Liebe StillCrazy,
ich schreibe gerade nicht viel hier - es geht bei mir auf den ersten Todestag meines Mannes zu und jetzt kommen wieder viele traurige Bilder vom letzten Jahr in mir hoch, zum Teil auch wieder Schuldgefühle, von denen ich geglaubt habe, ich hätte sie bereits überwunden.
Ich verstehe genau wovon du schreibst, das neu sortieren. Ich persönlich war seit meiner Jugend ständig in einer Beziehung. Es ist seit dem Tod meines Mannes das erste Mal, dass ich alleine bin. Mir fehlt die Zweisamkeit, diese Vertrautheit, die man nur mit einem Partner hat und die gemeinsamen Gespräche und die gemeinsame Lebensplanung sehr.
Auf der anderen Seite muss ich jetzt herausfinden, wie ich mein weiteres Leben gestalten möchte. Zum ersten Mal ganz alleine für mich, ohne auf jemanden Rücksicht nehmen zu müssen (oder zu wollen) - das sollte doch eigentlich toll sein, ich kann machen, was ich will... doch es überfordert mich total. Ich bin auf der Suche und weiß noch nicht einmal, wo ich anfangen soll. Aber dennoch blicke ich positiv in die Zukunft, denn ich bin sicher, früher oder später werde ich den richtigen Weg für mich finden - und bei dir mache ich mir da gar keine Gedanken, du wirst sicher nach und nach alles neu sortiert bekommen.
Ich habe das Beispiel von den Steinen in meinem Thread schon einmal geschrieben, ich wiederhole mich, weil ich es super passend finde:
Zitat aus dem Buch von Barbara Prachtl-Eberhardt "Warum gerade du":
In der zweiten Stunde reichte mir die Therapeutin ein Schälchen mit bunten Glassteinen. Sie forderte mich auf, die zwölf Steine aus der Schale in Form eines Kreises auszulegen. Das war nicht schwierig und schnell war ich zufrieden. Da reichte mir die Therapeutin einen weiteren Stein. "Er soll auch noch einen Platz in dem Kreis bekommen, können Sie ihn einbauen? Nein, legen Sie ihn nicht in die Mitte, sondern zu den anderen, an den Rand." Ich bemühte mich. Es dauert ziemlich lang, bis alle Steine ihren neuen Platz gefunden hatten und der dreizehnte Stein nicht mehr wie ein Fremdkörper erschien. Als ich mein Werk vollendet hatte, erklärte die Therapeutin, was hier gerade geschehen war: "Haben Sie es bemerkt? Um den neuen Stein einzubauen, mussten Sie jeden einzelnen Stein verschieben. Keiner konnte da liegen bleiben, wo er war. Aber jeder hat schließlich einen neuen Platz bekommen. So ist es auch im Leben. Es gibt Erlebnisse, die in unserer alten Ordnung keinen Platz haben. Wir haben durch eine Phase, in der nichts mehr da bleiben kann, wo ist es ist. Zwischendurch sieht es so aus, als gäbe es gar keine Ordnung mehr. Das ist meistens ein Hinweis darauf, dass sich gerade eine neue höhere Ordnung offenbaren will. Es dauert nur eine Weile, bis sie sich zeigt. Solange wir nicht aufgeben und alles hinschmeißen, stehen die Chancen gut."
Ich wünsche dir einen schönen Tag!
Liebe Grüße
Tina