusste es, dass ich im kreis laufen würde, aber sein akku vom handy war leer und er war selber ganz außer sich.


    man hat leider schon sehr viel schmerz erfahren müssen und ist auf jede kleine änderungen, und wenn es nur 5 min. sind, äußerst sensibel.


    auch marcel muss seine trauer verarbeiten, einen bruder verloren zu haben, das hat er dir wohl im bus sagen wollen.


    liebe darina, ich finde es sehr gut, wie du damit umgehst und du bist meiner meinung nach schon eine großen schritt nach vorne gegangen. das freut mich sehr!!


    alles liebe
    petra

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • Hallo an alle!


    Mein Leben ist bis zu diesem Zeitpunkt (Tod Jakobs) nahezu perfekt abgeloffen. Tolle Frau, tolle Kinder, sicheren Job, tolle Wohnung usw. Ich war einfach nur zufrieden und hätte nicht jammern können.


    Mir ist manchmal der Gedanke gekommen, "Darf mein Leben nicht perfekt sein???"


    Mein Sohn ist im August gestorben. Ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Strahlend blauer Himmel, gutes Frühstück,... Mal eben noch die Kinder ins Bett für ein kleines Schläfchen und dann zu Oma und Opa zum Grillen.....


    Ab diesem Zeitpunkt war es vorbei mit dem perfekten Leben. Von 0 auf 100 in einigen Minuten. Ein anderes Leben.


    Ein besonderer Moment für mich war. Ich stand am Balkon, rauchte eine Zigarette und unter mir auf der Straße fuhr ein Auto vorbei und der Briefträger fuhr mit dem Fahrrad zu einem Haus. Genau in diesem Augenblick dachte ich mir: "Das Leben geht weiter, der Alltag bleibt nicht stehen, um mich herum läuft alles seinen gewohnten Weg." So ist es auch, die Welt steht nur für einen selbst still.


    Nach einiger Zeit der tiefen Trauer kam für mich der Zeitpunkt, an dem ich nicht mehr weinen konnte. Ich konnte über meinen Sohn reden, seine Bilder ansehen und musste nicht sofort in Tränen ausbrechen. Ich habe mich wahnsinnig dafür geschämt, ich hatte direkt Schuldgefühle und fühlte mich kalt und abgestumpft.
    Heute glaueb ich, dass das ein Schritt in der Verarbeitung des Schmerzes ist. Ich glaube man nimmt den Schmerz bzw. das Schicksal an und versucht damit zu leben. Zur Zeit gelingt mir das ganz gut.



    Ich wollte eigentlich ganz was anderes schreiben, hab den Großteil dann aber wieder gelöscht weil es mir irgendwie unpasend vorgekommen ist.


    Liebe Chris!


    Heut hab ich mir vorgestellt was wäre wenn ich sterben würde... Ich hab so überhaupt keine Angst davor...
    Diese Gewissheit hab ich, irgendwann werde ich ihn wieder sehen.
    Bis dahin versuche ich das Beste aus der Situation zu machen.


    Ich teiel genau deine Meinung und finde, dass wenn man die Dinge so sieht, ein großer Schritt in Richtung "normales" Leben geatn ist. Bei mir war es jedenfalls so.


    lg Stefan

    Der Verlust eines Kindes bringt die weltliche Ordnung durcheinander.
    Der Druck der Gesellschaft zwingt uns wieder in diese Ordnung,(was auch gut sein kann)
    obwohl im Inneren noch völliges Chaos herrscht.

  • Ihr Lieben,


    ich möchte mich von ganzem Herzen, wirklich aus tiefsten Herzen bei euch bedanken. Ich konnte heute etwas aus dem Forum in mein Leben tragen.
    Es war für mein heutiges Gespräch wichtig, dass wir damals über die "falschen und verletzenden Worte" geredet haben.
    Ich hatte heute so viel Mut zu sagen: Hör auf, du verletzt mich damit und tust mir weh und nicht gut!


    Das habe ich euch zu verdanken, weil ich in diesem Augenblick an euch alle gedacht habe. Ich hatte das Gefühl, ihr steht gerade alle hinter mir und helft mir aus dieser Situation.


    Ich musste heute hören: Du kannst noch so viele Kinder haben, auch wenn sie den Michael nicht ersetzen werden. Dein Leben muss weitergehen, schau doch nicht immer in die Vergangenheit.


    GRRRRRRRR. Da hat es mir gereicht. Das musste ich stoppen.


    Nochmals vielen, lieben Dank, an alle, die hier sind.

  • Liebe Stefan,


    du hast geschrieben: Nach einiger Zeit, der tiefen Trauer..


    kannst du ungefähr sagen nach welcher Zeit?


    Ich würde nämlich gerne wissen, ob ich diesen Zeitpunkt den du meinst schon habe, da ich sehr wohl bewusst die Trauer zurück halten kann (Beispiel; vor Marcel oder beim Einkaufen, was ich in der Windelabteilung lange nicht konnte)


    Es kostet viel Kraft ständig an dem Kampf die Trauer und den Verlust akeptieren zu müssen festzuhalten, ich glaube, dass deshalb der Körper und die Seele einfach loslassen wollen, oder wir geschwächt loslassen.


    Wie siehst du das?


    Hier im Forum oder auch bei der Therapeutin geht es nicht, dass ich nicht weine, weil es ein geschützter Raum ist, dennoch bin ich manchmal vorsichtig, was ich hier schreibe, da ich niemanden verletzen möchte. Das merkt man auch wenn ich lese, dass ihr Texte wieder löscht.
    Warum? Was heisst unpassend? Für wen?


    Ich überlege 3x bevor ich etwas schreibe, dabei kontrolliere ich meine Gedanken, was ich schade finde.
    Ich würde vielleicht noch mehr aus mir herausgehen, wenn ich wüsste, dass sich niemand angegriffen fühlt oder ich jemanden verletze. Ich möchte doch nur MEINE Seite zeigen,
    versteht ihr mich?


    Ich hab euch alle ganz viel lieb, und bin froh, dieses Forum gefunden zu haben!!!!!

  • Liebe Chris,


    ich wollte Dich nicht drängen! Ich freue mich aber über Deinen Versuch
    - denn ich weiss wie schwierig das ist!


    Dass Deine Gefühle auch nach 22 Jahren wieder hochkommen, wenn Du Dich
    an die Beerdigung oder an den schrecklichen Moment erinnerst, ist total in Ordnung und ich
    glaube, dass es uns allen nach vielen Jahren auch so gehen wird!


    Und Weinen reinigt ja bekanntlich die Seele - bei mir ist das so.
    Wenn mich mal wieder der Alltag zu lange davon abhält, meine Gefühle rauszulassen,
    muss ich das bewusst tun, denn sonst habe ich das Gefühl zu explodieren!


    Man sollte auch mal das Thema "Loslassen" diskutieren".
    Was heisst das, und muss man das denn überhaupt?
    Wir denken doch auch nach Jahren noch an unsere Verstorbenen Familienmitglieder, besuchen
    regelmässig das Grab, reden über sie, usw ...
    Stefan sagt, dass Jakob für ihn allgegenwärtig ist - und es geht seiner
    Familie gut dabei!
    Ich finde, dass alle Verstorbenen trotzdem ihren Platz in deren Familien haben - das passt
    dann aber so gar nicht zusammen mit "Loslassen" - oder?



    Bis bald,


    Deine Kate

  • Liebe Kate, liebe Mitleser


    Puhhh...ich wusste nicht wie schwierig es ist...
    umso mehr bewundere ich euch für euer offenes Schreiben!


    Zum Thema "Loslassen"
    da muss ich ein bisschen weiter ausholen:
    Ich persönlich glaube ja, das wir irgendwohin gehen wo es wunderschön ist.
    Dieser Platz ist der Platz wo ich meinen Kleinen wiedertreffen möchte.
    Mir wurde letztes Jahr von einer Person die ich nicht sehr oft treffe (vielleicht alle Jahre einmal) erklärt:
    "du musst endlich deinen Sohn loslassen"
    Wuff... das kam so unvermutet
    Ich hab ihr gesagt "ich halte meinen Sohn nicht fest, er ist eingeschlafen, ich hatte nicht die Möglichkeit ihn festzuhalten, hätte ich es gekonnt, ich hätte es getan"
    worauf sie mir geantwortet hat
    "du verstehst mich falsch, ich meine nicht das du deinen Sohn vergessen sollst, das du nicht mit ihm sprechen darfst, aber du hältst ihn fest... er möchte so gerne rüber in diese andere Welt, er hat dort seine Dinge zu erledigen.. und du hältst ihn fest, er ist eine graue Wolke die du mit dir ziehst"
    Im ersten Moment kamen mir die Tränen... irgendwie wusste ich zu diesem Zeitpunkt schon das sie recht hat...
    sie hat mir dann weiter erklärt
    "du wirst daran eingehen, deine Aura ist schon ganz dünn.. aber das ist dir wahrscheinlich nicht so wichtig.. nur, deinem Kleinen geht es dabei auch sehr schlecht. Es heißt ja nicht das er dich jetzt verlässt.. er wird wiederkommen, aber dann ist er in einem hellem Licht, du musst ihn gehenlassen damit es ihm und dir gut gehen kann."
    Wuff...
    Ich bin gegangen....
    hab geweint, nachgedacht, geweint... und gespürt das sie recht hat.
    Jede Mutter muss doch ihr Kind "loslassen" - das fängt an wenn das Kind in den Kindergarten kommt, wenn sie das erste mal bei Freunden übernachten wollen... das ist das Loslassen das ich aber nicht gekannt habe.
    Die 8 1/2 Monate habe ich meinen Kleinen Zwerg doch nie alleine gelassen... war immer bei ihm.


    Ich habe gemerkt das es wichtig und richtig wäre, aber... wisst ihr wie schwer das war?
    Eine Kerze anzünden und sagen, Kleiner Mann.. ich lass dich gehen, ich möchte das du immer bei mir bist, aber ich verstehe das du jetzt gehen musst um dann wieder zu mir kommen zu können....
    Ich hab es versucht... unter Tränen... -
    hab es nicht geschafft
    Am 9. Dezember war der World Light Candeling Day (da werden auf der ganzen Welt um 19:00 Kerzen für verstorbene und zu früh gegangene Kinder angezündet... ein Kerzenlicht das Stündlich um den Erdball wandert)
    ich war in einer wunderschönen Kapelle... es wurden Kerzen für die Kinder angezündet, Texte vorgelesen, Bilder gezeigt und leise Meditationsmusik gespielt.
    Da ist irgendwas in mir passiert... in dieser dunklen Kapelle... nur vorne die Lichtlein für die Kinder... jeder war für sich ....hab ich meinen Sohn gehen lassen.


    Und nun ist er noch viel mehr bei mir. Anders, intensiver... es tut auch mehr weh.


    Das war das "Loslassen" was ich gemeint habe...
    Das hat Stefan auch gemeint und auch schon getan, er hat es akzeptiert..
    Ich hab das nie gekonnt
    Loslassen heißt nicht vergessen
    Loslassen heißt leben lassen


    puhhh.....
    danke fürs Lesen...
    Kate, du bist sehr wichtig für mich
    schön das es dich und deine Antworten gibt
    Schlaf gut in deinem Sonnenblumenmeer
    deine Chris

  • Hallo ihr alle,


    "Loslassen" heißt nicht, dass wir die Bindung zu unseren Kindern oder Verstorbenen verlieren.
    Wenn Kinder größer werden, müssen wir sie Stück für Stück loslassen, wie Chris schon gesagt hat. Wenn sie sterben, heißt "loslassen" auch nicht "vergessen" oder "völlig schmerzfrei" mit dem Tod leben können. Von bewältigter Trauer spricht man dann, wenn man sich einem neuen Lebensabschnitt zuwenden kann - ohne den Verstorbenen leben kann - und einen Platz in der Erinnerung für diesen Menschen gefunden hat. Dieser Mensch/dieses Kind bleibt weiter Teil des Lebens und hat weiterhin seinen Platz in der Familie. Die Bindung bleibt und mit dieser natürlich auch Gefühle, auch Trauer natürlich, die - wie ichs ja schon mal beschrieben habe - als Verlängerung der Liebe über den Tod hinaus gesehen werden kann. Trauer ist nicht dann bewältigt, wenn wir nicht mehr weinen und keinen Schmerz mehr fühlen, sondern, wenn wir (und das klau ich jetzt von Markus, so erklärt er das immer) uns unserem Leben wieder zuwenden können und wenn wir wieder "arbeits- und liebesfähig" sind, dabei darf zwischendurch immer wieder mal der Schmerz durchbrechen. Ich glaube, Chris ist ein sehr gutes Beispiel für Trauerbewältigung nach dem Verklust ihres Kindes: Nach über 20 Jahren weint sie immer noch, wenn sie die Bilder von der Beerdigung sieht, aber sie ist "arbeitsfähig" und was wir im Forum hier sehr deutlich spüren: Sie ist "liebesfähig" und sehr empathisch. Ich weiß, was sie beruflich macht *ggg* und deshalb weiß ich auch, dass sie nicht nur "arbeitsfähig" ist, sondern auch einen super Humor hat! Vielleicht, Markus, sollten wir zu deinen beiden Faktoren für gesunde Trauerbewältigung noch die "Fähigkeit zur Lebensfreude und zum Lachen" dazutun?


    Alles Liebe und einen schönen Tag!
    Christine

  • Zitat

    Original von stefan
    ...
    Ein besonderer Moment für mich war. Ich stand am Balkon, rauchte eine Zigarette und unter mir auf der Straße fuhr ein Auto vorbei und der Briefträger fuhr mit dem Fahrrad zu einem Haus. Genau in diesem Augenblick dachte ich mir: "Das Leben geht weiter, der Alltag bleibt nicht stehen, um mich herum läuft alles seinen gewohnten Weg." So ist es auch, die Welt steht nur für einen selbst still.


    lieber stefan,


    genau das ist es!!
    die welt dreht sich weiter. als mein papa gestorben ist, läuteten am nächsten tag die dorfmusikanten wegen einer spende und und und. es ist so schwer zu beschreiben.
    gestern sagte ich einer freundin, dass ich zuerst mein leben auf die reihe bringen muss und dann eventuell bereit bin für ein zweites kind, aber momentan schaff ich das nicht, sie schaute mich an, und frage verwundert, ob denn mich das immer noch beschäfte??


    am liebsten hätte ich geschrieen das geht ja nicht von heute auf morgen!! und wieder hab ich das gefühl, von niemanden verstanden zu werden.


    alles liebe
    petra

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • Zitat

    Original von chris
    ...Loslassen heißt nicht vergessen
    Loslassen heißt leben lassen...


    liebe chris,


    du schreibst mir aus der seele.
    mir geht es genauso.


    gerade heute hatte ich so ein gespräch mit meiner arbeitskollegin. ich träume momentan recht viel und immer wieder von meinem papa. er ist immer präsent, er fährt immer mit dem auto vor. heute nacht hab ich ihm alles gezeigt, was sich im letzten halben jahr getan und verändert hat.


    meine arbeitskollegin meinte, dass das nicht gut sei, ich müsse ihn schon loslassen.


    für mich war das auch sehr hart, denn ich lasse ja los - so empfinde ich das jedenfalls. aber warum träume ich dann ständig, dass er hier ist und warum tut es momentan wieder mal so arg weh? ich will doch, dass es meinen eltern gut geht und sie nicht abhalten. doch ich will sie auch vermissen dürfen und von ihnen träumen dürfen.....


    irgendwie ist alles nicht so einfach.


    alles liebe
    petra

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • Hallo!


    Das Thema "Loslassen" hab ich genau aus dem Grund angeschnitten,
    weil es uns allen - und wie Petra schreibt - immer wieder passiert, dass Leute mit diesem Wort
    einfach um sich werfen!


    Man hört dann "Lass endlich los, seid doch glücklich, du hast Arbeit usw..."
    Das klingt dann auch oft wie ein Vorwurf, wo man sich dann schon so seine Gedanken macht!


    Und liebe Petra,


    Es ist schon komisch, dass manche Leute denken, man könnte Träume steuern.
    Sie dienen doch auch zur Verarbeitung des Geschehenen.
    Es geht Deinen Eltern sicher gut, und ich bin mir sicher,
    dass Deine Träume und das Vermissen sie von nichts abhalten können!


    Alles Liebe
    Kate

  • Liebe Darina!


    Find ich toll dass du die Kraft hattest so zu reagieren. Ich finde dass muss auch mal gesagt werden. Manche Leute besitzen einfach nicht das richtige Taktgefühl. Ich bin aber der Meinung, dass jemand der eine solche Aussage trifft, nicht den Funken einer Ahnung hat was er damit anrichtet.
    Auf alle Fälle gut gemacht.


    Einen Zeitpunkz zu nennen, fällt mir sehr schwer. Ich glaube dass das individuell verschieden ist. Bei mir war es nach ca. 8-9 Monaten so weit, dass ich begonnen habe den Tod meines Sohnes zu akzeptieren.
    Ich habe eben den Text, den ich für die Kirche (Begräbnis) geschrieben habe hervorgekramt.
    Der letzte Satz war: Wir wollen nicht nach dem WARUM fragen, sondern uns freuen dass wir diese viel zu kurze Zeit mit dir verbringen durften. Ich möchte die Zeit mit dir, deinen blauen Augen und deinen himmlischem Lächeln in guter Erinnerung behalten.
    Wenn ich das lese, ist es eine Vorstufe des akzeptierens.


    Zu Beginn stand die Ohmacht bzw. der Zorn auf Gott (da sonst kei Schuldiger zu finden war), dann plagten mich lange Schuldgefühle, bis ich erkannte dass niemand, auch nicht ich das verhindern hätte können..... und dann irgendwann kam der Zeitpunkt an dem ich begann zu AKZEPTIEREN und mein neues Leben zu leben.


    Zum Thema loslassen


    Ein sehr schöner Satz, den mir eine gute Freundin mal geschrieben hat.


    Ich bin nicht gegangen, ich bin nur auf der anderen Seite des Weges. Ich habe nur den Raum verlassen und warte hinter der Tür auf dich. Redet über mich, lacht über mich und sprecht meinen Namen aus als ob ich bei euch wäre. Ohne negativem Beigeschmack. (sinngemäß)


    Mir geht es richtig gut wenn ich seinen Namen aussprechen (schreiben) kann, ohne Angst vor dem zu haben, was zurück kommt.


    Liebe Chris


    Zu deiner Frage. Ja, ich wollte meinen Sohn gemeinsam mit meiner Frau wecken. Meine Frau hob Jakob aus dem Bett und aus Reflex und im totalen Schock bin ich durchs Stiegenhaus ins nahe gelegene Rettungszentrum geloffen. Dort hat man versucht Jakob zu helfen. Als der Hubschrauber über dem Rettungszentrum zu hören war mussten die Ärzte abwinken. Jakob war schon seit längerer Zeit gestorben.
    Heute bin ich überrascht wie stark wir waren und wie gefasst wir diese Nachricht aufnehmen konnten. Heute gibt es mir sehr viel dass wir damals die Möglichkeit hatten Jakob zu halten, bei ihm zu sein. Das schlimmste für mich war zu sehen wie Omas und Opas kamen und ihnen das Herz zerissen wurde. Wir hatten das Glück einen sehr, sehr netten Pfarrer als Beistand zu haben. Er hat genau das Richtige gemacht, nämlich nichts, er war einfach da. Zwei Jahre später war er es, der uns getraut hat.


    Das ist der Film von dem ich gesprochen habe, der mir immer und immer wieder in meinem Kopf abläuft.


    Mir ist es sehr sehr schwer gefallen diese Zeilen zu schreiben und sie nicht wieder zu löschen. Ich hoffe ich trete niemandem zu nahe.

    lg an alle und es freut mich dass ihr hier seit.


    [[SIZE=1]I]Es weht der Wind ein Blatt vom Baum,
    von vielen Blättern eines.
    dies eine Blatt - man sieht es kaum
    denn eines ist ja keines.
    Und doch dies eine Blatt allein war Teil von unsrem Leben
    Und darum wird dies eine Blatt
    uns immer immer fehlen.[/I][/SIZE]

    Der Verlust eines Kindes bringt die weltliche Ordnung durcheinander.
    Der Druck der Gesellschaft zwingt uns wieder in diese Ordnung,(was auch gut sein kann)
    obwohl im Inneren noch völliges Chaos herrscht.

  • Lieber Stefan


    du schreibst:
    ...Zu Beginn stand die Ohnmacht bzw. der Zorn auf Gott (da sonst kein Schuldiger zu finden war), dann plagten mich lange Schuldgefühle, bis ich erkannte dass niemand, auch nicht ich das verhindern hätte können....


    du findest die Worte die ich fühle. Nur konnte ich lange Zeit nicht akzeptieren und... ehrlich... ich weiß nicht ob ich es jetzt schon kann.


    Wieso glaubst du das du mit deinen Zeilen jemanden zu nahe treten würdest?


    Das ihr euren Sohn noch halten durftet, das ihr euch noch in Ruhe und im geschützten Raum von eurer Wohnung verabschieden habt können.... ihr das unfassbare mit den Augen "begreifen" konntet (<-- das Herz begreift das noch lange nicht) war sicher unglaublich wichtig!
    wie lange durftet ihr Jakob noch bei euch behalten? Haben die Großeltern noch Abschied nehmen dürfen?
    Man versteht erst viel später wie wichtig das ist, das Abschiednehmen dürfen.


    Stefan, es ist schön deine Worte zu lesen, es ist schön das du da bist!


    Liebe Kate


    Ich hoffe ich habe dir "mein Verständnis" über das Wort loslassen erklären können.
    Puhh.... wenn jemand mir das gesagt hätte sei froh das du arbeit hast ...
    ich glaub es versagt einem immer wieder die Stimme, es fehlen einem die Worte.
    Kate, dadurch das du das Thema angeschnitten hast, hast du bei mir wieder was geöffnet
    es hat unglaublich weh getan und war doch wieder so wichtig für mich
    Danke, es ist einfach schön das es dich gibt!


    Liebe Petra


    ich möchte mich Kate anschließen... wie soll man Träume steuern können?
    Verarbeitet man in den Träumen nicht auch das was man am Tag manchmal im Unterbewusstsein denkt und fühlt?
    Petra, bitte hör nie auf über deine Eltern zu sprechen und an sie zu denken, erzähl deinem Felix von seiner Oma und seinem Opa... das hat nichts mit dem Loslassen zu tun wie ich das meine.
    Und ich glaube, so wie Kate, das es deinen Eltern gut geht, vor allem weil sie wieder zusammen sein dürfen!
    Duuu...? was hat dein Papa gesagt, als du ihm im Traum gezeigt hast was du getan und verändert hast?
    War er stolz auf dich?
    Schön das du immer da bist!


    Ich wünsche euch allen eine gute Nacht mit vielen schönen Träumen
    eure Chris

  • Hallo ihr Lieben,


    was ich gemerkt habe ist, dass es offensichtlich Unterschiede gibt beim Loslassen, denn zum Teil gibt es einiges, dass ich schon gut kann und anderes, das noch gar nicht geht, ein Beispiel:


    Zur zeit habe ich unzählige Kartons in meiner Wohnung stehen, da ich vor einem halbe Jahr der Meinung war, wenn ich mein "altes Leben" verlasse, kann ich vor dem Schmerz flüchten. Ich habe gemerkt, dass das nicht funktioniert und bin wieder zurückgekommen. Zum Glück!!!
    Nun bin ich gerade dabei auszumisten, weil eswirklich Dinge gibt, die ich nicht mehr brauche. Und was ich bestimmt nicht hergebe sind alle Babysachen. Ich kann nicht es geht nicht. Ich rieche noch heute an der Babydecke und fühle dabei mein Kind, obwohl er nie darin gelegen ist.
    Ich höre immer öfter, das dieser oder jener ein Kind bekommen und es tut immer wieder weh, weil ich dann denke; und warum durfte ich nicht?
    Ich habe lange Zeit die Babysachen IN der Wohnung gehabt. ungefähr nach einem dreiviertel Jahr, konnte ich sie zumindest in den Keller bringen. So waren sie nicht weg, aber auch nicht ständig zu sehen. Ich habe die Badeflschen und die Cremen meinen großen Sohn verbrauchen lassen, so waren sie auch für mein Kind, denn ich bin ja Mutter.
    Ich glaube, dass dies ein Teil oder ein Schritt des loslassen war und ist, denn ich kann schon damit, dass ich Menschen, die ich lieb habe und denen ich vertraue Gutscheine von Windeln oder das Maxi Cosi gebe.


    Ich hatte letze Weihnachten ein Problem, da ich nicht einsah, die Geburt Gottes Sohn zu feiern, der mir MEIN Kind genommen hat.
    Dann habe ich den Satz gehört: Solange wir an Gott zweifeln, glauben wir an ihn.



    So wie ich eure Beiträge lese, fühle ich, dass ich noch einen sehr langen und schmerzhaften Weg zu gehen habe, bis ich der Mensch sein kann, der ich wirklich bin.
    Es tut gut bei euch zu sein.

  • Liebe Kate, liebe Petra, liebe Chris, lieber Stefan,


    ich habe noch eine Frage:


    Habt ihr oder hattet ihr schon den Gedanken, das ihr für etwas bestraft worden seid? oder ist es eher ein; ich habe eine Aufgabe bekommen mit der ich fertig werden muss?


    Ich denke schon manchmal, was habe ich getan, dass ich das erleben muss?


    Mit Sicherheit würde ich mich nicht so intensiv mit mir selbst beschäftigen, wenn ich diese Trauer und diesen Schmerz spüren würde, dabei denke ich; musste ich dafür diesen Preis bezahlen und so eine Tragödie erleben?
    War es notwendig um zu merken, wer deine wahren Freunde sind?
    Geht es euch auch so?

  • Liebe Darina,


    den Gedanken, für etwas bestraft worden zu sein, hatte ich
    schon manchmal, aber wofür und warum - da wären wir wieder bei den "W"-Fragen, die man
    ja nicht stellen darf - wie Chris so schön sagt!
    Ich halte mich an den Gedanken, dass es wieder eine Aufgabe ist, die ich zu bewältigen habe.


    Als mein Sohn geboren wurde habe ich unser Schicksal auch nicht als Strafe
    gesehen, sondern als ein Geschenk!
    Die Aufgabe war es ihn so zu lieben wie er war - voll und ganz und ohne Bedingungen -
    er hat uns das auch nicht schwer gemacht!
    Daran muss ich festhalten, wenn mich mal wieder die "W"-Fragen quälen!


    Ich möchte auch auf gar keinen Fall verbittert werden, und denken warum hat diese Mutter ein Kind
    und nicht ich!
    Eine liebe Freundin ist gerade schwanger und hat eine komplizierte Schwangerschaft - sie muss schon seit
    Wochen liegen, damit das Kind nicht zu früh kommt - ich versuche, ihr in dieser schwierigen Zeit beizustehen.
    Ich sehe auch mit Freude zu, wie die Zwillinge meiner anderen Freundin heranwachsen, und es macht mir
    grossen Spass, mit Ihnen was zu unternehmen! Tante "Kaki" macht ja auch jeden Blödsinn mit :D !


    Und Chris,


    ich muss Dir sagen, dass Deine Postings auch einen grossen Knopf
    bei mir gelöst haben! Noch vor 2 Wochen dachte ich, ich stecke irgendwie
    fest! Dieses Gefühl habe ich jetzt nicht mehr - vielen Dank!


    Alles Liebe


    Kate

  • Liebe Kate,


    ich danke dir für deine Offenheit und deine Gedanken.


    Ich habe schon noch manchmal die Schwierigkeit mich mit und für andere zu freuen.
    Als ich kurz danach Schwangere oder Mütter mit Kinderwagerln gesehen habe, musste ich mich immer wegdrehen. Ich konnte den Anblick nicht ertragen. Ich konnte selbst mit Kindern, die mir nur bis zu den Knien gingen nichts anfangen. Und ich arbeitete in einem Bad mit Familienbereich wo ich tag täglich Schwangere und Kinder sah. Schön langsam habe ich dann begonnen, hinzuschauen. Und es sogar zugelassen mit einer Schwangeren zu reden. Das klingt sicher komisch nures waren einfach menschen für mich, die ich meiden musste um nicht ständig weinen zu müssen.


    Ja, du hast sicher Recht mit den "W" Fragen so wie chris.


    Aber manchmal kommen sie doch durch, weil ich es nicht verstehen kann. Und einen Grund suche. Das muss ich halt noch lernen.


    Vielen Dank, kate!

  • Liebe Chris!


    Es fällt mir sehr schwer, einzuschätzen, in wie weit meine Worte in anderen Wunden aufreißen könnten. Deshalb meine ich zu nahe treten.


    Wir durften unseren Sohn noch so lange wir wollten bei uns behalten. Was heißt durften, dass hätte ich mir auch nicht nehmen lassen. Zuerst wollte mir der AArzt zwar irgendwie abraten, aber ich glaube allein mein Blick hat ihm gesagt, wieviel mir seine Meinung bedeutet.
    Ja, auch Omas und Opas haben Abschied nehmen dürfen. Es zerreißt mir heut noch meine Herz, wenn ich meinen Vater vor mir sitzen sehe, mit Jakob am Arm. Ich habe meinen Vater zum ersten Mal hilflos gesehen. Aber es hatte auch gut getan und auch zwischen uns ganz neue Türen geöffnet.


    Als ich später noch Kleidung und ein Kuscheltier für Jakob zusammenpackte, ihn noch einmal gewickelt habe, wurde mir erst so richtig bewusst, dass das ein Abschied für lange Zeit sein würde. Am liebsten wäre ich an seine Stelle getreten. Aber diesen GEdanken hat glaube ich jeder Vater...


    Danke fürs zuhören bzw. lesen meiner Zeilen. Es tut gut hier zu sein.

    Der Verlust eines Kindes bringt die weltliche Ordnung durcheinander.
    Der Druck der Gesellschaft zwingt uns wieder in diese Ordnung,(was auch gut sein kann)
    obwohl im Inneren noch völliges Chaos herrscht.

  • Liebe Kate,
    Christine hat geschrieben das ich "ein gutes Beispiel für Trauerbewältigung" bin...
    und dabei hab ich doch erst im August gemerkt das ich nicht einmal annähernd irgendwas verarbeitet habe...
    Ich war zuerst lange ein stiller Leser im Forum...
    dann hab ich mal getraut mich anzumelden...
    dann hat es wieder sehr lange gedauert bis ich auf ein Posting geantwortet habe...
    und wie lange hat es gedauert bis ich es gewagt habe zu schreiben das auch ich ein Kind verloren habe...
    Du zeigst mir einen Weg... weil du mich an deiner Trauer und deinem Schmerz teilhaben lässt
    Kate, du bist eine unglaublich starke Frau! Es ist toll das du deinen Freundinnen beistehen kannst!
    Ich bin zwar nicht verbittert und freu mich wenn jemand ein Baby bekommt, aber ich versuche ein Treffen während des ersten Jahres zu vermeiden. ?Selbstschutz?


    Danke!
    Ich wünsch dir dein Sonnenblumenmeer
    und umarme dich



    Liebe Darina
    Diese "W" Fragen dürfen wir uns deshalb nicht stellen,
    weil es für unsere "W" Fragen keine Antworten gibt.
    Es gibt "W" Fragen auf die es Antworten gibt, aber die sind im normalen Leben ....
    Beim Tod, beim Sterben, bei der Trauer und dem Schmerz... da gibt es keine Antworten!
    Schön das du hier bist
    und ich freu mich wenn ich sehe das dein Meer auch wieder ruhigere Wellen hat



    Lieber Stefan


    phuuuuu...
    du hast schon recht, wenn ich deine Worte lese, dann kommen mir die Tränen...
    Weil ich den Schmerz fast körperlich mitfühle...
    Während ich deine Zeilen lese, kommt mein "Film" - läuft ab und ab...


    Trotzdem ist es auch ein Teil der Verarbeitung wenn man darüber schreiben kann!
    Das du dir das Abschiednehmen nicht nehmen hast lassen war sicher ganz wichtig!
    Und noch schöner das du die Großeltern mit einbezogen hast!
    Das muss eure Bindung noch enger und intensiver gemacht haben?


    Du hast Jakob noch angezogen? Gewickelt?
    Bei deinem 1. Posting hast du geschrieben das du stolz auf dich bist...
    KANNST SEIN!
    Schön das du da bist


    euch allen einen schönen friedlichen Abend
    unsere Englein werden über uns wachen
    eure Chris