nun ist es wieder da, das weihnachten ohne sie.... und ich habe ein schlechtes gewissen, weil es plötzlich sauerbraten gibt, den wir jahre vorher, als sie noch da war nicht gemacht haben. nicht so einen aufwand, nur ein süppchen oder butterbrote. und plötzlich der braten und sie bekommt es nicht mehr mit. es fühlt sich wie verrat an.
auch wenn ich mir was leckeres zu essen kaufe oder anderweitig was gönne...wie verrat, weil sie in solch einer misere gelebt hat, und sehr arm. und ich mich nicht gekümmert habe, nicht nachgefragt habe. hätte sie doch nur mal was gesagt, alles ist erst hinterher 'rausgekommen', die armut, schulden etc.
und dann ist nächstes jahr das 40jährige bühnenjubileum mit tour ihrer absoluten geliebten lieblingsband und sie kann es nicht mehr erleben, das ist doch unfair!!
dass wir keine 2. chance bekommen haben ist unfair.
die fragen und gedanken, was da passiert ist, was sie gefühlt hat, ob es schnell ging, ob man weiss, das es jetzt zu ende ist gehen mir auch nach den fast 1,5 jahren nicht aus dem kopf. manchmal denke ich, sie ist noch da, nur kurz weg und alles war bloß ein doofer traum. aber dann 'wache' ich auf und es kommen die schuldgefühle, das mitleid, die sehnsucht, die erkenntnis nichts mehr rückgängig machen zu können.
ich bekomme es nicht in meinen kopf, zu verstehen, dass sie nicht mehr da ist, ich wollte noch soviel wissen und sie fragen über uns, über sie. ich weiss nicht, was ihr lieblingsessen war oder ich habe es vergessen, oder ihr lieblingsfilm usw. soviele fragen ohne antworten. auch ein teil meiner kindheit ist weg, weil ich sie nicht mehr nach dingen fragen kann, die ich vergessen habe oder mich nicht dran erinnern kann, weil ich zu klein war. sie war ja sieben jahre älter und musste häufig auf mich aufpassen.
jetzt komme ich jeden tag auf dem weg zur arbeit am zoo vorbei, da waren wir mal 2012. ich habe ihr einen schwesterntag zum geburtstag geschenkt, sie ist 50 geworden und ich wollte mal einen ganzen tag mit ihr allein verbringen, vor allem, weil ich ende des jahres auch ins ausland gezogen bin. sie wünschte sich die delfinshow im zoo....jetzt werde ich jeden tag an diesen tag erinnert, was eigentlich eine schöne erinnerung ist, aber ich immer denke, dass es eben leider nur meine erinnerung ist und wir uns nicht darüber austauschen können. nicht zusammen darüber sprechen und lachen und uns erinnern.
ausserdem...delfinshow, so bescheiden, sie hatte nicht viel ansprüche an das leben oder überhaupt, war recht genügsam und dann wird sie so bestraft mit den ganzen schicksalsschlägen vorher und einem frühen tod?
warum, es ist nicht fair!
und mir geht es gut, bin gesund und nicht arm, habe plan b und c im leben. gut, ich bin auch allein, werde nicht geliebt, aber das ist ok. das bin ich selber schuld.
und morgen weihnachtsessen bei den eltern, jetzt als einzelkind....
letztens bin ich an einem altenheim vorbeigegangen und konnte durch das fenster einen alten mann sehen, der meinem vater sehr ähnlich sah. da fiel mir wieder plötzlich ein, dass ich plötzlich ganz allein verantwortlich für meine eltern bin, alleine dann entscheiden muss, wenn etwas entschieden werden muss. dass wir geschwister uns nicht gegenseitig unterstützen können. und das ich bald ganz alleine bin, das macht mir angst, wie soll ich das bewältigen?
wobei ich bin froh, dass sie den schmerz des verlustes meiner eltern nicht erleben muss, sie hatte schon genug trauer im leben, wenigstens das ist ihr erspart geblieben. aber da ist ein schlechter tausch für viele jahre leben, die noch gelebt hätten müssen, sie hatte ein so kurzes, anstrengendes leben, nur dieses eine!
diese gedanken und fragen zermürben meinen kopf, kreisen jeden tag herum. ich bin nur mal für stunden angelenkt und gut drauf, aber es bricht immer wieder über mich hinein. wann hört das auf, wann wird es besser, warum tut das so weh wie als wenn es gestern war...