Mein Mann ist mit dem Flugzeug abgestürzt, seitdem ist alles anders.

  • Liebe Ros, liebe Pewie, liebe Luise,

    vielen lieben Dank für eure Beiträge!

    Ich muss mich eintschuldigen, dass ich mich so lange nicht mehr gemeldet habe, aber es ging mir nicht gut und irgendetwas hielt mich immer wieder davon ab, privat ins Internet zu gehen. Ich arbeite ja tagsüber am Computer und am Abend hatte ich irgendwie keine Kraft mehr, den Kasten nochmal einzuschalten.

    Es hat sich bei mir wieder eine Menge getan in der letzten Woche.

    Ich habe unter anderem diese IADC Therapie ausprobiert, wie ich ja weiter oben angekündigt hatte.

    Um es kurz zu machen: Meine Erwartungen, eine gewisse Erleichterung zu erfahren haben sich nicht erfüllt, es hat etwas mit mir gemacht, das ist unbestreitbar, es war Arbeit an meinen Gefühlen, aber im Rückblick halte ich es für nicht ganz ungefährlich, weil es ziemlich unkontrollierbar ist, was geschieht. Ich habe nächsten Montag Abend nochmal eine Nachbesprechung, da werde ich das ganz klar ansprechen.

    Bei mir war es so, dass ich nach der Behandlung so eine Art "Gefühlstaubheit" erlebte, meine Gefühle waren irgendwie nicht mehr richtig da, aber es fühlte sich falsch an. Am nächsten Morgen allerdings hatte ich eine richtige Krise, ich wurde richtiggehend von Gefühlen überschwemmt, die mich fast in einen Abgrund gezogen hätten, aus dem ich nur mit knapper Not allein herausgekommen bin.

    Ich mache ja noch andere Sachen, es war zum Beispiel an diesem Tag eine Freundin bei mir, die meine Wohnung ausgeräuchert und auch meine Aura behandelt hat, um mir den Schmerz zu nehmen und danach war ich am Abend bei meinem monatlichen Trauertreff, wo ich dann mit den anderen über meine Erlebnisse reden konnte, das hat mir sehr gut getan.

    Alles in allem ist in mir schon seit einiger Zeit ein gewisses Gefühl der Überforderung da und ich habe beschlossen, die Termine, die ich ausgemacht habe noch einzuhalten, danach aber nichts Neues mehr anzufangen, sondern zu versuchen mehr bei mir zu bleiben, um etwas zur Ruhe zu kommen.

    Bislang war mir das nicht möglich, ich war viel zu unruhig dazu und hatte dauernd den Drang etwas zu unternehmen und rauszugehen.

    Seit Neuestem habe ich das Gefühl dass ich mehr Ruhe brauche und auch eine gewisse Frühjahrsmüdigkeit hat sich bei mir eingestellt.


    Ich weiß jetzt nicht genau, was von alledem, was ich in letzter Zeit erlebt habe den Ausschlag gegeben hat, aber ich bin mir meiner Gefühle viel klarer geworden. Wo vorher ein Sturm aus Schmerz, Trauer, Vermissen, Einsamkeit, Angst und Schuldgefühlen in mir tobte, gibt es jetzt ein ganz klares Gefühl: Sehnsucht nach meinem Hannes und zwar überwältigende Sehnsucht, jeden Tag, vor allem am Vormittag ist es am Schlimmsten.

    Mir ist aber auch klar geworden, dass ich dieses Gefühl aushalten muss und ich stelle mich jetzt meiner Sehnsucht und lasse die Tränen fließen und alles kommen, was da kommen möchte. Ich glaube das ist wichtig und ein Weg zur Heilung.


    Und was mir auch wie Schuppen von den Augen gefallen ist: Ich lebe in Trauer!


    Die ganze Zeit habe ich alles mögliche unternommen, um die Trauer irgendwie wegzukriegen und nichts hat auf Dauer funktioniert. Ich hab mir Druck gemacht und Vorwürfe, dass ich immer so schlecht drauf bin und nicht mehr leben möchte.

    Ich habe mir den Kopf zermartert, um irgendetwas zu finden, was mich interessiert und nicht wirklich etwas gefunden.

    Ich hatte große Zukunftsangst, weil ich keinerlei Ziele mehr hatte und mir alles zuviel ist.

    Ich fühlte mich extrem einsam, hielt aber auch andere Menschen kaum aus, vor allem in meiner Wohnung.

    Ich habe mich wie ein Versager gefühlt und war von allem und jedem komplett überfordert, obwohl ich groteskerweise durchaus imstande bin, mein normales Leben ganz ordentlich weiterzuführen.

    Ich habe mich wirklich ernsthaft gefragt, was mit mir nicht stimmt und wie ich weiterleben soll!


    Dabei ist die Lösung so einfach!

    Ich bin in Trauer!

    Und das bedeutet, die Trauer hat alle verfügbaren Plätze belegt, mein komplettes Leben wird von der Trauer beherrscht, allumfassend, kräftezehrend und keine Lücke lassend.

    In dem Moment, wo mir das klar geworden ist, ist großer Druck von mir abgefallen. Ich muss gar nichts, denn ich bin in Trauer!

    Ich habe nun beschlossen, das Leben einfach so zu nehmen wie es ist - nämlich traurig und voller Sehnsucht!

    Ich lebe einfach weiter, so wie es sich ergibt, aber ich stemme mich nicht mehr gegen mein Schicksal, sondern versuche es so anzunehmen wie es ist, nämlich traurig.

    Wenn etwas Schönes geschieht will ich es genauso anerkennen, wie die tränenreichen Vormittage und ich verschwende keine Gedanken mehr an die Zukunft, sondern lasse alles so kommen, wie es kommen will (zumindest versuche ich es).


    Und vor allem! Ich lasse mir Zeit! Ob das Ganze jetzt 2 oder 3 oder mehr Jahre dauert oder bis an mein Lebensende, spielt keine Rolle mehr. Weil ich es nicht mehr als Abschnitt meines Lebens betrachten möchte, den ich möglichst schnell überwinden muss, sondern als mein Leben wie es jetzt genau ist, an dem ich nichts ändern muss, sondern das sich automatisch ändern wird, weil ich immer alles mit der Zeit ändert. Wann und wie das sein wird - keine Ahnung, es ist nicht wichtig.

  • Ich lebe einfach weiter, so wie es sich ergibt, aber ich stemme mich nicht mehr gegen mein Schicksal, sondern versuche es so anzunehmen wie es ist, nämlich traurig.

    Wenn etwas Schönes geschieht will ich es genauso anerkennen, wie die tränenreichen Vormittage und ich verschwende keine Gedanken mehr an die Zukunft, sondern lasse alles so kommen, wie es kommen will (zumindest versuche ich es).

    Liebe Gabi,

    was für ein schöner Vorsatz und besonders schön finde ich: zumindest versuche ich es.


    Vielleicht bist du von der IADC auch so erschrocken, weil du dachtest, es würde die Trauer wegmachen? Über die Therapie würde ich gerne genaueres erfahren.

    Hast du dich alleine gelassen gefühlt, danach?

    Wie lange nach der IADC-Übung hattest du noch, vor du gehen musstest?

    Wie war der Einstieg?

    Hast du dich während dessen aufgehoben gefühlt?

    .....

    Ich bin froh, wenn du ein bisschen mehr erzählen könntest (du musst nicht über deine Inneren Erfahrungen schreiben, doch Interesse habe ich, ein bisschen etwas über die Rahmenbedingungen und was du meinst, warum was bei dir wie angekommen ist, zu erfahren)


    Sei lieb gegrüßt

    und viel Kraft beim Versuchen das da sein zu lassen, was gerade kommt.

    Astrid.

  • Und vor allem! Ich lasse mir Zeit! Ob das Ganze jetzt 2 oder 3 oder mehr Jahre dauert oder bis an mein Lebensende, spielt keine Rolle mehr. Weil ich es nicht mehr als Abschnitt meines Lebens betrachten möchte, den ich möglichst schnell überwinden muss, sondern als mein Leben wie es jetzt genau ist, an dem ich nichts ändern muss, sondern das sich automatisch ändern wird, weil ich immer alles mit der Zeit ändert. Wann und wie das sein wird - keine Ahnung, es ist nicht wichtig.

    genau! kluge worte, danke dir!

  • LIebe Astrid, ich bin jetzt übers Wochenende weg und nehme meinen Computer nicht mit und am Montag habe ich dann die Nachbesprechung wegen IADC. Ich werde mich danach hier wieder melden und gerne ausführlich schildern, wie ich allles miterlebt habe.

    Ich möchte nur noch um ein wenig Geduld bitten, deshalb diese Info.


    LIeber Josef, liebe Sunbabe, danke für eure Anmerkungen.

    Meine Worte mögen wohl klug gewesen sein und es hat auch ein wenig Druck von mir genommen, aber leichter mache es mein Leben leider gar nicht. Gestern Abend war ich einigermaßen ruhig, heute vormittag sieht es schon wieder ganz anders aus.

    Mir tut das Herz weh vor lauter Trauer und Sehnsucht und mir wäre es immer noch lieber, er hätte mich mitgenommen, als mich allein hier auf der Erde zurückzulassen. Das Wissen, dass es gut ist die Trauer zuzulassen und zu leben ist das eine, tatsächlich in der Trauer zu leben ist das andere und es ist unheimlich schwer!

  • Liebe Gabi,

    ich finde viele Parallelen in deiner Erzählung zu meiner eigenen Trauerentwicklung. Ich habe mich oft lange Zeit zurückgezogen, um alles in Ruhe verarbeiten und überhaupt begreifen zu können. Das war eben mein Weg. Die Trauer zu akzeptieren und nicht dagegen anzugehen, habe ich in der Zeit begriffen. Die Trauer lebt mit mir und ich mit ihr, mein Mann wird immer dabei sein und nach wie vor ist er das wichtigste und schönste in meinem bisherigen und zukünftigen Leben.

    Ich mache mir keine Gedanken um die Zukunft. Es ist nicht wichtig...., wie du richtig schreibst. Ich lebe jeden Tag so, wie es ertragbar ist für mich. Wenn ich Menschen brauche, gehe ich zu Ihnen oder lade sie ein.

    Tränen fließen immer noch reichlich, sie gehören auch dazu. Trauer und Sehnsucht sind sehr

    kräftezehrend. Auch dagegen kann man etwas tun.

    Die Zukunft können wir nicht beeinflussen, wer wüsste das besser als wir.

    Es ist nicht wichtig ...

    LG Petra

  • Seit Sonntag Abend bin ich wieder daheim, habe aber bis heute gebraucht, um mich dazu aufzuraffen wieder etwas zu schreiben (und das natürlich wieder erst weit nach Mitternacht^^)


    Es ist wieder sehr viel geschehen und dennoch habe ich jeden Vormittag das Gefühl, es würde sich nie wieder etwas ändern, so traurig und einsam fühle ich mich. Ich versuche mich dann auf meine Arbeit zu konzentrieren und habe am Nachmittag dann auch meistens noch irgendeinen Termin. Gegen Abend habe ich mich dann regelmäßig mehr oder weniger berappelt, nur bin ich dann meistens zu müde, um groß etwas zu berichten.

    So gehts mir von Tag zu Tag, mal schlechter, mal besser, aber niemals wieder gut, so wie ich es vorher gewöhnt war, es ist zermürbend, aber das wisst ihr ja alle von euch selber.


    Zuerst möchte ich euch von IADC genauer berichten:

    Ich hatte am Montag Abend nochmal ein Abschlussgespräch, welches einigermaßen kurz, nur ca. 20 Minuten war, weil ich dezidiert angesprochen habe, dass es mir nichts genützt hat und ich es nicht weiter versuchen möchte. Frau Müller war verständnisvoll, wenngleich sie bedauert hat, dass es bei mir nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat.

    Ich habe von IADC zuerst in diesem Forum gelesen, es ist eine Abwandlung von EMDR, einer Methode mit schnellen Augenbewegungen, die zur Therapie von traumatischen Zuständen verwendet wird.

    Meine Hoffnung war es, Erleichterung in meiner Trauer zu finden, in dem Sinne, dass meine Sehnsucht, Einsamkeit und die Sinnlosigkeitsgefühle, die meine Leben mit der Trauer ausmachen, spürbar abgemildert werden. Als Bonus, mit dem ich aber vorsichtshalber nicht gerechnet habe, hätte ich es gesehen, wenn ich meinen Mann hätte in irgendeiner Form spüren können, sodass es mir die Sicherheit vermittelt hätte, dass er bei mir ist.


    Diese Hoffnung hat sich definitiv nicht erfüllt und zwar überhaupt nicht!


    Was geschehen ist:

    Der erste Abend am Montag war durch Befragung gekennzeichnet - es gab einen Fragebogen auszufüllen mit Fragen über meine Trauer und über unsere Beziehung und ich bekomme nach einer gewissen Zeit (2 Monate, glaube ich) eine Zuschrift mit denselben Fragen, um abzuklären, ob sich etwas verändert hat. Auf meine Frage, warum davon ausgegangen wird, dass sich eine Veränderung meinerseits auf diese spezielle Therapieform beziehen soll, wo ich doch einiges anderes auch unternehme, gab es keine befriedigende Antwort.

    Ich habe dann auch ausführlich über meinen Mann gesprochen, über unsere Beziehing zueinander und über den Todestag und die Zeit danach.

    Ich nehme an, das diente der gefühlsmäßigen EInstimmung auf die eigentliche Therapie am Donnerstag.

    Ich habe festgestellt, dass mir das ausführliche Sprechen über meinen Mann sehr gut getan hat, zumindestens am selben Abend - am Tag danach hat es mich dann eher traurig gemacht, aber das habe ich schon oft sehr ähnlich erlebt.


    Am zweiten Abend am Donnerstag kam dann der Teil mit den Augenbewegungen. Und zwar musste ich mit den Augen dem Finger der Theraupeutin einige Sekunden oder etwas eine Minute (das wechselte) folgen. Die Bewegung ging immer von links nach rechts und von rechts nach links, zum Beenden dann einmal von oben nach unten. Angefangen hat es damit, dass ich mir die Todesszene vorgestellt habe und mit dem dabei auftretenden Gefühl gearbeitet wurde. In den Pausen sollte ich meine auftretenden Gefühle und Gedanken artikulieren und auf Basis dieser Gefühle wurden die Augenbewegungen dann fortgesetzt. Das Ganze ging ungefähr eine Stunde lang. Danach kam ich mir vor, als hätte mich ein Bus überfahren und meine Gefühle waren ganz komisch betäubt. Ich ging dann vorm Heimfahren noch eine Weile spazieren, bis ich wieder einigermaßen klar denken konnte - die Gefühle waren den ganzen Abend irgendwie weg.

    Während der Prozedur hatte ich hauptsächlich körperliche Symptome. Mir wurde kalt, ich bekam eine Enge in der Brust und im Bauch, schließlich kamen mir Tränen und ensetzlich traurige Gefühle stiegen in mir hoch. Die Symptome verschwanden durch die fortgesetzten Augenbewegungen allmählich, aber irgendetwas gesehen oder irgendetwas anderes als Schmerz gefühlt habe ich nicht.

    Nach der Sitzung gab es auch keine ausführliche Besprechung der Vorgänge, offenbar sollte die Behandlung eher auf der körperlichen Ebene wirken (ist aber nur meine Interpretation).


    Am Abend und in der Nacht fühlte ich mich ziemlich neutral bis zum Aufwachen am nächsten Morgen, aber danach, als ich dann richtig wach war, kam irgendwie ein totaler Gefühlszusammenbruch, bestehen aus gräßlichem Schmerz und allen negativen Gefühlen die man sich nur vorstellen kann.

    Ich habe mich dann aus eigener Kraft mit ein paar mentalen Techniken und einem Hilferuf an die geistige Welt daraus befreien können, war aber den ganzen Tag in sehr melancholischer Stimmung.

    Vielleicht tue ich der ganzen Prozedur unrecht und ich bin nur ein Ausnahmefall, aber ich kann diese Art der Therapie keinesfalls mit gutem Gewissen empfehlen, ich hatte den Eindruck, dass da in Bereiche eingedrungen wird, in denen Manipulation, vor allem, wenn man nicht GANZ genau weiß, was man da tut, ziemlich gefährlich werden kann. Aber wie gesagt, das ist meine ganz persönliche Auslegung, vielleicht bin nur grad ich ein besonders schwieriger Fall (dass ich das bin, ist mir von anderen Experimenten, die ich getätigt habe schon sehr vertraut)


    Soviel zu meiner IADC Erfahrung ...


    Am Wochenende habe ich dann gleich meine nächsten Erfahrungen sammeln können, ich war in Hagnau bei Gerhard Vester (ihr findet ihn auf Youtube, er hat auch eine eigene Webseite).

    Es war eine sehr eindrucksvolle Stunde und hat mir schon gewisse Einischten gebracht, allerdings war es auch da wieder so, dass ich nichts von dem, was man hätte fühlen können, wirklich gefühlt habe. Bei mir bleibt immer alles irgendwo in meinem Verstand hängen. Immerhin habe ich das erste Mal in meinem Leben begriffen, wie das mit dem inneren Kind gemeint sein könnte, wobei ich nach wie vor das Problem habe, mich wie dieses Kind zu fühlen und nicht wie die erwachsene Frau, die ich eigentlich bin, aber das ist ein anderes Thema ...

    Ich bemühe mich halt weiterhin mit mir und meinen Gefühlen klar zu kommen und zu hoffen, dass mein Leben irgendwann wieder ein lebenswertes Leben wird, obwohl immer noch nichts darauf hindeutet, dass von den guten Prognosen, die ich von allen Seiten bekomme irgendwann mal irgendwas in Erfüllung gehen wird.


    Ich lebe weiterhin meine Trauer und schäme mich nicht dafür, bemühe mich aber auch weiterhin, offen zu sein für andere Gefühle, Erlebnisse und Gedanken - ich hatte schöne Gespräche am Samstag Abend bei einer kleinen Familienfeier bei Freunden und am Sonntag nachmittag stattete ich, frisch heimgekehrt, meiner besten Freundin und ihrer Familie einen Besuch zu Kaffee und Kuchen ab, gekrönt von einer Runde Tischtennis bei warmem Sonnenschein.


    Am Montag fiel mir die Arbeit dann ziemlich schwer, auch am Dienstag und heute am Mittwoch ging es mir nicht allzu gut.

    Das vorherrschende Thema letzter Woche war die Sehnsucht nach Hannes, in dieser Woche ist es die Einsamkeit, vielleicht auch schon eine Vorschau auf die Osterfeiertage, an denen ich keinerlei Pläne habe und die ich vermutlich alleine mit mir verbringen werde. Keine sehr schöne Vorstellung, aber ich werde versuchen, das Beste daraus zu machen, denn ich muss dringend lernen, mit mir alleine auszukommen, so schwer es mir auch fallen mag.

  • Liebe Gabi,ich bin nicht bei Facebook,ich schreibe dir hier...ich habe das Gefühl ich kenne dich und ich möchte dir einfach eine Umarmung schicken,wenn ich darf.Vor allem,ich kenne deine Welt,leider....wenn der Mensch den man liebt fehlt,so ist alles verändert,die Zeit ist nichts,Tage und Monate verschwinden...wohin..oft ins Leere,man lebt,ja,aber dieses Leben ist so fremd und so ungewollt...ich lebe momentan im Augenblick,mehr geht nicht,Pläne für die Zukunft...nein,aber meinen Mann habe ich immer dabei,mit vielen Tränen und Herzweh,aber bei mir.und ob das richtig oder falsch ist für die Umwelt,ist mir egal,für mich geht es halt nur so!Liebe Grüße,Adi

    ..

  • Heute habe ich einen strategischen Fehler gemacht.

    Ich war den ganzen Tag alleine und beim Spazierengehen habe ich dann begonnen an meine Zukunft zu denken.

    Zuerst dachte ich daran, dass ich am Ende des Jahres zu arbeiten aufhöre, dann dachte ich daran, dass ich dann in Pension wäre und ich keinen blassen Schimmer habe, wie ich dann meine Tage verbringen soll.

    Ich dachte daran, dass ich mich gefreut hatte auf die Pension, um sie mit meinem Mann gemeinsam verbringen zu können.

    Und dass das jetzt vollkommen bedeutungslos ist.

    Und dass ich ab nächstes Jahr meinem Leben einen neuen Sinn geben muss, um nicht einsam und alleine für den Rest meines Lebens (der noch erschreckend lang sein kann) vor mich hin zu vegetieren.

    Und dass ich keine Ahnung habe, was das dann sein soll, weil mich nichts mehr interessiert, seit mein Mann gestorben ist.

    Und dass ich alles was ich jetzt mache eigentlich nur der verzweifelte Versuch ist, irgendwie die Zeit rumzukriegen, bis irgendwann ein Wunder passiert, das vermutlich niemals geschehen wird.

    Und dass ich mich irgendwie an dieses Leben allein gewöhnen muss, immerhin habe ich keine materiellen Sorgen und bin auch noch einigermaßen gesund für mein Alter, was man von vielen anderen Unglücklichen nicht sagen kann, sodass ich eigentlich gar kein Recht dazu habe so unzufrieden und unglücklich zu sein, wie ich es tatsächlich bin.

    Und dass mein Mann sich auch wünschen würde, dass ich mein Leben genießen kann, wo er doch so gut für mich vorgesorgt hat.

    Und dass alle immer sagen, ich hätte soviel zu geben und solle mein Licht nicht unter den Scheffel stellen.

    Und dass ich keine Ahnung habe, was die damit meinen.

    Und dass ich absolut keine Lust mehr darauf habe, mir eine Beschäftigung zu suchen, mich anzubiedern und "Gutes zu tun" und immer alle möglichen Leute zu kontaktieren, ob wir was Gemeinsames machen können und alles was ich machen möchte alleine zu machen und allen vorzuspielen, dass es mir nichts ausmacht, wenn sie keine Zeit haben.

    Und ich dachte daran, dass mit mir etwas nicht stimmt, weil ich mein ganzes Leben lang schon vom Leben an sich überfordert war und nicht verstehen konnte warum alle Leute so am Leben hängen.

    Und dann dachte ich daran, dass mir mein Mann einen Grund zum Leben gegeben hat, dass ich nach langer ergebnisloser Suche nach dem Sinn des Lebens diesen Sinn darin gefunden hatte, mich um meine kleine Familie zu kümmern und ich alles andere ausgeblendet habe, so gut es eben ging.

    Und dass nun alle weg sind, die mir im Leben etwas bedeutet haben. Meine Mutter, mein Vater und meine Mann.

    Und dass ich nun alleine zurechtkommen muss, ob ich will oder nicht.

    Und das macht mir Angst.

    Ich will nicht alleine sein.

    Ich will nicht unter Menschen sein.

    Ich will nicht mehr leben.

  • meiner Liebe,dieses erzwungene Alleinsein ist so schwer,natürlich,ich habe einen Sohn und Enkelkinder ,das hilft.

    Und doch...diese grimmige Einsamkeit in einem selbst,dieses abgrundtiefe Loch,das wird nie mehr gut.Du gehst heuer in Pension,ich bin es seit zwei Jahren,und jetzt haben wir Zeit....doch der,mit dem diese Zeit leben war,ist nicht mehr da,für immer allein.Und wie du schreibst,diese Mühe,auf Menschen zuzugehen,froh und dankbar sein für die Zeit,die sie"opfern" für die Witwe...dieses grausame Wort,ich mag das au h nicht mehr.Lieber bin ich für mich im Leben mit meinem Mann.Die Zeit vor mir erschreckt mich,eigentlich jeder Tag,dieses funktionieren,jetzt,nach 4Monaten will niemand mehr was wissen,ausser es geht dir doch schon besser,das Leben geht weiter,freue dich daran.Auch ich hadere und bin verzweifelt und der,der mich trösten kann,dessen Umarmung für mich Leben ist,ist fort.Und niemals wieder er,ich kann das einfach nicht verstehen und jeder Tag wieder diese Sehnsucht.Wohin damit?Dieses Leben,das wir jetzt führen müssen,das ist so sinnlos,wozu....ich habe keine Sorgen,mein Mann hat für alles gut vorgesorgt,wozu,ohne ihn hat die Freude und die Liebe mein Leben verlassen,ich bleibe innerlich ganz hohl zurück....wie lange sind nun die Tage und Nächte,eigentlich mag ich so nicht mehr....

  • Leibe Gabi,

    ich bin überzeugt, dass viele unterschiedliche Dinge für viele unterschiedliche Menschen wertvoll sind.

    IADC ist es für dich nicht. Für dich ist es etwas anderes.


    Dein Spaziergang scheint mir sehr intensiv gewesen zu sein.


    Ich wünsche dir, dass weiterhin,Schritt für Schritt das in dein Leben kommt, was dir Kraft und vielleicht ein bisschen Freude geben mag.


    Lg. Astrid.

  • Liebe Gabi,


    Du drückst mal wieder aus, was auch ich empfinde. Nur eins dazu: Wunder sind nicht auszuschließen. Dass ich meine Tania kennengelernt habe, war für mich ein Wunder - ein wunderbares Wunder, das ich allerdings zu schnell als selbstverständlich angesehen habe.

    Also vezweifle bitte nicht. Selbst ich hoffe noch an ein zweites Wunder.


    Sei lieb gegrüßt

    Frank

  • Danke lieber Frank, ich bin leider immer noch voller Zweifel und mag an Wunder so gar nicht glauben,

    Immerhin hatte ich heute schöne Stunden.

    Ich habe das Grab österlich bepflanzt und liebe Freunde haben mir dabei geholfen.

    Es ist richtig gut geworden und ich habe festgestellt, dass ich mich darüber gefreut habe, das wäre vor ein paar Wochen noch nicht möglich gewesen.

    Zuerst der spontane Entschluss meinen weit entfernten Cousin über Ostern zu besuchen und heute die Grabbepflanzung, ich sammle diese besonderen Glücksmomente, die sich wie Schmetterlinge auf dem trüben Alltagsleben niederlassen, als etwas ganz Besonderes. Ich versuche sie so lange in meinem Herzen zu bewahren wie möglich und dabei an meinen Hannes zu denken, damit er sich auch darüber freuen kann.

    Am Abend allein daheim hat die trübe Wolke der Einsamkeit versucht mich zu umhüllen und meine Stimmung ist nicht mehr ganz so gut, aber immerhin auch nicht so traurig, wie sonst so oft.



  • Liebe Gabi,


    das Grab sieht sehr schön aus! Frühlingshaft bunt... :)

    Lange schon möchte ich Dir ein paar Zeilen schreiben. Aber in letzter Zeit war es für mich so wahnsinnig dicht... Dazu kommt, dass nach dem, was ich von Dir lese, Dein Weg so ganz anders aussieht als meiner. Ich lese, mit viel Interesse. Nehme Anteil daran. Und freue mich auch sehr über Deine guten Worte, die Du immer wieder für mich findest.


    Es tut mit sehr leid, dass das mit der Therapie für Dich in dieser Form nicht das Richtige war. Man hofft doch sehr auf solche Dinge - und ist im nachhinein so enttäuscht, wenn es nicht das bringt, was man sich gewünscht hatte.


    Auch wenn Deine Welt so anders aussieht als meine (und ich deshalb das Gefühl habe, nicht viel sagen zu können, weil meine Situation eben eine andere ist), eines möchte ich Dir mitteilen: ich habe beim Lesen das Gefühl, dass sich bei Dir die Dinge in eine sehr positive Richtung entwickeln. Mit Rückschlägen, Anfällen von Traurigkeit etc. Natürlich...


    Aber ich finde, da hat sich bei Dir im Laufe der Zeit viel gewandelt, von einer Verzweiflung hin zu einem neuen Selbstbewusstsein. Mir gefällt das sehr gut.

    Das möchte ich dir unbedingt sagen ;)


    Alles Liebe Dir!

  • Danke, StillCrazy, für deine aufmunternden Worte!

    Die kann ich gut gebrauchen, habe ich doch den Eindruck eines immerwährenden Stilstandes.


    Morgen Mittag geht meine Fahrt nach Norddeutschland los, ich bin schon recht aufgeregt und in einer ganz eigenartigen Stimmung, so hin und hergerissen, weil ich nicht eindeutig identifizieren kann, ob ich diese Reise eigentlich will oder nicht.

    Ich lass den Laptop daheim und nehme nur das Handy mit.

    Ich melde mich dann am Dienstag, wenn ich wieder zurück bin und hoffe, dass ihr alle Ostern einigermaßen heil überstehen könnt.