Liebe Amitola,
ehe mein geplanter Alltag losgehen kann war es mir wichtig Dir auf Deine liebevolle Mail zu antworten, Dir von Herzen für Deine Bemühungen dankend trotz großer Müdigkeit.
Ich verstehe was Du mir sagst und weiß in meinem tiefsten Inneren das Du zweifellos Recht hast mit deinen Ratschlägen, aber ehrlich gesagt fällt es mir z. Z. immer noch sehr sehr schwer sie umzusetzen. Genauso schwer fällt es mir es zu verinnerlichen das es heute genau einen Monat her ist seit mein Mann verstorben ist, da seit dem mein Zeitgefühl sehr verschütt gegangen ist. Manchmal kommt mir Alles so vor als ob es erst gestern geschehen ist, andere Male als ob es vor einer ganzen Ewigkeit war. Ich weiß das die Zeit kommen wird wo ich mich und mein Leben so betrachten kann wie Du es mir geraten hast, aber zur Zeit ist eben Alles noch viel zu present und frisch um all Das was mich nun belastet und quält einfach so unter den Teppich zu fegen und zu tun als ob überall die Sonne wieder scheint.
Hinzu kommt das ich erst jetzt merke - wo ein bisschen Ruhe eingekehrt ist - wie sehr mir dieses Jahr wirklich zugesetzt hatte. Wie sehr diese enorm belastende Zeit mich nun eingehohlt hat nachdem ich stehts die Starke und stehts gut Funktionierende sein mußte, die immer wieder ihre eigenen Emotionen runterzuschlucken hatte. Das merke ich daran das ich seit dem Tod meines Mannes unter einer massiven Eßstöhrung leide, oft losheule ohne zu wissen warum, und das ich mich meist unendlich müde und schlapp fühle. Immerhin ein Zustand der mit großer Warschein-
lichkeit auch wieder vorbei gehen wird sobald der Boden unter meinen Füßen anfängt sich etwas zu festigen.
Liebe Amitola, ich weiß auch das Vieles jetzt die letzten Zuckungen meiner endenden Vergangenheit sind, aber dennoch tue ich mich sehr schwer damit sie einfach so locker und flockig weg zu stecken. Und was das große Verzeihen betrifft bin ich mir sicher das ich es vielleicht eines Tages schaffen werde, aber wie schon gesagt ist Vieles zur Zeit noch zu present und es schon heute abhaken zu können. Und das gilt auch für die Be-
statterin die ziemlich von Anfang über meine Situation und Einstellung Bescheid wußte. Und das mein Mann sich eine Bestattung ohne Religion, Esotherik und sonstige Schnörkel gewünscht hatte ... nach dem Motto er hätte eh Nichts mehr vom Hochglanzsarg und feinen Zwirn gehabt was nur sinnlos Geld gekostet hätte. Du kannst es mir glauben das ich trotz meiner bitteren Enttäuschung gut dafür sorgte das sein letzter Weg rund um seinen Wünschen entsprach - rosa Rosengesteck inklusiv womit die Bestatterin auch ein Problem hatte meinend das die Farbe eigendlich nur für Frauen passend wäre. Um dieses Kapitel zu schließen möchte ich noch hinzufügen das ich wohl zu den Menschen gehöhre die einen eng-
lischen Spruch sehr zu Herzen genommen haben ... what you see is what you get. Und das gilt bei mir auch für menschliches Verhalten wo ich es schon vor Zeiten aufgegeben habe es mir schön zu reden um ein netterer Mensch zu sein. Sehe die Welt und meine Mitmenschen eben nicht durch die rosarote Brille aber das macht mich noch lange nicht zu einer verbitterten Person die keine 9 grade stehen lassen kann.
In diesem Sinne schließe ich um zu gucken was ich dem heutigen Tag noch sinnvolles abgewinnen kann. Dir auch einen tollen und erfolgreichen restlichen Tag und alles Liebe dieser Welt dazu,
Hanna