Das Leben ist so ungerecht und jetzt auch noch sinnlos

  • Liebe Angie,


    erst mal einen ganz lieben :30: .


    Glaub mir, ich kann deine Gefühle, deine Reaktionen sehr, sehr gut verstehen und nachvollziehen.
    Es ist doch grad mal drei Monate, daß dein Rudi nicht mehr bei dir ist. Und ich finde, dafür machst du ja schon so einiges. Du hilfst deiner Tochter in der neuen Wohnung, nimmst Einladungen von deinen Freunden an, ... gut so und weiter so! (So nebenbei - hast du die Aufforderung zum tanzen auch angenommen? Ich hoffe - denn tanzen ist Bewegung und Bewegung ist immer gut)
    Auch wenn beim nach Hause kommen dann wieder Einsamkeit und Tränenmeer angesagt sind - du hattest zwischendurch eine kleine Pause zum Kraft schöpfen.
    Und wenn dir zwischendurch nur zum "Einigeln" zumute ist, ist das doch auch ok - solange du es nicht zum "Dauerzustand" werden läßt.


    Vielleicht ist es für dich noch einfach etwas zu früh an irgendwelche "Hobbies" zu denken. Eine Flucht in dem Sinne ist das nämlich nicht (meine Meinung), sondern ein bewußter Versuch sich wieder "dem LEBEN" zuzuwenden. Um eben nicht nur auf den "hoffentlich bald kommenden Tag" zu warten, der einen wieder mit dem geliebten Menschen zusammen kommen läßt. Denn es könnte sein, daß dieser Tag noch sehr lange auf sich warten läßt. Und was dann? Viele Jahre lang sich immer wieder nur sagen: "das ist ungerecht, das ist sinnlos, das interessiert mich nicht, .....usw. - das kann es doch nicht sein, daß du das wirklich willst!? Und vor allem - dein Rudi will das ganz sicher nicht für dich!


    Verzeih mir, wenn ich damit jetzt sozusagen ins gleiche Horn stoße mit den anderen, denn ...
    ja, es ist ungerecht,
    ja, am Anfang kommt uns alles sinnlos vor,
    ja, am Anfang meinen wir, nie wieder "wärmende" Sonnenstrahlen spüren zu können uvm.


    Doch jetzt kommt mein "großes ABER" ....
    ich glaube, wir dürfen unser Unterbewußtsein nicht mit solch negativen Aussagen "füttern" ... sollten zumindest versuchen, es nicht zu tun. Ich weiß, es fält oft so unendlich schwer -eben weil wir keinen "Sinn" sehen. Aber nur wenn wir es immer wieder versuchen ... das "positive Denken" ...und versuchen, etwas zu finden in diesem "neuen, ungewollten Leben" das uns "Spaß" macht ... kommen wir mit der Zeit aus unserem "schwarzen Loch" auch wieder heraus. Und nur dann wird unser weiteres Leben kein "Leben auf dem Wartegleis" sein.
    Rudis Leben war/ist dir kostbar. Du würdest alles dafür geben, könnte er es hier auf Erden weiterleben - richtig?
    Nun - DEIN Leben ist genauso kostbar - so wie JEDES Leben. Bitte, bitte versuch, es nicht mehr als sinnlos anzusehen.


    Und - keiner (zumindest von uns hier im Forum ;) ) sagt, du sollst RUDI loslassen! Du wirst ihn immer lieben und er wird auf irgendeine Weise immer bei dir sein. Das Problem, so meine ich ist, daß du "eure Zukunft" loslassen mußt. Wobei mir das Wort "müssen" zwar nicht gefällt, mir aber nix treffenderes einfällt. DAS was du/ihr beide von der Zukunft erträumt, erhofft habt ... DAS wird es so leider nicht geben. Ich weiß, wie schwer es ist, von diesen "Träumen" Abschied zu nehmen. Aber - wenn man es versucht und wirklich will, dann geht es. Es ist schwierig und dauert - oft etliche Jahre - aber ES IST MÖGLICH!


    Und wenn du jetzt meinem "Geschreibsel" grad so gar nix abgewinnen kannst - so bitte ich dich - vergiß es für den Moment und lies das in einem halben, in einem Jahr nocheinmal. Mag sein, daß du erst dann wirklich verstehen/fühlen kannst, wie ich das alles meine. Denn jeder Mensch hat "sein eigenes Tempo" und das ist auch gut und richtig so.
    Ich wünsch dir von ganzem Herzen DEINEN Weg zu finden. Gehe DEIN Tempo - es ist richtig ... für dich! Doch bitte - versuch trotz allem "positiv zu denken".


    Viel Kraft, viel Geduld und eine liebe :24: schickt dir
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Angie,
    zunächst nochmal zu deinen 2 Seelen: Jetzt habe ich verstenden, wie du das meinst und kann dich "beruhigen". Man nennt das Phänomen "Identifikation mit dem Verstorbenen". Gemeint ist damit, dass es sehr häufig vorkommt, dass Angehörige in der ersten Trauerzeit Eigenschaften oder Verhaltensweisen des Verstorbenen übernehmen. Sie tun das mehr oder weniger unbewusst. Es ist ein Zeichen von Sehnsucht, aber auch ein Zeichen dafür, dass man kreativ mit der Lücke umgehen lernt, die ein Mensch hinterlässt. Gefährlich wird Identifikation nur dann, wenn man seine eigene Identität aufgibt, um so zu werden wie der Verstorbene. Das kommt aber nur sehr selten vor.


    Du wirst nie wieder in dein altes Leben zurückfinden. Dein Leben hat sich radikal verändert und du wirst vielmehr in diese Verädnerung hinwachsen. Das dauert Zeit und bringt Schmerz mit sich, den dir niemand nehmen kann. Was wir heute wissen, ist, dass dieser Schmerz, diese Trauer zum Ausdruck gebracht werden muss und dass der Ausdruck immer zugleich auch Bewältigungsarbeit ist. Wer weinen kann, fühlt sich erleichtert, wer es unterdrückt, trägt schwer an der Blockade. Du beschreibst ja selbst, dass du Halsweh bekommst, wenn du nicht weinen kannst, wenn dir danach ist.


    Trauer, Schmerz und Wut (die gehört ja auch mit dazu) kann man auf verschiedenen Wegen und Ebenen zum Ausdruck bringen: Durch Weinen, durch Schreien, durch drüber Reden durch Schreiben, über den Körper (durch verschiedenste körperl. Symptome, Aggressionen, Autoaggressionen), aber eben auch durch kreative Ausdrucksformen. Singen, Malen, Töpfern, Tanzen, Trommeln sind bekannte und bewährte Therapie-Formen, weil sie eben stark emotionslockernd sind. Sie sind nicht als Flucht zu werten, sondern als Ausdrucksmöglichkeit. Es gibt in Deutschland (aber auch in Österreich) seit einigen Jahren das Projekt "Das singende Krankenhaus", bei dem Ärzte, Personal und Patienten täglich regelmäßig gemeinsam singen, mit sehr überraschenden Ergebnissen: Patienten leiden seltener unter Krankenhausdepressionen und genesen schneller. Mitarbeiter sind weniger oft krank. Die Stimmung ist besser. Auch in der Trauerbewältigung wird das Singen immer mehr eingesetzt, in Innsruck startet ab Herbst ein eigener Trauerchor für Betroffene.


    Kurz: Es gibt mehr als nur Reden, Schreiben und Weinen - jede Ausdrucksform hat ihre Berechtigung, man muss aber selbst probieren, was einem am besten liegt und was einen erleichtert.


    Es ist normal, dass deine Seele nach deinem Partner schreit, du musst ihn auch nicht loslassen, er wird Teil deines Lebens bleiben. So wenig du seinen Tod ungeschehen machen kannst, kannst du ihn als Teil deines Lebens ungeschehen machen. Es ist vielleicht auch unvorstellbar für dich, dass sich deine Trauer langsam wandeln kann, du wieder Lebensfreude entwickeln kannst, aber es ist so im gesunden Prozess. Und es sollte eigentlich unser Ziel im Leben sein dürfen auch nach einem Schicksalsschlag wieder Freude haben zu dürfen. Wenn das nicht geschieht, wenn dein Zustand der Trauer unverändert bleibt wie am ersten Tag oder im ersten Jahr, wenn keine Entwicklung zu spüren ist, wenn keine Bewältigunsstrategien ausprobiert werden, dann ist Stillstand, dann ist Depression. Das wünsche ich dir nicht, das wüscht dir hier niemand, deshalb teilen wir hier Erfahrungen und Know-how wie man Erleichterung findet in einer sehr schweren Zeit des Lebens. Versuch die Postings hier nicht als wertend oder verurteilend oder belehrend zu sehen, sondern als liebevollen Erfahrungsaustausch oder den Versuch dir ein paar Tipps zu geben, wie du dir dein Leben in der Krise erleichtern könntest. Wir dürfen zurückblicken, wir dürfen auch mal im Augenblick verharren, aber langfristig ist es besser nach Vorne zu blicken und zu leben.


    Alles Liebe, Christine

  • Liebe Angie,


    ich schreibe Dir noch einmal weil mich Dein letztes Posting nicht in Ruhe gelassen hat. Siehst Du, genau wie Juttap es so wundervoll ausgesprochen hat ist Trauer nicht nur eine sehr sehr individuelle Sache, sondern besteht meist auch noch aus unzählig vielen verschiedenen Facetten.


    Was immer ich Dir auch geschriebe war es nie meine Absicht Dich wegen Deiner Trauer klein zu machen weil ich gar nicht dazu das Recht hätte.
    Wenn ich ab und zu über meine kleinen oder gar etws größeren Fortschritte auf meinem Weg aus der Trauerphase hinaus schreibe, tue ich es nicht um mich damit auf das hohe Ross zu setzen, sondern um Anderen zu vermitteln das es tatsächlich ein Leben danach gibt was sich lohnt zu leben. Das es ein "sinnloses" Leben eigendlich nur dann gibt wenn man es tatenlos an sich vorbei rauschen läßt. Leider ein Weg auf dem Du Dich gerade befindest und möglicherweise nicht wirklich verlassen möchtest weil dort Alles vertraut ist, und es keine Herausvorderung gibt Neues kennen zu lernen.


    Liebe Angie, das mag hart klingen aber das schreibe ich Dir nur weil ich beim Lesen Deiner Postings immer wieder sehe das aller guter Rat von Mittrauernden stehts mit Begründungen beantwortet wird warum Dies, Das, und Jenes nicht Dein Ding - nicht machbar - sinnlos wäre ohne das Du es in den meisten Fällen wenigstens einmal ausprobiert hast.


    Ich hoffe Du nimmst mir diese Beobachtung nicht übel, sondern nimmst sie an als schlichtweg nur gut gemeint und aus einem anderem Blickwin-
    kel kommend als dem Deinigen der vielleicht dermaßen von Deiner Trauer beeinflußt ist das Du gar nicht siehst wie sehr Du Dir selber am schaden bist.


    Dir eine gute neue Woche und liebe Grüße dazu,


    Hanna

  • Liebe Angie ,


    ich fühle wirklich mit dir... auf meine Art...
    Jetzt schenke ich dir etwas von mir zu dir.


    JETZT gehen ganz viele , dich unterstützende
    <3 <3 <3 <3 <3 <3 <3 <3 <3 <3 <3 <3 liche Grüße von mir zu dir


    Ich begleite dich gerne auf deinem Weg , wenn du möchtest


    deine Amitola.... alle Namen bin ich... und ich höre auf alle Namen... und ich bin auch alle Namen

  • @Hanna
    "Liebe Angie, das mag hart klingen aber das schreibe ich Dir nur weil ich beim Lesen Deiner Postings immer wieder sehe das aller guter Rat von Mittrauernden stehts mit Begründungen beantwortet wird warum Dies, Das, und Jenes nicht Dein Ding - nicht machbar - sinnlos wäre ohne das Du es in den meisten Fällen wenigstens einmal ausprobiert hast.".


    Warum soll ich singen, wenn ich weiß, dass ich falsch singe? Tanzen als MS-Kranke,da ist es schon schwierig, sich so im Gleichgewicht zu halten. Spazierengehen tue ich eh, ist aber alleine ziemlich langweilig.Fortgehen habe ich versucht, zieht mich noch mehr runter, weil ich da mit aufgesetzter Fröhlichkeit banalen Smalltalk halten muss. Ich lese viel, um mich abzulenken. Früher habe ich viel geschrieben (Gedichte etc.) aber momentan würden das nur ein Deprigeschreibsel werden, das mich noch mehr runterzieht. Da sitze ich lieber daheim und halte im Geist mit meinem Liebsten Händchen.


    Was notwendig ist, mache ich eh (nur beim Haushalt haperts, weil ich mich immer wieder fragen, für wen ich noch zusammenräumen oder kochen soll). Habe meiner Tochter beim Umzug geholfen, habe meine Auto zum Pickerl gebracht, bin in den 3 Monaten insgesamt 3 mal weggegangen, 1mal in der Woche Besäufnis mit Freunden-mehr pack ich an Sozialkontakten nicht. Es ist schwer, Dinge zu tun, die einem im Grund ganz egal sind, nur um für andere (und auch für die,die ihre Trauer eben in irgendwelche Tätigkeiten umwandeln) als normal zu gelten. Man kann sich keine Begeisterung oder Freude einreden, wenn man nichts mehr empfindet außer großer Leere.

  • Liebe Angie, <3


    du brauchst es nicht mir zu beantworten sondern DIR SELBST..


    "Man kann sich keine Begeisterung oder Freude einreden, wenn man nichts mehr empfindet außer großer Leere",
    Empfindest du wirklich nichts????


    Wenn DU dir dass mit einem JA beantwortest... wirklich nichts empfinden ?
    Dann ist es tatsächlich an der Zeit dass du dir fachliche Begleitung holst.
    Meiner Meinung nach....bin ja keine Fachfrau.... , kommst du doch sonst bald in eine tiefe Depression.


    Ich könnte dich jetzt seitenlang "zutexten"... mache es aber nicht.
    Aber was ich mache,
    wollte es eigentlich unter einem anderen Beitrag reinstellen.


    " Ein alter Indianer saß mit seinem Enkel am Lagerfeuer.
    Es war schon dunkel geworden und das Feuer knackte, wärend die Flammen zum Himmel züngelten.


    Der Alte sagte nach einer Weile des Schweigens
    "Weißt du, wie ich mich manchmal fühle?"


    Es ist als ob zwei Wölfe in meinem Herzen miteinander kämpfen würden.
    Einer der beiden ist rachsüchtig, aggressiv und grausam. Der andere hingegen
    ist liebevoll , sanft und mitfühlend."

    "Welcher der beiden, wird denn den Kampf um dein Herz gewinnen"? fragte der Junge.
    "Den, den ich füttere " , sagte der Alte.


    Wenn du FÜHLST , liebe Angie " füttere den richtigen".
    Shanti , shanti
    deine Amitola


    wir alle haben es in der Hand, manchmal mit Hilfe, den"richtigen" zu füttern. Die Thematik und die Begrifflichkeiten des richtigen und des falschen Wolfens sind vielfältig...


    Ich gehe dafür in ein Meditationscamp, damit mein Leben leichter wird und ich vieles bewußt WIEDER wahrnehme.
    Doch zugetextet ;) aber so bin ich... :D im nächsten Leben vielleicht anders
    noch einmal
    herzlichste Grüße <3 <3 <3 <3

  • Noch einmal ich,
    das "like" habe ich dir gegeben, weil du geschrieben hast !!!
    Durchaus auch mit der Hoffnung, dass du FÜÜÜÜHHHLST.
    <3lichst Amitola

  • Liebe Angie,


    dann tut es mir wirklich aufrichtig leid das ich Dich oft genug mit meinem wohlwollendem Geschreibsel vollgetextet habe. Vielleicht verzeihst Du es mir wenn ich Dir sage das ich es mit beim besten Willen nicht vorstellen kann wie es sich wirklich anfühlt wenn Einem überhaupt Nichts mehr Freude bereitet, und man in Nichts mehr einen Sinn sieht. Es tut mir echt leid Dir das so zu sagen aber es ist dann eben eine mir völlig fremde Welt in die ich mich trotz aller Bemühungen nicht hinein versetzen kann.


    So schließe ich mich nun Amitola an mit dem Gedanken das Du vielleicht doch professionelle Hilfe brauchen könntest um Dein Leben zu mindest wieder auf normale Weise wahrnehmen zu können. Will Nichts gesagt haben, aber sich mit Freunden 1 x in der Woche zu besaufen kann ja wohl auch nicht das Wahre sein, obwohl ich mir auch gelegentlich 'mal ein oder zwei Gläschen Wein oder Abend ein Absackerli gönne.


    So wünsche ich Dir alles Gute hoffend das Du recht bald den Weg aus diesem tristem Sumpf findest - wenn auch mit professioneller Hilfe.


    Dir alles Liebe,


    Hanna

  • Liebe Angie!


    Lasse Dich einfach trösten……
    Es ist wirklich nicht einfach für Dich.


    Ich glaube, dass die Mitglieder, die hier schreiben, mit Dir fühlen und für Dich fühlen. Von mir kann ich das mit Gewissheit behaupten.
    Dies ist zwar eine Wiederholung, aber ich finde es wichtig.


    Juttap und Christine haben so gut an Dich geschrieben. Und nicht nur die Beiden. Was kann ich da noch zufügen? Nichts. Außer: Stimmt.
    Der liebe Beitrag von Dschina68 kann Dir etwas Hoffnung geben.


    Mein Vorschlag mit dem Antidepressivum war wohl falsch.
    Falls Dir das aufgestoßen ist, will ich Dir dazu eine Erklärung liefern.
    Ich kenne eine Person, der es auch so ergangen ist wie Dir. Super Beziehung, dann leider in eher jungem Alter der plötzliche Verlust. Diese Person hat ziemlich schnell von einem Facharzt ein A. erhalten. Danach ging es trotz tiefer Trauer doch besser. Natürlich sind die Menschen verschieden. Und ob es nun am A. lag oder nicht, weiß ich auch nicht. Ich bin eben keine Ärztin. Ärgern oder so wollte ich Dich bestimmt nicht.


    Du hast recht, Trauer ist keine Krankheit. Da sind wir uns einig. Und ich denke, nicht nur da.


    Liebe Angie, von Herzen wünsche ich Dir, dass Du Dich bald etwas besser fühlst.


    Viel Kraft für Dich und Zuversicht <3
    Deine Kühlwalda

  • @kuehlwalda


    Danke, ich hab Bachblütentropfen von meiner Tochter bekommen, die wirken ganz gut.
    Am besten gehts mir, wenn ich schlafe. Hab zwar arge Einschlafschwierigkeiten, liege oft bis 4h wach , verschlafe dafür aber den halben Tag, was auch hilfreich ist, denn dann ist nicht mehr so viel Tag zu bewältigen.
    Heute ist es genau 3 Monate her, dass meine Welt zerbrach, es ist noch immer unvorstellbar für mich, dass man vom großen Glück ins Bodenlose fällt.

  • Liebe Angie,


    ich melde mich auch noch einmal bei Dir vor der Runde im Bett, blos um Dich virtuell dicke zu drücken. 3 Monate sind warhaftig keine Zeit, und da kann man auch echt keine großen Sprünge nach Vorne erwarten. Dennoch darf man Dir Mut zu sprechen das die Zeit kommen wird wo Du mit Allem deutlich besser klar kommen wirst - auch mit Deinen Gefühlen.


    Es freut mich sehr das Dir die Bachblüten wenigstens ein bisschen helfen. Als ich am Tag der Verabschiedung im Hospiz das erste Mal der Bestatterin begegnete schenkte sie mir eine Packung mit Bachblüten Lutschbonbons mir sagend das sie mir zu etwas innerer Ruhe verhelfen würden. Als ewige Bezweiflerin von allem Neuen nahm ich gleich einen davon und war echt überrascht wie schnell und gut das Wirkung zeigte ohne das ich mir Das einreden mußte. Und bis heute hilft mir das immer wieder wenigstens ein bisschen herunter zu kommen wann immer ich mich innerlich tüchtig aufgewühlt fühle.


    Wie Du ja weißt ist meine Form von Trauer sehr anders als bei den Meisten, aber dennoch gibt es sie. Inzwischen immer seltener aber dafür sehr intensiv, oftmals vermischt mit jeder Menge seelischer Konflikten. Etwas was mich dann oftmals tüchtig innerlich aufwühlt und wieder einmal ein Bachblüten Bonbon gut hilft um wieder ein wenig zur Ruhe und Gelassenheit zu kommen.


    Abschließend wünsche ich Dir von ganzem Herzen das es Dir recht bald besser gehen wird und sich vielleicht auch wieder hier und da ein paar kleine Krümel Lebensfreude bei Dir wieder melden. Ich weiß Du kannst Dir das z. Z. nicht vorstellen, aber ich bin mir sicher das es passiere wird mit dem vergehen der Monate.


    Sei in Gedanken noch einmal dollle gedrückt,


    Hanna

  • @'Hanna
    Ja das glaube ich auch, dass das manchen fremd ist, ich habe ja schon einmal gesagt, dass es anders ist, ob ein Tod vorhersehbar ist oder wenn es aus heiterem Himmel kommt. Ich hatte eine Freundin , die hatte Lungenkrebs, die habe ich ein Jahr lang gepflegt, als sie dann ins Hospiz kam, war mir klar, dass dies das Ende sein würde. Sicher habe ich da auch getrauert, aber doch mit dem tröstlichen Gedanken: "Jetzt hat sie keine Schmerzen mehr, jetzt geht es ihr besser." Und seelisch konnte ich mich auch auf den Abschied vorbereiten.


    Aber wenn jemand agil und gesund ist, die Beziehung mit ihm intakt ist und der Himmel voller Geigen hängt und er von heute auf morgen tot ist, dann ist das eine andere Situation. Ich wurde vom totalen Glück,vom geplanten ,vorhersehbaren gemeinsamen Leben ohne Vorbereitung ins Nichts katapultiert, alles was Gestern gegolten hat, ist auf einmal nichtig.


    Da verliert man seine Identität und muss sich selbst neu definieren und erfinden, und dazu fehlt mir einfach die Kraft und die Lust.

  • Ach, Angie! Drei Monate - erst so kurz und doch schon, als ob es eine halbe Ewigkeit wäre. Du steckst mitten drinnen im ärgsten Horror und beginnst erst dich damit zu arrangieren.


    Von wegen, du empfindest nichts: du trauerst!


    Da ist es ganz normal, dass du nicht singend oder tanzend durch die Gegend hüpfst. Momentan brauchst du deine ganze Kraft, um nur jeden neuen Tag zu überstehen. Mach einfach das, was du für richtig hältst und vergiss dabei nicht, auch an dich zu denken! Räum' ein wenig auf, damit DU nicht im Chaos versinkst. Mach dir eine Kleinigkeit zu Essen, damit DU nicht verhungerst. Geh mit Freunden weg, weil DU Ablenkung brauchst. Träum' von deinem Schatz, wenn es DIR dabei gut geht.
    Die Zeit heilt zwar nicht alle Wunden (wie alle immer so schön behaupten), aber sie arbeitet für dich, wenn auch im superlangsamen Schneckentempo.

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Angie,


    ja, Du wirklich recht mit all Dem was Du in Deinem letzten Posting geschrieben hast. Ich glaube das gilt für uns Alle hier im Forum, das einjeder den Tod auf seine sehr individuelle Art und Weise erlebt hat, und es folgedessen sehr schwer ist sich wirklich in die Schuhe eines anderen Betroffenens zu stellen. Nicht zu vergessen das ja meist das eigene Leid stehts das Allergrößte ist was man es so intensiv verspührt.


    Und auch muß ich Dir sehr recht geben das der Tod nach einer voranschreitenden Krankheit - egal ob zuhause, im Krankenhaus oder im Hospiz - doch etwas anders ist als wenn er aus heiterem Himmel und auf völlig unerwartete Weise eintritt. Und dennoch hat auch das Letztere seine Tücken, denn es verleitet oft zum Verdrängen was in absehbarer Zeit Tatsache sein wird. Jeden Tag auf das Neue glaubt man gut vorbereitet zu sein, aber wen es dann passiert ist merkt man erst wie wenig das wirklich der Fall war. Ja, desdo länger es sich hinzieht um so öfters wünscht man sich daß das Leiden endlich sein Ende finden würde - und wenn es Das dann getan hat haut es Einen um.


    Liebe Angie, ich weiß das ich manchmal ziemlich kaltschneuzig daher komme wenn ich von meiner Situation schreibe, aber letztlich sind die bitteren Enttäuschungen die ich meinem Mann verdanke nur ein Bruchteil des Ganzens. Eigndlich nur eine zusätzliche Belastung zur Trauer über den Mensch der für so viele Jahre wichtigster Bestandteil meines Lebens war - und dies nicht nur zu schlechten Zeiten. Wenn ich nun so schnell angefangen habe mir ein neues Leben aufzubauen hat das wenig damit zu tun das ich meinen Mann aus meinem Leben schon entsorgt habe, sondern eher mit dem guten Gefühl das ich stehts mein Bestes gegeben hatte um ihm bis zum Tag seines Todes bestmöglichst umsorgt zu wissen. Der Grund warum ich nun auch kein schlechtes Gewissen habe wenn ich wieder etwas Freude empfinden kann und mein Blick definitiv nach Vorne gerichtet ist.


    Liebe Angie, was Deine Trauer betrifft ist das in Anbetracht Eurer Situation mehr als verständlich das bei Dir Nichts gehen will, und Du Dich wie gelämt fühlst. Und das es seine Zeit brauchen wird bis Du das erste Mal wieder etwas vom Herzen lachen kannst oder Dich wirklich über etwas freust. Ich bin mir ganz sicher das diese Zeit kommen wird, denn letztlich ist der Mensch ja von Natur aus ein Überlebensstratege und hat einen stark ausgeprägtem Instinkt der ihm sagt das er LEBEN will.


    Wisse Dich in Gedanken gedrückt,


    Hanna

  • Sorry Angie,
    aber Michalex hat ja NUR HIER geschrieben,


    Liebe Michalex, es wäre ungemein beruhigend für VIELE HIER, wenn du dich wieder melden würdest. Gerade weil du so ungemein deprimiert warst.
    BITTE , melde dich.

    Dies schreibe ich ganz bestimmt im Namen von VIELEN HIER....
    deine Amitola

  • Das Leben ist so anders geworden ohne ihn. Jetzt erst merke ich, wieviel mir mein Geliebter abgenommen hat, wie sehr er mich unterstützt hat.
    Durch meine Krankheit bin ich ja in gewisser Weise eingeschränkt, habe wenig Kraft, keinen Orientierungssinn, kann mein Gleichgewicht net halten, bin immer schnell müde etc.


    Meine Winterreifen lagerten in seiner Firma im 13. Bezirk, früher hätte ich es mir nie zugetraut, die selber abzuholen. Ich habe es gemacht (mit Navi), ohne die üblichen Panikattacken quer durch Wien und wieder retour, Reifen mit Felgen (sind sauschwer, daher einzeln genommen) in den Keller gebracht und gestapelt.Jetzt tut mir zwar alles weh aber was soll´s, hauptsache ich habe niemanden um Hilfe bitten müssen.


    Ich habe eine kleine Wohnung, Herbst-Winterkleidung habe ich in Plastikkisten auf dem Schrank, zu schwer um die alleine runterzuheben. Naja Plastiktüte am Boden gelegt, wacklig auf die Leiter gestiegen, mich am Kasten festgehalten, einfach Deckel von der Kiste aufgemacht (muss ich noch mit 5 anderen Kisten machen, wenn es kälter wird), Kleidung auf den Boden geworfen und dann sortiert. Alles mühsam aber was solls. Man muss nur Ideen haben, denn jetzt ist keiner mehr da, der mir die Kisten runterholt oder eine Glühbirne (2m50 hoch, die Wohnung) wechselt.


    Andererseits, wenn einem alles egal ist, hat man auch keine Angst mehr, dass man sich verletzen könnte. Dieses alles egal hat einen großen Vorteil, keine Angst mehr vor Irgendetwas, nicht vor Fehlreaktionen im Verkehr oder hohem Tempo, nicht vor Sturzgefahr. Man kann soviel Trinken, dass einem kotzübel wird, um 4h früh heimkommen, in der Nacht aufbleiben, untertags schlafen, die Wohnung verdrecken lassen oder aufräumen, sich daheim einsperren , einfach nach seinen Bedürfnissen existieren ohne Rücksicht auf irgendjemanden.


    Irgendwie könnte ich mit diesem "alles egal" in den nächsten Flieger steigen, abhauen, mich neu erfinden...Oder mein gesamtes Erspartes abheben und Blödsinn kaufen oder ins Casino gehen,denn wenn einem alles egal ist, braucht man auch kein Alterssicherung mehr.


    Mir sind die Nachrichten egal, die Politik ist mir egal und wenn die Welt untergeht, ist mir das auch egal.


    Mit diesem alles egal kann ich viel machen, nur das Leben fühlt sich damit nicht so an, wie es sich anfühlen sollte.


    Miss you

  • Liebe Angie,


    Dir erst einmal einen riesen Applaus mit Verbeugung das Du Dich Deinen Herausvorderungen gestellt hast und SIE MIT BRAVOUR GEMEISTER HAST. Da kannst Du mir nicht sagen das Dir Alles egal geworden ist.


    Wenn dem so gewesen wäre hättest Du das Auto zum kommenden Winter zum Vergammeln stehen gelassen. Du hättest nicht die schweren Winersachen vom Schrank runter gewuchtet und dann auch noch aussortiert wo es einfacher gewesen wäre Neues zu kaufen falls Dich Dein "egal" irgendwann man dann doch noch dazu bewegt hätte.


    Wäre Dir tatsächlich alles egal würdest Du Dir Alles so einfach und bequem wie möglich machen - in den eigenen vier Wänden versiffen inklusiv. Und Du würdest ständig Andere um Hilfe bitten anstatt Dich Deinen Herausvorderungen zu stellen. Du magst das anders sehen, aber für mich waren Deine Aktionen die ersten zaghaften Schritte in ein eigenes selbstständiges Leben. Nicht in irgend ein Leben sondern in DEIN Leben.
    Und wenn Dir demnächst eine der schweren Koffer vom Schrank aus runter saust und Dir fast den großen Zeh amputiert schwöre ich darauf das Dir dann plötzlich Dein Leben und Dein Wohlergehen überhaupt nicht mehr egal sein werden!


    Ich wünsche Dir alles Liebe für's Wochenende,


    Hanna

  • Danke Hanna für deine aufbauenden Worte <3 . Ja , vielleicht schaffe ich gerade doch die ersten Schritte , um wieder (so wie vor meiner Beziehung) zu einer lebensfähigen Einzelkämpferin zu werden. Ein kleiner Schritt für die Welt, ein großer für mich :) .


    Aber gut anfühlen tut es sich trotzdem nicht, denn egal was ich mache, immer sind meine Gedanken bei ihm :13: , naja aber vielleicht ist es auch seine Liebe, seine Energie (igrendwie für mich fühlbar), die mir hilft mich wieder in die Frau zurückzuentwickeln (zumindest teilweise), in die er sich verliebt hat. Das war kein schwaches, jammerndes Weibi, sondern eine selbstbestimmte Frau, die trotz Krankheit und alleinerziehend über 8 Jahre niemanden gebraucht hat.


    Wie heißt es, der Weg ist das Ziel, nur wohin dieser Weg führt,ob es sich überhaupt lohnt ihn zu gehen, das weiß ich nicht.

  • Liebe Angie,


    Nein, du sollst dich nicht zurück-entwickeln...
    Das geht eh nicht...


    ENT-WICKLE ... DICH ... WEITER ... und ....WEITER ... und.... WEITER...
    und...
    als nächstes für dein Leben


    das besagte Lebensmotto von Freddie Mercury, diesen so charismatischen Mann und Sänger
    das LEBEN bejahend...


    Das Motto sollten wir ALLE wahrhaftig zu einem Motto für uns machen... und für ALLE Menschen


    Geniessen und ehrlich sein...

    Auch mit Handicaps schafft man das...
    Glaube an deine STÄRKE... kämpfen bringt es nicht so...


    Das wünsche ich dir...
    <3 lichst Amitola

  • Liebe Angie,
    es ist zu früh, dass sich dein Leben "gut anfühlt". Die ersten beiden Jahre sind für die allermeisten schwer .... sehr schwer. Aber auch ich sehe, dass du schon daran bist, deinen neuen Lebensabschnitt anzupacken - im wahrsten Sinne des Wortes, wenn ich an die Kisten in deinem Schrank denke! Die Lebenskiste ist natürlich auch ein großes Projekt: Diese neu zu ordnen, zu sortieren, einen neuen Platz zu finden ist eine anstrengende Angelegenheit, noch dazu, wenn man chronisch krank ist ..... aber du wirst auch sie anpacken und bewältigen, du bist ja schon dabei. Ich schicke dir ein großes Kraftpackerl!
    AL Christine