Liebe Verena,
zuerst einmal möchte ich mich bei dir für deine Zeilen bedanken. Nicht nur dir tut es gut, daß auch andere so fühlen wie du. Es bringt wirklich Erleichterung....
Und jetzt - mein tiefes Beileid zu dem Tod deiner Mama....
Du hast recht, es gibt Parallelen zwischen unseren Schicksalen und das unserer Mütter. Meine hat sich auch nie von ihren Eltern gelöst was sie schließlich umgebracht hat. Depressionen hatte meine Mutter sicher auch auf eine gewisse Art und Weise. Sie konnte halt ihr Leben meistern ohne Medikamente aber sonst war nicht viel drin. Heute war ich bei meinem Papa zu Besuch und hab mir viele Bilder von ihr am Computer angesehen. Auf keinem schaut sie glücklich aus. Und wenn sie lächelt wirkt es fast wie gestellt. Das ist mir schon früher aufgefallen aber da hab ich das alles einfach hingenommen - ich Trottel. Ich bin wütend auf mich und auf meine Mama. Warum hat sie sich so viel gefallen lassen von ihren Eltern? Warum hat sie sich unsere gemeinsame Zukunft nehmen lassen? Ich bin erwachsen aber ich hätte meine Mama noch gebraucht. Ich habe noch keine Kinder aber ich will welche. Wo ist sie dann? Mein Partner und ich werden nächstes Jahr heiraten. Wo ist sie dann? Wenn ich Fragen zu Baby- und Kindererziehung haben werde. Wo ist sie dann? Wenn ich mir diese Fragen stelle werde ich so verdammt wütend! Sie hat sich mir nehmen lassen. Sie hat sich so fertig machen lassen, daß ich jetzt keine Mama mehr habe. Und ich - hätte ich ihr helfen können? Wenn ich es nur verstanden hätte.... Wenn die Welt mal wieder grausam ist und zu viel verlangt von mir, wo ist dann meine Mama die mich bedingungslos liebt so wie ich bin? Mir fehlt diese Liebe, die nur von einer Mama kommen kann. Die kann keiner ersetzen. Auch wenn mich meine Mama nie ihre Liebe so richtig spüren ließ, war sie doch da.
Liebe Verena, glaubst du an ein Leben nach dem Tod? Dieser Glaube baut mich unendlich auf. Ich stelle mir vor, wie meine Mutter weiterexistiert nur halt in anderer Form. Ich stelle mir vor, wie gut es ihr jetzt geht, wie gelöst sie sich nach all dem jetzt fühlt. Ich stelle mir vor, daß alles einen Sinn hat, daß nichts umsonst ist, daß niemand nur so stirbt... daß wir alle hier sind um was zu lernen, manchmal auch auf grausame Weise. Und wenn wir tot sind, werden wir alles verstehen und vor allem - wir werden uns wieder sehen.
Dieser Glaube richtet mich auf, dieser Glaube verhindert es, daß ich manchmal vor Verzweiflung die Beherrschung verliere.
Und wenn man sich für diesen Glauben öffnet und hinsieht, entdeckt man wirklich Zusammenhänge, "Zufälle".... Ich finde noch immer, daß das mit dem Ildefonso und dem Spruch kein Zufall war. So viele weiße Schmetterlinge wie heuer habe ich noch nie gesehen, und wenn dann auch noch einer in einer ganz bestimmten Situation an mir vorbeiflattert, denke ich halt, daß er von meiner Mama ist.
Wenn du Interesse hast, lies die Beiträge zu "Umfrage - Nachtod Kontakte". http://www.aspetos.at/forum/in…?page=Thread&threadID=651
Ich brauche wie du bestimmte Lieder und Stimmungen um so richtig trauern zu können. Ich war jetzt 2 Wochen auf Urlaub und habe keine Träne geweint - ich war auch nie allein. Als ich wieder zu Hause war und das erste Mal allein, kam es wie auf Knopfdruck und fast von selbst. Zur Zeit höre ich fast nur "Nur zu Besuch" von den toten Hosen und "Geboren um zu leben" von Unheilig. Es ist fast komisch, daß wir sowas brauchen. Aber ich glaube, das Leben läßt einem ja auch keine Zeit zum Trauern. Bei dir ist es noch enger, du hast 2 kleine Kinder. Vielleicht schaffst du es ja ab und zu, daß jemand auf sie aufpasst. Man sagt zwar immer, Kinder sind gut, sie lenken ab, aber ich denke zu viel ablenken ist auch nicht gut, dann schleppt man die Trauer nur unverändert mit sich rum und es bleibt alles gleich. Die Trauer wird zwar auf eine gewisse Weise immer da sein, aber sie muß sich auch verändern. Das Leben muß auch wieder schön werden.
Hast du Geschwister? Wie gehen die anderen mit dem Tod um? Deine Großeltern?.... Warum ist deine Mama gestorben?
Bei dir ist es ja noch sehr kurz her. Gut, bei mir auch nicht viel länger, aber ich glaube am Anfang zählt fast jeder Tag. Ach Gott, es ist so schwer. Für alles im Leben gibt es immer eine Lösung, einen Ausweg, irgendetwas das es besser macht, aber beim Tod nicht.
Mir hat das Buch "Meine Trauer wird dich finden" ein bißchen geholfen. Da geht es um einen Psychotherapeuten, der seinen Sohn verloren hat und alles sehr genau beschreibt, seine Gefühle, seine Gedanken, Tipps wie man eine Beziehung mit dem Verstorbenen herstellen kann. Ich habe mich in sehr sehr vielem wiedererkannt.
Ich hatte nie ein sehr enges Verhältnis zu meiner Mama, aber sie hat es auch nie zugelassen. Ich habe es oft probiert, bin aber immer gescheitert. Jetzt aber am Ende in den letzten paar Wochen, das ist es mir (fast) gelungen. Ich habe ihr Cd´s von mir gegeben mit Entspannungsliedern und gesungenen Mantren zum Entspannen und Abschalten. Es hat ihr wirklich geholfen. Ich habe mit ihr Meditationen gemacht, die ihr auch gut getan haben. Ich habe mit ihr sehr viel geredet, was uns beiden sicher sehr gut getan hat. Ich bin froh, daß ich am Ende doch noch einiges für sie tun konnte - ich hoffe es hilft dir jetzt auch ein bißchen, daß du soviel für deine Mama getan hast. Es tut zwar nach dem Tod viel mehr weh, wenn man sich so nah war, aber dafür bleibt diese Nähe auch nach dem Tod erhalten.
Liebe Verena, auch ich wünsche dir viel Kraft in der kommenden Zeit.
Alles Liebe, Uschi